Die Problematik der Verschriftung des Althochdeutschen


Referat (Ausarbeitung), 2008

20 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Soziokulturelle Voraussetzungen der Verschriftung des Ahd.
2.1 Aspekte ahd. Überlieferung
2.2 Sprachverhältnisse in den Überlieferungen

3. Phonologische und graphematische Problemfelder
3.1 Die Schriftlichkeit des Ahd.
3.2 Der ahd. Konsonantismus
3.2.1 Besonderheiten im Konsonantismus
3.3 Der ahd. Vokalismus
3.3.1 Besonderheiten im Vokalismus

4. Die Verschriftung in Otfrid von Weißenburgs Evangelienbuch
4.1 Das Evangelienbuch
4.2 „Ad Liutbertum“ – Probleme der Schreibung des Ahd.

5. Das Hildebrandslied- Schreibvarianten im Zuge der Verschriftung des Ahd.
5.1 Das Hildebrandslied
5.2 Die Schreibvarianten im Hildebrandslied
a) Die as. Elemente
b) Die bair. Elemente
c) Die ags. Elemente

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Gegenstand dieser Arbeit soll die Beschreibung der Problematik der Verschriftung der ahd. Sprache sein. Die Verschriftlichung der dt. Sprache beginnt im 8. Jh., weshalb das Ahd. „die älteste schriftlich bezeugte Stufe der deutschen Sprache“ (Sonderegger 32003:1) ist. Zugleich lassen sich aber auch Uneinheitlichkeiten in der Graphie erkennen, deren Ursache u.a. wohl in der Vermischung vorherrschender Dialekte bzw. Schreibtraditionen (Bsp. Runenschrift) zu einer Schreibsprache, besteht (Sonderegger 32003:1,4,244). Zur Verschriftung verwendete man das lat. Alphabet, was aber zu weitreichenden Problemen führte. Das Ahd. und Lateinische haben z.T. einen differenten Phonem- bzw Graphembestand, d.h. dem Ahd. fehlen z.B. lat. Grapheme, um bestimmte Phoneme im Ahd. auszudrücken. Dies führte also zu einer großen Anzahl von graphematischen Schreibvarianten, die versuchen ein bestimmtes Phonem widerzugeben.

Auch ahd. Schreiber trugen zur Verschriftung mit ihren Graphemvarianten bei, indem sie versuchten die ahd. Sprache in ihrem Phonem- Graphembestand zu systematisieren, aber ebenfalls zu unterschiedlichen Beobachtungen und Anwendungen kamen. Einer der Schreiberpersönlichkeiten war Otfrid von Weißenburg, der in seinem Evangelienbuch (8.Jh.) eine erste Reflexion über die Probleme der Verschriftung wagte. Seine thematisierten Problemfelder sollen hier genannt werden. Mit einer ahd. Übersetzung des Hildebrandsliedes soll ein eigenständiges Darstellen der Problematik in Bezug auf das vorher Untersuchte stattfinden. Tabellarisch werden die wichtigsten Gaphem- bzw. Phonemvarianten dialektal gegliedert und mit Bsp. aus dem Hildebrandslied unterstützt.

Am Ende dieser Arbeit wird eine Zusammenfassung dessen gegeben, was als Problemfelder der Verschriftung bezeichnet wurde, auch werden diese noch einmal mit deren kulturellen Voraussetzungen in Zusammenhang gebracht.

2. Soziokulturelle Voraussetzungen der Verschriftung des Ahd.

Die Verschriftung des Ahd. im 8. Jh. wurde von den soziokulturellen Gegebenheiten der Zeit beeinflusst. Frühmittelalterliche Klostergründungen, aufgrund von Missionsbewegungen der Iren, der Angelsachsen sowie der Westgoten in Westeuropa, führten zur ersten Entstehung von Schreibschulen und Bibliotheken. Da die Sprache der Kirche und Gelehrten Latein war, gelangten erste Wort-für-Wort-Übersetzungen von lat. Texten in Form von Glossen in die jeweilige Dialektart des ahd. Sprechers bzw. Übersetzers. Die ersten Nutzer der ahd. Schrift waren also Mönche oder Kleriker, Mitglieder einer bestimmten gebildeteren sozialen Schicht, deren Mundart z.T. mit der der bäuerlichen Umgebung, differierte (vgl. Geuenich 1984:1146). Karl der Große (768–814) favorisierte eine Einigung der ganzen Stämme seines Reiches, somit aber auch eine Einigung der Sprache, „damit alle verstehen können“[1]. Die Synoden im Jahre 813 brachten die Verschriftung des Ahd. ein gutes Stück weiter voran, indem sie nun festlegten, dass eine sogenannte „Volkssprache“ neben Latein zulässig sei, damit das Volk die theologischen Texte und Bekenntnisse lesen und verstehen kann. Eine Vereinheitlichung in der Graphie lässt sich aber nicht nachweisen, da Karl der Große zwar eine Volkssprache haben, aber diese auf keinen Fall der gebildeten Lateinsprache vorziehen wollte (vgl. Geuenich 1984:1147).

2.1 Aspekte ahd. Überlieferung

Nach Dialekten geordnet gibt es folgende klösterliche Überlieferungsorte, an denen die ahd. Sprache verschriftlicht wurde (Braune/Reiffenstein 152004:§3):

bairisch: Regensburg, Freising, Tegernsee, Salzburg, Mondsee, Passau

alemannisch: St. Gallen, Reichenau, Murbach

südrheinfränkisch: Weißenburg

rheinfränkisch: Mainz, Lorsch, Speyer, Frankfurt

ostfränkisch: Würzburg, Bamberg, Fulda

mittelfränkisch: Trier, Echternach, Köln, Aachen

Ein einheitliches Ahd. hat es aufgrund der verschiedenen Mundarten nicht gegeben. „Es sind klösterliche Schreibsprachen auf der Grundlage der landschaftlichen Mundarten der vor- und frühalthochdeutschen stammesgemeinschaften oder Mischungen daraus mit ungleichem Anteil.“ (Sonderegger 32003:59).

Die Übersetzungsliteratur bestimmt das ahd. Schrifttum. Die Bibel und andere theologische Schriften bilden das Hauptinteresse, was auch die Spannungen zwischen der lat. und der ahd. Sprache aufkommen lässt. Die Übersetzung besteht aus einem Übernehmen von literarischen und sprachlichen Elementen aus dem Lateinischen in das Endprodukt im Ahd. Als Beispiel hierfür soll der später noch erwähnte Otfrid von Weißenburg dienen, der unter größter Anstrengung eine Evangelienübersetzung schaffte und die Verse noch dazu in einen Endreim setzte.

2.2 Sprachverhältnisse in den Überlieferungen

Ein solches ungleiches Verhältnis zwischen den einzelnen Mundarten, wie im ersten Abschnitt benannt, besteht eben zwischen Latein und Ahd., „d.h. zwischen Gelehrten- oder Kirchensprache und Volkssprache“(Sonderegger 32003:64). Das Adaptieren der lat. Grapheme in die ahd. Sprache ist u.a. durch die Übernahme lat. Lehnwörter und Namen ins Ahd. sowie leitmotivischer Begriffe aus dem lat. Text in die ahd. Übersetzung bestimmt. Hier wird wiederum deutlich, dass das Ahd. keine einheitliche Sprache war, sondern primär eine gesprochene, bäuerliche Volkssprache, die dann allmählich mithilfe der lat. Sprache und Schrift zu einer Schriftsprache wurde, die allerdings streng genommen nur aus der Vielfalt der gesprochenen Mundarten der Umgebung bestand (Sonderegger 32000:65). Die Übernahme lat. Begriffe ins Ahd. spielen auch aufgrund „repräsentativer Auszeichnung“ oder aufgrund „praktische[r] Benutzbarkeit“ (Grubmüller 22004:310), eine zweisprachige Textausgabe zu haben, eine große Rolle. Letzteres ist zu sehen in Otfrids Evangelienbuch (z.B. im Paratext „Ad Luitbertum“), was in Latein und Ahd. verfasst wurde. Otfrid übernimmt nicht nur lat. Begriffe, sondern auch, wie viele Verfasser, typisch lat.- literarische Elemente, wie z.B. Widmungen und den accessus ad auctoris als Einführung in den Text im Brief an Luitbertum.

3. Phonologische und graphematische Problemfelder

3.1 Die Schriftlichkeit des Ahd.

Die Grundlage der Verschriftung des Ahd. bildet das lat. Alphabet, welches über die Etrusker als ursprünglich griech. Alphabet um 700 v.Chr. übermittelt wurde. Wie jede Alphabetschrift bedient sie sich des phonographischen Prinzips, „doch kann sie ergänzt, überlagert und außer Kraft gesetzt werden durch zusätzliche Kontext- und Kombinationsregeln, durch Mängel und Unvollständigkeiten des verfügbaren Zeichenarsenals, unterschiedliche Entwicklung von gesprochener und geschriebener Sprache und durch das Bemühen, auch nichtphonologische Informationen in der Schreibung sichtbar zu machen“ (Grubmüller 21998:301). Gerade diese „Mängel und Unvollständigkeiten“ (s.o.) erschweren die Adaption des lat. Alphabets an das Ahd., da verschiedene Grapheme im Lateinischen fehlen, um bestimmte Phoneme im Ahd. wiederzugeben. Auch die oben beschriebenen Dialektverhältnisse und teilweise Vermischungen erschweren eine konsequente Verschriftung mit einer klaren Phonem-Graphem-Korrespondenz. Auch die Übernahme anderer Schriftzeichen, z.B. ags. Schriftzeichen, spricht einerseits für den Vermischungscharakter des Ahd., aber andererseits auch für die Überlieferung von Schriftzeichen, die dem Lat. eben fremd waren, und damit dem Ahd. fehlten. Deshalb war eine Ergänzung von Buchstaben notwendig. In dem Prozess der Verschriftung des Ahd. geht es also v.a. darum, adäquate Grapheme für die ahd. Phoneme zu finden. Grubmüller sieht hier zwei Lösungsstrategien des Ahd.: Es „orientiert sich entweder an Neuentwicklungen benachbarter Systeme“, hier ist das schon erwähnte Ags. zu nennen, auf das noch später eingegangen wird, „oder sie entstehen aus der Kombination gegebener Zeichen (z.B. Doppelschreibung bei Langvokal), die freilich durch das Fehlen eines lat. Bezugselementes oft mehrdeutig und schwer konventionalisierbar sind“ (Grubmüller 21998:302).

[...]


[1] Ut omnes intellegere possent (Geuenich 2000:1147)

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Details

Titel
Die Problematik der Verschriftung des Althochdeutschen
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V133936
ISBN (eBook)
9783640405213
ISBN (Buch)
9783640405503
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Problematik, Verschriftung, Althochdeutschen
Arbeit zitieren
Melissa Gass (Autor:in), 2008, Die Problematik der Verschriftung des Althochdeutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133936

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