Es stellt sich die Frage, ob der von Prokop beschriebene Vertrag zwischen Bonifatius und den Vandalen tatsächlich existierte.
Wenn von den Vandalen gesprochen wird, liegt der Fokus häufig sofort auf der Plünderung Roms 455. Dass ein vermeintlich unbekanntes Volk die größte Stadt des römischen Imperiums plündern konnte, scheint auf den ersten Blick erstaunlich und fast unwirklich. Wer sich mit der spätantiken Geschichte Roms befasst, erkennt aber schnell, dass die „ewige Stadt“ schon 410 von Westgoten und später auch 546 von Ostgoten geplündert wurde und es generell nicht gut um das weströmische Reich stand. Doch auch von der trügerischen Einzigartigkeit einer Plünderung Roms abgesehen, wirkt dieses Ereignis noch heute. So geht der Begriff „Vandalismus“ auf die angeblich blinde Zerstörungswut der Vandalen bei der Plünderung Roms zurück. Allerdings beruht auch diese Wortneuschöpfung auf einem Irrtum. Die Vandalen plünderten Rom zwar, von blinder Zerstörungswut und übermäßiger Gewalt kann aber keine Rede sein. Dass die Vandalen in einer Reihe mit anderen germanischen Verbänden stehen, die maßgeblich zum Niedergang des weströmischen Reiches beitrugen, ist allerdings kein Irrtum. Nach der Überquerung des Rheins 406/407 zogen die Vandalen über Hispanien nach Africa, wo sie Karthago eroberten und sich endgültig festsetzten. Dabei ist die Quellenlage, vor allem vor der Überfahrt nach Africa 429, leider alles andere als optimal. Um genau dieses zentrale Ereignis der vandalischen Geschichte, der Überfahrt nach Africa, geht es in der folgenden Arbeit. Die Frage nach der fehlenden Gegenwehr der Römer stellt sich aus heutiger Sicht sofort, wenn man die verheerenden Folgen betrachtet. Der oströmische Geschichtsschreiber Prokopios von Caesarea liefert dafür einen Erklärungsansatz. Der römische comes Africae Bonifatius soll den Vandalen einen Vertrag angeboten haben. Im Gegenzug für militärische Unterstützung gegen den magister utriusque militiae Flavius Felix gäbe es zwei Drittel Africas für die Vandalen. Allerdings berichtet keine einzige andere Quelle von einem solchen Vertrag, der zudem ein Novum gewesen wäre. Des Weiteren wurde Prokops Darstellung häufig von der Wissenschaft als unglaubwürdig abgestempelt. Auf eine befriedigende Erklärung für die Umstände, die der Überfahrt nach Africa vorausgingen, konnte sich die Wissenschaft dennoch nicht einigen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Quellenkritik
- Ausgangslagen
- Ausgangslage der Vandalen
- Ausgangslage des Bonifatius
- Ein Vertrag zwischen den Vandalen und Bonifatius?
- Argumente für einen Vertrag
- Argumente gegen einen Vertrag
- Fazit
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Quellenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage, ob der von Prokop beschriebene Vertrag zwischen Bonifatius, dem comes Africae, und den Vandalen tatsächlich existiert hat. Sie analysiert kritisch die Quelle und beleuchtet die Ausgangslage der Vandalen und Bonifatius vor der Überfahrt nach Africa im Jahr 429. Anschließend werden Argumente für und gegen die Existenz des Vertrags gesammelt.
- Quellenkritik der Darstellung Prokops
- Die Ausgangslage der Vandalen vor der Überfahrt nach Africa
- Die Ausgangslage des römischen comes Africae Bonifatius
- Argumente für die Existenz eines Vertrags
- Argumente gegen die Existenz eines Vertrags
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung befasst sich mit der Plünderung Roms durch die Vandalen im Jahr 455 und beleuchtet die Bedeutung dieses Ereignisses für das heutige Bild der Vandalen. Die Arbeit fokussiert sich jedoch auf die Überfahrt der Vandalen nach Africa im Jahr 429 und die Frage nach der fehlenden Gegenwehr der Römer. Prokops Bericht über einen Vertrag zwischen Bonifatius und den Vandalen wird als Ausgangspunkt für die Untersuchung verwendet.
Die Quellenkritik analysiert Prokops Werke und dessen Glaubwürdigkeit als Quelle. Die Arbeit beleuchtet die schwierige Quellenlage und die Notwendigkeit, Prokops Bericht kritisch zu betrachten.
Der Abschnitt über die Ausgangslagen der Vandalen und des Bonifatius skizziert die Situation beider Parteien vor der Überfahrt nach Africa. Es werden die Wanderungen der Vandalen und die Rolle des Bonifatius als comes Africae im römischen Reich dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Spätantike und den Vandalen als germanischer Volksgruppe. Weitere wichtige Begriffe sind Prokop, Bonifatius, comes Africae, Vertrag, Überfahrt nach Africa, Quellenkritik und Ethnogenese.
- Quote paper
- Max Kilburg (Author), 2022, Die Vandalen und Bonifatius. Hat es den von Prokop beschriebenen Vertrag wirklich gegeben?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1328987