Was musste in den Jahren zwischen 1152 und 1156 geschehen, damit es auf den Barbinger Wiesen schließlich zum gütlichen Ausgleich kam? Was waren ihre Grundprinzipien, wie waren sie in der mittelalterlichen Gesellschaft verankert und welche Rolle spielten sie für die Beteiligten und für den Ausgang der bayrischen Frage? Welche Erkenntnisse können so über die einzelnen Schritte in der Beilegung des Konflikts gewonnen werden und welches Herrschaftsverständnis Friedrichs I wird daraus deutlich?
Hierzu folgt zunächst eine kurze Darstellung einiger Grundprinzipien der mittelalterlichen Konfliktführung. Anhand der oben genannten Leitfragen werden anschließend die einzelnen Abschnitte der Streitbeilegung chronologisch aus dem Blickwinkel von Konfliktbeilegung und Kommunikation betrachtet und mit den verfügbaren Quellen abgeglichen.
Damit aber durch diesen Vorgang Ehre und Ruhm unseres hochverehrten Oheims keinesfalls gemindert schiene […]“. Mit diesem Wortlaut begründet das Privilegium minus den Urteilsspruch der anwesenden Fürsten, mit dem die bayrische Frage am 17. September 1156 ihr friedliches Ende fand. Der Streit um das Herzogtum Bayern blieb durch den Tod Konrads III. seit 1138 ungelöst, sodass es für Friedrich I. Barbarossa zu einer frühen staatsmännischen Bewährungsprobe wurde, diese „Familienangelegenheit“ zwischen Welfen, Staufern und Babenbergern friedlich zu lösen.
Dabei muss der friedliche Ausgang für die Zeitgenossen eine enorme Erleichterung gewesen sein. Otto von Freising, damals selbst Zeuge und Vermittler in der bayrischen Frage, berichtet nach dem Ausgang: „Von diesem Tage an bis zur Gegenwart lächelte dem ganzen transalpinischen Reich so heiterer Friede, daß man Friedrich nicht nur Kaiser und Augustus, sondern mit Recht auch Vater des Vaterlandes nennt.“. Auch wenn man Otto von Freising an einigen Stellen der Gesta Friderici Tendenziösität vorwerfen kann, so dürfte seine Erleichterung an dieser Stelle doch ehrlich gewesen sein.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Grundprinzipien der hochmittelalterlichen Streitbeilegung
- 1. Das fürstliche Ehrverständnis (honor)
- 2. Lösung von Konflikten durch Mittel der Streitbeilegung
- III. Kommunikation und gütliche Streitbeilegung in der bayrischen Frage
- 1. Beachtung von Ehre, Rang und Titel
- 2. Streitbeilegung durch iudicio vel consilio
- 3. Verbale Kommunikationsformen in der Streitbeilegung - colloquia
- 4. Öffentliche Kommunikation durch Demonstration und Inszenierung
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die friedliche Beilegung der bayrischen Frage im Jahr 1156 unter Friedrich I. Barbarossa. Sie analysiert, welche Kommunikationsformen und Mittel der gütlichen Streitbeilegung im Konflikt zwischen Welfen, Staufern und Babenbergern zum Einsatz kamen.
- Das fürstliche Ehrverständnis (honor) im Hochmittelalter
- Kommunikationsformen und Strategien der Konfliktbeilegung
- Die Rolle von Sprache und Ritual in der politischen Kultur des 12. Jahrhunderts
- Die Bedeutung des Privilegium minus für die Lösung der bayrischen Frage
- Das Herrschaftsverständnis Friedrichs I. Barbarossa
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung führt in die bayrische Frage und das Privilegium minus ein. Sie stellt die Bedeutung der friedlichen Streitbeilegung im Kontext des hochmittelalterlichen Herrschaftsverständnisses heraus und erläutert die Forschungslücke im Hinblick auf die Rolle von Kommunikation und Konfliktlösung.
II. Grundprinzipien der hochmittelalterlichen Streitbeilegung
Dieses Kapitel untersucht das Konzept der Ehre (honor) in der mittelalterlichen Gesellschaft und dessen zentrale Rolle in der Konfliktführung. Es wird dargestellt, wie das Prinzip der Ehre die politische Kultur des 12. Jahrhunderts prägte und Konflikte eskalieren konnte. Darüber hinaus werden alternative Wege der Konfliktbeilegung neben der Fehde beleuchtet.
III. Kommunikation und gütliche Streitbeilegung in der bayrischen Frage
Dieses Kapitel analysiert die Kommunikation und die gütlichen Streitbeilegungsmechanismen, die zur Lösung der bayrischen Frage führten. Es beleuchtet die Bedeutung von Ehre, Rang und Titel in der bayrischen Frage, die Rolle des iudicio vel consilio sowie die Bedeutung verbaler und öffentlicher Kommunikationsformen im Prozess der Streitbeilegung.
Schlüsselwörter
Privilegium minus, bayrische Frage, Friedrich I. Barbarossa, hochmittelalterliche Streitbeilegung, Ehre (honor), Kommunikation, Konfliktlösung, gütliche Beilegung, Herrschaftsverständnis, politische Kultur des 12. Jahrhunderts.
- Arbeit zitieren
- Niklas Pulte (Autor:in), 2022, Konfliktlösung durch das Privilegium minus. Mittel der Kommunikation und gütlichen Beilegung im Streit um das Herzogtum Bayern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1331028