Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach


Trabajo Escrito, 2005

26 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I. Fragestellung

II. Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach
1. Das Engagement der USA
1.1. US-amerikanische Interessen und Aktivitäten im Konflikt um Nagornij-Karabach
1.2 US-Bemühungen zur Lösung des Konflikts
1.3. Eine Bewertung der Rolle der USA
2. Die Rolle Russlands
2.1 Die russische Politik gegenüber dem Südkaukasus
2.2. Konfliktbearbeitung von russischer Seite
2.3 Eine Bewertung der Rolle Russlands
3. Die OSZE im Konflikt um Nagornij-Karabach
3.1 Multilaterale Vermittlung durch die OSZE
3.2 Eine Bewertung der Rolle der OSZE

III. Ergebnisse und Ausblick

IV. Literaturverzeichnis

Aufsätze und Monographien:

Zeitungsartikel:

I. Fragestellung

Der Kaukasus entwickelte sich seit dem Zusammenbruch der UdSSR in den letzten Tagen des Jahres 1991 von einem genuin sowjetischen Herrschaftsbereich zu einem Gebiet, das die außenpolitischen Agenden zahlreicher Staaten beeinflusst. Im „Great Game“ um das kaspische Öl, im Kampf gegen islamistische Terroristen oder im Konfliktmanagement ethnischer und territorialer Konflikte sind mittlerweile nicht nur der sowjetische Rechtsnachfolger Russland und die neuen unabhängigen Staaten Armenien, Aserbaidschan und Georgien involviert. Auch die Supermacht USA, die regionalen Akteure Türkei und Iran, sowie multilaterale Organisationen wie EU, NATO und OSZE zeigten ihr zunehmendes Interesse am Kaukasus mit all seinen Ressourcen und Konflikten.

Als bedeutender kaukasischer Brennpunkt erwies sich eine Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan. Bereits zu Sowjetzeiten trat dieser Streit um das zu ca. 75% von Armeniern besiedelte Nagornij-Karabach offen zu Tage. Karabach wurde im Zuge der sowjetischen Nationalitätenpolitik Anfang der 1920er Jahre als Autonomes Gebiet in die Aserbaidschanische SSR eingegliedert. Doch die Karabach-Armenier beklagten seit dieser Zeit eine kulturelle, wirtschaftliche und soziale Diskriminierung und Vernachlässigung durch die aserbaidschanische Obrigkeit. Der latente Konflikt zwischen Armeniern und Aseris eskalierte im Jahr 1988, als es auf beiden Seiten zu Massendemonstrationen, Ausschreitungen und Pogromen gegenüber der jeweils anderen Volksgruppe kam. Beide Parteien berufen sich auf völkerrechtliche Prinzipien: Die armenische Seite verlangt mit dem Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die Unabhängigkeit bzw. den Anschluss an Armenien, Aserbaidschan beharrt auf der Grundlage der territorialen Integrität auf dem Verbleib des Gebietes im aserbaidschanischen Staatsverband. Dieses Konfliktpotenzial kam in der Folgezeit voll zum Ausbruch und beide Seiten reagierten mit Vertreibungen und ethnischen Säuberungen. Letztlich entwickelte sich ein blutiger Krieg zwischen Aserbaidschan und der von Armenien unterstützten karabachischen Armee. Im weiteren Verlauf dieses Waffenganges gelang es den Armeniern eine territoriale Verbindung zum Mutterland herzustellen und insgesamt ein Fünftel des aserbaidschanischen Staatsgebietes zu besetzen. Bis zum Waffenstillstand im Jahr 1994 verloren bis zu 45 000 Menschen ihr Leben und 1,2 Millionen wurden vertrieben. Seitdem gilt der Konflikt als eingefroren: Es gibt nahezu keine Kampfhandlungen mehr, eine Lösung für den zukünftigen Status von Nagornij-Karabach konnte trotz regionaler und internationaler Bemühungen bisher noch nicht gefunden werden.

Obwohl die bereits erwähnten regionalen und internationalen Akteure großes Interesse am Kaukasus im Allgemeinen und an Karabach im Besonderen zeigten, führten jegliche Vermittlungsversuche letztendlich nicht zu einer endgültigen Beilegung des Konflikts. Die externen Akteure erreichten weder durch eigene Initiativen noch durch die Unterstützung des armenisch-aserbaidschanischen Dialogs eine Lösung des Antagonismus um Nagornij-Karabach. An diesem Punkt setzt nun die vorliegende Arbeit an und versucht zu klären, ob das Vermittlungsbestreben der auswärtigen Faktoren nur zu wenig zielgerichtet und konsistent, aber mit guten Absichten zur Konfliktbeilegung, vorangetrieben wurde, oder ob man einen Schritt weitergehen muss. Dann würde sich zeigen, dass die externen Akteure den Konflikt für ihre eigenen Interessen instrumentalisierten und dass das Engagement ausländischer Akteure bis dato sogar (mit)ursächlich für die Unlösbarkeit des Widerstreits sei.

Auf staatlicher Ebene werden hierzu die originären kaukasischen Hegemonialmacht Russland und die regionalen Interessen der Weltmacht USA analysiert. Auf die Darstellung der Haltung der Nachbarn Türkei und Iran zum Konflikt wird in diesem Rahmen verzichtet. Die türkische Position ist zu einseitig proaserbaidschanisch ausgerichtet, als dass Ankara eine annähernd neutrale Vermittlerrolle einnehmen könnte. Folglich sind Ankaras Aktivitäten, wie eine antiarmenische Wirtschaftsblockade oder Militärhilfe für Baku, ganz klar im eigenen (pan)türkischen Interesse bzw. im Sinne aserbaidschanischer Maximalforderungen zu sehen. Dadurch ergibt sich aus der türkischen Rolle kein Erkenntnisgewinn für die Frage, ob fehlende Vermittlungseffizienz oder Instrumentalisierung des Konflikts entscheidend für die Unlösbarkeit des Konflikts ist. Teheran hingegen lehnt sich aufgrund des iranischen Anti-Amerikanismus, der Abhängigkeit von russischen Waffen- und Atomlieferungen und dem gemeinsamen iranisch-russischen Interesse an der Eindämmung der Türkei zu sehr an die Haltung Moskaus an und generiert deshalb keinen wirklich eigenständigen Einfluss auf die Auseinandersetzung um Karabach. Auf der Ebene internationaler Organisationen konzentriert sich die Arbeit auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), da diese, im Gegensatz zu EU und NATO, deutlich größeres Engagement in Nagornij-Karabach zeigt.

Die Analyse zielt auf den Zeitraum nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Ende 1991 ab. Mit diesem Datum und den bereits zuvor erfolgten Unabhängigkeitserklärungen durch Armenien und Aserbaidschan entwickelte sich die Auseinandersetzung um Karabach von einer innersowjetischen Angelegenheit ohne externe Einflussmöglichkeiten zu einem international viel beachteten Konfliktherd.

Um die oben aufgeworfene Fragestellung anhand genannter Akteure adäquat beantworten zu können, versucht die Arbeit externe Vermittlungsversuche auf ihre Effizienz hin zu prüfen. Dabei wird zu untersuchen sein, ob diese konzeptionell durchdacht, kompromissfähig für beide Seiten und vom potenziellen Vermittler konsequent vor allem mit Entschlossenheit vorgetragen wurden. Alternativ können diese Lösungsvorschläge auch zur Beförderung der wahren Interessen auswärtiger Mächte dienen und der eigentlichen Konfliktlösung nicht zuträglich sein. Eine Instrumentalisierung sollte sich anhand von Waffenlieferungen, Unterstützung radikaler innenpolitischer Opposition in Armenien oder Aserbaidschan, wechselndem Beistand für die jeweiligen Konfliktgegner und an einer Ausrichtung der Aktivitäten rund um den Karabach-Konflikt, die stark auf wirtschaftliche Vorteile und politische Einflusssphären abzielt, zeigen. Bei den beiden Punkten Vermittlungsengagement und Eigeninteresse wird sich bei den darzustellenden Akteuren eine unterschiedliche Gewichtung herausstellen, da sowohl Nationalstaaten, als auch eine internationale Organisation untersucht werden. Vermittlungsinitiativen unter Beteiligung der OSZE, die aber deutlich dem direkten Engagement von Nationalstaaten und deren Interessen zuzuordnen sind, werden hier anhand der jeweiligen Staaten behandelt. Die Analyse der OSZE wird sich auf die Vorschläge zur Konfliktlösung beschränken, da dies der Hauptexistenzgrund derartiger Organisationen ist und ein weiterreichendes außenpolitisches Eigeninteresse ausgeschlossen bleiben sollte.

Zum Thema Karabach und auch speziell zu Problemen bei der Lösung des Konfliktes gibt es relativ ausführliche Literatur, Publikationen über jüngere Entwicklungen liegen aufgrund der Festgefahrenheit des Konflikts in weitaus geringerem Umfang vor. Hauptsächlich relevant für diese Arbeit waren eine Monographie über Nagornij-Karabach von Johannes Rau[1] und eine Studie von Rexane Dehdashti[2] mit einer Schwerpunktsetzung beim Engagement durch externe Kräfte und vor allem beim Vermittlungsbemühen durch die OSZE. Rau kommt zu dem Schluss, dass es sich bei der Auseinandersetzung um Karabach wegen den Interessen internationaler Akteure und der halbherzigen Vermittlung um den am schwierigsten zu lösenden Konflikt Transkaukasiens handelt. Dehdashti konstatiert durchaus gutwillige Vermittlungsversuche, die bis zum Ende ihres Untersuchungszeitraumes im Jahr 1998 weder als völliger Fehlschlag noch als Erfolg zu werten sind. Probleme bei den Bemühungen der OSZE stellen vor allem das inkonsistente Handeln aufgrund des häufigen Vorsitzwechsels, die Nicht-Miteinbeziehung der karabachischen Seite und das Demokratiedefizit bei sich im Aufbau befindlichen Staaten dar. Außerdem gingen weitere Aufsätze[3] über externes Engagement im Konflikt z.B. von Henrik Bischof, Martin Malek und Rainer Freitag-Wirminghaus in diese Arbeit ein.

II. Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach

1. Das Engagement der USA

1.1. US-amerikanische Interessen und Aktivitäten im Konflikt um Nagornij-Karabach

Die amerikanische Politik gegenüber der Konfliktregion wurde hauptsächlich von zwei Faktoren in der US-Innenpolitik beeinflusst. Die gut organisierte armenische Lobby mit ihrem großen Einfluss auf den US-Kongress versuchte die Anliegen Jerewans und Stepanakerts in die amerikanische Außenpolitik einzubringen. Konträr dazu engagierten sich die Interessensvertreter der Ölindustrie, die ihre Fürsprecher vor allem in der Regierung und im Außenministerium fanden, für das ressourcenreiche Aserbaidschan. Zunächst bestimmte die proarmenische Fraktion den Kurs. Im Oktober 1993 verabschiedete der Kongress ein Gesetz (Sektion 907 des Freedom Support Act), das Baku als Aggressor im Konflikt identifizierte. US-Hilfe für Aserbaidschan wurde damit, solange Baku die Blockade gegen Armenien aufrecht erhält und offensive Gewaltmaßnahmen gegen Armenien und Karabach betreibt, verboten.

Im Verlauf des Jahres 1994 änderten sich die Vorzeichen der US-Außenpolitik gegenüber dem Südkaukasus zunehmend. Das Interesse an den regionalen Energievorkommen drang in den Vordergrund und änderte die Prioritäten zu Ungunsten der armenischen Lobby. Besonders offensichtlich wurde dies mit dem „Jahrhundertvertrag“ zwischen Aserbaidschan und einem Konsortium, an dem auch US-Ölkonzerne maßgeblich beteiligt waren, im September 1994. Neben der Verbesserung der Marktchancen für diese US-Unternehmen, entfalteten nun die Regierung und das Außenministerium auch politische Ziele in dieser Region. Die USA beabsichtigte durch die Erschließung neuer Energiequelle die Abhängigkeit von den Staaten am Persischen Golf zu reduzieren. In den USA mehrten sich nun die Stimmen die eine Abkehr vom Paria-Status Aserbaidschans forderten, da dieser zunehmend als schädigend für die amerikanische Wirtschaft und die US-Interessen in der Region angesehen wurde. Mehrere Regierungsinitiativen, die oben genannte Sektion 907 des Freedom Support Acts aufzuheben, scheiterten jedoch.[4] Ebenso nicht den Interessen der Öl-Lobby entsprach die Entscheidung des proarmenischen US-Kongresses der de facto unabhängigen Republik Nagornij-Karabach 20 Millionen US-$ Auslandshilfe zu gewähren, da dies in Aserbaidschan mit einer politischen Anerkennung gleichgesetzt wurde.[5]

Dieser vornehmlich durchs kaspische Öl ausgelöste Paradigmenwechsel in der US-Politik rückte auch den Karabach-Konflikt an sich deutlicher ins Interesse der Vereinigten Staaten. Die ungelöste Auseinandersetzung im Südkaukasus behinderte den Abtransport des kaspischen Öls und stellte somit ein Hindernis für die amerikanischen Interessen dar. Mittlerweile scheint dieses Problem mit dem Bau einer Pipeline von Baku über das georgische Tiflis zum türkischen Ceyhan (Fertigstellung 2005) weitgehend im Sinne der USA gelöst zu sein. Einerseits wirkt damit der Konflikt um Nagornij-Karabach nicht mehr in dem Maße als Hindernis für den Abtransport des kaspischen Erdöls, andererseits gelang es mit dieser Route den Einfluss Russlands auf die kaspischen Energieressourcen zu minimieren.

Neben dem Faktor Öl determinierten weitere Aspekte die US-Politik gegenüber dem Südkaukasus. Die enge armenisch-russische Bindung und die freundschaftlichen Beziehungen zu Teheran, die dem Sicherheitsbedürfnis Jerewans aufgrund der aserbaidschanisch-türkischen Bedrohung entsprechen, gefährden die geostrategischen Interessen der USA und die Stellung des NATO-Partners Türkei in der Region. Das militärische Engagement[6] Russlands und die Kooperation mit dem Iran führten zu einer gewissen Abkehr der Vereinigten Staaten von Armenien. Die USA agierte im Kaukasus in Konkurrenz zu Russland und verfolgte eine Strategie der Eindämmung des der sog. „Achse des Bösen“ zugerechneten Irans. Zusammen mit dem Öl-Argument scheint diese anti-russische und anti-iranische Strategie der USA für den Kaukasus deckungsgleich mit den Interessen Bakus zu sein. Diese außenpolitische Kompatibilität führte im Konflikt um Karabach eher zu einer Parteinahme der Vereinigten Staaten für Aserbaidschan als für Armenien.

Die Interessenslage der USA in der Region hat sich seit Mitte der 90er Jahre nicht fundamental geändert: Grundsätzlich befindet sich die Region auf der Prioritätenliste der US-Außenpolitik und 1996 definierte Washington den Kaukasus sogar als Gebiet in dem „lebenswichtige Interessen der USA berührt werden.“[7] Durch den Kampf gegen den internationalen Terrorismus gewann die Region noch mehr an strategischer Bedeutung (Militärbasen, Überflugrechte, Rückzuggebiet für Terrorristen), die Waffengänge im Irak und in Afghanistan absorbieren aber ein enormes Maß an außenpolitischen Ressourcen. Das Interesse der USA an der Region hat sich mit dem 11. September 2001 keineswegs geändert, die außenpolitische Agenda der Supermacht konzentriert sich seitdem aber vornehmlich auf den Nahen Osten und auf Zentralasien. Dies führte zwangsläufig zu einem gewissen Rückgang der Bemühungen um den Karabach-Konflikt.

[...]


[1] Rau, Johannes, Der Nagorny-Karabach-Konflikt (1988-2002), Berlin, 2003

[2] Dehdashti, Rexane, Internationale Organisationen als Vermittler in innerstaatlichen Konflikten, Die OSZE und der Berg Karabach-Konflikt, Frankfurt/Main, 2000

[3] Bischof, Henrik, Der Karabach-Konflikt: Moskaus Hand in Transkaukasien, Bonn, 1995; Malek, Martin, Determinanten der Sicherheitspolitik Armeniens, Bericht des BIOst, Nr. 11, 2000; Freitag-Wirminghaus, Rainer, Politische Konstellationen im Südkaukasus, in: ApuZ, B42, 1999

[4] Vgl. Dehdashti, Rexane, Internationale Organisationen als Vermittler in innerstaatlichen Konflikten, S. 320

[5] Vgl. Freitag-Wirminghaus, Rainer, Politische Konstellationen im Südkaukasus, S. 29

[6] Russische Soldaten schützen z.B. die armenischen Grenzen und im Jahr 1997 gingen Armenien und Russland im Rahmen eines Freundschaftsvertrages ein Militärbündnis ein.

[7] Manutscharjan, Aschot, Sicherheitspolitik im Kaukasus – Perspektiven für das 21. Jahrhundert, S. 52, in: KAS-AI 3/02, S. 33-56

Final del extracto de 26 páginas

Detalles

Título
Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach
Universidad
University of Regensburg
Calificación
1,7
Autor
Año
2005
Páginas
26
No. de catálogo
V132960
ISBN (Ebook)
9783640397327
ISBN (Libro)
9783640396986
Tamaño de fichero
524 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Armenien, Aserbaidschan, Berg-Karabach, Nagornij-Karabach, externe Akteure, Politikwissenschaft, Internationale Politik
Citar trabajo
Florian Schiegl (Autor), 2005, Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132960

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Título: Die Rolle der externen Akteure im Konflikt um Nagornij-Karabach



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