Die Transrapid Versuchsanlage Emsland (TVE) hat von der Politik eine "Galgenfrist" bis zum 30. April 2010 bekommen. Sollte das TVE-Konsortium nicht bis dahin eine Referenzstrecke vorweisen können, wird die Anlage stillgelegt bzw. abgerissen.
Dadurch ginge hochwichtiges Know How für Deutschland und seine wirtschaftliche Zukunft verloren, weil die verbleibenden Patente verkauft würden und die Schwebetechnik im Ausland, z.B. in China weiterentwickelt, gebaut und verkauft würde.
Der Artikel stellt die Informationen über die technische Leistungsfähigkeit des Transrapid und die damit verbundenen Chancen und Vorteile gegenüber dem konkurrierenden ICE3 System zusammen. Die Leistungen der Schwebetechnik übertreffen die des ICE3 auf praktisch allen Feldern und prädestiniert sie zum Transport-System der Zukunft und zwar als Substitut für den Kurzstrecken-Luftverkehr. Ein Appell an die Entscheider, die Hochtechnologie im eigenen Land weiterzuentwickeln und zur Anwendung zu bringen.
Eine Rehabilitation des Transrapid
Vor dem Hintergrund der „Gnadenfrist“ für die TVE (Transrapid Versuchsanlage Emsland) bis zum 30. April 2010:
Eine Gegenüberstellung der wichtigsten Leistungskriterien der Verkehrsträger ICE und Transrapid zeigt, dass der TR das Transportsystem der Zukunft ist.
„Das ist politisch nicht durchsetzbar!“ hört man allenthalben, wenn die Argumente fehlen. Meist gründet das aber leider auf mangelnde Sachinformationen. Nun sind Arbeitsprinzip oder Verfahrensweise eines Systems, ganz zu schweigen von Einzelheiten der Konstruktion technischen Laien oft nicht leicht zu vermitteln. Dann fällt es insbesondere den Entscheidern im politischen Raum schwer, sich ein sachliches Urteil zu bilden und es auch zu vertreten. Das führt häufig dazu, dass interessierte Kreise, z. B. Umweltverbände, Anwohner, Lobbygruppen oder auch Unternehmen, die ihre eigenen Interessen verfolgen, problemlos Falschmeldungen verbreiten können, denen nicht widersprochen wird, weil das Fachwissen fehlt. Dann kommt es häufig zur Verwendung von polemischen Bezeichnungen wie „Stelzenmonster“ oder „Bonzenschleuder“ wie im Falle des Transrapid (TR), wobei selbst Ministerpräsidenten[1] davor nicht Halt machen. Für fast noch wichtiger als die system-technischen Leistungen des Verkehrsträgers halten die Experten aber die sich daraus ergebenden Chancen und Vorteile. Sie erschließen sich aus den technischen Daten nicht von vornherein, sondern müssen nachvollziehbar erläutert und bewiesen werden, um für den technischen Laien verständlich zu werden.
Natürlich muß man im Falle TR auch den Herstellern ein gut Teil Schuld für das in der Vergangenheit entstandene Kommunikationsdesaster zuweisen. Denn eine auch für Unkundige verständliche Darstellung wenigstens der grundlegenden Eigenschaften und Chancen eines Systems muß frühzeitig und auf die Entscheidungsträger hin erfolgen. Setzt sich erst einmal eine negative Grundhaltung, meist befeuert durch selbsternannte Meinungsführer und ständig wiederholte falsche Aussagen in der Öffentlichkeit fest, gibt es auf lange Zeit hinaus keine Möglichkeit mehr, eine sachliche Auseinandersetzung über das Für und Wider eines Projektes zu führen. Schlimmer noch sind die Gründe, die zu solchen abwertenden Äußerungen führen: Persönliche Eitelkeiten, Animositäten der handelnden Personen oder schlicht der zunächst fehlende Eigennutz, wie im Falle der TR-Strecke Hamburg-Berlin für Schleswig.Hostein. Auch reißerisch aufgemachte Fernsehsendungen, insbesondere von sog. Magazinen, deren Recherche zu hinterfragen ist, machen sich viele zu Eigen und bieten auch Unbeteiligten Anlaß zu kritischen Stellungnahmen.
Medien, Politiker und auch die Bevölkerung legen sich dann üblicherweise stromlinienförmig in den Mainstream der veröffentlichten Meinung. Kurioserweise war der TR einmal ein Hätschelkind der Sozialdemokratie[2], das den Aufbruch in die Zukunft versprach mit vielen neuen Arbeitsplätzen, schneller Anbindung der neuen Bundesländer. Er sollte dem wirtschaftlichen Aufbau dienen. Der ehemalige SPD-Verkehrsminister Leber, der wie auch einige seiner Nachfolger in seiner Amtszeit ein wesentlicher Förderer der TR-Technologie gewesen war, konnte anlässlich der Vergabe der TR-Strecke in Shanghai nur kopfschüttelnd erklären: „Die Grünen haben die ökologischen Vorteile des TR nicht begriffen“ und weiter: „Die Deutsche Bahn mit ihrer traditionellen Technik…“ Damit waren schon zwei wesentliche Gegner der neuen Technik benannt. Auch die Deutsche Bahn hat natürlich ein großes Interesse daran, eine neue Technologie neben der eigenen ICE-Schnellbahntechnik aufzubauen und Kunden für den ICE zu verlieren. Der DB, der SPD sowie den Grünen und der PDS wird auch der wesentliche Einfluß auf die Abbruchentscheidung für die Strecke Hamburg-Berlin am 5.2.2000 zugeschrieben[3]. Bis zur Abbruchentscheidung für die Strecke Hamburg- Berlin hatten weder Jürgen Trittin von den Grünen noch Frau Simonis von der SPD und auch nicht H. Mehdorn von der DB eine Einladung zu einer Probefahrt mit dem TR auf der Teststrecke im Emsland angenommen. Daß Entscheidungsträger in Sachen TR nicht vor endgültigen Beschlüssen das System persönlich in Augenschein zu nehmen, berührt merkwürdig und lässt Zweifel aufkommen an einer sachlich orientierten Entscheidung.
Deshalb kann nicht früh genug vorausschauend eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden, die für den TR zwar seinerzeit stand, aber nicht umgesetzt wurde.
Ein sachliches Urteil zu Vor- und Nachteilen kann man sich selbst nur durch einen direkten Vergleich der statt des TR zum Einsatz gekommenen Technik, des ICE bilden. Dazu ist die leicht verständliche Darstellung und der Vergleich der Leistungen beider konkurrierender Verkehrsträger ICE und TR mit den damit zusammenhängenden Auswirkungen erforderlich.
Die wichtigsten Leistungsdaten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind hier kurz dargestellt:
1. Bauweise
Die Bauweise des ICE muß naturgemäß aufgrund der erforderlichen Räder, Achsen und Getriebe schwerer sein als der TR. Das spezifische Gewicht der Waggons bezogen auf den Sitzplatz beträgt beim TR 580 kg/Sitz, beim ICE 3 hingegen 925 kg/Sitz, also ca. 60% mehr. Eine niedrigere Fahrzeugmasse bedeutet gleichzeitig weniger Antriebsenergie für die Beschleunigungsphasen. An Materialeinsatz kommen beim ICE die Oberleitungen und in einigen gefährdeten Bereichen Windfangzäune hinzu. Das Gleisbett des ICE muß wie beim TR in Beton verlegt werden, um die beträchtlichen seitlichen Kräfte beim Sinuslauf der Fahrgestelle aufnehmen zu können.
Aufgrund der höheren Geschwindigkeit des TR werden insgesamt weniger Züge benötigt, was die Wirtschaftlichkeit erhöht. Der wichtigste Kostentreiber beim TR ist der Fahrweg.
Hieran wird zurzeit mit großer Intensität gearbeitet, um zur Schienentrasse konkurrenzfähig zu werden. Man hofft auf eine Kostenreduzierung von ca. 30% gegenüber heutiger Stahlbeton-Bauweise.
2. Geschwindigkeit
Kernpunkte eines Systemvergleichs sind Geschwindigkeit und Beschleunigung. Beides gehört zusammen, um sich ein Bild von der Gesamt-Leistungsfähigkeit[4] zu machen. Geschwindigkeiten von 500 hm/h kann im Prinzip auch das Rad/Schiene-System erreichen. Der technische Aufwand steigt allerdings beim ICE in beträchtliche Größenordnungen oberhalb von 350 km/h und die Sicherheitsprobleme wachsen erheblich. Der TR läuft in Shanghai mit einer Bertriebsgeschwindigkeit von 430 km/h, die allerdings auf der kurzen Strecke nur für ca. 50 sec erreicht werden kann. Die derzeit ausfahrbare Höchstgeschwindigkeit des TR auf Basis des Entwicklungsstandes beträgt 550 km/h. Ausgefahren wurden bereits 505 km/h. Die weitere Entwicklung lässt noch höhere Geschwindigkeiten erwarten.
Höchstgeschwindigkeiten sind aber nicht das Hauptkriterium für die Überbrückung einer Gesamtdistanz. Hier spielt die Durchschnittsgeschwindigkeit die größere Rolle. Eine hohe Spitzengeschwindigkeit nützt nämlich wenig, wenn sie erst nach relativ langer Fahrtzeit erreicht wird. Das bedeutet, dass Beschleunigungs- und Bremsvorgänge mit in die Berechnung einfließen müssen, um die Gesamtfahrzeit zu ermitteln. Hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten bedeuten letztlich auch weniger Waggons, also eine geringere Anfangsinvestition und daraus folgend weniger Folgekosten durch Personal, Wartung und Instandhaltung.
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[1] Ministerpräsidentin Frau H. Simonis im Januar 1996, Welt online „Streit um das Stelzenmonster“ 2.2.1996
[2] Verkehrsminister Leber hob den TR aus der Taufe und war in seiner Amtszeit ein rühriger Befürworter des TR
[3] Welt online 1.10.1999 „Transrapid-Pleite: Voscheraus Abrechnung“
[4] www.wikipedia.de/Transrapid
- Citation du texte
- Dipl. Ing. Rudolf Warwitz (Auteur), 2009, Eine Rehabilitation des Transrapid, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135040