Sicherheit und Unsicherheit in der Großstadt

Der Film 'Blade Runner' und Mike Davis 'Ökologie der Angst'


Hausarbeit, 2003

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Film „Blade Runner“

3 Die „Ökologie der Angst“
3.1 „Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe“
3.2 Die Umweltkatastrophen
3.2.1 Flutkatastrophen
3.2.2 Die Erdbebengefahr
3.2.3 Die Brand- und Tornadogefahr
3.2.4 Die Zerstörung der Landschaft
3.2.5 Die Ursachen für das Ausmaß der Katastrophen

4 Jenseits von „Blade Runner“
4.1 Die sozialen Konflikte in Los Angeles
4.2 Los Angeles in Literatur und Film
4.3 Sicherheit und Unsicherheit in Los Angeles

5 Schlußbemerkungen

6 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Das Referat wurde von mir und Samantha Müller am 29. 1. 2003 im Rahmen des Seminars „Die Stadt im Film“ gehalten. Zu untersuchen war das Thema „Sicherheit und Unsicherheit in der Großstadt“, wobei es darauf ankam, immer wieder Bezüge zu dem 1982 unter der Regie von Ridley Scott entstandenen Film „Blade Runner“[1] herzustellen. Der Film selbst stellt eine fiktionale Weiterzeichnung gegenwärtiger Entwicklungstendenzen in amerikanischen Großstädten dar.

Es stand uns verschiedene Literatur zur Verfügung, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

Mein Teil des Referats behandelte das Buch „Ökologie der Angst. Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe“[2] von dem amerikanischen Stadtsoziologen und Zukunftsforscher Mike Davis. Meine Co-Referentin hingegen stellte ein Buch von Jan Wehrheim („Die überwachte Stadt“[3] ) sowie einen Aufsatz von Walter Siebel und Jan Wehrheim („Sicherheit und urbane Öffentlichkeit“[4] ) vor.

Mike Davis „Ökologie der Angst“ zeichnet ein Schreckbild von der Großstadt Los Angeles in Gegenwart und Zukunft. Obwohl sein Buch teilweise übertreibt und seiner schlagzeilenträchtigen Aufmachung wegen plakativ wirken kann, liefert es doch eine klare Analyse bestimmter Entwicklungen in Großstädten, festgemacht am Beispiel von Los Angeles, deren Auswirkungen er ausschließlich negativ bewertet.

Auf der anderen Seite liefern Jan Wehrheim und Walter Siebel die konkrete soziologische Analyse zu Entwicklungen in Großstädten in Deutschland und den USA. Ihr Schwerpunkt liegt bei der Frage, wie sich gesteigerte Gefühle von Unsicherheit bzw. das Bedürfnis nach weitergehenden Sicherheitsmaßnahmen in der Gesellschaft erklären lassen. Außerdem untersuchen sie die Auswirkungen neuer Sicherheitsstrategien und –Techniken auf die Gestaltung des städtischen Raumes.

In der vorliegenden Ausarbeitung zu diesem Referat habe ich mich in erster Linie mit dem Buch von Mike Davis beschäftigt. Zu Beginn werde ich kurz den Inhalt des im Seminar gezeigten Films „Blade Runner“ wiedergeben, um in der Folge Verbindungen zu den Thesen von Davis aufzeigen zu können. Zwar nimmt er erst im siebten und letzten Kapitel des Buches („Jenseits von Blade Runner“, ab S.403) explizit bezug auf den Film, doch spricht er zuvor auch andere Aspekte an, die das Ziehen von Parallelen zu jenem durchaus erlauben.

2 Der Film „Blade Runner“

Der Science-Fiction Film „Blade Runner“ von Ridley Scott spielt im Los Angeles des Jahres 2019. Er zeichnet eine äußerst düstere Vision der Großstadt der Zukunft.

Los Angeles stellt sich als ein Moloch von Stadt dar, über dem ewige Nacht herrscht und nur Feuerschein und zuckende Blitze die Dunkelheit aufhellen, die die ehemals berühmte kalifornische Sonne vergessen läßt.

Zwischen den Häuserschluchten bewegt sich eine bunte Mischung verschiedenster Ethnien, doch wirkt diese multikulturelle Gesellschaft zumeist eher klaustrophobisch, wenn z.B. die Kamera die riesigen Videoleinwände einfängt von denen asiatische Frauen in bedrohlich-hypnotischem Ton ihre Botschaften über die Stadt verbreiten – eine Szene, die während des gesamten Films immer wieder eingespielt wird. Durch die regennassen Straßen fahren Werbefahrzeuge, die die Lebensqualität in den interstellaren Kolonien preisen, freilich nur für diejenigen, die es sich leisten können.

In dieser neonverkleideten apokalyptischen Landschaft bewegt sich nun der Hauptakteur des Films, Decker, der „Blade Runner“. Sein Auftrag lautet eine Gruppe von Replikanten unschädlich zu machen, die aus einer der Marskolonien ausgebrochen sind und sich inzwischen unerlaubterweise auf der Erde befinden. Auf seiner Jagd durch Los Angeles lernen wir die Stadt nun besser kennen. So nimmt uns Decker z.B. mit in seine Wohnung, an der zuerst die abstoßende, graue und unbequeme Ästhetik auffällt, gefolgt von dem nahezu vollständigen Mangel an persönlichen Gegenständen. Überhaupt erscheinen die Behausungen der Menschen nicht sonderlich attraktiv. Ein bedeutsamer Kybernetiker wohnt daher in einem verfallenen Lagerhaus, seine einzigen Freunde sind die von ihm selbst konstruierten Roboter. Überhaupt fällt auf, daß keiner der Beteiligten Menschen soziale Kontakte zu haben scheint. Nur die Replikanten verhalten sich untereinander solidarisch und bilden somit eine Gemeinschaft.

Beherrscht wird die Stadt von dem allmächtigen Tyrell-Konzern, dessen überdimensionale Pyramide sofort an das Bürogebäude in „Metropolis“[5] erinnert, und der für die Entwicklung der Replikanten verantwortlich ist und demzufolge auch Decker mit seinem mörderischen Auftrag betraut hat. Natürlich läuft nicht alles nach Plan: Decker verliebt sich in eine andere Replikantin und dem Chef der aufständischen Androiden gelingt es Tyrell zu töten, bevor sein eigenes System den Tod auslöst. Als Decker am Ende versucht, diesem ganzen Elend mit seiner neuen Geliebten zu entkommen, muß er feststellen, daß die Polizei ihm bereits auf den Fersen ist und es kein Entkommen gibt: „Es gibt kein Leben für sie. Aber wer hat das schon.“

3 Die „Ökologie der Angst“

3.1 „Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe“

Wie der Untertitel des Buches, „Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe“, bereits andeutet, beschreibt Davis zahlreiche Katastrophen, die Los Angeles bereits heimgesucht haben, bzw. solche, die in der Zukunft noch drohen.

Diese „Katastrophen“ sind einerseits ökologischer Natur, andererseits liegen ihre Ursachen im sozialen Bereich.

Alle zusammen stellen jedoch eine Bedrohung von Leben und Eigentum der Bewohner des Großraums Los Angeles dar. Aus diesem permanenten Gefühl der Bedrohung entsteht wachsende Unsicherheit und aus ihr wiederum ein gesteigertes Bedürfnis nach Sicherheit. Dieses stetig ansteigende Sicherheitsbedürfnis hat jedoch noch tiefer liegende Ursachen und prägt sich auf unterschiedliche Art und Weise aus. Bevor aber darauf und auf die sich daraus ergebenden sozialen Folgeerscheinungen eingegenagen werden kann, möchte ich mich genauer mit den möglichen Ursachen des Gefühls der Bedrohung, also mit den „Katastrophen“beschäftigen.

Davis beginnt mit der Auflistung zahlreicher Umweltkatastrophen, die Los Angeles in den letzten Jahren heimgesucht haben. Dazu gehören Überschwemmungen (1992, 1993 und 1995), eine Feuersbrunst (1993), ein Erdbeben (1994) und schwere Stürme (1995)[6]. Überboten wurden diese verheerenden Naturerscheinungen nur noch von den schweren Rassenunruhen im Jahre 1992, dem sogenannten „Rodney-King-Aufstand“[7], die der Bevölkerung der Millionenmetroploe einen schweren und nachhaltigen Schock versetzten.

Eingeschüchtert von diesen „Katastrophen geradezu biblischen Ausmaßes“ und vor dem Hintergrund „der schlimmsten Rezession in der Region seit 50 Jahren“[8],entschieden sich im Großraum Los Angeles zwischen 1993 und 1994 über eine halbe Million Menschen die Stadt zu verlassen, nachdem die Bevölkerung zuvor ca. einhundert Jahre lang ausschließlich gewachsen war.

In seinen Ausführungen betont Davis, daß das Ausmaß und die Heftigkeit der Umweltkatastrophen eigentlich nicht weiter überraschen sollte. Nicht nur das die Stadt aufgrund ihrer Lage bestimmten natürlich-geographischen Gefahren ausgesetzt ist, die viel zu lange unterschätzt wurden, nein, auch die Tatsache, daß Los Angeles seine Umwelt so weitgehend zerstört und vergiftet hat wie es das sonst nur noch Mexiko City „geschafft“ hat, spielt eine bedeutende Rolle. Deshalb ist Davis der Auffassung, Los Angeles sei die ideale Besetzung des ökologischen Selbstmörders.[9]

Die Gründe hierfür liegen eindeutig nicht im Ökologischem begründet. Sie sind das Resultat jahrzehntelangen Versagens einer Politik, die eine rücksichtslose Urbanisierung nach den Gesetzen des Marktes unterstützte und dabei den Blick für die Bedürfnisse der Menschen aus den Augen verlor, aber ebenso die Natur, bzw. die besonderen geographisch-klimatischen Verhältnisse der Region ignorierte. Davis betont die Rolle des menschlichen Faktors und formuliert den Vorwurf, Los Angeles habe sich vorsätzlich diesen Gefahren ausgesetzt.

Bevor also auf die schwerwiegenden gesellschaftlichen Probleme der Stadt Los Angeles eingegangen werden kann, beschäftigt sich Davis sehr ausführlich mit den Umweltproblemen bzw. dem Bedrohungspotential, das die Natur für die Bewohner der Stadt darstellt.

Im Folgenden werde ich einige seiner Beispiele erläutern.

[...]


[1] Im Seminar wurde der von der Filmfirma Warner Brothers 1991 veröffentlichte „Director´s Cut“ gezeigt, der eine rigorosere Version des Films, ohne „Happy End“, darstellt.

[2] M. Davis, Ökologie der Angst. Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe, Kunstmann, 1999

[3] J. Wehrheim, Die überwachte Stadt, Opladen: Leske und Budrich, 2002

[4] W. Siebel, J. Wehrheim, Sicherheit und urbane Öffentlichkeit, bisher unveröffentlicht

[5] „Metropolis“, Regie: Fritz Lang, Deutschland 1926

[6] M. Davis, Ökologie der Angst, 1999, S. 14.

Alle weiteren Seitenangaben beziehen sich auf das Buch von Davis, solange nichts gegenteiliges angegeben ist.

[7] Die Unruhen brachen im April 1992 aus, nachdem Videoaufnahmen veröffentlicht wurden, auf denen weiße

Polizisten einen unbewaffneten Schwarzen schwer mißhandelten. Es gab 58 Tote.

[8] S. 16

[9] S. 360

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Sicherheit und Unsicherheit in der Großstadt
Untertitel
Der Film 'Blade Runner' und Mike Davis 'Ökologie der Angst'
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Die Stadt im Film
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V133824
ISBN (eBook)
9783640406630
ISBN (Buch)
9783640406807
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sicherheit, Unsicherheit, Großstadt, Film, Blade, Runner, Mike, Davis, Angst
Arbeit zitieren
Diplom Sozialwissenschaftler Tammo Grabbert (Autor:in), 2003, Sicherheit und Unsicherheit in der Großstadt , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133824

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