Didaktischer Entwurf zur Prüfungseinheit: "(Neue?) Armut in Deutschland“

Definitionen, Ursachen und Betrachtungen im globalen Kontext in der Disziplin „Kirchliche Arbeit mit Erwachsenen"


Plan d'enseignement, 2007

25 Pages, Note: 1,30


Extrait


1. Bedingungsanalyse

1.1. Die Gruppe

Bei der Gruppe handelt es sich um die im Jahre 1976 in der Ev. Kirchengemeinde Neu-XXX (seit 01. Mai 2006 XXX-Kirchengemeinde) gegründete Friedensarbeitsgruppe. Konstituierende Sitzung: Montag, 03. Mai 1976, 20:00 Uhr, 10 Mitstreiter.

Initiator: Herr Dr. XXX

Es nahmen an dieser Sitzung 22 von 37 Gruppenmitgliedern teil (08 Frauen und 14 Männer, bis auf zwei Teilnehmer sind alle Akademiker, Altersdurchschnitt: 61,5 Jahre). Mittlere bis hohe Bildung. Zwei Personen leiden unter einer Hörbehinderung. Eine Frau ist an Rheumatismus (Systemischer Lupus erythematodes) erkrankt und saß im Rollstuhl. Bis auf zwei Personen sind alle Gruppenmitglieder auch Kirchenmitglieder, von denen 13 der XXX-Kirchengemeinde angehörig sind. Der soziale Status ist bis auf eine Ausnahme als gehoben mittelschichtig zu beurteilen. Die politische Zuordnung umfasst das Spektrum von links-liberal bis sehr konservativ.

1.2. Gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen

Die Friedensarbeitsgruppe ist eine von 14 anderen Gruppen, die ihren Sitz in der XXX-Kirchengemeinde hat. Sie trifft sich alle zwei Wochen montags in der Zeit von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Die Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, Sachverhalte, Positionen, Fragestellungen, also Themen vielschichtiger Art und Weise aus den Bereichen Religion, in- und ausländische Politik, Menschenrechte, Umweltschutz und deren angrenzende Felder für den einzelnen erklärbar und transparent zu machen sowie Meinungen darüber kontrovers auszutauschen. Hierzu referieren einzelne Mitglieder der Gruppe oder aber Experten, die extern angefragt werden.

1.3. Die Rolle der Leiter in der Gruppe

Da ich die Friedensarbeitsgruppe lediglich zweimal besuchen konnte, kann ich zur Rolle der beiden Leiter, Herrn Dr. XXX und Herrn A., nur folgende Beobachtungen wiedergeben: Die beiden Herren achten exakt darauf, dass die Arbeitsgruppe pünktlich beginnt. Sie unterbinden Tuschelein und Zwischengespräche etwa 02 Minuten vor 20:00 Uhr. Die Gesamtgruppe wird herzlichst begrüßt, sodann der Referent vorgestellt. Sie weisen die Referenten daraufhin, dass nur noch x Minuten zur Verfügung stehen und diese zum Ende kommen mögen. Die beiden Leiter moderieren die Diskussionen im Anschluss an die Vorträge (sehr professionell mittels Rednerliste) und fassen Inhalte, Quintessenzen und Schlussfolgerungen für die Gesamtgruppe zusammen. Für mich war ein gutes Teamwork der Leiter erkennbar, die ihre Aufgaben mit Freude und aller Ernsthaftigkeit wahrgenommen haben. Die Gruppe scheint die Leitung zu akzeptieren und zu respektieren, ja sogar richtig dankbar zu sein.

1.4. Der Prüfungskandidat in der Rolle des Leiters

Ich habe meine Rolle in der Gruppe nicht als Leiter dieser empfunden und auch im Vorhinein nicht in Anspruch nehmen wollen, da die allererste Begegnung mit dieser Gruppe zugleich die Prüfungssitzung war. Die Herren A. und Dr. Weyrauch waren auch an diesem Abend die Leiter, die mich kurz als Referent des Abends und als Praktikant der Paulus-Kirchengemeinde Tempelhof vorstellten, die Zeit überwachten und mich bei der Registratur von Rednerbeiträgen unterstützten. Die Gestaltung der gesamten Gruppensitzung und somit die Verantwortung für diesen Abend lag jedoch ausschließlich bei mir. Ich wurde als Referent ernst genommen. Ich genoss das Vertrauen der Teilnehmer, was sich darin zeigte, dass diese sich auf meine Methodenwahl einließen und bestens mitarbeiteten. Ferner traute man mir Kompetenz in Bezug auf die Thematik zu. Aufgrund des Gruppenkonzeptes, welches bei jedem Treffen einen Referenten vorsieht, war es mir nicht möglich, die Leiter- / Leitungsfunktion zu übernehmen Die Funktion des Referenten empfand ich als ausreichend und angenehm.

2. Das Thema

2.1. Themenidee

Nach Absprache mit Herrn Dr. Weyrauch (einer der beiden Gruppenleiter) durfte ich zwischen den Themen „Jugendgewalt“ und „Neue Armut – Prekariat“ wählen und das gewählte Thema dann spezifizieren. Ich entschied mich aufgrund der brandaktuellen Diskussionen in Deutschland für das „Armutsthema“. Die Themenidee ist also bezüglich der Aktualität im sozialpolitischen Geschehen sowohl bei Herrn Dr. XXX als auch bei mir zeitgleich entstanden, beziehungsweise aufgrund der gesellschaftlichen Debatten von uns aufgenommen worden. Herr Prof. Dr. theol. habil. Behnisch stimmte der Themenauswahl am 11. November 2006 zu.

Die konzeptionelle Umsetzung sowie die Wahl der Unterthemen oblagen ausschließlich mir. Für einen Friedensarbeitskreis, der in kirchlichen Räumlichkeiten arbeitet und dessen Mitglieder in der Mehrzahl Christinnen und Christen sind, empfand ich – neben der Brisanz - das Thema „Armut“ passender als das Thema „Jugendgewalt“, da bereits „Armut“ ein Zentralthema vom Ersten Testament[1] an über Jesu Verkündigungen[2] - durch die Kirchengeschichte hindurch[3] - bis heute[4] für Christen geblieben ist.

2.2. Fachwissenschaftliche Aspekte

Das Thema „(Neue?) Armut in Deutschland“: Definitionen, Ursachen und Betrachtungen im globalen Kontext“ ist sehr vielschichtig und mit denen von mir vorgesehenen Unterthemen äußerst weitläufig und verzweigbar. Ich grenzte das Thema zunächst geographisch auf die Bundesrepublik Deutschland ein und provozierte bereits im Titel, ob es eine „neue“ Armut in Deutschland gäbe.

Das Thema tangiert folgende Wissenschaftsbereiche:

1. den volkswirtschaftlichen
2. den betriebswirtschaftlichen
3. den soziologischen
4. den ökologischen
5. den pädagogischen / erziehungswissenschaftlichen
6. den theologischen
7. den politologischen
8. den land- und städteplanerischen
9. den finanzwirtschaftlichen
10. den psychologischen
11. den medizinischen
12. den gesamten Bildungsbereich von der der Krippe bis zur Senioren-bildungsarbeit

und ist daher nicht monokausal-eindimensional erklär- und erfassbar.

2.3. Der Bezug der Gruppe zum Thema „Armut“

Die Gruppenmitglieder sind bis auf eine Frau alle gutsituiert.

Armut könnten sie aufgrund ihres Alters aus der Nachkriegszeit persönlich oder in der Familie und bei Freunden erlebt haben.

Desweiteren sind einige beruflich mit armen Menschen in Kontakt, andere haben über ihre ehrenamtliche Tätigkeit bei „Laib & Seele“ Verbindungen zu armen Klientinnen und Klienten. Darüberhinaus ist der Großteil der Gruppenmitglieder über die Medien mit der Thematik befasst.

2.4. Der Bezug des Referenten zum Thema „Armut“

Ich kannte aus meiner Kindheit und Jugend keine Armut im Elternhaus.

Erst durch meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Ev. Kirche begegnete ich armen Kindern, Jugendlichen, Senioren und Familien.

Während meiner anderthalbjährigen Weltreise wurde ich in Afrika, Asien und Südamerika mit dem Thema „Armut“ ganz massiv, emotional ergreifend, konfrontiert. Vor meinen Augen starb ein Kind aufgrund von Unterernährung. In Bolivien, Indien, Äthiopien und in der pakistanischen Wüste (Belutschistan) erinnere ich die Armut als extrem schlimm.

Seit dem Jahr 2000 lebe ich von Sozialleistungen (erst Sozialhilfe, dann Arbeitslosengeld II (= Hartz IV) und nun von der Grundsicherungsleistung aufgrund dauerhafter, vollgeminderter Erwerbsunfähigkeit). Ich lebe derzeit von EUR 200,00 monatlich (Auszahlbetrag), da das Grundsicherungsamt eine kleine private Berufsunfähigkeitsversicherung von den Leistungen abzieht, die mir jedoch nicht zur Verfügung steht, da der Insolvenzverwalter diese stets pfändet.

Ich fühle mich dieser halb emotional als auch fachlich kompetent, diese Veranstaltung durchzuführen.

Ich intendiere jedoch, mich persönlich und meine Erfahrungen zum Thema in der Veranstaltung außen vor zu lassen, da dies kein professionelles Arbeiten wäre. Als Beispiele, wie es zu Armut bei Menschen in Deutschland kommen kann, habe ich drei ausführliche, authentische Berichte vorbereitet.

3. Die Zielstellung (Gesamtziel, Teilziele)

Das Gesamtziel im affektiven Bereich dieser Veranstaltung lautet Emotionalisierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die gegenständliche Thematik, und als Basis dafür ist eine didaktisch-methodisch geeignete Wissens- / Faktenvermittlung zu erreichen. Die Emotionalisierung begreife ich auch als Globalziel meiner bisherigen und zukünftigen Arbeit mit Menschen. Ausschließlich kognitiv können Vorgänge, Themen, Sachverhalte nicht ganzheitlich erfahren werden – nicht nachfühlbar werden - und selten zu Handlungen führen bzw. zu Änderungen von Verhaltensweisen.

Als Gesamtziel im kognitiven Bereich strebe ich an, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine eigene Vorstellung / ein Verständnis von Armut und deren Bedeutung für den Einzelnen, die Gemeinschaft und im weltweiten Kontext entwickeln. Des Weiteren ist die Klärung eines christlichen Verständnisses im Umgang mit „Armut“ zum Abschluss der Einheit im Gesamtziel enthalten.

Ziele auf der psychomotorischen Ebene gilt es nicht zu erreichen.

Die Teilziele im kognitiven Bereich ergeben sich als Etappen aus dem Gesamtziel:

a) Wissensaneignung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Anknüpfung an Bekanntes, Selbsterlebtes, Selbsterlerntes, Selbstbewertetes, an bereits vorhandenes Faktenwissen.
b) Ermutigung zur Diskussion, um Wissen und Gefühle der Gruppe mitzuteilen.

Die Teilziele im affektiven Bereich ergeben sich als Etappen aus dem Gesamtziel:

a) Erhöhung der Introspektionsfähigkeit bei jedem Teilnehmer, jeder Teilnehmerin, um Selbsterfahrenes, Selbsterlebtes im Zusammenhang mit dem Thema „Armut“ noch einmal nachspürbar zu machen, Erinnerungen aufleben zu lassen, diesbezügliche Gefühle zu reaktivieren, Bilder eigener Armutssituationen oder die anderer Menschen wieder vor Augen zu bekommen.
b) Erhöhung der Empathiefähigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, um sich in die Lage von armen Menschen emotional hineinversetzen zu können.

Woher nehmen Arme Hoffnung?

Fühlen sich Arme für ihre Situation schuldig / verantwortlich?

Wie schambehaftet ist es, arm zu sein?

Wie fühlen sich arme Menschen in welchen Situationen?

Mir ist bewusst, dass die Teilziele sehr hoch gegriffen sind; jedoch lehne ich eine Teilzielformulierung nach dem Motto: „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen einen Stift in die Hand nehmen“ kategorisch ab, da diese Ziele meistens erreicht werden, aber dennoch keine Aussage über das Gelingen einer komplexen Veranstaltung machen. Das Erreichen von niederschwelligen Teilzielen und einer (didaktisch-methodisch) gelungenen Veranstaltung ist in den meisten Fällen nicht kongruent.

4. Methodische Planung

(die Art und Weise, Inhalte planmäßig und zielgerichtet zu transportieren; Frage nach dem „Wie?“)

4.1.1. Anfangsphase:

Begrüßungen und Vorstellung, Methode: Verbale Kommunikation und zwar:

Begrüßung der Gruppe durch Herrn A.

Vorstellung und Begrüßung meiner Person durch Herrn Dr. XXX.

Begrüßung der Gruppe und Ergänzungen zur Vorstellung meiner Person durch mich.

4.1.2. Übergang:

Vorstellung des komplexen Themas und Vorschlag zur Arbeitsweise / Gestaltung des Abends, Abstimmung durch die Gruppe; Methode: Kurzvortrag und Diskussion mit anschließender Handabstimmung.

4.2. Hauptphasen:

a) Assoziationen zum Thema Armut: Wie schmeckt Armut, wie riecht Armut, wie hört sich Armut an, welche Farbe hat Armut, welche geometrische Form hat Armut, wie fühlt sich Armut an. Methode: Imagination zur Emotionalisierung, Sensibilisierung und Introspektion.
b) Frage: „Wer von Ihnen fühlt ich arm?“. Methode zur kognitiven Reflexion, Introspektion zur Hinführung auf die EU-Definition von „Armut“.
c) Methode: Kognitive Erweiterung: Erlernen von Faktenwissen anhand von Definitionen und aktuellen Forschungsergebnissen.
d) Lesen und Bearbeiten sowie Diskussion von drei Fallbeispielen sowie Anwendung und Überprüfung der Reichtums- und Armutsdefinitionen. Methode: Lesen, Diskutieren, neu Erlerntes anwenden (Reproduktion, Übertragung von Erlerntem).

4.3. Abschlussphase:

Suchen nach Lösungsmöglichkeiten und Konzepten zur Bekämpfung der Armut in Deutschland und der Welt. Einige Lösungsansätze werden vorgestellt, von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert, verworfen oder erweitert. Die christliche Sichtweise wird in die Diskussion eingebracht, eine konträre Debatte erwartet. Verabschiedung. Methoden: Kognitive Erweiterung, Imagination, verbale Kommunikation, Reflexion über die eigene Religion.

4.4. Zusammenfassender Blick auf die Methoden:

- Reflexion über die eigene Person und ihre Vergangenheit
- Reflexion über das Thema und seine Weitläufigkeit
- Introspektion
- Imagination
- Kreativitätsfördernde Elemente
- Erweiterte Kognition (Wissensreproduktion und Übertragung)
- Brainstorming
- Vortrag/Referat durch den Referenten
- Vorlesen durch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen

[...]


[1] Siehe beispielsweise Genesis 45,11, Sprüche 22,2

[2] Siehe beispielsweise Matthäus 19,21ff und 25,40, Lukas 12,48

[3] Bedenke christliche Mendikantenorden

[4] Siehe Denkschrift der EKD: “Gerechte Teilhabe - Befähigung zu Eigenverantwortung und Solidarität vom 11. Juli 2006“.

Fin de l'extrait de 25 pages

Résumé des informations

Titre
Didaktischer Entwurf zur Prüfungseinheit: "(Neue?) Armut in Deutschland“
Sous-titre
Definitionen, Ursachen und Betrachtungen im globalen Kontext in der Disziplin „Kirchliche Arbeit mit Erwachsenen"
Université
Protestant University of Applied Sciences Berlin  (Evangelische Religionspädagogik mit dem Schwerpunkt Gemeindepädagogik)
Cours
Gemeindepädagogik: Kichliche Arbeit mit Erwachsenen
Note
1,30
Auteur
Année
2007
Pages
25
N° de catalogue
V135342
ISBN (ebook)
9783640460069
ISBN (Livre)
9783640460182
Taille d'un fichier
546 KB
Langue
allemand
Annotations
Mots clés
Armut, Reichtum, relative Armut, Erwachsenenarbeit, kirchliche Arbeit mit Erwachsenen, didaktischer Entwurf, Stundenentwurf, Entwurf, Didaktische Konzeption, theologisch, ökonomisch, ökologisch, Kirchliche Arbeit mit Erwachsenen, kirchliche Erwachsenenarbeit, Friedensgruppe, Akademikergruppe, absolute Armut, Globalisierung, global, Armut weltweit, Altersarmut, Kinderarmut, Alleinerziehende, Niedriglohn, Sozialhilfe, Assoziationen zum Thema "Armut", Strategien zur Armutsbekämpfung
Citation du texte
Diplom-Religionspädagoge (FH) Andreas Bloch (Auteur), 2007, Didaktischer Entwurf zur Prüfungseinheit: "(Neue?) Armut in Deutschland“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135342

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