Das sogenannte Fin de Siècle gehört zu den großen soziokulturellen Umbruchszeiten, in der bisher bestehende und neue Konzepte vom Menschen in bisher beispielloser Härte aufeinandertreffen. Zu diesen neuen Konzepten gehört insbesondere auch Freuds Vorstellung, dass das Ich nicht mehr „Herr im Hause“ sei, eine der großen narzisstischen Kränkungen der Moderne, durch die das Subjekt nach der kopernikanischen Wende und Darwins Evolutionstheorie „endgültig aus seiner ehemaligen Mittelpunktstellung im Universum in die Marginalität gerückt wurde.“ So verhilft etwa die von Freud bewusst im Jahre 1900 veröffentlichte Traumdeutung dem Unbewussten zu einer im europäischen Denken nie da gewesenen Aufwertung. Zugleich setzt spätestens seit der Zeit um 1900 eine – u. a. durch den Film ausgelöste – Feminisierung des Unbewussten ein, da dieses Unbewusste etwa in der Freudschen Psychoanalyse als etwas „sakrales“ gilt, das als geheimnisvoll, verrucht und heilig zugleich konnotiert und deshalb eng mit der weiblichen Geschlechtlichkeit oder vielmehr mit dem, was als weiblich gilt, verwandt ist. Damit ist es nicht als etwas „Entdecktes“, sondern vielmehr als Anderes, und das heißt als ein von Freud Konstruiertes anzusehen...
Inhaltsverzeichnis
- I. Mythos und Geschlecht: Der psychoanalytische Weiblichkeits-Diskurs um 1900
- II. Der dunkle Kontinent: Freud als „Entdecker“ des Unbewussten und seine Suche nach dem rätselhaften „Wesen des Weibes“
- III. Das Unbehagen der Geschlechterforschung: Kritik an der Weiblichkeitskonstruktion Freuds
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den psychoanalytischen Weiblichkeitsdiskurs um 1900, insbesondere Freuds Konzeption von Weiblichkeit und die darauf folgende Kritik der Geschlechterforschung. Sie beleuchtet die Interaktion von Mythos und Geschlecht in Freuds Werk und analysiert die Konstruktion von Weiblichkeit im Gegensatz zur Männlichkeit.
- Der psychoanalytische Weiblichkeitsdiskurs um 1900
- Freuds Konzeption von Weiblichkeit und ihre mythologische Verankerung
- Kritik an Freuds Weiblichkeitskonstruktion aus der Perspektive der Geschlechterforschung
- Die Rolle des Unbewussten in der Konstruktion von Geschlecht
- Die Rezeption und Weiterentwicklung der Freudschen Theorien
Zusammenfassung der Kapitel
I. Mythos und Geschlecht: Der psychoanalytische Weiblichkeits-Diskurs um 1900: Dieses Kapitel analysiert den Geschlechterdiskurs um 1900, der sich zwischen emanzipatorischen und bewahrenden Kräften abspielte. Es zeigt, wie reaktionäre Kräfte versuchten, einen essentialistischen Weiblichkeitsbegriff mittels mythologischer Bezüge zu stützen, im Gegensatz zu den Bemühungen der Frauenbewegung und der Sexualwissenschaft, die gesellschaftlichen Konstruktionen von Geschlecht zu hinterfragen. Der Diskurs wird als ein Kampf um die Neudefinition des Geschlechterverhältnisses in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen dargestellt, wobei die Psychoanalyse, obwohl sie sich mit der menschlichen Geschlechtlichkeit auseinandersetzt, auch für die Reifizierung von Codes kritisiert wird, da sie kulturelle und historische Kontexte oft außer Acht lässt.
II. Der dunkle Kontinent: Freud als „Entdecker“ des Unbewussten und seine Suche nach dem rätselhaften „Wesen des Weibes“: Dieses Kapitel befasst sich mit Freuds Versuch, das „Wesen des Weibes“ zu definieren, wobei er mythologische Figuren verwendet und Weiblichkeit im Gegensatz zur Männlichkeit als geheimnisvoll und rätselhaft darstellt. Die Analyse von Freuds Vorlesung über Die Weiblichkeit zeigt, wie er Weiblichkeit in Differenz zum Männlichen konstruiert. Der Fokus liegt auf der Darstellung von Freuds Ansatz und seiner Methode, Weiblichkeit zu definieren, nicht auf einer detaillierten Zusammenfassung des Inhalts der Vorlesung selbst. Das Kapitel legt den Grundstein für die anschließende kritische Auseinandersetzung mit Freuds Werk.
Schlüsselwörter
Psychoanalyse, Weiblichkeit, Männlichkeit, Geschlechterdiskurs, Mythos, Unbewusstes, Freud, Geschlechterforschung, Gender, Essentialismus, Emanzipation, Judith Butler, Weltwirtschaftskrise.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Psychoanalytischer Weiblichkeitsdiskurs um 1900
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den psychoanalytischen Weiblichkeitsdiskurs um 1900, insbesondere Freuds Konzeption von Weiblichkeit und die darauf folgende Kritik der Geschlechterforschung. Sie beleuchtet die Interaktion von Mythos und Geschlecht in Freuds Werk und analysiert die Konstruktion von Weiblichkeit im Gegensatz zur Männlichkeit.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf den psychoanalytischen Weiblichkeitsdiskurs um 1900, Freuds Konzeption von Weiblichkeit und deren mythologische Verankerung, Kritik an Freuds Weiblichkeitskonstruktion aus der Perspektive der Geschlechterforschung, die Rolle des Unbewussten in der Konstruktion von Geschlecht und die Rezeption und Weiterentwicklung der Freudschen Theorien.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Kapitel I ("Mythos und Geschlecht") analysiert den Geschlechterdiskurs um 1900, den Kampf um die Neudefinition des Geschlechterverhältnisses und die Kritik an der Psychoanalyse wegen der Vernachlässigung kultureller und historischer Kontexte. Kapitel II ("Der dunkle Kontinent") befasst sich mit Freuds Versuch, das "Wesen des Weibes" zu definieren, unter Verwendung mythologischer Figuren und der Konstruktion von Weiblichkeit im Gegensatz zum Männlichen. Der Fokus liegt auf Freuds Ansatz und Methode, nicht auf einer detaillierten Zusammenfassung seiner Vorlesung.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Psychoanalyse, Weiblichkeit, Männlichkeit, Geschlechterdiskurs, Mythos, Unbewusstes, Freud, Geschlechterforschung, Gender, Essentialismus, Emanzipation, Judith Butler, Weltwirtschaftskrise.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, eine Einleitung mit Zielsetzung und Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel und eine Liste von Schlüsselbegriffen. Sie bietet somit einen umfassenden Überblick über den behandelten Stoff.
Welche Rolle spielt der Mythos in Freuds Konzeption von Weiblichkeit?
Freud verwendet in seiner Konzeption von Weiblichkeit mythologische Figuren und stellt Weiblichkeit im Gegensatz zur Männlichkeit als geheimnisvoll und rätselhaft dar. Die Arbeit analysiert, wie diese mythologische Verankerung zur Konstruktion von Weiblichkeit beiträgt.
Wie wird Freuds Werk in dieser Arbeit kritisiert?
Die Arbeit kritisiert Freuds Konzeption von Weiblichkeit aus der Perspektive der Geschlechterforschung. Ein Kritikpunkt ist die Vernachlässigung kultureller und historischer Kontexte und die Reifizierung von Geschlechtercodes durch die Psychoanalyse.
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- Christian Finger (Author), 2009, Auf der Suche nach dem rätselhaften 'Wesen der Weiblichkeit', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133882