In dieser Arbeit sollen nicht nur explizit die Frauenfiguren und ihre Repräsentation von Weiblichkeit des frühen 20. Jahrhunderts fokussiert werden, Ziel ist es ebenso, in dem Romanfragment „Der Verschollene“ die Geschlechterrollen unter Berücksichtigung der Präsentation von Sexualität und Macht zu analysieren. Nach eingehender Ausarbeitung der weiblichen Charaktere und ihre Darstellungsformen in Bezug zur Hauptfigur Karl Roßmann im ersten Teil, folgt im zweiten Teil die Abhandlung homoerotischer Tendenzen in den Männerverbindungen. Der Leitfaden zu dieser Analyse bildet die Annahme, das Kafkas „Amerika“-Roman, laut Susanne Hochreiter „‚antipatriarchale’ dekonstruktive“ Elemente beinhaltet, denn seine Figuren seien im Stande, die gegebenen Grenzen damaliger Geschlechterstereotypen zu verwischen und zu verwirren. Wie es Susanne Hochreiter weiterhin treffend im Jahre 2007 formulierte, „ist [es] an der Zeit, die Analyse von der [festgestellten] Durchlässigkeit und Brüchigkeit der Geschlechterkonzeptionen auf die männlichen Figuren auszudehnen und noch konsequenter abseits von psychologisch-biografischen Bezügen vom Autor zu entwickeln.“ Daher beansprucht diese Arbeit im Folgenden einen genuin textanalytischen Zugang und beschäftigt sich nach den Untersuchungen zu ambivalenten weiblichen Geschlechterrollen im ersten Teil, ausgiebig mit der in der Sekundärliteratur oft ausgesparten männlichen Homoerotik zu Kafkas Werk „Der Verschollene“.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Kafkas weibliche Geschlechterrollen und deren Präsenz im „Verschollenen“
- 2.1. Verführung und Gewalt
- 2.2. Weibliche Manifestation von Macht
- 2.3. Der Umgang weiblicher Geschlechterrollen mit Macht
- 3. Untersuchung männlich-homoerotischer Tendenzen in „Der Verschollene“
- 3.1. Der Heizer
- 3.2. Herr Pollunder und der Onkel
- 4. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Franz Kafkas Romanfragment „Der Verschollene“ unter Berücksichtigung der Darstellung weiblicher und männlicher Geschlechterrollen im Kontext von Sexualität und Macht. Ziel ist es, die ambivalenten Geschlechterkonzeptionen Kafkas zu untersuchen und den oft vernachlässigten Aspekt der männlichen Homoerotik zu beleuchten. Die Analyse basiert auf einem genuin textanalytischen Zugang und vermeidet psychologisch-biografische Spekulationen.
- Ambivalente Darstellung weiblicher Geschlechterrollen in Kafkas Werk
- Analyse der Machtstrukturen und der Beziehung zwischen den Geschlechtern
- Untersuchung homoerotischer Tendenzen in den männlichen Beziehungen
- Die Rolle der weiblichen Figuren als Katalysator für Karls Entwicklung
- Kafkas Auseinandersetzung mit Geschlechterstereotypen seiner Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt den Forschungsstand zur Darstellung von Weiblichkeit in Kafkas Werk dar und betont das bisherige Missverhältnis zwischen der weiblichen Präsenz im Werk und der Rezeption. Sie umreißt die Zielsetzung der Arbeit, die darin besteht, die Geschlechterrollen in „Der Verschollene“ unter Berücksichtigung von Sexualität und Macht zu analysieren, sowohl hinsichtlich der weiblichen als auch der männlichen Figuren und deren Beziehungen zueinander. Die Arbeit fokussiert auf einen textanalytischen Ansatz und betont die Bedeutung der stereotypen Geschlechterrollen der damaligen Zeit.
2. Kafkas weibliche Geschlechterrollen und deren Präsenz im „Verschollene“: Dieses Kapitel untersucht die Darstellung weiblicher Figuren und deren Funktion in Bezug auf den Protagonisten Karl Roßmann. Es wird argumentiert, dass die Frauenfiguren, trotz ihrer scheinbaren Abhängigkeit von Karls Perspektive, ein autonomes Agieren und eine beabsichtigte Wirkung auf ihn ausüben. Sie fungieren als Katalysatoren in Karls Entwicklung und sind Teil der Machtstrukturen, die seinen Niedergang prägen. Die Analyse beleuchtet die ambivalente Darstellung weiblicher Rollen, die stets mit dem Erotischen und einem Schuld-/Strafe-Komplex verbunden sind.
3. Untersuchung männlich-homoerotischer Tendenzen in „Der Verschollene“: Dieses Kapitel befasst sich mit den vermeintlich homoerotischen Beziehungen zwischen männlichen Figuren und Karl Roßmann. Es untersucht die Dynamik dieser Beziehungen im Kontext der im vorherigen Kapitel dargestellten ambivalenten weiblichen Rollen. Durch die Analyse der Beziehungen zu Figuren wie dem Heizer und Herrn Pollunder wird die Frage nach Kafkas Auseinandersetzung mit männlicher Sexualität und Macht in „Der Verschollene“ untersucht. Dabei wird explizit auf die in der Sekundärliteratur oft vernachlässigte Thematik der männlichen Homoerotik eingegangen.
Schlüsselwörter
Franz Kafka, Der Verschollene, Amerika, Geschlechterrollen, Weiblichkeit, Männlichkeit, Homoerotik, Macht, Sexualität, Verführung, Gewalt, Textanalyse, Geschlechterstereotypen, Ambivalenz, Karl Roßmann.
Häufig gestellte Fragen zu Franz Kafkas "Der Verschollene" - Geschlechterrollen und Macht
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese akademische Arbeit analysiert Franz Kafkas Romanfragment "Der Verschollene" mit Fokus auf die Darstellung weiblicher und männlicher Geschlechterrollen im Kontext von Sexualität und Macht. Sie untersucht die ambivalenten Geschlechterkonzeptionen Kafkas und beleuchtet den oft vernachlässigten Aspekt der männlichen Homoerotik. Die Analyse basiert auf einer rein textanalytischen Methode.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die ambivalente Darstellung weiblicher Geschlechterrollen, die Analyse der Machtstrukturen und Beziehungen zwischen den Geschlechtern, die Untersuchung homoerotischer Tendenzen in männlichen Beziehungen, die Rolle weiblicher Figuren als Katalysatoren für Karls Entwicklung und Kafkas Auseinandersetzung mit Geschlechterstereotypen seiner Zeit.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Kafkas weibliche Geschlechterrollen im "Verschollenen", ein Kapitel über männlich-homoerotische Tendenzen im Roman und eine Schlussbetrachtung. Das Kapitel über weibliche Geschlechterrollen analysiert die Funktion weiblicher Figuren in Bezug auf den Protagonisten und deren Rolle in den Machtstrukturen. Das Kapitel über männlich-homoerotische Tendenzen untersucht die Beziehungen zwischen männlichen Figuren und Karl Roßmann im Kontext der ambivalenten weiblichen Rollen. Die Einleitung stellt den Forschungsstand dar und umreißt die Zielsetzung. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Methoden werden in der Analyse verwendet?
Die Analyse verwendet einen genuin textanalytischen Zugang und vermeidet psychologisch-biografische Spekulationen. Der Fokus liegt auf der Interpretation des Textes selbst und der darin dargestellten Geschlechterrollen und -beziehungen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Franz Kafka, Der Verschollene, Amerika, Geschlechterrollen, Weiblichkeit, Männlichkeit, Homoerotik, Macht, Sexualität, Verführung, Gewalt, Textanalyse, Geschlechterstereotypen, Ambivalenz, Karl Roßmann.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, die ambivalenten Geschlechterkonzeptionen Kafkas zu untersuchen und den oft vernachlässigten Aspekt der männlichen Homoerotik in "Der Verschollene" zu beleuchten. Es soll ein umfassendes Bild der Darstellung von Geschlechterrollen in diesem Romanfragment gegeben werden.
- Quote paper
- Alexander Begerl (Author), 2008, Weibliche Geschlechterambivalenz und männliche Homoerotik in Franz Kafkas Fragment "Der Verschollene" / "Amerika", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133572