Kontrastive fachdidaktische Analyse zweier Unterrichtswerke für den Schriftspracherwerb im 1. Schuljahr

ABC-Lernlandschaft und DUDEN-Fibel


Bachelorarbeit, 2009

86 Seiten, Note: 1,15


Leseprobe


INHALT

1 Einleitung

2 Methoden des Schriftspracherwerbs - ein Überblick
2.1 Die Fibel
2.1.1 Die Buchstabiermethode
2.1.2 Die Lautiermethode
2.1.3 Die Ganzwort- oder Ganzsatzmethode
2.1.4 Der Methodenstreit zwischen Analytikern und Synthetikern
2.1.5 Die Integration der Methoden
2.2 Aktuelle Formen des Schriftspracherwerbs
2.2.1 Der Spracherfahrungsansatz (SPE)
2.2.2 Lesen durch Schreiben
2.2.3 Die Fibel heute
2.3 Annäherung: Fibel - Spracherfahrungsansatz

3 Analyse
3.1 Kriterienkatalog zur Analyse von Lehrwerken
3.2 Analyse DUDEN-Fibel
3.2.1 Grobanalyse
3.2.2 Strukturanalyse
3.3 Analyse ABC-Lernlandschaft
3.3.1 Grobanalyse
3.3.2 Strukturanalyse

4 Fazit und Ausblick

LITERATURVERZEICHNIS

ABBILDUNGS- UND TABELLENNACHWEIS

ANHANG

VERFASSERNACHWEIS

1 Einleitung

„Die guten Leutchen wissen nicht, was es einen für Zeit und Mühe kostet, um lesen zu lernen. Ich habe 80 Jahre dazu gebraucht und kann noch jetzt nicht sagen, dass ich am Ziel wäre.“

Johann Wolfgang von Goethe 25.01.1830[1]

Das Lesen- und Schreibenkönnen sind zwei wichtige Kompetenzen, deren Vermittlung, insbesondere auch in den Augen von SchulanfängerInnen und ihren Eltern, zentrale Aufgabe der Institution Schule ist. Die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben fördert die Sozialisation der Kinder und ermöglicht deren Enkulturation, denn die Beherrschung dieser Kulturtechniken ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme an gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen.[2] Wie ausgeprägt der Wunsch ist, an eben diesen teilhaben zu können, zeigt sich oftmals schon bei Vorschülern oder gerade eingeschulten Kindern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Liebesbrief von Alyssa (7 Jahre) Abbildung 2: Urlaubsgrüße von Alyssa (7Jahre)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese beiden Briefe der 7-Jährigen Erstklässlerin Alyssa-Lara machen deutlich, wie wichtig das Medium Schrift schon für Kinder ihres Alters sein kann. Denn ein Liebesgeständnis überbringt man in der Regel ungern verbal und auch für die obligatorische Postkarte aus dem Urlaub muss man sich der Schriftsprache bedienen, um seine Empfindungen kommunizieren zu können. An dieser Stelle kann sich wahrscheinlich ein jeder an derartige Situationen erinnern, in welchen die eigene Fähigkeit sich schriftsprachlich ausdrücken zu können eine tragende Rolle spielte.

Es verwundert daher nicht, dass es bereits seit dem 16. Jahrhundert mit Valentin Ickelsamers Fibel „Die rechte weis aufs kürtzist lesen zu lernen“[3] immer wieder Kontroversen bezüglich der effektivsten Methode für den Schriftspracherwerb gab und noch heute gibt. Zunächst wurde bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts über das richtige Leselernverfahren diskutiert, wobei der synthetische und der analytische Ansatz als konträre Methoden aufeinander trafen. Seit ungefähr 1980 dreht sich die Diskussion nunmehr um zwei unterschiedliche Konzepte des Erstleseunterrichts. Das seit 500 Jahren zentrale Lehrmittel Fibel muss nun dort mit dem so genannten Spracherfahrungsansatz um die vorherrschende Rolle konkurrieren. Betrachtet man die Ergebnisse der PISA-Studien, welche aufgezeigt haben, dass 15-Jährige SchülerInnen in Deutschland signifikante Defizite in ihrer Lesekompetenz aufweisen, wird deutlich, welche Relevanz diese Diskussion aktuell immer noch hat.[4]

In jedem neuen ersten Schuljahr treffen Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichsten Leistungsvoraussetzungen aufeinander. So können einige Kinder bereits lesen, während andere kaum ihren eigenen Namen wieder erkennen können.[5] Ein Unterschied von bis zu drei Jahren in der Entwicklung der kindlichen Vorstellungen vom Aufbau und Nutzen der Schrift, lässt ein für alle SchülerInnen identisches Lehrwerk in Form einer Fibel als denkbar ungünstig für erfolgreiche Lernprozesse erscheinen.[6]

Sind jedoch „Alternative Formen des Schriftspracherwerbs – das Ende der Fibel“[7] wie Marion Bergk in ihrem gleichnamigen Artikel fragt? Die Arbeit ohne Fibel gilt heutzutage als „modern“ und viele Vertreter des Spracherfahrungsansatzes sind der Ansicht, dass dieser sich nicht mit einer Fibel verwirklichen ließe. Hierbei wird jedoch völlig ausgeblendet, dass nicht die Fibeln als solche kritisiert werden sollten, sondern lediglich die konzeptionell und methodisch veralteten.[8] Denn ein beliebiges Angebot aller möglichen, besonders motivierend erscheinenden Übungen im Sinne des Spracherfahrungsansatzes, ohne Wissen über deren Funktion im Schriftspracherwerbsprozess, ist ebenso ineffektiv, wie ein akribisches Abarbeiten vorgegebener Lehrgangsschritte einer Fibel.[9] Die möglichen Probleme im Unterricht werden nämlich nur sekundär von der Fibel verursacht, primär jedoch vom Unterricht und somit letztlich von der Lehrperson, welche es schaffen muss jedwedes Lehrwerk in einen erfolgreichen Lernprozess umzusetzen.[10]

Die Entscheidung für das am besten geeignete Lehrwerk fordert von der Lehrperson sowohl Kriterien für dessen Auswahl unter vielen, als auch fundierte Fachkenntnisse für einen reflektierten und korrekten Umgang mit demselben. Denn nur so kann erreicht werden, dass Unterrichtswerke nicht aufgrund geglückter Marketingstrategien von Verlagen oder aufgrund von Empfehlungen vermeintlich erfahrener Kollegen ausgewählt werden, sondern anhand ihres tatsächlichen didaktischen Wertes.[11]

Um in unserem späteren Berufsleben als Grundschullehrerinnen einen für jedes einzelne Kind lehrreichen und effektiven Unterricht gestalten zu können, ist es von essentieller Bedeutung, dass wir in der Lage sind, selbstständig die Qualität von Lehrmaterialien beurteilen zu können.

„Dabei kommt es […] nicht darauf an, den einzelnen Lehrbüchern Prädikate zu verleihen; es geht […] in erster Linie darum, alle, die mit Fibeln sich lehrend beschäftigen, auf bestimmte Aspekte aufmerksam zu machen, die für die künftige Auswahl eines neuen [Unterrichts] werks mitentscheidend sein sollten.[12]

Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, in dieser Ausarbeitung die DUDEN-Fibel und mit der ABC-Lernlandschaft einen Vertreter des Spracherfahrungsansatzes nach einem von uns, in Anlehnung an Buck 2002,[13] Conrady 1987 & 1990,[14] Meiers 1986[15] und Menzel 1975,[16] zusammengestellten Kriterienkatalog zu analysieren. Dabei werden wir in Kapitel 2 zunächst einen Überblick über die historische Entwicklung der Methoden des Schriftspracherwerbs liefern. Hier werden wir auch darauf eingehen, wie genau der Spracherfahrungsansatz arbeitet und welche Merkmale eine Fibel im Konkreten aufweist. Im Anschluss daran werden wir im Kapitel „Analyse der Lehrwerke“ erst einmal auf die Frage eingehen, welche Kriterien sich für eine Analyse eines Lehrwerkes am besten eignen, um diese daran anschließend durchzuführen.

2 Methoden des Schriftspracherwerbs - ein Überblick

2.1 Die Fibel

Sprachgeschichtlich geht das Wort Fibel wahrscheinlich zurück auf „Bibel“, was die ältesten bekannten Fibeln aus dem 15. Jahrhundert untermauern, da sie primär religiöse Inhalte vermittelten.[17] Das Schulbuch war im Laufe seiner 500-jährigen geschichtlichen Entwicklung bis heute immer auch ein Abbild der jeweiligen Epoche und Gesellschaft mit ihrer Kultur sowie deren Vorstellungen und Werten.[18] Lange Zeit spielte das Schreiben in den Lehrgängen eine nachgeordnete Rolle und das didaktische Interesse hieran galt nur dem schreibtechnischen Vorgang. Zum dem Lesen gleichberechtigten Kommunikationsmittel wurde es erst ungefähr um 1980.[19] Über Jahrhunderte hinweg hat sich die Fibelkonzeption und hierbei insbesondere die der Leselernmethode mehrfach gewandelt.

2.1.1 Die Buchstabiermethode

„Nachdem Gutenberg im 15.Jahrhundert die Erfindung der beweglichen Lettern machte, die sich zu einem Druckstock zusammenfügen ließen, glaubte man, im Lesen eine diesem technischen Vorgang analoge Weise im Zusammenfügen der einzelnen Buchstaben zu Wörtern sehen zu müssen.“[20]

Zunächst mussten die SchülerInnen die Buchstaben des Alphabets mit ihrem Namen lernen, in der Folge fügten sie diese additiv zunächst zu Silben und schließlich zu Wörtern zusammen. Der Lehrer zeigte hierbei die Buchstaben auf so genannten Buchstabentafeln, sprach den Kindern vor und diese sprachen nach. Aus „Vau“ + „a“ + „te“ + „e“ + „er“ wurde so das Wort „Vater“ gebildet. Dass diese Leselernmethode mitnichten zum Erfolg führt, zeigt das Erlebnis der Schülerin Helene Lange. Diese berichtet, dass es in der Schule nicht genügte, gedruckte Silben lesen zu können, sondern man diese erst buchstabieren und dann zusammenziehen musste. Auf ihre Anmerkung hin, dass sie immer schon Wörter gelesen habe, fragt sie der Lehrer, was „be-u-ze-ha“ bedeute. Sie antwortet mit „buzeha“. Die Verfänglichkeit seiner Folgefrage danach, was „de-u-em-em“ heiße, versteht die Schülerin nicht und muss sich von ihren Klassenkammeraden auslachen lassen. Nach der Erklärung einer Mitschülerin, dass dies „dumm“ bedeute, nimmt Helene an, dass dies auf ihre Person zutreffen müsse.[21]

Trotz der Tatsache, dass Lerner mit der Buchstabiermethode nicht unbedingt lesen lernen können, wie Valentin Ickelsamer bereits 1527 beschrieb, fand diese Methode bis ins 19. Jahrhundert Anwendung, um dann von der durch ihn bereits vorgestellten Lautiermethode abgelöst zu werden.

2.1.2 Die Lautiermethode

Ickelsamer plädierte für die Vermittlung der gesprochenen „Laut“buchstaben und nicht ihrer Namen. Trotz der Folgerichtigkeit dieser Forderung vom heutigen Standpunkt aus, dauerte es fast 300 Jahre ehe sie sich durchsetzen konnte. Erst 1872 wurde die Buchstabiermethode in Preußen per Erlass verboten.[22]

Zur Lautgewinnung stellte Ickelsamer einige Methoden vor. So könne man eigentlich abstrakte Laute mit einem Sinn belegen, wie z.B. das „o“ mit dem Laut für Überraschung, das „m“ mit dem Laut des Wohlschmeckens und das „a“ mit dem Laut für Bewunderung. Einzelne Laute könnten jedoch auch als Anlaut von Wörtern gewonnen werden, so wie man es noch heute von den Anlauttabellen kennt. Zur Lautverschmelzung schlägt Ickelsamer vor, dass die Laute miteinander verschliffen werden sollen. Hierin zeigt sich das Problem der Lautiermethode, denn aneinander gereihte Normallaute wie z.B. „o“, „m“ und „a“ ergeben auch durch rasches Sprechen nicht das dem Kind vertraute Wort „Oma“. Eine von standardisierten Lauten ausgehende Lesedidaktik erschwert somit das Lesen, denn Buchstaben entsprechen nicht einem Standardlaut, sondern einem Spektrum von Lauten. Ausgang für das Lesen muss daher die Sprache selbst sein, von der aus die Abstraktionsebenen Laute und Buchstaben gewonnen werden.[23]

Ab 1920 entwickelte sich aufgrund der mangelnden Übereinstimmung von Buchstaben und Lautwert in einzelnen Wörtern eine neue Erstlesemethode, die analytische Ganzwort- oder Ganzsatzmethode.[24]

2.1.3 Die Ganzwort- oder Ganzsatzmethode

Die bisher vorgestellten Leselernmethoden arbeiten alle nach einem synthetischen Verfahren, welches von der Tatsache bestimmt ist, dass unsere Schrift eine Buchstaben- Lautschrift ist, welche nur gelesen werden kann, wenn man ihre Elemente genau kennt. Diese Methoden führen nacheinander einzelne Laute ein, um diese schließlich zu Silben und Wörtern zusammensetzen zu können und betonen somit den phonologischen Aspekt der Sprache.[25] In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stellte Georg Kerschensteiner in Amerika jedoch fest, dass die SchülerInnen dort ganze Wörter auswendig lernten, um deren Schriftbild anschließend lesend wieder erkennen zu können. Dieses Verfahren ließ er in Bayern erproben und fand so heraus, dass auf diese Weise das Lesen erlernt werden konnte.[26] Das ganzheitliche Verfahren geht davon aus, dass Lesen Sinnentnahme ist und weil einen Sinn nur Wörter und Sätze tragen, beginnt es seinen Lehrgang folglich mit eben diesen. Betont wird hierbei also der semantische Aspekt der Sprache.[27]

Die Kinder sollten durch bestimmte Operationen ihren eigenen Weg in die Struktur der Buchstabenschrift finden. Hierzu lernten sie in der ersten Phase, dem naiv-ganzheitlichen Lesen, verschriftete Wörter auswendig und erarbeiten sich auf diese Weise eine Art Grundwortschatz. In der anschließenden Phase der Durchgliederung sollten beim Umbau von Sätzen die Wörter und beim Vergleich von Wörtern identische Buchstaben identifiziert werden. Zudem wurden die Wörter im Abbau und Aufbau, sowie durch Umbau von Buchstaben untersucht. Auch sprechend sollten die Wörter verglichen werden, um Lautqualitäten der Buchstaben zu entdecken. Abschließend sollten die Kinder in der Phase des selbstständigen Lesens die erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse praktisch anwenden. Das Konzept vermittelt jedoch eine falsche Vorstellung der Buchstabenschrift, da durch die ausführliche Sammlung und Speicherung von ganzen Wörtern und Sätzen am Anfang suggeriert wird, sie sei eine logographische Schrift, was bedeutet, dass das Wortbild für einen Inhalt steht und nicht Buchstaben für Sprechlaute.[28]

In der als analytisch zu bezeichnenden ganzheitlichen Methode wurden Übungen eingesetzt, wie sie auch heute zum Teil noch in aktuellen Lehrwerken in Gebrauch sind. Im Folgenden finden sich zwei Beispiele zu den eingesetzten Übungsformen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das auf der nebenstehenden Buchseite abgebildete Verfahren entstammt in seiner Urform dem ganzheitlichen Konzept von Artur Kern (Fibel „Wer liest mit?“). Unter der Überschrift „Zaubern mit der Zaubermühle“ sollten die Kinder sich hierbei mit dem Auf- und Abbau von Wörtern beschäftigen. Ein Wort sollte hier Buchstabe für Buchstabe bis zum letzten abgebaut werden, um von dort aus ein neues Wort wieder aufzubauen. Normalerweise erfolgte die Übung auf der Ebene des Lautierens. Da beim Abbau eines Wortes jedoch dessen Sinn demontiert wird, ist diese Aufga-

Abbildung 3: "Meine Fibel" (Vgl. Bartnitzky 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stelle als widersinnig zu bezeichnen, weil zuvor bereits ein vollständiges Wort erlesen werden musste.[29] Diese Übungsform findet sich auch in der DUDEN-Fibel wieder, wie das nebenstehende Beispiel deutlich zeigt.

Abbildung 4: Übungsaufgabe (Vgl. Blendinger 2006)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ganzwortmethode (Vgl. Grömminger 2002)

findet sich dies bei den letzten drei Sätzen wieder:

im Haus ist die Maus

ist die Maus im Haus

die Maus ist im Haus[30]

2.1.4 Der Methodenstreit zwischen Analytikern und Synthetikern

Aufgrund der Tatsache, dass sich nun zwei völlig divergierende Leselernmethoden gegenüber standen, entbrannte zwischen den Analytikern und Synthetikern ein erbitterter Streit darüber, welche Methode das bessere Lehrverfahren sei. Dieser fand um 1970 ein Ende, da in mehreren empirischen Untersuchungen herausgefunden wurde, dass beide Verfahren in ihrer Einseitigkeit zu Beginn des Lehrgangs Nachteile aufweisen, da man zum Lesenkönnen beides erlernen muss:[31] „das Zusammensetzen von Buchstaben zu Wörtern - und das Speichern von möglichst vielen Wörtern als Ganzheit.“[32] Denn eine Buchstabensprache ist niemals begreifbar durch eine, wenn auch nur vorübergehende Bevorzugung nur eines Aspektes. Nur wer alle drei Aspekte, den phonologischen (Buchstaben-Lautzuordnung), den syntaktischen (Kombination der Buchstaben und Laute zu Teileinheiten des Wortes zu Wörtern und Sätzen) und den semantischen (Wort/Sinnzuordnungen) erfasst hat, kann eine Schriftsprache decodieren. Auch psychisch bilden die Analyse und die Synthese eine Einheit. Somit ist es nur die logische Konsequenz aus den linguistischen und psychologischen Erkenntnissen, dass seit diesem letzten Paradigmenwechsel in der Lesemethode nahezu alle Fibeln methodenintegrativ bzw. analytisch-synthetisch sind.[33]

2.1.5 Die Integration der Methoden

Innerhalb der methodenintegrativen Verfahren wird unterschieden zwischen mehreren verschiedenen Ausprägungen. So unterteilt Schenk 2007 hier das absolut analytisch-didaktische, das analytisch-synthetische Verfahren mit ganzheitlicher Ergänzung, sowie das methodenintegrierende Verfahren, während Buck 2002 die beiden letztgenannten zur integrierten Methode zusammenfasst.[34] Laut Buck entwickelte sich die analytisch-synthetische Methode (ASM) aus der synthetischen bzw. der Lautiermethode. Entscheidender Unterschied zu dieser ist jedoch der Ausgangspunkt des Lehrgangs, da die Buchstaben in der ASM aus der Lautanalyse eines Wortes oder einer Silbenfolge gewonnen werden, wohingegen die synthetische Methode die Laute isoliert als Repräsentanten für die Buchstaben einführte. Die Kinder durchgliedern hierbei jedes neu eingeführte Wort vollständig, analysieren die Laute und Buchstaben und verbinden diese schließlich wieder in der Synthese. Im Verlauf des Lehrgangs werden sukzessive neue Wörter eingeführt, welche sich von den bereits bekannten durch den jeweils neuen Buchstaben unterscheiden. So liefert das Wort „Umi“ z.B. zunächst die Buchstaben „u“, „m“ und „i“, in der Folgeeinheit erschließen sich die Kinder mit „Omi“ das „o“, danach mit „Oma“ das „a“, um schließlich über „Mama“ zum „m“ zu kommen.[35]

Vorteile dieses Verfahrens sieht Buck in seiner methodischen Klarheit, da Laute aus Wörtern gewonnen und wieder zu diesen zusammengesetzt werden, seiner Überschaubarkeit für alle Beteiligten und seiner Zweckmäßigkeit für lernschwächere Kinder. Sein größter Nachteil sei jedoch seine extreme Kleinschrittigkeit, welche zu starker Textarmut in den Anfängen des Lehrgangs führe, die sich nur durch Einführung mehrerer Buchstaben pro Unterrichtseinheit vermeiden ließe, was wiederum einige Kinder überfordern könne. Zudem bestünde die Gefahr, dass die Kinder die Wörter anfänglich gar nicht lesen, sondern auswendig lernen, weil das Wortmaterial so gering ist.[36]

Die Methode mit ganzheitlicher Ergänzung kann dahingegen auf die Textarmut der ASM verzichten, da sie mit einer begrenzten Anzahl von Wörtern beginnt, welche die SchülerInnen ganzheitlich erfassen sollen. Aus den vorgegebenen Wörtern werden zunächst nur einzelne Buchstaben analysiert. So präsentiert die Fibel „Lesen, lesen, lesen“ von Buck den Kindern in der ersten Unterrichtseinheit den Satz „Ich will lesen“, woran das „i“ erarbeitet wird. Dadurch, dass auch solche Wörter verwendet werden, die nicht der Buchstabengewinnung dienen (im Beispiel das Wort „lesen“), können die Fibeltexte inhaltsreicher und ansprechender gestaltet werden. Besonders lesestarke Kinder können zudem auf diese Weise dazu motiviert werden, sich die noch nicht analysierten Buchstaben selbst zu erarbeiten, was sie mit den beigefügten Bild-Wort-Karten ähnlich einer Anlauttabelle tun können.[37]

Von methodenintegrierenden Verfahren wird die Methodenintegration dahingehend ausgeweitet, dass nicht nur die Technik der Lesefertigkeit vermittelt, sondern auch die Sprachkompetenz der Kinder erweitert werden soll. Zu diesem Zwecke werden den SchülerInnen von Anfang an unterschiedlichste Textgattungen, Schriftarten etc. präsentiert, damit sie einen möglichst umfassenden Eindruck der Schriftsprache erhalten.[38] Begründet werden die integrierenden Methoden damit, dass die Kinder schon vor der Einschulung Wörter ganzheitlich erfassen, so z.B. ihren Namen, und nach und nach einzelne Buchstaben daraus isolieren und in anderen Worten wieder erkennen. So soll das ganzheitlich abgespeicherte Wortmaterial das selbstentdeckende Buchstabenerlernen ermöglichen.

Bis in die Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts blieb die Fibel alleiniges und nie in Frage gestelltes Lehrmittel des Erstleseunterrichts. Alle bisher vorgestellten Leselernverfahren arbeiteten mit diesem Schulbuch, durch welches die Klasse in der Regel im Gleichschritt und im lehrerzentrierten Frontalunterricht gemeinsam ‚durchmarschierte’.[39]

„Fragen stellt die Lehrerin, nicht das Kind. Die Lehrerin bestimmt auch die Aufgaben, die Inhalte und die zu erreichende Leistung. Wichtig ist zunächst die Lesefertigkeit […] , weniger das inhaltliche Interesse an einem Text. Die Lehrerin belehrt. Hilfe wird ‚auf Vorrat’ gegeben, nicht dann, wenn sie erbeten wird. Alle bekommen dasselbe und sollen es auf dieselbe Weise lernen, es geht nicht um die Buchstaben und Wörter, die dem einzelnen Kind wichtig sind.“[40]

Ab dieser Zeit begann jedoch ein Wandel in der Schriftsprachdidaktik bezüglich der Auffassungen darüber, auf welche Art und Weise sich Erstleser die Schriftsprache aneignen. Bartnitzky nennt dies einen ‚didaktischen Paradigmenwechsel’. Die entscheidende Voraussetzung dafür war die Aufgabe des bis dahin bestimmenden Fehlervermeidungsprinzips, welches besagte, dass Kinder sich so genannte Wortbilder dauerhaft einprägen würden und somit jedes fehlerhaft geschriebene Wort den Rechtschreiberwerb be hindern, wenn nicht sogar ver hindern würde. Man erkannte nun, dass Schüler-Innen den Weg in die Schriftsprache am besten über das Erproben derselben finden und Fehler Schritte auf dem natürlichen Weg zum normgerechten Schreiben sind. Unverkennbar ist hier die Analogie zur Sprachentwicklung bei Kleinkindern, welche ebenfalls zunächst nicht normgerecht sprechen und in der Folge dennoch das richtige Sprechen erlernen. Diese Erkenntnisse führten dazu, dass das Lesen und Schreiben von nun an gleichwertig sein konnten, beides kommunikativ und in einer individuellen Entwicklung.[41] Insgesamt trat nun das einzelne Kind mit seinen subjektiven Fähigkeiten und Interessen stärker in den Fokus. Und da der „sorgfältige methodische Aufbau in wohldurchdachten Fibeln […] [laut vieler Fibelgegner] nur dem ‚durchschnittlichen’ Schulanfänger zugute“[42] komme, ebnete dies den Weg für offenere Formen des Schriftspracherwerbs, welche sich ab den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu etablieren begannen.

2.2 Aktuelle Formen des Schriftspracherwerbs

2.2.1 Der Spracherfahrungsansatz (SPE)

Der Spracherfahrungsansatz entstand in Deutschland ungefähr um 1980 maßgeblich durch Hans Brügelmann, er basiert auf folgenden Annahmen:

1. Kinder können sich den Weg in die Schriftsprache eigenständig erarbeiten
2. sie wollen nicht nur lesen können, sondern zunächst vornehmlich schreiben, um sich anderen mitzuteilen[43] und
3. dass der Schriftspracherwerb und Spracherwerb sich zwar sehr ähneln, es aber dennoch zwei wichtige Unterschiede gibt. So bietet die Umwelt meistens zu wenige Angebote, um Erfahrungen mit der Schrift zu sammeln und zudem ist die Schrift zur Verständigung nur sehr selten notwendig.[44]

Er hat die Zielsetzung, die unterschiedlichen Vorerfahrungen der Kinder mit Sprache und Schrift aufzugreifen und deren jeweilige Interessen und Lernmöglichkeiten ernst zunehmen. Jedes Kind soll auf diese Weise optimal herausgefordert und unterstützt werden, sodass es sich bestmöglich entwickeln kann. Um dies zu erreichen, verfolgt der SPE diese drei Leitideen:

Leitidee 1: Die Kinder sollen erfahren, dass man das Lesen und Schreiben als soziale Handlung zum Mitteilen und zur Informationsgewinnung nutzen kann.

Leitidee 2: Die Kinder müssen die wechselseitige Übersetzbarkeit von Schrift und Sprache begreifen, aus diesem Grund soll das Lesen und Schreiben inhaltlich und formal an der gesprochenen Sprache anknüpfen.

Leitidee 3: Die Kinder verstehen die Prinzipien der Schrift am schnellsten, wenn sie die Schriftzeichen gegenständlich manipulieren können.[45]

Die Kinder erhalten im SPE Lernangebote um sich selbstständig und in ihrem individuellen Tempo die Buchstaben erarbeiten zu können. Die Reihenfolge derselben ist jedem einzelnen Kind selbst überlassen und wird nicht vorgegeben. In der Regel erhalten die SchülerInnen hierfür primär Hilfe von der so genannten Anlauttabelle, welche Kern dieses Ansatzes ist.[46] Hierbei laufen das Lesen und Schreiben parallel ab, das Kind stellt sich das zu schreibende Wort vor und zerlegt es mittels akustischer Analyse in seine Bestandteile, welche es anschließend auf der Anlauttabelle finden muss. Das erzeugte Schriftbild muss es währenddessen immer wieder lesend überprüfen, um es in der richtigen Reihenfolge vervollständigen zu können. Auf diese Weise sollen die SchülerInnen die auditive und visuelle Durchgliederung von Wörtern intensiv trainieren.[47]

Grundvoraussetzung für das Lesen- und Schreibenlernen ist ein stetig wachsendes Sprachbewusstsein der Kinder, um so Sprache sowohl angemessen zu verwenden als auch analysieren zu können. Erreicht werden kann dies zum Beispiel dadurch, dass sich jedes Kind seinen eigenen Wortschatz erarbeitet, welcher aus allgemeinen Funktionswörtern (ist, hat, und etc.), gemeinsam erarbeiteten sowie für jedes Kind individuell bedeutsamen Wörtern besteht. Wichtig ist hierbei, dass die Lehrperson aus diesen Wörtern geeignete Beispiele auswählt, anhand derer die Kinder Baumuster der Schrift und gemeinsame Elemente verschiedener Wörter erkennen können. Dem Risiko, dass ein zu rasch wachsender Wortschatz das Automatisieren einzelner Wörter verhindern könnte, kann mittels häufigem Lesen und Schreiben derselben entgegen gewirkt werden.[48]

Zudem sollen die Lehrkräfte den Kindern Schreibmöglichkeiten anbieten, die möglichst weitgehend den Sprachlernsituationen in den Familien entsprechen, um ihnen so das Ausprobieren ihrer eigenen Schreibvorstellungen zu ermöglichen. Denn ohne vielfältige Anlässe zur Reflexion über Sprache kann die Rechtschreibentwicklung bei Lernern keine Fortschritte machen. Zentral sollte hierbei (wie oben bereits erwähnt) nicht die Richtigkeit der Schreibung sein, stattdessen sollte sie den Kindern als Modell angeboten werden, denn wichtiger als auswendig gelernte korrekte Schreibung ist die Entwicklung eines Rechtschreibbewusstseins.[49]

Aufgrund des vielfältigen Methodenangebotes des Ansatzes ist eine gezielte Beobachtung und systematische Förderung des Lesen- und Schreibenlernens eines jeden einzelnen Kindes von zentraler Bedeutung. Für diese Förderung müssen die Erfahrungen und Fähigkeiten der Kinder aktiviert werden, sodass jedes seinen eigenen Zugang zur Schrift finden und mitplanen kann. Der Lehrgang als solcher findet sich somit hier nicht im Material für die SchülerInnen, sondern im Kopf der Lehrperson. Damit sich diese orientieren kann, um die Kinder auf ihren verschiedenen Lernwegen begleiten zu können, hat Brügelmann die so genannte ,,didaktische Landkarte" entwickelt.[50] Diese fasst zusammen, „auf welche Einsichten, Erfahrungen und Fertigkeiten es beim Schrifterwerb ankommt“[51]. Man kann in ihr eine Art Lernzielskizze sehen, da sie acht Felder für Aktivitäten umfasst, die auf jeden Fall im Anfangsunterricht angeboten werden sollten. So soll verhindert werden, dass bestimmte Lernfelder durch die Orientierung an Situationen und spontanen Einfällen überbetont oder vernachlässigt werden. Zudem soll sie stets im Bewusstsein halten, welchen didaktischen Nutzen jedes Spiel oder jede Aufgabe hat, um so die Lösungen der Kinder für den weiterführenden Unterricht richtig interpretieren zu können.[52]

Im Folgenden sollen die acht Lernfelder der didaktischen Landkarte erläutert werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Didaktische Landkarte (Vgl. Brügelmann 1983)

(3) Schrift - Aufbau (Aufbau der Schrift)

Die Kinder lernen durch Einsicht in die Parallelität von Schriftkette und das lauttreue Schreiben und synthetisierende Erlesen von Wörtern.

(4) Schrift - Verwendung (Funktionen der Schrift - Verwendung)

Die Einsicht in den Nutzen der Schriftsprache ist für Kinder eine starke Motivation sich auf dieses Medium einzulassen. Deshalb sollten sie erfahren, dass ihnen das Lesen- und Schreibenkönnen im Alltag unmittelbar nützlich sein kann.

(5) Buchstaben - Kenntnis

Die Kinder müssen in der Lage sein, Buchstaben in jeglicher graphischen Form erkennen zu können und wissen, dass der Lautwert eines Buchstabens abhängig von seiner Umgebung im Wort sein kann.

(6) Baustein - Gliederung

Das Vermögen Wörter in Buchstabengruppen und nicht nur in Laute durchgliedern zu können, entlastet das Kurzzeitgedächtnis und erleichtert somit das Lesen und Schreiben.

(7) Sicht - Wortschatz

Unter dem Sichtwortschatz versteht man den Bestand derjenigen Wörter, die die Kinder bereits automatisiert haben und somit simultan erfassen können.

(8) Text - Gebrauch (Verfassen und Verstehen von Texten)

Die Kinder sollen die Schrift als Informationsquelle und Darstellungshilfe für persönlich bedeutsame Inhalte erleben.[53]

Diese acht Lernfelder haben keine hierarchische Ordnung, sondern stehen gleichberechtigt nebeneinander, denn der SPE arbeitet von Anfang an mit allen Elementen der Schrift und verzichtet auf einen festgelegten systematischen Lese- und Schreiblehrgang.[54] Dennoch schließt er die Arbeit mit einer Fibel nicht kategorisch aus. Sie sollte nach Brügelmann & Brinkmann 1998 jedoch einen anderen Stellenwert im Unterricht einnehmen und den Lehrpersonen, welche sich scheuen, auf einen festen Lehrgang komplett zu verzichten, als Orientierungshilfe dienen. In ihrem Aufsatz „Ein Lehrgangsöffner für Ihre Fibel“ bieten sie eine Reihe an Möglichkeiten an, wie trotz Verwendung einer Fibel ein offenerer Unterricht erzielt werden kann.[55]

Brügelmann & Brinkmann konkretisieren mit ihrem „Vier-Säulen-Modell“ ein eigenes Konzept zum Spracherfahrungsansatz, welches sie in der „Ideen-Kiste 1 Schrift-Sprache“ veröffentlicht haben. Sie bietet strukturierte Angebote zu den vier Tätigkeitsbereichen Freies Schreiben, Richtiges Schreiben, Lesen und Wortschatzarbeit und soll den Lehrpersonen als Planungshilfe für den offenen Unterricht dienen.[56]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: 4-Säulen-Modell (Vgl. Brügelmann & Brinkmann 1998b)

Als eindeutiger Vorteil des SPE wird die Tatsache angesehen, dass er das selbstentdeckende Lernen der SchülerInnen fördert und damit zu einer hohen Motivation bei denselben führen kann. Da er den Lernprozess individualisiert, kann er zudem jedem Kind seinen eigenen Lehrgang ermöglichen. Gerade dieser Aspekt ist jedoch auch einer der größten Nachteile dieses Konzeptes. Aufgrund des hohen Individualisierungsanspruches wird ein Höchstmaß an Systematik von den Lehrkräften gefordert, welches schnell zu deren Überforderung führen kann. Wenn es den Lehrpersonen nicht gelingt für jedes Kind eine sich stetig ändernde Lernkartei zu führen, um so immer passende Lernmaterialien bereitstellen zu können, kann es passieren, dass einzelne Kinder übersehen werden und deren Lernprozess somit geschadet wird. Diesem gerecht werden zu können erfordert von Lehrern ein hohes Maß an Eigenarbeit bei der Vorbereitung des Unterrichts, welchem sie unter Umständen nicht gewachsen sind.

2.2.2 Lesen durch Schreiben

Neben dem Spracherfahrungsansatz von Brügelmann etablierte sich ab 1980 mit „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen eine Sonderform dieses Verfahrens. Genauso wie der SPE will diese Methode an die sprachlichen Vorerfahrungen der Kinder anknüpfen. Das primäre Interesse gilt hierbei der gesprochenen Sprache, weshalb die SchülerInnen Wörter mittels einer lautlichen Analyse in eine „L-Au-T-F-O-L-G-E“[57] zerlegen sollen. Mithilfe der Anlauttabelle, dem zentralen Arbeitsmittel des Ansatzes, werden diese Einzellaute mit Buchstaben in Verbindung gebracht, da dort den Lauten über Bildsymbole für die jeweiligen Anlaute Buchstaben zugeordnet sind. Die SchulanfängerInnen erlernen auf diese Weise zunächst nur das Schreiben. Laut Reichen bildet sich bei den Kindern rein über den Weg des Verschriftens schließlich als automatisches Begleitprodukt sukzessive Lesekompetenz auf.[58] Aus diesem Grund bezeichnet Jürgen Reichen sein Werk nicht als Schreiblehrgang, sondern als Leselehrgang.[59] Gezielte Leseübungen oder an das Kind herangetragene Leseerwartungen lehnt er gänzlich ab, da er der Ansicht ist, dass das Lesenlernen ein selbst gesteuerter kognitiver Prozess sei, welchen man didaktisch nicht kontrollieren könne. Seiner Meinung nach behindere verfrühter Zwang zum Lesen sogar die Entwicklung der Lesekompetenz, da das Lesenkönnen sich beim Großteil der SchülerInnen nach ungefähr einem halben Jahr des Schreibens automatisch einstelle. Als mögliche Ursache hierfür führt er an, dass die Kinder beim Schreiben dem Sachzwang unterlegen sind, das bereits Geschriebene immer wieder „lesend“ überprüfen zu müssen.[60] Auch sein Konzept lehnt das Fehlervermeidungsprinzip ab, lediglich lautgetreues Verschriften gilt als entscheidende Stufe im Schriftspracherwerb.[61] Darüber hinaus ist eine gewisse Überforderung der Kinder mit Schreibaufträgen von Anfang an im Sinne Reichens. Da sie mit der Anlauttabelle jederzeit faktisch alle Buchstaben zur Verfügung haben, können sie laut Reichen von Anbeginn eigentlich alles schreiben. Zudem weist er ausdrücklich darauf hin, dass nicht nur Wörter mit einer Laut-Zeichen-Zuordnung im Sinne von 1:1 angeboten werden sollen, damit bei den SchülerInnen nicht der Eindruck aufkommen könnte, dies sei das einzige Prinzip der Deutschen Sprache.[62]

[...]


[1] Goethe, Johann Wolfgang von zit.n.: Meiers 1996, S. 1217

[2] Vgl. Groeben; Hurrelmann 2002, S. 123

[3] Vgl. Gabele 2002, S. 11 und Bartnitzky 1998, S. 14

[4] Vgl. Garbe 2005, S. 9 ff.

[5] Vgl. Bergk, Meiers 1985, S. 61

[6] ebd. S. 38

[7] Bergk 2002, S. 391

[8] Vgl. Buck 2002, S. 367

[9] Vgl. Metze 1995, S. 7

[10] Vgl. Meiers 1977, S. 108

[11] Vgl. Meiers 1986, S. 67 f.

[12] Menzel 1975a, S. 9

[13] Vgl. Buck 2002, S. 378 ff.

[14] Vgl. Conrady 1987, S. 106 ff. und 1990, S. 50 f.

[15] Vgl. Meiers 1986, S. 67 ff.

[16] Vgl. Menzel 1975a, S. 10ff.

[17] Vgl. Gabele 2002, S. 10

[18] Vgl. Teistler 2002, S. 137

[19] Vgl. Bartnitzky 1998, S. 27

[20] Muth, Jakob: Fünf Fibeln aus fünf Jahrhunderten. Bad Godesberg 1961, S. 6 zit.n.: Bartnitzky 1998, S. 15

[21] Vgl. Menzel 2002, S. 57

[22] ebd., S. 58 f.

[23] Vgl. Bartnitzky 1998, S. 16 ff.

[24] Vgl. Menzel 2002, S. 60

[25] Vgl. Menzel 1975b, S. 18

[26] Vgl. Menzel 2002, S. 61

[27] Vgl. Menzel 1975b, S. 17

[28] Vgl. Bartnitzky 1998, S. 22 f. und Topsch 2005, S. 57

[29] ebd., S. 35

[30] Vgl. Menzel 2002, S. 61

[31] ebd., S. 63

[32] ebd., S. 64

[33] ebd. und Menzel 1975b, S.19 f.

[34] Vgl. Schenk 2007, S. 90 ff. und Buck 2002, S. 368 ff.

[35] Vgl. Buck 2002, S. 368

[36] ebd., S. 369

[37] ebd., S. 369 ff.

[38] Vgl. Schenk 2007, S. 90 ff.

[39] Vgl. Brügelmann 1997, S. 43

[40] Brügelmann 1997, S. 44

[41] Vgl. Bartnitzky, S. 31 ff.

[42] Scheerer-Neumann, S. 179

[43] Vgl. Buck 2002, S. 371

[44] Vgl. Brügelmann 1983, S. 159 ff.

[45] ebd., S. 175

[46] Vgl. Buck 2002, S. 371

[47] Vgl. Brügelmann 1983, S. 178

[48] ebd., S. 176 f.

[49] ebd., S. 163

[50] ebd., S. 174 f.

[51] Brügelmann 1989, S. 59

[52] ebd., S. 60

[53] Vgl. Brügelmann; Richter 1994, S. 68 ff. und Brügelmann 1989, S. 64 f.

[54] Vgl. Weinhold 2006b, S. 27

[55] Vgl. Brügelmann; Brinkmann 1998b, S. 44 ff.

[56] Vgl. Hanke 2005, S. 53

[57] Reichen 1988, S. 6

[58] ebd. und S.15

[59] Vgl. Reichen 2003, S.1

[60] Vgl. Reichen 1988, S. 16 ff.

[61] Vgl. Reichen 1998, S. 330 und Reichen 1988, S. 19 ff.

[62] Vgl. Reichen 1988, S. 25

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Kontrastive fachdidaktische Analyse zweier Unterrichtswerke für den Schriftspracherwerb im 1. Schuljahr
Untertitel
ABC-Lernlandschaft und DUDEN-Fibel
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik)
Note
1,15
Autoren
Jahr
2009
Seiten
86
Katalognummer
V134052
ISBN (eBook)
9783640420339
ISBN (Buch)
9783640420575
Dateigröße
8501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fibelanalyse, Schriftspracherwerb, Bachelorarbeit, Bachelorthesis, Leuphana, Lüneburg, offener Unterricht, Fibelunterricht, Lehrwerke für den Erstunterricht, Erstunterricht Lesen und Schreiben, Lesenlernen, Schreibenlernen
Arbeit zitieren
Nicola Hengels (Autor:in)Marta Kulaszewska (Autor:in), 2009, Kontrastive fachdidaktische Analyse zweier Unterrichtswerke für den Schriftspracherwerb im 1. Schuljahr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134052

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