Universalbanken im Wandel

Strategische Ausrichtung am Privatkundengeschäft


Diploma Thesis, 2009

82 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Begriffliche Abgrenzungen
1.2.1 Definition des Strategieverständnisses
1.2.2 Arten von Strategien
1.2.3 Definition Geschäftsmodell
1.2.4 Der Unterschied von Strategie und Geschäftsmodell

2 Banken im Wandel
2.1 Bankensysteme im Wandel
2.2 Strategiewahlmöglichkeiten deutscher Banken
2.2.1 Arten von Spezialbanken
2.2.2 Near- und Non-Banks
2.2.3 Universalbanken
2.2.3.1 Kreditbanken
2.2.3.2 Sparkassen und Girozentralen
2.2.3.3 Genossenschaftsbanken und genossenschaftliche Zentralbanken
2.3 Abgrenzung des Finanzdienstleistungsmarktes
2.4 Unternehmensumweltanalyse deutscher Universalbanken
2.4.1 Die makroökonomischen Einflussfaktoren
2.4.2 Technologische Umwelt
2.4.3 Politisch-rechtliche Umwelt
2.4.4 Sozio-kuturelle Umwelt
2.5 Wettbewerbsumfeld der deutschen Universalbanken
2.5.1 Die potenziellen Neuanbieter
2.5.2 Verhandlungsmacht der Abnehmer
2.5.3 Substitutive Leistungen
2.5.4 Verhandlungsstärke der Lieferanten
2.5.5 Grad der Rivalität unter den bestehenden Banken

3 Strategische Ausrichtung am Privatkundengeschäft
3.1 Strategische Geschäftsfelder von Universalbanken
3.2 Die generisch-funktionale Wertkette von Universalbanken
3.3 Die Bedeutung des Privatkundengeschäfts
3.4 Die Geschäftsfelder des Privatkundengeschäfts
3.5 Risiken im Privatkundengeschäft
3.6 Ansatzpunkte zur Gewinnoptimierung
3.6.1 Kostenführerschaft
3.6.2 Differenzierung
3.7 Identifikation erfolgsversprechender Geschäftsmodelle
3.7.1 Definition von Erfolg
3.7.2 Erfolgreiche Steuerung von Universalbanken mittels RORAC
3.7.3 Indikatoren zur Identifikation erfolgreicher Universalbanken
3.7.4 Erfolgsversprechende Geschäftsmodelle für Universalbanken
3.7.4.1 Das Geschäftsmodell des Local Player
3.7.4.2 Das Geschäftsmodell des Global Player

4 Die Banco Santander
4.1 Der konzeptionelle Aufbau der Banco Santander
4.2 Die strategische Ausrichtung der Banco Santander
4.3 Die Effizenzvorteile der Banco Santander
4.3.1 Effizienz durch das Management-Workflow-System
4.3.2 Effizienz durch die Konzernstruktur
4.3.3 Effizienz durch Erfahrungswerte
4.3.4 Vermeidung größenbedingter Nachteile
4.4 Die Erfolgskennzahlen der Banco Santander
4.4.1 Erfolg im Sinne des Shareholder-Value
4.4.2 Erfolg im Sinne der Bankenaufsicht
4.5 Schaffung von Kundennutzen

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Geschäftsstruktur deutscher Universalbanken

Tab. 2: Vermögensentwicklung der Haushalte

Tab. 3: Standardansatz nach Basel II

Tab. 4: Technologiekosten der Banco Santander

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Arten von Strategien nach den Ebenen des Planungssystems

Abb. 2: Generisch-funktionale Wertkette von Universalbanken

Abb. 3: Auswirkungen der Subprime-Krise am Interbanken-Geldmarkt

Abb. 4: Typisierte Geschäftsfelder im Privatkundengeschäft

Abb. 5: Auswirkung von Größendegressionseffekten

Abb. 6: Erfolgsverprechende Geschäftsmodelle für Universalbanken

Abb. 7: Vereinfachtes Organigramm der Banco Santander

Abb. 8: SGF und SGE der Banco Santander

Abb. 9: Der EBT der SGF der Banco Santander

Abb. 10: Cost Income Ratio: Deutsche Bank vs. Banco Santander

Abb. 11: Risiko-adjustierte Kennzahlen der Banco Santander

Abb. 12: ROE der Banco Santander

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Struktur der nationalen und internationalen Bankenlandschaft befindet sich in einer tiefgreifenden Umbruchsituation. Der wirtschaftliche Integrationsprozess in Europa, so-zio-kulturelle Veränderungen, neue aufsichtsrechtliche Vorschriften, der technologische Fortschritt und nicht zuletzt die Auswirkungen der US-Subprime-Hypothekenkrise[1] in den Jahren 2007 und 2008 haben die Ausgangssituation und Perspektiven der Banken nachhaltig verändert. Banken ohne Wettbewerbsvorteile können sich diesem Wandel nur schwer anpassen und haben deshalb versucht, ihre strukturellen Defizite durch risi-kointensivere Eigengeschäfte auf den internationalen Geld- und Kapitalmärkten zu kompensieren. Auch traditionelle europäische Universalbanken mit grundsätzlich breit diversifiziertem Leistungs- und Kundenspektrum entkoppelten daher zunehmend ihre Geschäftstätigkeit vom eigentlichen Kundengeschäft. Die Folgen dieser Entwicklung wurden durch die US-Subprime-Hypothekenkrise offensichtlich.[2]

Ziel dieser Arbeit ist es, zu verdeutlichen, dass der Gesamterfolg einer Universalbank in engem Bezug zum Erfolg im Privatkundengeschäft steht. Ferner werden erfolgsverspre-chende Strategien und Geschäftsmodelle identifiziert, die eine optimale Nutzung der Er-tragspotenziale des Privatkundengeschäfts gewährleisten.

Hierfür werden in Kapitel 1 zunächst die Begriffe ,,Strategie" und ,,Geschäftsmodell" definiert und voneinander abgegrenzt. Am Beispiel des deutschen Universalbanksys-tems werden in Kapitel 2 die unterschiedlichen Universalbankformen sowie die direkten Wettbewerber im Privatkundengeschäft vorgestellt. Es wird erörtert, welche Relevanz das Privatkundengeschäft zum gegenwärtigen Zeitpunkt in deutschen Großbanken, Sparkassen und Volksbanken hat und in welcher Art und Weise sich der Wandel der Umwelt- und Umfeldfaktoren auf die etablierten Teilnehmer am deutschen Finanz-dienstleistungsmarkt auswirkt. In Kapitel 3 rücken die existenzielle Bedeutung, die Chancen und die Risiken des Privatkundengeschäfts für Universalbanken in den Fokus. Es werden Strategien vorgestellt, die zur Margen-Optimierung im Privatkundengeschäft führen. Im Anschluss werden Geschäftsmodelle identifiziert, die den Ansprüchen der Privatkunden und damit letztlich auch den Ansprüchen der Bankenaufsicht sowie der Anteilseigner entsprechen. In Kapitel 4 werden die Erkenntnisse aus den vorangegangen Abschnitten hinsichtlich der Relevanz für die Praxis überprüft. Als Beispiel dient hier-für die privatkundenorientierte Universalbank Banco Santander, die bereits gegenwärtig die theoretisch erarbeiteten Erkenntnisse in die Praxis umsetzt. In Kapitel 5 erfolgt letzt-lich ein abschließendes Fazit.

1.2 Begriffliche Abgrenzungen

1.2.1 Definition des Strategieverständnisses

Der Strategiebegriff entstammt aus der altgriechischen Wortkombination „Stratos" (Das Heer) und „Agein" (Führen). In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird der Begriff Strategie eng mit dem Begriff Unternehmensplanung verbunden.[3] Eine einheitliche De­finition des Strategiebegriffs konnte sich bis heute weder in den Medien, der Praxis noch in der Wissenschaft durchsetzen. Klassische Ansätze des Strategieverständnisses u.a. von Chandler und Ansoff sind stark prozessorientiert. Chandler definiert Strategie als "(...) the determination of the basic long-term goals and objectives of an enterprise (...)"[4]. Ansoff bemerkt "(...) a strategy is a set of decision-making rules for guidance of organizational behavior."[5] und verdeutlicht damit wie Chandler "(...) structure follows strategy (...)"[6] den Zusammenhang zwischen einer Strategie und der Organisationstruk-tur einer Unternehmung. Ein langfristig geplantes und rationales top-down-Handeln prägt hierbei die Sichtweise der Autoren von Strategie. Strategien und strategische Ziele sind gemäß des klassischen Strategieverständnisses differenziert zu betrachten. Sowohl Chandler als auch Ansoff fordern im Rahmen der Strategieplanung, dass das Kompe-tenzprofil einer Unternehmung konsequent auf die Anforderungen der Unternehmens-umwelt auszurichten sind. Da Ressourcen einer Unternehmung nur begrenzt zur Verfü-gung stehen, sind Strategien das Ergebnis von Aushandlungsprozessen.[7] Resümierend und grundlegend für den Kontext ist folgende Definition: Strategien sind geplante, zeit-lich begrenzte Maßnahmenbündel zur Sicherung des langfristigen Erfolgs. Strategien beziehen sich auf die Systemgestaltung und -steuerung des Gesamtunternehmens. Eine erfolgreiche Strategie entsteht, indem auf Basis der aktuellen Unternehmensbedingung-en eine Vision des Unternehmens in der Welt des Übermorgens entwickelt wird. Von der Vision wird dann auf die Strategie in der Welt des Morgens zurückgeschlossen.[8]

1.2.2 Arten von Strategien

In der Literatur werden Arten von Strategien nach den unterschiedlichen Planungsebe-nen differenziert.[9] Im Vergleich zu Ein-Produkt-Unternehmen agieren Unternehmen mit zunehmender Größe für gewöhnlich in mehreren Geschäftsfeldern. Die Abb. 1 soll ein-führend einen Überblick über die marktorientierten Strategien bieten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Eigene Darstellung ÄArten von Strategien nach den Ebenen des Planungssystems3 [10]

Grant/Nippa sehen zwei Wege zum Erfolg. Erfolg bedingt, dass die Verzinsung des eingesetzten Kapitals dauerhaft die Kapitalkosten übersteigt. Das Unternehmen sollte in jenen Geschäftsfeldern tätig sein, in denen Gewinne über dem Wettbewerbsniveau er-zielt werden können. Entscheidend ist dabei die Positionierung und Schaffung von Marktmacht. Diese Ursachen begründen die strategische Ausrichtung bzw. die vom Un-ternehmen letztlich zu wählenden Strategien.[11]

Konzern-/Unternehmensstrategien: Die generelle strategische Ausrichtung des Unter-nehmens erfolgt auf Unternehmensebene (primäre Hierarchieebene). Die Unterneh- mensleitung entscheidet, in welchen Geschäftsfeldern die Unternehmung vertreten ist und in welcher Form knappe Ressourcen aufgeteilt werden.[12] Die Formulierung einer wertschaffenden Unternehmensstrategie ist dabei von elementarer Bedeutung. Es gilt, drei Basisstrategien zu unterscheiden. Wachstumsstrategien repräsentieren eine offensi­ve Grundeinstellung der Unternehmensleitung. Innerhalb erschlossener Märkte und/oder durch Erschließung neuer Märkte wird aktiv die Positionierung im Wettbe-werb verändert. Basierend auf der Produkt-Marktkombination von Ansoff wächst ein Unternehmen aufgrund überlegener Marktdurchdringungs-, Marktentwicklungs-, Pro-duktentwicklungs- und/oder Diversifikationsstrategien.[13] Dieses Wachstum kann auf lokaler bis globaler Ebene stattfinden, über organisches oder anorganisches Wachstum erfolgen und mit oder ohne strategische Partner geplant werden. Ist die Unternehmens-führung bestrebt die Positionierung im relevanten Markt zu halten, wird eine defensive Stabilisierungsstrategie gewählt. Die Stabilisierungsstrategie ist wie die reaktiv-gezwungene Desinvestionsstrategie vermehrt in schrumpfenden Märkten zu identifizie-ren. Bei einer Desinvestionsstrategie trennt sich das Unternehmen von unrentablen Ka-pazitäten.[14]

Geschäftsfeldstrategien: Mehr-Produkt-Unternehmen haben i.d.R. hochkomplexe Un-ternehmensstrukturen. Zur Reduktion der Komplexität ist es erforderlich die strate-gische Planung nicht ausschließlich auf zentraler Unternehmensebene durchzuführen. Eine zweck- und sachgerechte Abgrenzung einzelner Geschäftsbereiche in strategische Geschäftsfelder (SGF) ist daher sinnvoll.[15] Die Geschäftsfeldstrategien sind dem ent-sprechend im wesentlichen Wettbewerbsstrategien. Diese liegen im Spannungsfeld zwi-schen Kunden, eigenem Unternehmen und den Wettbewerbern (costumer, company, competitor). Diese Abhängigkeiten fundamentieren das ,,strategische Dreieck". Wett-bewerbsvorteile entstehen wiederum in der Beziehung zwischen dem eigenen Unter-nehmen und dem Wettbewerber. Der Kunde entscheidet dabei mit seiner Kaufentschei-dung, wem der Wettbewerbsvorteil zukommt.[16] Ziel der Geschäftsfeldstrategien ist folglich das Schaffen von Wettbewerbsvorteilen. Porter definiert im wesentlichen drei generische Strategien zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen: die umfassende Kos-tenführerschaft, die Differenzierungsführerschaft und die Konzentration auf Schwer- punkte.[17] Gelingt es einem Unternehmen nicht, sich erfolgreich zu differenzieren oder die Kostenführerschaft der Branche zu erlangen, droht dem Unternehmen das „stuck in the middle". Die Folgen eines „stuck in the middle" fhren laut Porter zu Rentabilitats-verlusten und letztlich zum Marktaustritt.[18]

Funktionalstrategie: Ziel der spezifischen Funktionalstrategien ist, die gewählte Ge-schäftsfeldstrategie sukzessive zu konkretisieren und auf die Funktionsbereiche zu über-tragen. Dies bedeutet schließlich die Konkretisierung und integrative Abstimmung der Geschäftsfeldstrategie mit den Wertaktivitäten der Wertkette des Unternehmens.[19] Die Wertketten der Wettbewerber müssen sich unterscheiden, denn nur unter dieser Voraus-setzung kann ein Wettbewerbsvorteil entstehen.[20] Die Ergebnisse einer umfassenden Wertkettenanalyse zeigen die unternehmenseigenen Potenziale auf und dienen dem Un-ternehmen als Ansatzpunkte zur Strategieformulierung. Die Funktionalstrategien auf der untersten hierarchischen Stufe des Strategiewahlprozesses sind somit die Schnittstelle von Strategiewahl und Strategieimplementierung.[21]

1.2.3 Definition Geschäftsmodell

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es in der Theorie keine allseits anerkannte Definition von Geschäftsmodellen.[22] Porter sieht das Konzept „Geschaftsmodell" als unzureichend definiert an und lehnt es daher prinzipiell ab: "Instead of talking in terms of strategy and competitive advantage, (...) players talk about ´business models´."[23]

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist die Definition von Geschäftsmodellen nach Bieger et al. grundlegend. Die Autoren sehen in Geschäftsmodellen den Versuch einer vereinfachten Darstellung der Mechanismen sowie der Art und Weise, wie ein Unter-nehmen am Markt Werte schafft.[24] Geeignet erscheint diese modelhafte Darstellung der Geschäftstätigkeit besonders im Sinne des investor relations. Geschäftsmodelle werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur auch zur ganzheitlichen Unternehmensanalyse verwendet und als Substitut der klassischen Analyseeinheiten des strategischen Managements angesehen.[25] Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades von Geschäftsmodellen sollten sie aber eher ergänzend, denn primär auf operative Aspekte ausgerichtet sein.[26]

Entscheidend für ein Unternehmen ist, dass die Kunden, die Aufsichtsorgane, die Mit-arbeiter, die Partner, aber vor allem die Anteilseigner die Vorteile des Geschäftsmodells und dessen Leistungssysteme verstehen. Wird ein erfolgsversprechendes Geschäftsmo-dell entsprechend kommuniziert, kann damit der Unternehmenswert dauerhaft gesteigert werden.[27] Im Mittelpunkt eines erfolgsversprechenden Geschäftsmodells sollte demzu-folge primär der Kundennutzen (Value Proposition), ergänzend die Architektur der Wertschöpfung und das Ertragsmodell, stehen.[28]

Value Proposition: Die Value Proposition verdeutlicht, welche Kundenbedürfnisse ein Unternehmen befriedigen möchte. Neben der Beschreibung des Nutzens für den End-kunden kann die Value Proposition auf Wertschöpfungspartner (Lieferanten / Komple-mentäre) motivierend wirken, Teil des Geschäftsmodells zu werden.[29]

Wertschöpfungsarchitektur: Das Unternehmen muss sein Produktangebot zur Bedürf-nisbefriedigung verdeutlichen. Dabei ist entscheidend, auf welchen Märkten das Unter-nehmen konkurrieren möchte und wie es den Markt abgrenzt. Eine Marktabgrenzung kann bspw. über geographische Kriterien oder über Kundensegmente erfolgen.[30] Nach der Festlegung der Produkt-/Markt-Kombination ist entscheidend, wie und mit welcher Wertkettenkonfiguration die Kombination erstellt wird. Elementar ist, ob es sich um ein vertikal integriertes oder ein spezialisiertes Unternehmen handelt. Hybride Formen (sog. Koordinatoren) sind ebenfalls im Markt vertreten. Vertikal integrierte Unternehmen be-dienen den Großteil ihrer Wertschöpfungsaktivitäten in Eigenregie, akzentuieren aber bestimmte Teile ihrer Wertkette. Integratoren weisen in der Regel eine hohe Kapitalbin-dung auf und werden deshalb häufig als weniger flexibel angesehen. Aufgrund der ho-hen Komplexität der Durchführung aller bzw. eines Großteils der unternehmenseigenen Wertschöpfungsaktivtäten fokussieren sich Integratoren überwiegend auf ein und die-selbe Industrie. Im Gegensatz zu den Integratoren konzentrieren sich spezialisierte Un-ternehmen lediglich auf eine Stufe der Wertkette. Spezialisten gehen vermehrt dazu über, ihre Kompetenzen zwischen den einzelnen Wertschöpfungssystemen einzuset-zen.[31]

Ertragsmodell: Die Wertschöpfungsarchitektur ist notwendig, um die Value Proposition zu erfüllen. Das Ertragsmodell dient, in Ergänzung zu Porters Wertkette, der expliziten Verdeutlichung der Ertragsquellen des Unternehmens.[32] Erträge stammen gemäß des International Accounting Standard (IAS) 18.1 und 18.2 aus der gewöhnlichen Ge-schäftstätigkeit eines Unternehmens. Sie generieren sich aus Ertragsquellen für die Er-bringung von Dienstleistungen wie Provisionen, Gebühren, Zinsen, Dividenden sowie aus dem Verkauf von Gütern. Außerordentliche Erträge oder Einlagen von Anteilseig-nern können zwar für einen Investor von Bedeutung sein, sind aber für den nachhaltigen Erfolg eines Geschäftsmodells irrelevant. Der Mix der genannten Ertragsquellen eines Unternehmens ergibt letztlich das Ertragsmodell.[33]

1.2.4 Der Unterschied von Strategie und Geschäftsmodell

Geschäftsmodelle sind keine Strategien.[34] In Praxi wurden diese Begriffe, besonders während der sog. New-Economy-Phase der 1990er Jahre, synonym verwendet.[35] Ein Geschäftsmodell kann vielmehr als visualisierter Output der gewählten Strategien eines Unternehmens verstanden werden.[36] Unter dieser Voraussetzung kann ein Geschäfts-modell, gerade in breit diversifizierten Konzernen, der Unternehmensführung als zu-sätzliche und vereinfachte Analyseeinheit dienen. Die Identifikation von und der Ver-gleich mit Wettbewerbern wird durch die Modellierung von Geschäftsmodellen erleich-tert. Resultierende Ergebnisse können erste Anhaltspunkte für eine strategische Neuaus-richtung in einzelnen Geschäftsbereichen oder der gesamten Unternehmung sein.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aufgrund zunehmender Komplexität und der daraus folgenden Intransparenz der Unternehmensstrukturen eine vereinfachte Darstel-lung der Geschäftstätigkeit notwendig wird. Eine konkrete und verständliche Formulie-rung verdeutlicht den Anteilseignern und potenziellen Investoren die Wettbewerbsvor-teile und kann dadurch in der Praxis zur nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswer-tes beitragen.

2 Banken im Wandel

2.1 Bankensysteme im Wandel

Historisch gesehen existieren zwei relevante Bankensysteme. Aufgrund der Trennung zwischen Noten- und Geschäftsbanken sind diese Systeme zweistufig. In Großbritan-nien etablierte sich aus einer ursprünglich freiwilligen Selbstbeschränkung im Rahmen des Industrialisierungsprozesses ein Spezialbankensystem. In den Vereinigten Staaten von Amerika hat sich als Folge des sog. Börsencrashs von 1929 ein Trennbankensystem etabliert. Der Banking Act (Glass-Steagall-Act) 1933 trennte Banken in reine Commer­cial und Investment Banks.[37] US-Commercial Banks können aufgrund dieser Gesetzes-vorgaben Finanzintermediationsgeschäfte im engeren Sinne betreiben. Als Vertragsge-genseite übernehmen sie Rechte bzw. Pflichten einschließlich der direkten Risiken. US-amerikanische Investment Banks bieten Finanzkommissions- und Emissionsgeschäfte an. Sie fungieren als Mittler von Finanzbeziehungen und unterliegen ausschließlich der Kontrolle der Wertpapieraufsicht SEC.[38] In Kontinentaleuropa und Deutschland exis-tiert das Universalbankensystem. Aufgrund der Wahlfreiheit dieses Systems konnten sich sowohl Universal- als auch Spezialbanken etablieren.[39] Das staatlich regulierte US-Trennbankensystem befindet sich durch den Financial Services Modernisation Act (Gramm-Leach-Bliley Act) von 1999 faktisch im Wandel.[40] Die Übernahme der In-vestmentbank Merrill Lynch & Co., Inc. durch die Bank of America Corp. verdeutlicht den US-amerikanischen Universalbanktrend. Die verbliebenen reinen amerikanischen Investment Banks haben, zwischen Mai und September 2008, ihren rechtlichen Sonder-status aufgegeben. Seither unterliegen sie den Institutionen der US-Bankenaufsicht (u.a. FED, FDIC, OCC).[41] Somit dürfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt sämtliche US-amerikanischen Banken grundsätzlich alle Transformations- und Transaktionsleistungen im Privatkundengeschäft anbieten. Ein intensiverer Vergleich der Systeme erscheint da-her perspektivisch gesehen obsolet.

2.2 Strategiewahlmöglichkeiten deutscher Banken

Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 KWG betreiben. Banken dürfen demnach alle vorgegebenen Leistungen im Aktiv-, Passiv- und Indiffe-renzgeschäft anbieten. Das KWG ermöglicht somit die Co-Existenz von Universalbanken und Spezialbanken. Im Privatkundengeschäft stehen daher sowohl Universalbanken als auch Spezialbanken in direktem Wettbewerb zueinander. Desweiteren wird die Wettbewerbsintensität im Privatkundengeschäft durch Near- und Non-Banks erhöht. Die relevanten Anbieter im Privatkundengeschäft werden daher in den folgenden Ab-schnitten vorgestellt.

2.2.1 Arten von Spezialbanken

Der Begriff Spezialbank umfasst Banken mit rechtlich geregeltem Auftrag und Banken mit einem spezialisierten Leistungsspektrum. In Deutschland haben sich zum Teil stark differenzierte Formen von Spezialbanken etabliert. Spezialbanken, die im Privatkun-dengeschäft in direktem Wettbewerb zu Universalbanken stehen, sind Bausparkassen, Ratenkreditbanken, Direktbanken und Hypothekenbanken. § 3 Abs. 2 KWG erlaubt, ausdrücklich als einzige Form des Zwecksparens, die Bausparkassen. Das eigentüm-liche Geschäft von Bausparkassen ist das kollektive Bauspargeschäft mit Privatkun-den.[42] Ratenkreditbanken sind hingegen in der Regel vorwiegend auf die Konsumenten-finanzierung spezialisiert. Dabei steht das Geschäft mit Kreditkarten, Warenkrediten und ins-besondere die Kfz-Finanzierung im Fokus. Nach Lizenzierung durch das Bun-desaufsichtsamt für das Kreditwesen können diese Banken auch andere Bankleistungen anbieten. Ihre Vertriebswege sind Geschäftsstellen, die unternehmenseigene Internet-plattform sowie das Telefon.[43] Direktbanken bzw. Onlinebanken können eigenständig oder als Tochterunternehmen eines Finanzkonzerns gegründet worden sein. Ihr generell standardisiertes Leistungsspektrum richtet sich vorwiegend an Privatkunden. Gegen-wärtig nutzen Direktbanken zunehmend neben Schriftverkehr und Telefon vorwiegend das Internet als Vertriebsweg.[44] Als klassische deutsche Spezialbanken galten, gemäß § 1 HBG, die Hypothekenbanken, deren Geschäftstätigkeit in der langfristigen gewerb-lichen und privaten Immobilienfinanzierung sowie in der Gewährung von Kommunal-darlehen bestand. Hypothekenbanken hatten das ausschließliche Privileg, sich durch die Verbriefung dieser Forderungen in gesonderten Pfandbriefen zu refinanzieren.[45] Ihr En­gagement im Privatkundengeschäft trägt ebenfalls zur Steigerung der Wettbewerbsin-tensität bei. Ergänzend ist zu erwähnen, dass das Privileg der Ausschließlichkeit durch Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes vom 19. Juli 2005 erloschen ist. Hypothekenbanken sind somit nicht mehr als Banken mit speziellem Auftrag, sondern als Banken mit ei-nem spezialisierten Geschäftsmodell zu verstehen.

[...]


[1] Vgl. BAFin (2008), S. 9ff.

[2] Vgl. hierzu näher wiwo.de (2008).

[3] Vgl. Eschenbach/Eschenbach/Kunesch (2003), S. 5ff.

[4] Chandler (1962), S. 13.

[5] Ansoff/McDonnell (1990), S. 43.

[6] Chandler (1962), S. 14.

[7] Vgl. Bea/Haas (2005), S. 15f., und Welge/Al-Laham (2008), S. 18f.

[8] Vgl. Flascha/Hanisch/Hartmann (2008), S. 114ff.

[9] Vgl. Bea/Haas (2005), S. 168ff.

[10] Eigene Darstellung modifiziert aus: Bea/Haas (2005), S. 170, und Grant/Nippa (2006), S. 45.

[11] Vgl. Grant/Nippa (2006), S. 44ff.

[12] Vgl. Bea/Haas (2005), S. 170f.

[13] Vgl. Ansoff (1988), S. 94ff., und S. 108ff.

[14] Vgl. Bartsch/Börner (2007), S. 2ff., und Bea/Haas (2005), S. 179ff.

[15] Vgl. Büschgen (1998), S. 558.

[16] Vgl. Ohmae (1982), S. 91ff.

[17] Vgl. Porter (2008), S. 71ff.

[18] Vgl. Porter (2000), S. 44f.

[19] Vgl. Bruns (2006), S. 49.

[20] Vgl. Porter (2000), S. 67f.

[21] Vgl. Bea/Haas (2005), S. 188f.

[22] Vgl. Bach/Buchholz/Eichler (2003), S. 10.

[23] Porter (2001), S. 73.

[24] Vgl. Bieger/Bickhoff/Knyphausen-Aufseß (2002), S. 4.

[25] Vgl. Bailer (1997), S. 152.

[26] Vgl. Schuster (2005), S. 286.

[27] Vgl. Bieger/Bickhoff/Knyphausen-Aufseß (2002), S. 10.

[28] Vgl. Büschgen/Börner (2003), S. 200.

[29] Vgl. Strähler (2002), S. 42f.

[30] Vgl. Strähler (2002), S. 43.

[31] Vgl. Knyphausen-Aufseß/Meinhard (2002), S. 69ff.

[32] Vgl. Knyphausen-Aufseß/Meinhard (2002), S. 76.

[33] Vgl. Strähler (2002), S. 47.

[34] Vgl. Magretta (2002), S. 90f.

[35] Vgl. Krotsch/Linn (2002), S. 34ff.

[36] Vgl. Strähler (2002), S. 49.

[37] Vgl. Lukas (2004), S. 5f., sowie Mishkin (2007), S. 39ff.

[38] Vgl. Bodie/Kane/Marcus (2007), S. 85ff.

[39] Vgl. Büschgen (2006), S. 916.

[40] Vgl. Vennet (2002), S. 255.

[41] Vgl. Börsen-Zeitung (2008a), S. 8.

[42] Vgl. Büschgen (1998), S. 101f.

[43] Vgl. Büschgen (1998), S. 102f.

[44] Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2007), S. 36f.

[45] Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2007), S. 35f.

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Details

Title
Universalbanken im Wandel
Subtitle
Strategische Ausrichtung am Privatkundengeschäft
College
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"
Course
BWL insb. Finanzdienstleistungen
Grade
2,0
Author
Year
2009
Pages
82
Catalog Number
V135532
ISBN (eBook)
9783640466849
ISBN (Book)
9783640466733
File size
1103 KB
Language
German
Keywords
Universalbanken, Wandel, Strategische, Ausrichtung, Privatkundengeschäft
Quote paper
Dennis Kirck (Author), 2009, Universalbanken im Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135532

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