Dieser Text bietet eine kleine Einführung in das komplexe Werk des Bruno Latours. Modernisierungstheorien beschreiben und erklären umfassende Transformationsprozesse
von ursprünglich traditionellen Gesellschaften. Konstitutive Merkmale der
modernen Epoche sind die Rationalisierung, Pluralisierung und Individualisierung
der Gesellschaften. Historisch setzen diese Prozesse ab dem 17. Jahrhundert ein,
zeitgleich mit der Aufklärung. Da die Thematik des sozialen Wandels grundlegende
Fragen auch über die gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklung stellt, ist das Interesse
der Sozialwissenschaftler an dieser Problematik im Zuge der vergangenen
Dekaden nie gesunken. Heute existieren verschiedene soziologische Strömungen
nebeneinander, die jeweils der Modernisierung mit unterschiedlichen Thesen und
Argumenten gegenübertreten. Als wichtigste sollen an dieser Stelle die reflexive
Moderne, die Postmoderne und die Antimoderne genannt werden.
Der französisches Philosoph, Anthropologe und Soziologe, Bruno Latour ist einer
der umstrittenen Kritiker der klassischen Moderne. Er kritisiert ihre Postulate und
unterbreitet in seinen Werken abstrakte und komplexe Modernisierungsvorschläge.
Als verhängnisvollen Ursprung der Moderne nennt er den modernen Dualismus, die
Große Trennung von Natur und Kultur, und die daraus resultierende Repräsentationsregime
Natur/Gesellschaft und Wissenschaft/Politik (vgl. Pick 2003:24). Mit
transdisziplinärer Methodik entwickelt er eine These über die Existenz und Rolle von
Mischwesen, die sich zwischen den konstruierten und sich bedingenden Extremen
von Natur und Kultur ausbreiten. Seine Philosophie verfolgt dabei den Zweck
Mensch und Natur miteinander zu versöhnen und wieder zu vereinen, indem er die
klassischen und tradierten Dichotomien der Moderne sprengt (vgl. Jonas 2000:4).
Seine radikale Schlussfolgerung wir seien nie modern gewesen dient als Ausgangspunkt
der folgenden Erörterung. Weil Bruno Latour komplexe Gedankengänge
ausführt, kann seine Logik nur durch basale Fragen angenähert werden. So lauten
die vereinfachten Fragestellungen: Welche Bedeutung hat die Moderne bei Latour?
Warum sind wir, ihm zufolge, nie modern gewesen? Welche Weltanschauung liegt
Latours Ausführungen zugrunde? Um mit gezielten Vorkenntnissen direkt in die
Argumentation Latours einzusteigen, wird zunächst versucht sein Gedankengut aus
soziologisch-philosophischer Perspektive in eine distinkte Strömung einzuordnen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Abgrenzung des Autors
- Ontologische Darstellung der Nicht-Moderne
- Politisches Plädoyer für eine gemeinsame Welt
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert die Kritik des französischen Philosophen und Soziologen Bruno Latour an der klassischen Moderne und ihren Grundannahmen. Er beleuchtet Latours Konzept der Nicht-Moderne und seine Argumentation, dass wir nie modern gewesen sind. Der Text untersucht die ontologischen und epistemologischen Überlegungen Latours und seine Kritik an der Trennung von Natur und Kultur.
- Kritik an der klassischen Moderne und ihren Grundannahmen
- Das Konzept der Nicht-Moderne und die These, dass wir nie modern gewesen sind
- Ontologische und epistemologische Überlegungen Latours
- Kritik an der Trennung von Natur und Kultur
- Die Rolle von Mischwesen und Hybriden in Latours Philosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Modernisierungstheorien ein und stellt Bruno Latour als einen prominenten Kritiker der klassischen Moderne vor. Sie erläutert Latours Kritik am modernen Dualismus und seiner These über die Existenz von Mischwesen, die sich zwischen Natur und Kultur bewegen. Die Einleitung stellt die zentralen Fragen, die im Text behandelt werden, und dient als Ausgangspunkt für die weitere Analyse von Latours Gedankengut.
Das Kapitel "Abgrenzung des Autors" befasst sich mit der Einordnung von Latours Denken in den Kontext der Postmoderne. Es wird deutlich, dass Latour sich gegen die Etikettierung "post-modern" wehrt, da er nicht nur die Prämissen der Moderne in Frage stellt, sondern auch die einzelnen Stränge der postmodernen Kritik angreift. Latour verabschiedet sich vom universellen Glauben der Modernen und verweist auf die Existenz von Hybriden aus Natur und Kultur. Er kritisiert die Trennung von Mensch und Natur und plädiert für eine symmetrische Anthropologie, die die Einheit von Natur und Kultur wiederherstellt.
Das Kapitel "Ontologische Darstellung der Nicht-Moderne" geht tiefer in Latours Konzept der Nicht-Moderne ein. Es beleuchtet seine Kritik an der cartesisch-kantischen ausdifferenzierten Moderne und seine Verbindung zu Leibniz, Michel Serres und Gilles Deleuze. Latour argumentiert, dass die Moderne den Fehler begangen hat, die Bedeutung der Mischwesen zu unterschätzen und sie immer wieder in Natur oder Gesellschaft aufzuspalten. Seine These über die Hybridisierung bildet das Herzstück seiner Ausführungen, insbesondere seiner Akteur-Netzwerk Theorie.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die klassische Moderne, Bruno Latour, Nicht-Moderne, Hybridisierung, Akteur-Netzwerk Theorie, Natur und Kultur, Mischwesen, Moderne, Postmoderne, Dualismus, Trennung, Einheit, Anthropologie, Erkenntnistheorie, Philosophie, Soziologie.
- Quote paper
- Lucie Chamlian (Author), 2008, Postmoderne Vorstellungen zur Modernisierung: Bruno Latour, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133208