Einfluss von Zigarettenrauchen und Abstinenz auf die kognitive Leistungsfähigkeit bei schizophrenen Patienten


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Schizophrenie: Krankheitsbild
1.2. P50 und der α 7 - Nikotinrezeptor
1.3. Einfluss des Rauchens auf Schizophreniepatienten

2. Material und Methoden
2.1. Einschlusskriterien
2.2. Suchstrategie

3. Ergebnisse
3.1. Suchergebnisse
3.2. Studiencharakteristika
3.3. Unerwünschte Wirkungen
3.4. Interessenkonflikte

4. Diskussion
4.1. Hauptergebnisse
4.2. Stärken und Schwächen

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Schizophrenie: Krankheitsbild

Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die vornehmlich durch eine Gruppe von Grundsymptomen charakterisiert ist, die alle zusammen Ausdruck einer Spaltung der Persönlichkeit darstellen. In der Bundesrepublik erkranken etwa 800.000 Menschen - das sind nahezu ein Prozent der Bevölkerung - im Laufe ihres Lebens an Schizophrenie (Life -time – Risiko), die ohne oder mit Residuum abklingt oder chronisch persistiert. Etwa ein Drittel von denen ist wegen einer Schizophrenie in Behandlung. Die Prävalenz beträgt also 0,3 %. Männer erkranken im Vergleich zu Frauen signifikant früher. Beim männlichen Geschlecht liegt das größte Risiko zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr, beim weiblichen zwischen dem 25. und 35. Beide Geschlechter sind jedoch etwa gleich häufig betroffen. In der Blutsverwandtschaft von Schizophrenen kommen Schizophrenien häufiger vor als in der Durchschnittsbevölkerung, wobei das Erkrankungsrisiko mit dem Grad der Blutverwandtschaft deutlich zunimmt (1).

Man unterscheidet eine Positiv – und Negativsymptomatik. In der akuten Erkrankungsphase dominieren die positiven Symptome wie Mangel an Krankheitseinsicht, akustische Halluzinationen, Misstrauen, Stimmehören, Verfolgungswahn, Wahnstimmung und Gedankeneingebung. Die negativen Symptome stehen bei der chronischen Phase im Vordergrund: sozialer Rückzug, Affektverflachung, vermehrte oder verminderte Aktivität, Verarmung des Sprechens, Depression, Vernachlässigung des Äußeren, seltsame Ideen, Haltungen und Bewegungsabläufe (2).

Wie für normale psychische Abläufe so ist auch für psychopathologische Phänomene von einem neurochemischen Korrelat auszugehen. Ein gut belegtes neurochemisches Modell liegt bisher nicht vor. Die biochemischen Konzepte zur Ätiopathogenese der Schizophrenie fußen im Wesentlichen auf indirekten, nämlich pharmakologischen Evidenzen(2). Nach der Dopaminhypothese beruht die Schizophrenie auf einer Überaktivität des limbischen dopaminergen Systems des Gehirns. Neuroleptika haben einen ausgeprägt antidopaminergen Effekt, während Dopaminergika eine schizophrene Psychose verschlimmern oder auslösen können (1). Ein Nachteil dieser Hypothese ist die Tatsache, dass schizophrene Minussymptome weniger gut auf Neuroleptika ansprechen und sich durch Dopaminagonisten lindern lassen (2). Schizophrenieähnliche Psychosen provozierende Substanzen, u. a. Amphetamin, Levodopa oder Piribedil führen zu einer Aktivierung von Dopamin - und Noradrenalinneuronen. Da Noradrenalin neben Dopamin auch eine Rolle spielt wurde die Dopamin - zur Katecholaminhypothese erweitert. Seit Beginn der 80er Jahre wird neben der Katecholamin – die Glutamathypothese diskutiert. Eine Unterfunktion des glutamatergen kortiko-striatalen Weges führt über die indirekte Öffnung des thalamischen Filters zu ungesteuertem Zufluss sensorischer Informationen zum Kortex und so zu psychotischem Erleben. Partielle Glutamatagonisten scheinen ebenso wie Dopaminrezeptor – Antagonisten antipsychotisch wirksam zu sein (1).

1.2. P50 und der α 7 - Nikotinrezeptor

Das „gating“, d.h. die Verarbeitung von präattentiver Information, ist bei schizophrenen Erkrankungen schon vor Ausbruch der Erkrankung gestört. Patienten mit schizophrenen Erkrankungen sind also im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, relevante von irrelevanten sensorischen Stimuli zu unterscheiden. Diese gestörte Informationsfilterung, die zu einer subjektiv empfundenen Reizüberflutung führt, äußert sich in eine gestörte Wahrnehmung ihrer Umgebung und Halluzinationen (4,5). Akustisch evozierte Potenziale dienen als experimentelle Methode, um die präattentive Informationsverarbeitung zu messen. In dieser Hinsicht weisen Schizophrene ein Defizit auf (4, 5, 7). P50 ist ein Maß für die sensorische Informationsverarbeitung. Elektrophysiologisch wird 50 ms nach einem Stimulus das ereigniskorrelierte Potential gemessen. Bei 2 nacheinander dargebotenen Stimuli kommt es zu einer Suppression des Potentials. In verschiedenen Studien konnte eine verminderte Suppression der P50 bei Schizophreniepatienten gezeigt werden (4), da sie nicht in der Lage sind, im Gegensatz zu Gesunden den zweiten von zwei Hörstimuli zu filtern. Zurückzuführen ist die gestörte Informationsverarbeitung bei Schizophreniekranken auf eine Desensitivierung von Nikotinrezeptoren, insbesondere der α- 7- Nikotin-Rezeptorsubtypen im Hippokampus (5). Im Unterschied zu den anderen Rezeptorsubtypen (α-2, - 3, -4, -5 und β- 2, -3, -4), die bei einer geringeren effektiven Nikotinkonzentration (EC50 = 1 μmol) aktiviert werden, wird der α 7 -Rezeptor erst bei einer (EC50 = 20 μmol) aktiviert. Schizophreniepatienten rauchen mehrere Zigaretten nacheinander und extrahieren mehr Nikotin, um neben den Rezeptoren mit hoher Nikotinaffinität auch die eine niedrigere Affinität aufweisende α-7 Rezeptoren zu aktivieren (4). Rauchen von Zigaretten normalisiert bei Schizophrenen das verminderte sensorische „gating“, das mittels P50 erfasst wird. Diese Normalisierung konnte auch bei nicht rauchenden Verwandten von Schizophreniekranken, die ebenfalls ein reduziertes P50 gating aufweisen, durch Gabe von Nikotinkaugummi gezeigt werden. Dies weist darauf hin, dass der α-7 Rezeptor im Zusammenhang mit der sensorischen Informationsverarbeitung steht (4, 7). Die Expression der α 7- Untereinheit im Hippokampus von verstorbenen Schizophreniepatienten war im Vergleich zu normalen Personen vermindert (7). Antagonisten von der α 7- Untereinheit verursachen ein Sinnesdefizit, das vergleichbar mit demjenigen von Schizophreniepatienten ist (8). Dementsprechend werden eine Desensibilisierung und eine verminderte Anzahl von α 7 – Rezeptoren als einer der möglichen pathologischen Mechanismen für die Entwicklung der Schizophrenie in Betracht gezogen.

1.3. Einfluss des Rauchens auf Schizophreniepatienten

Patienten mit schizophrenen Störungen zeigen, verglichen sowohl mit der Normalbevölkerung als auch mit klinischen Vergleichsgruppen, eine erhöhte Prävalenz der Nikotinabhängigkeit (3). Die Prävalenz liegt zwischen 74 und 92 % bei Schizophreniekranken, zwischen 30 und 35 % in der normalen Population (4). Außerdem finden sich im Speichel an Schizophrenie erkrankter Raucher höhere Konzentrationen des Nikotinmetaboliten Cotinin als bei psychisch gesunden Rauchern (5). Dieser erhöhte Cotininspiegel könnte auf eine höhere Aufnahme von Nikotin hinweisen, die z.B. durch tiefere Inhalationen erreicht wird. Offenbar nutzen Schizophreniekranke das Rauchen als Form der Selbstmedikation, um insbesondere mit negativen Symptomen besser zu Recht zu kommen, da Nikotin wesentliche kognitive Funktionen bessert. Dies gilt speziell für die Daueraufmerksamkeit, die gerichtete Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und die Wiedergabe aus dem Gedächtnis. Als partieller Acetylcholinrezeptoragonist stimuliert Nikotin die cholinergen Nikotinrezeptoren im Gehirn und auf motorischen und sensorischen Axonen des peripheren Nervensystems. Nikotinerge Acetylcholinrezeptoren sind präsynaptisch lokalisiert und nehmen Einfluss auf das cholinerge, dopaminerge, glutamaterge, serotonerge und noradrenerge Transmittersystem (5). In Hinblick auf die Schizophrenie ist der Nikotineinfluss auf die Dopaminausschüttung besonders wichtig. Die kortikale Sensivität ist bei chronischer Nikotinzufuhr deutlich ausgeprägter als die der subkortikalen Nikotinrezeptoren (9). Nach den bisherigen Erkenntnissen in Bezug auf Dopamin stehen die negativen Symptome im Zusammenhang mit kortikaler Hypoaktivität und die positiven mit subkortikaler Hyperaktivität (10). Nikotin vermag unter relativer Vermeidung subkortikaler dopaminerger Aktivierung die kortikale Neurotransmission anzuregen (5) und auf diese Weise die negativen Symptome bei Schizophrenen zu mildern.

Das Phänomen des Zusammenhangs zwischen Nikotinabusus und Schizophrenie erscheint zum einen aus medizinischer Sicht bedeutsam, da Nikotin zur Verbesserung der Kognition, Verringerung von Negativsymptomen und Reduktion von extrapyramidalen Nebenwirkungen führt, zum anderen weisen Patienten mit schizophrenen Störungen aufgrund ihres Rauchverhaltens eine höhere Morbidität und Mortalität für Tabakfolgeschäden wie Atemwegs - oder kardiovaskuläre Erkrankungen auf (3). In dem vorliegenden systematischen Review wird der genaue Wirkungsmechanismus von Nikotin und seinen Einfluss auf die Kognition bei Schizophreniekranken untersucht. Es wird den Fragen nachgegangen: Welche klinische Effekte zeigen sich in den Studien? In wie weit sind deren Ergebnisse vergleichbar und signifikant? Kann man in Zukunft das Rauchen von schizophrenen Patienten reduzieren – z. B. durch Verwendung von Nikotinspray, Nikotinpflaster, Nikotinrezeptoragonisten?

2. Material und Methoden

2.1. Einschlusskriterien

Es wurden randomisierte, kontrollierte Studien eingeschlossen, die sich mit der Interaktion von Nikotin mit bestimmten Rezeptoren im zentralen Nervensystem und der daraus resultierende Einfluss bzw. der Abstinenz auf die Kognition der schizophrenen Patienten beschäftigen. Studien, die nur das Rauchverhalten von Gesunden oder Patienten ohne Schizophrenie betrachteten, wurden ausgeschlossen.

Zur Besprechung der Tabakfolgeschäden bei Schizophreniekranken wurden auch nach randomisierten kontrollierten Studien gesucht, die sich mit der schädigenden Wirkung von Rauchen beschäftigen.

2.2. Suchstrategie

Zur Identifizierung der Studien wurde die Computer – Datenbank medizinischer Fachartikel Medline (Pubmed) im Zeitraum von 09.02. bis 19.02.2008 systematisch durchsucht. Es wurden alle Einträge vom 1998 bis Februar 2008 ohne sprachliche Einschränkungen berücksichtigt. Bei der Suche wurde auch das MeSH – System verwendet, damit alle ähnlichen und synonymen Begriffe ebenfalls berücksichtigt werden. Der MeSH – Begriff „Nicotine“ umfasst zum Beispiel die Suche nach folgenden Stichwörtern:

„Nicotine“, „nicotine 1-N-oxide“, „Tobacco use Disorder”, „nicotine imine“, „nicotine demethylase, tobacco”, „N-methyl-nicotine“, „nicotine N-glucoronide“, „nicotine Qbeta vaccine“,„4-(dimethylphenylsilyl)nicotine“, „6-(2-phenylethyl)nicotine“, „6-hydroxynicotine“, „nicotinic acetylcholine rezeptor alpha-4 subunit“, „nicotine dehydrogenase“, „nicotine polacrilex“, „nicotine N´-oxidase“, „nicotine 5´-hydroxylase“, „N-methylnicotinium“, „azaheterocycle N-methyltransferase“, „6-hydroxy-L-nicotine oxidase“, „nicotine oxidase“, „6-hydroxy-D-nicotine oxidase“, „coumarin 7-hydroxylase“, „N´-nitrosonornicotine“, „nicotine monomethiodide“, „nicotine blue“

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Einfluss von Zigarettenrauchen und Abstinenz auf die kognitive Leistungsfähigkeit bei schizophrenen Patienten
Hochschule
Charité - Universitätsmedizin Berlin  (Klinik für Psychiatrie der Medizinischen Fakultät der Charité)
Note
1
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V135699
ISBN (eBook)
9783640433100
ISBN (Buch)
9783640433254
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einfluss, Zigarettenrauchen, Abstinenz, Leistungsfähigkeit, Patienten
Arbeit zitieren
Nikolay Ivanov (Autor:in), 2008, Einfluss von Zigarettenrauchen und Abstinenz auf die kognitive Leistungsfähigkeit bei schizophrenen Patienten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135699

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