Claude Lévi-Strauss untersucht in seinem erstmals 1962 erschienenem Buch „Das wilde Denken“ (Originaltitel: La Pensee Sauvage) die Klassifizierungssysteme schrift-loser Gesellschaften. Er kommt zu dem Schluss, dass ebendiese Strukturen sowohl in ihrer Komplexität, als auch in ihrer Schlüssigkeit, durchaus mit wissenschaftlichen Klassifikationen vergleichbar sind und sogar weitaus genauer sein können. Hieraus wird das eigentliche zentrale Programm des Buches deutlich: Die Erklärung, dass wildes und modernes Denken durch die gleichen intellektuellen Prozesse gekenn-zeichnet sind. Beinahe bescheiden mutet dieses Postulat an, wo sich doch der weit-aus überwiegende Teil der Schrift der strukturalistischen Analyse von Klassifikations-systemen bei nordamerikanischen Naturvölkern widmet. Von einer Selbstverständ-lichkeit dieser Aussage, die sich bei der Lektüre Lévi-Strauss´ und beim Einstieg in die strukturalistische Methode beinahe automatisch ergibt, kann jedoch, wenn eine weitere Perspektive auf die Wissenschaftslandschaft gewählt wird, nicht die Rede sein. Die Beschäftigung mit fremdem Denken ist vor und nach Lévi-Strauss von evo-lutionistischen Stufenmodellen beeinflusst, die mit dem Strukturalismus unvereinbar sind. Obwohl Lévi-Strauss im wilden- und modernen Denken die gleichen kognitiven Prozesse verortet, sieht er dennoch klare Unterschiede zwischen den beiden For-men. Das wilde Denken bleibt bei ihm ein Terminus, der nicht etwa ironisch verwen-det wird, sondern auf eine Technik verweist: So wird dem wilden Denken die Technik Bastelei (bricolage) zugeordnet, modernes Denken operiert demgegenüber mit Hilfe der Ingenieurskunst. In dieser Arbeit möchte ich zunächst kurz die Genese der Vor-stellungen vom wilden Denken im Rahmen von Stufenmodellen skizzieren, mit denen Lévi-Strauss radikal bricht. Der Vergleich der beiden Typen Bastler und Ingenieur im folgenden Abschnitt weist auf die Tatsache hin, dass Lévi-Strauss trotz der Gleich-heit von wildem und modernem Denken in der strukturalistischen Analyse auf einer Trennung beharrt, woran ich eine kritische Einschätzung anknüpfen werde. In einer Schlussbetrachtung werden meine Ergebnisse zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das wilde Denken
- Bastler und Ingenieur
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Claude Lévi-Strauss' Konzept des "wilden Denkens" und dessen Abgrenzung vom modernen Denken. Sie analysiert die Kritik Lévi-Strauss' an evolutionistischen Stufenmodellen, die das "wilde Denken" als weniger entwickelt ansehen. Der Fokus liegt auf dem Vergleich zwischen "Bastelei" und "Ingenieurskunst" als Metaphern für die Denkweisen des "wilden" und des modernen Menschen. Die Arbeit untersucht, ob Lévi-Strauss trotz der Gleichheit der kognitiven Prozesse im "wilden" und modernen Denken eine Trennung zwischen beiden Formen aufrechterhält.
- Kritik an evolutionistischen Stufenmodellen
- Das Konzept des "wilden Denkens" bei Lévi-Strauss
- Der Vergleich zwischen "Bastelei" und "Ingenieurskunst"
- Die Frage nach der Trennung zwischen "wildem" und modernem Denken
- Die Bedeutung der strukturalistischen Analyse für das Verständnis von Denkweisen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung stellt die zentrale These Lévi-Strauss' vor, dass "wildes" und modernes Denken durch die gleichen intellektuellen Prozesse gekennzeichnet sind. Sie skizziert die Genese der Vorstellungen vom "wilden Denken" im Rahmen von Stufenmodellen, die Lévi-Strauss radikal ablehnt.
Das Kapitel "Das wilde Denken" beleuchtet die Kritik Lévi-Strauss' an evolutionistischen Stufenmodellen, die das "wilde Denken" als weniger entwickelt ansehen. Es analysiert die Argumentation Lévi-Strauss' und zeigt, dass er die Gleichheit der kognitiven Prozesse im "wilden" und modernen Denken betont.
Das Kapitel "Bastler und Ingenieur" vergleicht die Denkweisen des "wilden" und des modernen Menschen anhand der Metaphern "Bastelei" und "Ingenieurskunst". Es untersucht, ob Lévi-Strauss trotz der Gleichheit der kognitiven Prozesse eine Trennung zwischen beiden Formen aufrechterhält.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das wilde Denken, den Strukturalismus, Claude Lévi-Strauss, Bastelei, Ingenieurskunst, evolutionistische Stufenmodelle, Klassifizierungssysteme, schriftlose Gesellschaften, modernes Denken, kognitive Prozesse, Zivilisationstheorie, Norbert Elias, Jean Piaget.
- Quote paper
- Sebastian Theodor Schmitz (Author), 2009, Der Unterschied zwischen Bastelei und Ingenieurskunst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132941