Democracy Promotion in Venezuela


Term Paper, 2009

29 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Venezuela - Demokratie auf Probe

2. Fragestellung, Definition und Untersuchungszeitraum

3. Analyseeinheit: Wie demokratisch ist Venezuela?
3.1 Freedom in the World Surveys
3.2 Polity IV Project
3.3 Ergebnisse der quantitativen Datenerhebungen
3.4 Checks and Balances sowie Wettbewerb und Partizipation in Venezuela
3.5 Zwischenfazit und Beantwortung der Teilfrage: Wie demokratisch ist Venezuela?

4. Analyseeinheit: Ist die US-amerikanische Demokratieförderung in Venezuela angemessen?
4.1 National Endowment for Democracy
4.2 International Republican Institute

5. Fazit und Schlussfolgerung

Anhang:
Tabelle 4 Polity IV Project
Tabelle 5 NED

Literaturangaben:
Bibliografische Quellen
Quellen aus dem Internet

1. Venezuela - Demokratie auf Probe

Venezuela wirkte bis zum Ende des letzten Jahrtausends als ein Land unter vielen in Lateinamerika. Auf internationaler Ebene trat Venezuela weder besonders negativ noch positiv in Erscheinung. Lediglich durch den Umstand einer seit 1958 stabilen Demokratie[1] unterschied sich dieses Land von seinen Nachbarn in Süd- und Mittelamerika (vgl. Ellner und Tinker 2007: 3f. und Ellner 2008: Vorwort). Bis Anfang der 1990er Jahre wird Venezuelas Demokratie als nahezu vollkommen und ebenso das Parteiensystem „[…] in many ways [as] ideal […]“ bezeichnet (Ellner und Hellinger 2003: 7f.)

Schon vor der Wahl von Hugo Chávez zum Präsidenten ist die Demokratie in Venezuela durch Ereignisse wie einen Putschversuch und Generalstreiks auf die Probe gestellt worden (vgl. Sueddeutsche.de 2004). Seit dem Amtsantritt im Jahr 1999 haben sich ähnliche Ereignisse wiederholt, wodurch die Demokratie weiteren Bewährungsproben unterzogen wurde (vgl. ebd.). Seit 1993 betreibt die USA in Venezuela unter anderem durch das National Endowment for Democracy (NED) Democracy Promotion (vgl. NED 2008c). Die Lage in Venezuela wird nunmehr seit Jahren als unsicher beschrieben, sodass die Democracy Promotion angemessen zu sein scheint (vgl. ebd.). Mit der bolivarischen Verfassung, die 1999 verabschiedet wurde, erhielt Venezuela eine auf Partizipation ausgelegte Verfassung, in der die direkte Mitbestimmung durch das Volk verankert wurde (vgl. McCoy und Myers 2004: 263-296). Dennoch ging das Engagement in Democracy Promotion in Venezuela nicht zurück, sondern nahm seit 1999 zu (vgl. NED 2008c). Folgend soll nun versucht werden, diese Diskrepanz zu untersuchen.

2. Fragestellung, Definition und Untersuchungszeitraum

Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf der US-amerikanischen Democracy Promotion in Venezuela mit der Frage:

Ist die US-amerikanische Democracy Promotion in Venezuela angemessen?

In der vorliegenden Untersuchung berufe ich mich auf die Definition von Democracy Promotion (DP) der Autoren Dinorah Azpuru, Steven E. Finkel, Aníbal Pérez-Liñán und Mitchell A. Seligson aus dem Artikel What has the United States been doing? (2008).

„Democracy promotion refers to an array of measures aimed at establishing, strengthening, or defending democracy in a given country. Such measures may range from diplomatic pressure to conditionality on development aid to economic sanctions, and even to military intervention“ (Azpuru et al. 2008: 151).

Die beiden für die Analyse wichtigen Komponenten Aimed und Measures in der Definition von DP machen eine Differenzierung der Frage an dieser Stelle notwendig. Ausgehend von der Annahme, dass eine gezielt eingesetzte DP von Defiziten in der Demokratie ausgeht, muss dieser Untersuchung eine Teilfrage vorausgehen: Wie demokratisch ist Venezuela? Anhand dieser soll geklärt werden, inwieweit das Ziel (aimed) der DP, nämlich die Etablierung, (Ver-)Stärkung oder Verteidigung der Demokratie, in Venezuela notwendig ist (vgl. Azpuru et al. 2008: 151).

Der Untersuchung liegen qualitative und quantitative Daten zugrunde. Da die verwendeten quantitativen Datensammlungen von Freedom House und des Polity IV Project unterschiedliche Definitionen von Demokratie verwenden, macht eine übergeordnete Definition von Demokratie an dieser Stelle wenig Sinn (vgl. Skrede Gleditsch 2008). So werde ich, im Gegensatz zur DP, von keiner expliziten Definition von Demokratie ausgehen. Ich werde versuchen die jeweiligen Unterschiede im Demokratieverständnis der quantitativen Datenquellen hervorzuheben.

In dem zweiten Teil der Hausarbeit liegt der Fokus auf den durch National Endowment for Democracy (NED) geförderten Bereichen in Venezuela. An diesen soll die Angemessenheit der DP untersucht werden. Im Fokus steht die Maßnahme (Measure) der Development Aid aus der Definition von DP (vgl. Azpuru et al. 2008: 151). Alle anderen in der Definition enthaltenen Maßnahmen bleiben unberücksichtigt (vgl. ebd.).

Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Inauguration von Hugo Chávez zum Präsidenten von Venezuela im Jahre 1999. Als Endpunkt der Untersuchung wird das vollendete Jahr 2007 festgelegt. Ausgelassen werden soll in diesem Zeitraum der Putschversuch im April 2002 in der Hinsicht, als das Ereignis selbst nicht thematisiert wird. Besonders die möglichen Verstrickungen von Gruppen, Parteien oder Vereinigungen in den Putschversuch, die mit US-Mitteln gefördert wurden, werden nicht untersucht (vgl. Golinger 2006 und 2007).

Da es zu einem Putschversuch gekommen ist, kann dieser in Anbetracht des Untersuchungsgegenstandes und der vorgestellten Teilfrage der Analyse nicht gänzlich unberücksichtigt gelassen werden. Auf eine detailreiche Untersuchung der Ereignisse im April des Jahres 2002 wird allerdings verzichtet. Auch soll in dieser Hausarbeit nicht die Schuld- oder Beteiligungsfrage der USA an diesem Putschversuch gestellt oder gar beantwortet werden.

3. Analyseeinheit: Wie demokratisch ist Venezuela?

Die Demokratie in Venezuela gilt es anhand der vorausgehenden Teilfrage zu untersuchen. Hierfür wird zunächst mit der quantitativen Seite der Analyse begonnen. Verwendet werden Erhebungen von Freedom House (FH) und das Polity IV Project (PP) der George Mason und Colorado State University. Darauf aufbauend werden die erhaltenen Ergebnisse der quantitativen Untersuchung in einem zweiten Schritt mit den qualitativen Daten kontrastiert.

3.1 Freedom in the World Surveys

Die jährlich erscheinende Erhebung von Freedom House Freedom in the World Survey (FWS) misst Freiheit[2] anhand der politischen Rechte [Political Rights[3] ] und der bürgerlichen Rechte [Civil Liberties[4] ] (vgl. FH 2007b). Die Ergebnisse dieser beiden Hauptvariablen werden den Kategorisierungen Free, Partly Free und Not Free mit einer Skalierung von 1 bis 2,5, 3 bis 5 und 5,5 bis 7 zugeordnet (vgl. ebd.).

Durch die Messung von Freiheit ergibt sich in dem FWS mit einer Kategorisierung eines Landes als free gleichzeitig das erlangte Ziel einer liberalen Demokratie (vgl. ebd.). Venezuela erreichte in den Jahren 1999 bis 2007 Werte, die eine Einordnung in die Kategorie Partly Free zulassen (FH 2009b):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle 1© Stefan R. Spriestersbach)

In dieser Erhebung von Freedom House wird Venezuela also nicht als liberale Demokratie betrachtet. An dieser Stelle soll nun eine weitere Messung von Freedom House hinzugefügt werden. Die Erhebung der Electoral Democracy ist zwar ein Bestandteil des FWS, dennoch findet die Messung auf Basis anderer Indikatoren[5] statt.

Für Venezuela ergeben sich im Untersuchungszeitraum folgende Ergebnisse (FH 2009a):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle 2© Stefan R. Spriestersbach)

Das Ergebnis, Venezuela als Partly Free und gleichzeitig als Electoral Democracy zu kategorisieren, scheint auf den ersten Blick ungewöhnlich zu sein. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass beiden Erhebungen ein unterschiedliches Demokratieverständnis zugrunde liegt:

„Freedom House’s term ‘electoral democracy’ differs from ‘liberal democracy’ in that the latter also implies the presence of a substantial array of civil liberties. In the survey, all Free countries qualify as both electoral and liberal democracies. By contrast, some Partly Free countries qualify as electoral, but not liberal, democracies“ (FH 2007b).

Aus diesem Verständnis heraus kann die Klassifizierung Venezuelas als Wahldemokratie als eine Vorstufe der liberalen Demokratie betrachtet werden (vgl. ebd.). Ebenfalls gibt das Zitat vor, dass die Defizite der venezolanischen Demokratie verstärkt im Bereich der bürgerlichen Rechte zu suchen sind. Um die Kategorie Free zu erreichen, müssen beide Werte (bürgerliche und politische Rechte) in dieser Kategorie liegen (vgl. FH 2007b). Einige Anhaltspunkte darauf, warum dieses bei Venezuela nicht der Fall ist, sollen aus den Country Reports[6] von 2002 bis 2007 entnommen werden. Folgend sollen nun die Schwankungen in den Variablen politische Rechte und bürgerliche Rechte näher untersucht werden.

Im Country Report von 2002 für Venezuela stellt FH fest, dass die venezolanischen Bürger zwar demokratisch wählen können, aber Venezuela sich am Rand zu einer Gesindel- bzw. Pöbelherrschaft befindet (vgl. FH 2002). Für den Bereich der politischen Rechte stellt FH einen Rückgang von Checks and Balances in Venezuela fest, beschreibt diesen jedoch nicht näher (vgl. ebd.). Als Folge sei erkennbar, dass die demokratischen Regeln signifikant beschädigt worden sind (vgl. ebd.). Hierdurch ergibt sich eine Konzentration der politischen Macht auf die Person Hugo Chávez (vgl. ebd.). Im Bereich der bürgerlichen Rechte bzw. der Meinungsfreiheit sieht die Bewertung auf Grund der mehrheitlich privaten Eigentümer der venezolanischen Medien positiver aus (vgl. ebd.). Kritisch wird allerdings die indirekte Kontrolle der Regierung bewertet (vgl. ebd.). Der seit 1994 existierende „[…] pattern of intimidation […]“ aller Medienanstalten sei an sich schon fragwürdig gewesen (vgl. ebd.). Mit der bolivarischen Verfassung wird ab 1999 die Pflicht des Journalismus zur Veröffentlichung von „[…] truthful information […]“ festgeschrieben (ebd. und vgl. Boeckh und Siedlaczek 2006: 5). Hierdurch ist die Regierung endgütig in der Lage, aktiv Zensur zu betreiben. Somit kommt es immer mehr zu einer selbst verpflichtenden Zensur bei den Journalisten aller Medien (vgl. Boeckh und Siedlaczek 2006: 5f.). Im darauf folgenden Jahr blieb das Ergebnis der politischen Rechte und der bürgerlichen Rechte unverändert (vgl. FH 2003). Dennoch wird im Country Report 2003 auf eine numerisch nicht festgehaltene Verschlechterung eingegangen. Diese wird als „[…] [a] resiliency of civil society in the face of pressures from the government of President Hugo Chávez […]“ beschrieben (ebd.).

Für 2004 und 2005 kann keine Veränderung festgestellt werden (vgl. FH 2004 und 2005). Ab dem Jahr 2006 ist eine Verschlechterung bei der Kategorie der politischen Rechte von 3 auf 4 ersichtlich, die für 2007 nochmals bestätigt wurde (vgl. FH 2006 und 2007a). Die Veränderung wird mit „[…] an increase in intimidation of opposition groups […]“ beschrieben (FH 2006).

Die ab 2002 fast konstante Bewertung bei den bürgerlichen Rechte ergab für Venezuela lediglich zwei signifikante Merkmale in den Country Reports (vgl. FH 2002). Zum einen wird die in der bolivarischen Verfassung festgeschriebene Pflicht zur wahrheitsvollen Information als Einschränkung der Meinungsfreiheit gewertet, zum anderen wird der Druck auf die Zivilgesellschaft als Einschränkung der bürgerliche Rechte gesehen (vgl. ebd. und FH 2003). Die ebenfalls (fast) konstanten Bewertungen bei den politischen Rechten heben auch hier zwei Merkmale hervor: einerseits den Rückgang an Checks and Balances und andererseits die gestiegene Einschüchterung von oppositionellen Gruppen (vgl. FH 2002 und FH 2006).

3.2 Polity IV Project

Das ebenfalls jährlich erscheinende Polity IV Project (PP) der George Mason und Colorado State University ist eine ebenfalls quantitative Erhebung, welche die autoritären Tendenzen misst (vgl. Marshall und Jaggers 2008). Hierbei werden die Authority Trends (AT) von 10 bis 6 (Fully Institutionalized Democracies); 5 bis –5 (Authority Regimes Termed Anocracies) und von –6 bis –10 (Fully Institutionalized Autocracies) skaliert und kategorisiert (vgl. ebd.). Venezuela konnte bis einschließlich 2005 als Fully Institutionalized Democracy kategorisiert werden. Ab dem Jahr 2006 verlässt Venezuela jedoch die Kategorie und muss nun, im weiteren Untersuchungszeitraum, als Authority Regime Termed Anocratie betrachtet werden (vgl. ebd.). Der Indikator des PP misst, wie stark demokratisch oder autokratisch ein Land ist (vgl. Marshall und Jaggers 2000: 12-26). Im PP[7] bilden drei Aspekte die Grundvoraussetzung für die Messung (vgl. Marshall und Jaggers 2000: 13). Sollte einer dieser Aspekte jedoch nicht erfüllt werden, so ist bei weiterer positiver Messung das Ergebnis einer voll institutionalisierten Demokratie dennoch möglich, da es sich um hinreichende Bedingungen handelt (vgl. ebd.). Für Venezuela ergeben sich folgende Ergebnisse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle 3© Stefan R. Spriestersbach)

[...]


[1] Venezuela erreichte im Polity IV Project ab 1959 bis 2006 einen Wert zwischen 6 und 9. Damit wurde Venezuela über diesen Zeitraum als Demokratie eingestuft (vgl. Marshall, Monty G. und Keith Jaggers 2008).

[2] „Freedom is the opportunity to act spontaneously in a variety of fields outside the control of the government and/or other centers of potential domination“ (FH 2007b).

[3] „Political rights enable people to participate freely in the political process, including the right to vote freely for distinct alternatives in legitimate elections, compete for public office, join political parties and organizations, and elect representatives who have a decisive impact on public policies and are accountable to the electorate“ (ebd.).

[4] „Civil liberties allow for the freedoms of expression and belief, associational and organizational rights, rule of law, and personal autonomy without interference from the state“ (ebd.).

[5] „A competitive, multiparty political system; Universal adult suffrage for all citizens; Regularly contested elections conducted in conditions of ballot secrecy, reasonable ballot security, and in the absence of massive voter fraud, and that yield results that are representative of the public will; Significant public access of major political parties to the electorate through the media and through generally open political campaigning“ (FH 2009a).

[6] Detaillierte Country Reports zu Venezuela sind nur bis zum Jahr 2002 verfügbar (vgl. http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=363&year=2002, Zugriff: 06.07.2009).

[7] Das PP misst Demokratie unter den folgenden Aspekten: „[…] (a) political participation is fully competitive, (b) executive recruitment is elective, and (c) constraints on the chief executive are substantial […]“ (Marshall und Jaggers 2000: 13).

Excerpt out of 29 pages

Details

Title
Democracy Promotion in Venezuela
College
University of Frankfurt (Main)
Course
Internationale Förderung der Demokratie Theorie und Praxis eines neuen Paradigmas der Außen-, Entwicklungs- und Weltordnungspolitik
Grade
2,0
Author
Year
2009
Pages
29
Catalog Number
V135428
ISBN (eBook)
9783640436361
ISBN (Book)
9783640436835
File size
550 KB
Language
German
Notes
Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf der US-amerikanischen Democracy Promotion in Venezuela mit der Frage: Ist die US-amerikanische Democracy Promotion in Venezuela angemessen? Ausgehend von der Annahme, dass eine gezielt eingesetzte DP von Defiziten in der Demokratie ausgeht, muss dieser Untersuchung eine Teilfrage vorausgehen: Wie demokratisch ist Venezuela? Anhand dieser soll geklärt werden, inwieweit das Ziel (aimed) der Democracy Promotion, nämlich die Etablierung, (Ver-)Stärkung oder Verteidigung der Demokratie, in Venezuela notwendig ist (vgl. Azpuru et al. 2008: 151).
Keywords
Democracy Promotion, Venezuela, Demokratiebegriff, Demokratieförderung, quantitatvie Daten, Analyse
Quote paper
Bachelor of Political Science Stefan Rodrigo Spriestersbach (Author), 2009, Democracy Promotion in Venezuela , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135428

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Title: Democracy Promotion in Venezuela



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