Möglichkeiten und Grenzen der relativen Einzelkostenrechnung am Beispiel der Bundeswehr


Thèse de Master, 2009

67 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kapitel 1: Einführung in die behandelte Thematik
1.1 Betrachtungsgegenstand der Untersuchung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Kapitel 2: Die relative Einzelkostenrechnung in der theoretischen Betrachtung
2.1 Einordnung der Kostenrechnung in das Rechnungswesen
2.2 Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung
2.3 Beschreibung relevanter Kosten- und Leistungsbegriffe
2.4 Überblick über die wesentlichen Kostenrechnungssysteme
2.5 Beschreibung der relativen Einzelkostenrechnung
2.5.1 Einordnung des Ansatzes in die Systeme der Teilkostenrechnung
2.5.2 Charakteristika der relativen Einzelkostenrechnung
2.5.3 Kritik am Ansatz der relativen Einzelkostenrechnung
2.6 Zwischenfazit

Kapitel 3: Rahmenbedingungen für die Kostenrechnung in der Bundeswehr
3.1 Die Bundeswehr im Kontext betriebswirtschaftlicher Herausforderungen
3.2 Einflüsse des Rechnungswesens auf Bundesebene
3.3 Vorgaben für die Kostenrechnung in der Bundeswehr
3.3.1 Bisherige Kostenrechnungsansätze
3.3.2 Entscheidung zur Neuausrichtung der KLR
3.4 Zwischenfazit

Kapitel 4: Umsetzung der relativen Einzelkostenrechnung in der Bundeswehr
4.1 Vorbemerkungen zur Umsetzung
4.2 Wahl der Bezugsobjekte
4.2.1 Kostenarten
4.2.2 Kostenstellen
4.2.3 Kostenträger
4.3 Ausgestaltung der Grundrechnung
4.4 Möglichkeiten für Auswertungsrechnungen
4.5 Veränderungsmanagement
4.6 Zwischenfazit

Kapitel 5: Abschließende Betrachtung
5.1 Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung
5.2 Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Teilsysteme des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens

Abbildung 3: Aufgaben der Kostenrechnung

Abbildung 4: Eingrenzung des Kosten- und Leistungsbegriffes

Abbildung 5: Differenzierungsmöglichkeiten von Kosten

Abbildung 6: Gestaltungsprinzipen für Kostenrechnungssysteme

Abbildung 7: Eigenschaften einzelner Elemente von Kostenrechnungssystemen

Abbildung 8: Grundformen der Teilkostenrechnung

Abbildung 9: Beispiel einer sachbezogenen Bezugsgrößenhierarchie

Abbildung 10: Gliederung der Kostenarten in Kostenkategorien

Abbildung 11: Beispiel Grundrechnung als Kostensammelbogen

Abbildung 12: Primär- und Sekundärkosten in der Grundrechnung

Abbildung 13: Beispiel mehrstufige Erfolgsrechnung mit relativen Einzelkosten

Abbildung 14: Systematik des Haushalts

Abbildung 15: Die KLR im Prozessmodell der Bundeswehr

Abbildung 16: Aufgaben der KLR im neuen Rechnungswesen

Abbildung 17: Überblick über die technischen Stammdaten der KLR

Abbildung 18: "Prozess" der KLR

Abbildung 19: Ableitung der Kosten-/Erlösarten aus dem VKR

Abbildung 20: Ableitung der Kostenstellen- und Profit-Center-Struktur

Abbildung 21: Ableitung von Kostenträgern aus Produkten und Projekten

Abbildung 22: Belegfluss in der KLR beim Aufbau der Grundrechnung

Abbildung 23: IT-Unterstützung von Grundrechnung und Auswertungsrechnungen

Abbildung 24: Prinzip der selektiven Zuschlagskalkulation

Abbildung 25: Der Geschäftsbereich des BMVg

Abbildung 26: Die Säulen der Reform der Bundeswehr

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kapitel 1: Einführung in die behandelte Thematik

1.1 Betrachtungsgegenstand der Untersuchung

Die Bundeswehr befindet sich seit Beginn dieses Jahrtausends in einem Transformationsprozess. Die Bundeswehr versteht darunter einen fortlaufenden Veränderungsprozess, der sich durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen auszeichnet. Dieser Reformbedarf resultiert aus der Dynamisierung des Umfeldes, sowie aus dem allgemeinen Modernisierungsdruck für öffentliche Verwaltungen aufgrund stagnierender Budgets. Das veränderte Aufgabenspektrum der Bundeswehr, welches im zunehmenden Maße durch multinationale Einsätze und eine veränderte, asymmetrische Weltsicherheitslage geprägt ist (wechselnde Sicherheitslagen), machte einen kontinuierlichen Erneuerungsprozess „von Grund auf“ unabdingbar. Der Modernisierungsdruck verlangt eine Neuausrichtung der Bundeswehr als Organisation, die Überprüfung und Optimierung traditioneller Prozesse, und die Nutzung moderner Methoden des Managements und der Steuerung für mehr Effizienz beim Handeln.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Etablierung neuer Steuerungsinstrumente ist die Sicherstellung des Wirtschaftlichkeitsprinzips bei Entscheidungen über gegenwärtige und zukünftige Sachverhalte. Auf Basis der Erkenntnis, dass nicht alle Ressourcen frei und unbegrenzt verfügbar sind, müssen im Sinne dieses Prinzips mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst hohe Ziele erreicht werden, oder bestimmte Ziele werden mit einem möglichst geringen Ressourceneinsatzes erreicht. Gegenstand der fiskalischen Steuerung öffentlicher Haushalte sind letztendlich die finanziellen Mittel, die politisch durch das Parlament der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der jährlichen Haushaltsverhandlungen vorgegeben werden. Da es sich bei den finanziellen Mitteln um eine knappe Ressource handelt, spielt die monetäre Bewertung der betrieblichen Abläufe und der Auswirkungen von Entscheidungen eine zunehmend bedeutsamere Rolle. Dies wird unter anderem dadurch deutlich, dass Investitionen bei weitestgehend stagnierenden Budgets zulasten der Betriebsausgaben finanziert werden müssen. Der bestehende Informationsbedarf der Bundeswehr zur Unterstützung von Entscheidungen über gegenwärtige und zukünftige Sachverhalte muss bezüglich seiner monetären Aspekte durch ein effektives und effizientes Rechnungswesen unterstützt werden. Dabei setzt sich zunehmend eine Fokussierung auf budget- und outputorientierte Gestaltungsspielräume durch. Folglich reicht die in öffentlichen Haushalten gängige inputorientierte Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Vorgänge nicht mehr aus, da sie sich nur auf den Abfluss der gegebenen finanziellen Mittel konzentriert. Um Entscheidungen über Ressourcen umfassend treffen zu können, muss das bisher führende kamerale System um weitere betriebswirtschaftlich etablierte Formen des Rechnungswesens erweitert werden. Ein modernes Rechnungswesen ist gleichzeitig eine wesentliche Voraussetzung für ein kaufmännisch orientiertes Controlling zur Unterstützung eines zielorientierten Handelns.

Während eine Kostenrechnung im privatwirtschaftlichen Bereich nicht mehr wegzudenken ist, ist sie im öffentlichen Bereich eine noch relativ „junge“ Erscheinungsform und wird mehr oder weniger erfolgreich mit unterschiedlichen Kostenrechnungssystemen umgesetzt. Auch die Bundeswehr hat sich wie eine Vielzahl anderer öffentlicher Organisationen entschieden, dieses Instrument einzusetzen. Nach der Einführung verschiedener Vollkostenrechnungsansätze wurde im Jahr 2004 eine Neuausrichtung der Kostenrechnung beschlossen. Künftig soll in der Bundeswehr unter Nutzung einer ERP-Standardsoftware1 die Betrachtung von Einzelkosten die Kostenrechnung dominieren.

Dazu soll die sog. relative Einzelkostenrechnung als Variante der Teilkostenrechnung eingeführt werden, ohne den Aspekt der Vollkostenrechnung völlig zu vernachlässigen.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit hat zum Hauptziel, Möglichkeiten und Grenzen der relativen Einzelkostenrechnung an einem praktischen Beispiel darzustellen. Dazu sollen die in der Theorie diskutierten Vor- und Nachteile dieses Ansatzes an den bereits gemachten Erfahrungen bei der Umsetzung in der Bundeswehr gespiegelt werden. Da die Einführung der relativen Einzelkostenrechnung in der Bundeswehr noch nicht flächendeckend stattgefunden hat, können allerdings nur die bis dato in Pilotprojekten erreichten Ergebnisse in die Untersuchung mit einfließen. Im Vordergrund steht aus diesem Grund mehr die Konzeption im Zuge der Einführung, und weniger die Nutzung im operativen Geschäft. Diese Arbeit liefert also Hinweise, wie man die relative Einzelkostenrechnung konzeptionell und technisch umsetzen kann, und welche Probleme dabei auftreten können.

Die folgende Differenzierung nach Teilzielen dient der strukturierten Analyse des Hauptziels. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine stringente Betrachtung der Inhalte. Entsprechend dieser Teilziele sind die weiteren Kapitel der Arbeit aufgebaut:

a) Theoretische Betrachtung der relativen Einzelkostenrechnung (Kapitel 2),
b) Betrachtung der Rahmenbedingungen für die Kostenrechnung in der Bundeswehr (Kapitel 3),
c) Betrachtungen zur bisherigen Ausgestaltung bzw. zum Umsetzungskonzept der relativen Einzelkostenrechnung in der Bundeswehr (Kapitel 4),
d) Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse einschließlich eines Ausblicks als abschließende Betrachtungen (Kapitel 5).

Eine theoretische Betrachtung der relativen Einzelkostenrechnung als ersten Schritt der Untersuchung ist aus Sicht des Autors notwendig, da es sich hier um einen Kostenrechnungsansatz handelt, der in der Theorie und Praxis wenig verbreitet ist. Um die Möglichkeiten und Grenzen bzw. Vor- und Nachteile des Ansatzes bewerten zu können, ist ein grundlegendes Verständnis für die Unterschiede zwischen der Kostenrechnung und anderen Systemen des Rechnungswesens notwendig. Darauf aufbauend werden die Unterschiede der relativen Einzelkostenrechnung zu anderen wesentlichen Systemen der Kostenrechnung dargestellt. Hierdurch lassen sich die ersten wichtigen Ergebnisse zum Betrachtungsgegenstand der Untersuchung herausarbeiten, die aber auch für ähnliche Untersuchungen mit dem Fokus Rechnungswesen oder Kostenrechnung genutzt werden können.

Die Betrachtung der Rahmenbedingungen für die Kostenrechnung in der Bundeswehr im zweiten Schritt hat den Zweck, die Anforderungen der Bundeswehr an die Kostenrechnung im Allgemeinen, und die relative Einzelkostenrechnung im Speziellen, beurteilen zu können. Dazu gehört einerseits die Analyse der betriebswirtschaftlichen Herausforderungen, denen sich die Bundeswehr im Rahmen der Modernisierung zu stellen hat. Andererseits sind die Besonderheiten für das Rechnungswesen und die Kostenrechnung im öffentlichen Bereich zu betrachten. Die Darstellung der internen Vorgaben der Bundeswehr an die Kostenrechnung bildet den Abschluss dieses Kapitels. Hauptaspekt dieses Kapitels ist die kritische Bewertung, ob die relative Einzelkostenrechnung überhaupt ein geeigneter Ansatz für die Bundeswehr ist.

Die Betrachtung der bisherigen Ausgestaltung bzw. des Umsetzungskonzeptes der relativen Einzelkostenrechnung in der Bundeswehr als dritter Schritt der Untersuchung dient der Verbindung der theoretischen Darstellungen mit den Erfahrungen einer konzeptionellen Umsetzung (hier am Beispiel der Bundeswehr). Dabei orientiert sich die Abfolge der Ausführungen an den einzelnen Schritten der relativen Einzelkostenrechnung. Da die Ausgestaltung der Kostenrechnung durch die bereits erwähnte in der Bundeswehr künftig genutzte ERP-Standardsoftware beeinflusst wird, fließen verschiedene technische Erläuterungen in diese Betrachtungen mit ein. Ergänzt werden die Ausführungen zu den praktischen Erfahrungen durch Aspekte des Veränderungsmanagements, da sich auch hier Chancen und Risiken im Sinne von Möglichkeiten und Grenzen heraus kristallisieren. Dabei stellen die Ergebnisse dieses Kapitels nur eine Momentaufnahme und einen Auszug der zu betrachtenden Aspekte mit Bezug auf den Untersuchungsgegenstand dar. Das gleiche Vorhaben in Organisationen mit anderen Managementanforderungen oder Entscheidungswegen, oder mit alternativen Lösungen der Informationstechnologie (IT), könnte zu einem anderen Ergebnis führen.

Den Abschluss der Arbeit bildet die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung. Dieser Teil der Arbeit wird durch Resümees zu den einzelnen Teilzielen in den entsprechenden vorhergehenden Kapiteln der Arbeit unterstützt. Des Weiteren wird ein Ausblick auf kommende Auswirkungen auf die Kostenrechnung in der Bundeswehr und die Relevanz der relativen Einzelkostenrechnung für andere Organisationen aus Sicht des Autors gegeben.

Das beschriebene Vorgehen bei der Untersuchung entspricht der deduktiven2 Vorgehensweise bei wissenschaftlichen Betrachtungen. D. h. sie erfolgt ausgehend von allgemeinen Darstellungen zur Kostenrechnung, über Erläuterungen zur Kostenrechnung für Bundesbehörden, hin zur Kostenrechnung in der Bundeswehr. Diesen Zusammenhang stellt nachfolgende Abbildung dar.

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kapitel 2: Die relative Einzelkostenrechnung in der theoretischen Betrachtung

2.1 Einordnung der Kostenrechnung in das Rechnungswesen

Das generelle Hilfsmittel zur monetären Abbildung des wirtschaftlichen Geschehens eines Betriebes bzw. einer Organisation hat in der Literatur verschiedene Bezeichnungen gefunden, und wird im Allgemeinen als Rechnungswesen bezeichnet. Betrachtet man das Wirtschaftsgeschehen einer Volkswirtschaft, so redet man vom volkswirtschaftlichen Rechnungswesen. Für das Rechnungswesen innerhalb einer einzelnen Organisation im Sinne einer Einzelwirtschaft werden die Bezeichnungen „betriebliches Rechnungswesen“4 und „Unternehmensrechnung“5 neben „betriebswirtschaftliches Rechnungswesen“6 am häufigsten verwendet. Da im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit aber die Bundeswehr als eine Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht steht, scheint der Begriff Unternehmensrechnung nicht geeignet zu sein (nachfolgend wird bei den Betrachtungen auch immer der Bezug zum Organisationsbegriff anstatt zum privatwirtschaftlich geprägten Unternehmensbegriff gesucht). Und die Bezeichnung betriebliches Rechnungswesen wird häufig synonym mit Kostenrechnung verwendet7, und ist somit bereits zu speziell. Aus diesem Grund soll im weiteren Verlauf der Untersuchung die Bezeichnung betriebswirtschaftliches Rechnungswesen als Begriff für das Rechnungswesen von Einzelwirtschaften gelten, das wiederum in weitere Systeme untergliedert werden kann.

Als wesentliche Aufgaben des Rechnungswesens gelten Planungsaufgaben, Kontrollaufgaben und Dokumentationsaufgaben.8 Die nachfolgende Abbildung zeigt die verschiedenen Teilsysteme des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens im Kontext dieser Aufgaben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Teilsysteme des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens 9

Die verschiedenen Teilsysteme bzw. Teilgebiete des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens gehören somit zu den Verfahren, mit denen neben anderen Informationen alle im Betrieb auftretenden Geld- und Leistungsströme mengen- und wertmäßig erfasst und überwacht werden sollen. Dabei müssen diese Veränderungen nicht ausschließlich durch einen Umsatz- bzw. Absatzprozess hervorgerufen werden. Jede Leistungserstellung führt zum Verbrauch von Ressourcen, und sollte im Zuge eines modernen Managements geplant, kontrolliert, gesteuert und dokumentiert werden. Die Teilsysteme haben sich aus „der Verschiedenheit der Aufgaben [...] entwickelt, die in enger Verbindung miteinander stehen und zum Teil das gleiche Zahlenmaterial [...] verwenden.“10 Sie lassen sich im Wesentlichen bezüglich der betrachteten Rechen- bzw. Stromgrößen und Bestandsgrößen beschreiben und unterscheiden.

Die Rechengrößen der Finanzrechnung sind Auszahlungen und Einzahlungen bzw. Ausgaben und Einnahmen. Die Begrifflichkeiten werden oftmals synonym verwendet. Während aber Auszahlungen und Einzahlungen lediglich die Veränderungen des Zahlungsmittelbestandes (Bargeld und Sichtguthaben bei Kreditinstituten) wiederspiegeln, kennzeichnen Ausgaben und Einnahmen Veränderungen des gesamten Geldvermögens. Sie umfassen somit auch Forderungen und Verbindlichkeiten. Entsprechende Gegenüberstellungen dieser Größen werden für bestimmte Zeiträume durchgeführt, um Liquidität planen und managen zu können (Liquiditätsplanung und Cash Management). Die Betrachtung von Forderungen und Verbindlichkeiten wird auch als Finanzierungsrechnung bezeichnet, und dann als Ergänzung zur Finanzrechnung gesehen.11

Als Investitionen werden Handlungen verstanden, durch die künftige Zahlungen ausgelöst werden. Bei einer Investition sind zum einen künftige Einzahlungsüberschüsse interessant, und zum anderen die Auswirkungen auf die Liquidität während der gesamten Dauer der Investition. Aus diesem Grund betrachtet die Investitionsrechnung wie die Finanzrechnung Auszahlungen und Einzahlungen bzw. Ausgaben und Einnahmen. Allerdings erfolgt dabei die Gegenüberstellung in der Regel mit Bezug auf eine oder mehrere Investitionsmöglichkeiten und über mehrere Perioden hinweg. Unter Anwendung verschiedener Verfahren der Investitionsrechnung werden mittels der genannten Rechengrößen Erfolgswerte ermittelt (bspw. Kapitalwert), mit deren Hilfe die Vorteilhaftigkeit und das Erfolgspotenzial einer Investition beurteilt werden können.12

Die Bilanz- und Erfolgsrechnung (kurz: Bilanzrechnung oder auch Finanzbuchhaltung) ist die bekannteste Form des Rechnungswesens. Mit ihrer Hilfe wird zum einen durch Aufstellung von Vermögen und Schulden die Vermögens- und Finanzlage zu einem bestimmten Zeitpunkt dargestellt (Bilanz). Und zum anderen wird der Erfolg einer bestimmten Periode durch Gegenüberstellung des Werts der in dieser Periode verbrauchten Güter und Dienstleistungen (Aufwand) mit dem Wert aller in dieser Periode erbrachten Leistungen (Ertrag) ermittelt. Letzteres wird als Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) bezeichnet. Die betrachtete Periode der Bilanzrechnung ist in der Regel das vergangene Geschäftsjahr im Sinne des Kalenderjahres. Die Aufstellung einer Bilanz und GuV findet aufgrund legaler Rechnungslegungsstandards statt (bspw. Handelsrecht oder IFRS) und dient externen Adressaten. Aus diesem Grund wird diese Form der Rechnungslegung auch als externes Rechnungswesen bezeichnet. Die Bilanz kann als Bindeglied zwischen Finanzrechnung und Erfolgsrechnung verstanden werden, da sie sowohl den Liquiditäts- als auch den Erfolgssaldo jeweils als absolute Beträge ausweist.13

Die Kostenrechnung als Gegenstand der vorliegenden Arbeit ermöglicht wie die Bilanzrechnung die Ermittlung eines Periodenerfolges des Unternehmens (vgl. GuV). Allerdings konzentriert sie sich dabei auf die innerbetriebliche Erstellung der „eigentlichen“ Leistungen der Organisation unter Einsatz des betriebsnotwendigen Vermögens. Aus diesem Grund entsprechen die in der Kostenrechnung zur Anwendung kommenden Rechengrößen Kosten und Leistungen den Definitionen von Aufwand und Ertrag insoweit, indem der zugrundliegende Verbrauch oder die erstellte Leistung aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit resultieren. Neben den Perioden im Sinne des Geschäftsjahres (vgl. Bilanzrechnung) werden in der Kostenrechnung auch die Monate eines Geschäftsjahres betrachtet. Stellt man Kosten und Erlöse nicht nur für eine Periode, sondern für einzelne Produkte des Unternehmens gegenüber, kann man neben dem kurzfristigeren Periodenerfolg auch den Stückerfolg der erstellten Leistungen im Sinne von Gütern und Dienstleistungen ermitteln. Da sich die Differenzierung der Informationen nach internen Interessen des Unternehmens und nicht nach gesetzlichen Vorgaben richtet, wird die Kosten- und Leistungsrechnung auch als internes Rechnungswesen bezeichnet.14

Neben dem Begriff Leistung wird häufig der Begriff Erlös zur Beschreibung des bewerteten Outputs des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses benutzt. Unter Benutzung dieser Begriffe wird die Kostenrechnung auch häufig als Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) oder Kosten- und Erlösrechnung (KER) bezeichnet.15 In den folgenden Betrachtungen soll die Bezeichnung Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) verwendet werden, weil dadurch verhindert wird, dass man die outputorientierte Leistungsrechnung „vergisst“. Um insgesamt effizienter und besser zu werden, muss man neben Kosten- auch Leistungstransparenz herstellen. Eine reine Inputsteuerung durch Konzentration auf die Kosten kann bspw. dazu führen, dass man zwar die Kosten senkt, gleichzeitig aber überproportional auch die Qualität der Leistung.16 Der Begriff KLR passt auch besser zur betrieblichen Tätigkeit des öffentlichen Bereiches der hier im Vordergrund steht, während die Bezeichnung KER aufgrund der Einnahmen- bzw. Erlösorientierung eher im Zusammenhang mit der privatwirtschaftlichen unternehmerischen Tätigkeit geeignet ist.

2.2 Aufgaben der Kosten - und Leistungsrechnung

Wie bereits dargestellt dient das Rechnungswesen der Planung (und somit Disposition), Kontrolle und Dokumentation der betrieblichen Prozesse. Planung und Kontrolle stellen zusammen mit der Funktion Steuerung die wesentlichen Elemente des Führungs- bzw. Managementprozesses in einer zielorientierten Organisation dar. Dabei unterstützt das Rechnungswesen durch die Bereitstellungen von Informationen über die entsprechenden monetären Auswirkungen der betrieblichen Vorgänge. Aus diesem Grund kann es auch als Teilsystem des Controllings betrachtet werden. Denn als Controlling können alle Maßnahmen zur Unterstützung des Managements verstanden werden, die sich auf die Koordination des Führungssystems bzw. Führungsaufgaben (koordinationsorientierte Sicht), die Sicherung der Rationalität der Unternehmensführung (rationalitätsorientierte Sicht) und letztendlich auf die Versorgung mit entscheidungsrelevanten Informationen jeglicher Art (entscheidungsorientierte Sicht) beziehen.17 Je nach Organisation können die Aufgaben unterschiedlich qualitativ gewichtet bzw. quantitativ ausgeprägt sein.

Die KLR bietet bezüglich der Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen aufgrund der freien Gestaltungsmöglichkeiten die umfangreichsten Möglichkeiten, um den Führungsprozess in seinen Phasen Planung (Willensbildung), Kontrolle und Steuerung (Willensdurchsetzung) zu unterstützen. Dabei bauen Steuerung und Kontrolle auf dem Abgleich von Planung und Realisation auf, und beeinflussen wiederum die Planung für nachfolgende Perioden. Grundlage der Informationsversorgung insgesamt ist die Dokumentation aller Phasen.18 Nachfolgende Übersicht stellt die wichtigsten Aufgaben der Kostenrechnung im Sinne möglicher Kostenrechnungszwecke im Kontext des

Führungsprozesses dar. Dabei können die internen Aufgaben als freiwillig, und die externen Aufgaben als „aufgezwungen“ betrachtet werden.19

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Aufgaben der Kostenrechnung 20

Über die Relevanz der einzelnen Aufgaben in der Praxis gibt es eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen, auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen werden soll. Aber sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich richtet sich die überwiegende Nutzung auf die Kalkulation von Endpreisen und Wirtschaftlichkeitskontrollen aus.

2.3 Beschreibung relevanter Kosten - und Leistungsbegriffe

"Kosten sind der bewertete Verzehr von Produktionsfaktoren und Dienstleistungen, der zur Erstellung und zum Absatz der betrieblichen Leistungen sowie zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft (Kapazitäten) erforderlich ist."21 Der Kostenbegriff selbst ist also inputorientiert, und bezieht sich auf den mengenmäßigen Güterverbrauch, dessen Leistungsbezogenheit (Sachzielbezug) und dessen Bewertung.22 Er ist aber „... nicht souverän; er ist ein Begriff, der die Verfolgung gewisser Zwecke erleichtern soll und hat sich diesen Zwecken unterzuordnen.“23

Kosten sind im Sinne einer pagatorischen24 Rechnung an den Finanzstrom der Nominalgüter gebunden. D. h. sie werden durch Auszahlungen und Ausgaben bestimmt. Diese Beschreibung entspricht dem pagatorischen Kostenbegriff. Da aber „vom verfolgten Rechnungszweck ab[hängt], ob und in welchem Umfange der für betriebliche Leistungen erfolgte Güterverzehr als Kosten in Ansatz zu bringen ist“25, scheint diese Definition für manche Rechnungszwecke zu eng zu sein. Die Kostenrechnung „ist unmittelbar auf den sachzielbezogenen Verbrauch und die Entstehung von

Wirtschaftsgütern gerichtet und kann eigene, gegebenenfalls von Zahlungen abweichende Wertansätze für die verbrauchten bzw. entstandenen Gütermengen verwenden.“26 Diese Interpretation führt zum umfassenderen wertmäßigen Kostenbegriff, nach dem über die Auszahlung hinaus bspw. auch Opportunitätskosten zu den Kosten zählen.27

Die Abgrenzung zwischen pagatorischen und wertmäßigen Kostenbegriff zeigt, dass Kosten zu einem wesentlichen Teil dem Aufwand der Finanzbuchhaltung (GuV) entsprechen. Um diesen Zusammenhang zu nutzen, geht in der Regel der sachzielbezogene Aufwand der Bilanzrechnung (Zweckaufwand) gleichzeitig als Grundkosten (aufwandsgleiche Kosten) in die Kostenrechnung ein. Nicht übernommen werden allerdings Aufwendungen und Erträge, die betriebsfremd, periodenfremd oder außergewöhnlich angefallen sind. Da sich diese außerordentlichen Erfolgskomponenten nicht für verlässliche Vergleiche oder Entscheidungen mit Bezug auf die originäre betriebliche Leistung anwenden lassen, werden sie über die Abgrenzungsrechnung als neutraler Aufwand abgegrenzt. Neben der deckungsgleichen Übernahme des Zweckaufwandes aus der Bilanzrechnung erlaubt der wertmäßige Kostenbegriff des Weiteren die Einbringung des Zweckaufwandes in anderer Höhe (Anderskosten 28 ) oder die Berücksichtigung zusätzlicher Kosten, denen kein Aufwand in der Bilanzrechnung gegenübersteht (Zusatzkosten29). Beide Komponenten werden auch als kalkulatorische Kosten bezeichnet. Die am häufigsten verwendeten Varianten sind die kalkulatorischen Abschreibungen, die kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, kalkulatorische Mieten und kalkulatorische Wagnisse. Ob diese Komponenten nun im Einzelfall Anders- oder Zusatzkosten darstellen, hängt davon ob, ob ihnen ein anderer oder kein Aufwand in der Bilanzrechnung gegenübersteht.30 Der Zusammenhang zwischen Auszahlung, Aufwand und Kosten (Input), und im gleichen Kontext zwischen Einzahlung, Ertrag und Leistung bzw. Erlös (Output), wird in nachfolgender Abbildung dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Eingrenzung des Kosten- und Leistungsbegriffes 31

Neben der soeben betrachteten Art der Erfassung sind folgende Differenzierungsmöglichkeiten von Kosten für die nachfolgende Arbeit relevant.32

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Differenzierungsmöglichkeiten von Kosten 33

"Bei der verrechnungsbezogenen Kosteneinteilung geht es um die zentrale Frage, ob und inwieweit Kosten unmittelbar bzw. direkt einem Bezugsobjekt zugerechnet werden können.“34 Als Bezugsobjekte kommen alle Betrachtungsobjekte im Zusammenhang mit der Leistungserstellung in Betracht (vgl. Kostenstellen und Kostenträger in Abschnitt 2.4.). Einzelkosten lassen sich ohne weitere Verrechnung, also direkt, einem Bezugsobjekt zuordnen (direkte Kosten). Gemeinkosten hingegen können einem Bezugsobjekt nicht direkt zugeordnet werden, sondern fallen für mehrere Bezugsobjekte an. Sie müssen bei Bedarf auf einzelne Bezugsobjekte abgerechnet oder verteilt werden (indirekte Kosten). Kosten, die einzelnen Bezugsobjekten eigentlich zugerechnet werden könnten, bei denen das aber nicht geschieht, werden als unechte Gemeinkosten bezeichnet. Gründe dafür können wirtschaftliche Aspekte sein, wenn eine einzelne Erfassung und Zurechnung zu aufwendig ist, und die Kosten daher vereinfacht als Gemeinkosten verrechnet werden.35

In Abhängigkeit des Beschäftigungsgrades im Sinne der Ausbringungsmenge der erstellten Leistung gibt es eine Vielzahl von Einteilungsmöglichkeiten von Kosten. Die wesentlichen und gegensätzlichsten sind fixe und variable Kosten. Fixe Kosten fallen unabhängig von der Beschäftigung an, und werden vorrangig durch vorgehaltene Kapazitäten beeinflusst. Im Gegensatz dazu sind variable Kosten in einem proportionalen, degressiven, progressiven oder regressiven Verhältnis abhängig von der Ausbringungsmenge, wobei die Intensität dieser Abhängigkeit stark variieren kann.36

Die Differenzierung der Kosten nach ihrer Herkunft, beantwortet die Frage nach ihrer Entstehung. Primäre Kosten entstehen durch den Bezug von Gütern und Dienstleistungen über externe Beschaffungsmärkte. Während sekundäre Kosten den innerbetrieblichen Verbrauch intern erstellter Leistungen kennzeichnen.37

2.4 Überblick über die wesentlichen Kostenrechnungssysteme

Wie unter Abschnitt 2.1 bereits dargestellt, hängt die Ausgestaltung der KLR in einer Organisation im Wesentlichen von den Eigenschaften der Organisation ab, und von den internen Informations- und Managementinteressen der Organisation selbst bzw. dessen Entscheidungsträgern. Im Laufe der Zeit haben sich aber verschiedene Gestaltungsprinzipen herausgebildet, die Anforderungen an Kostenrechnungssysteme formulieren und deren Beurteilung erlauben.38 Diese sind nachfolgend dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Gestaltungsprinzipen für Kostenrechnungssysteme 39

Mittels der beiden letzten Prinzipien wird eine möglichst wirklichkeitsgetreue Abbildung der Kostenentstehung verfolgt. Sie sind für die nachfolgenden Betrachtungen in späteren Abschnitten besonders relevant.

Die möglichen Ausgestaltungsmerkmale einer KLR lassen sich nach verschiedenen Aspekten systematisieren. Die wesentlichen Kriterien zur Gliederung sind die jeweilige Betrachtungsebene der Kostenrechnung (Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung), der Umfang der Zurechnung von Kosten und Leistungen (Teil-und Vollkostenrechnung) und der Zeitbezug der verwendeten Daten (Ist-, Normal- und Plankostenrechnung).40 Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger in ihrer spezifischen Ausprägung können auch als Kontierungsobjekte oder Kontierungselemente bezeichnet werden.

Die grundlegende Betrachtungsebene der Kostenrechnung ist die Kostenartenrechnung. Über die Differenzierung des Sachbezugs wird die Frage beantwortet, „für was“ bzw. „welche“ Kosten angefallen sind (bspw. Material- oder Personalkosten). Bezüglich dieser Betrachtungsmöglichkeit unterscheidet sich die Kostenrechnung von der Bilanzrechnung nur in den unter Abschnitt 2.1 erläuterten Aspekten (Abgrenzung des neutralen Aufwands und Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten). Sie dient dem Prinzip der Vollständigkeit und bildet die Vorstufe für die Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung.41

Die Kostenstellenrechnung basiert auf der Kostenartenrechnung. Sie soll die Frage beantworten, „wo“ die Kosten angefallen sind. Dabei können die Betriebsbereiche eines Unternehmens, die Kosten verursachen können, frei im Zuge des Managementinteresses definiert werden. Jeder organisatorische Bereich, der eine Aufgabe im Zuge der Leistungserstellung hat, kommt als Kostenstelle in Betracht. Die Kostenstellenrechnung kann, wie in den nachfolgenden Kapiteln dargestellt wird, als Rechnung „alleine stehen“, oder eine Vorstufe für die Kostenträgerrechnung bilden.42

Die Kostenträgerrechnung basiert auch auf der Kostenartenrechnung, und im Einzelfall auf den Ergebnissen der Kostenstellenrechnung. Sie bildet in der Regel den abschließenden und konzeptionell aufwendigsten Teilbereich der Kostenrechnung. Sie soll die Frage beantworten, „wofür“ Kosten angefallen sind. Absatzorientierte Unternehmen, die vorrangig die zu verkaufenden Güter und Dienstleistungen betrachten, können bei der Kostenträgerrechnung im Gegensatz zur Kostenstellenrechnung Kosten und externe

Erlöse gegenüberstellen, und den stück- und periodenbezogene Erfolg ermitteln (Kostenträgerstück- und Kostenträgerzeitrechnung).43

Bezüglich des Umfangs der Verrechnung von Kosten (und Leistungen) dominiert in der Praxis die Vollkostenrechnung. Bei diesem Ansatz werden alle erfassten Kosten auch letztendlich auf Kostenträger verrechnet. Diese Dominanz ist dem Umstand geschuldet, dass sich klassische Unternehmen über den Verkauf ihrer Leistungen finanzieren. Insofern die Kostenrechnung die Preiskalkulation unterstützt, hat sie also zum Ziel, „kostendeckende“ Preise zu kalkulieren. Zu diesem Zweck müssen alle anfallenden Kosten direkt oder indirekt den Kostenträgern zugerechnet werden.44 Da hierbei aber dem Verursachungsprinzip in seiner engsten Auslegung widersprochen wird, besteht „Die Kunst der (Voll)Kostenrechnung [...] nun darin, durch geeignete Verrechnungsmethoden den Verstoß gegen das Verursachungsprinzip möglichst gering zu halten.“45

Im Gegensatz zur Vollkostenrechnung wird bei einer Teilkostenrechnung „... wie ihr Name schon ausdrückt, nur mit einem Teil der Kosten ...“46 gerechnet. Dies bezieht sich nicht auf die Erfassung der Kosten, sondern in der Regel nur auf die Zurechnung erfasster Kosten auf die Kostenträger. Dieses Prinzip kann aber auch für Kostenstellen bzw. andere Bezugsobjekte gelten. Die Ausgestaltung dieser Systeme ist im besonderen Maße vom Rechnungszweck abhängig. Nur der Rechnungszweck kann eingrenzen, welcher „Teil“ der Kosten für die Beantwortung spezifischer Fragen relevant ist.47

Bei der Differenzierung des Zeitbezugs der verwendeten Daten einer Kostenrechnung handelt es sich „weniger um Unterschiede in der äußeren Form der Rechnung als vielmehr um Unterschiede in der Umgrenzung und Bewertung der Kosten, resultierend aus verschiedenen Zweckausrichtungen.“48 Durch Übernahme des Zweckaufwands aus der Bilanzrechnung (vgl. Abschnitt 2.2) bildet die Istkostenrechnung die Grundlage für alle in der Praxis existierenden Kostenrechnungssysteme. Sämtliche Kosten die so zum Ansatz gebracht werden, entsprechen auch den vergangenen Ausgaben. Sowohl Preise als auch Mengen der verrechneten Verbräuche sind in der Vergangenheit tatsächlich angefallen. Bei einer reinen Istkostenrechnung dürfte es demzufolge aber keine kalkulatorischen Kosten geben. Aus diesem Grund gibt es keine reine Istkostenrechnung. Mindestens bei der Einbringung kalkulatorischer Kosten, bei der Umlage von Kosten oder bei der Bewertung zu Durchschnittskosten (dies impliziert, dass bspw. Rohstoffe zu unterschiedlichen Preisen auf Lager beschafft wurden), werden Kosten unter Annahmen ermittelt und verrechnet, die nicht immer der Wirklichkeit entsprechen. Die Istkostenrechnung bildet eine wichtige Grundlage für Wirtschaftlichkeitskontrollen.49

Wenn bereits Durchschnittskosten verwendet werden, weil bspw. bei Lagerbeständen die tatsächlichen Beschaffungspreise den jeweiligen Entnahmen nicht mehr eindeutig zuordenbar sind oder die Erfassung zu aufwendig ist, wurde der erste Schritt in Richtung einer Normalkostenrechnung getan. Die Kosten wurden normalisiert, da der Durchschnitt der Istkosten vergangener Perioden verwendet wird. Das Prinzip der Normalisierung kann sowohl auf die Preise als auch auf die Mengen des Ressourcenverzehrs angewendet werden. Die Nutzung von Normalkosten verringert die Probleme der Istkostenrechnung. Ihr

Erfassungs- und Rechenaufwand ist wesentlich geringer, und zufallsbedingte bzw. ungewollte Preis- und Mengenschwankungen schlagen sich weniger nieder. Bei Soll-/ Ist-Vergleichen dienen sie als Richtgrößen, und ermöglichen dadurch Wirtschaftlichkeitskontrollen.50

Werden Kosten unter Nutzung von Planungstechniken ermittelt (bspw. Prognose, Hochrechnung, Schätzung), so liegt eine Plankostenrechnung vor. Bei einer reinen Plankostenrechnung werden sowohl Preise als auch Mengen auf diese Weise definiert. Für eine zukunftsbezogene Kostenrechnung zur Unterstützung eines Controllings ist die Plankostenrechnung unabdingbar. Nur mit ihrer Hilfe können künftige Sachverhalte kostenrechnerisch bewertet, Entscheidungsfindungen entsprechend unterstützt, und Abweichungen bei der Realisation ermittelt werden. Der Nachteil dieses Systems lässt sich aus den Eigenschaften der Zukunft selbst ableiten – sie ist ungewiss. Eine Plankostenrechnung ist in diesem Sinne immer nur so gut wie die Instrumente zur Entwicklung der Planwerte. Als Grundlage eines rationalen Handelns, welches nicht durch intuitive und improvisierte Entscheidungen geprägt ist, kann für eine erfolgreiche Führung von Organisationen auf eine Plankostenrechnung nicht verzichtet werden.51

Die gemachten Ausführungen zu den wesentlichen Gliederungsaspekten von Kostenrechnungssystemen zeigen, dass die Übergänge fließend sind. In der Literatur sind verschiedene Ansätze zu finden, die einzelnen Systeme miteinander in Beziehung zu setzen oder einzelne Systeme als Untergliederung eines anderen Systems zu sehen.52 Aus Sicht des Autors lässt sich dies aber nicht widerspruchsfrei umsetzen und ist für die weitere Arbeit auch nicht relevant. Festhalten kann man, dass eine Kostenrechnung in der Regel immer den Grundaufbau aus Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung nutzt. Unterschiedlich gewichtet werden aber die einzelnen Gestaltungsprinzipien.53 Eine in der Praxis zur Anwendung kommende Kostenrechnung wird im Sinne eines modernen und unter wirtschaftlichen Aspekten ausgerichteten Instrumentes immer eine Mischform der genannten Systeme abbilden. Genau das kennzeichnet ein System als solches, dass es ein „aus mehreren Teilen zusammengesetztes u. gegliedertes Ganzes“54 ist. Nachfolgende Abbildung soll das Ineinandergreifen der aufgeführten Systeme zur Beschreibung der Elemente einer Kosten- und Leistungsrechnung noch einmal verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Eigenschaften einzelner Elemente von Kostenrechnungssystemen 55

2.5 Beschreibung der relativen Einzelkostenrechnung

2.5.1 Einordnung des Ansatzes in die Systeme der Teilkostenrechnung

Die relative Einzelkostenrechnung ist eine Variante der Teilkostenrechnung. Neben ihr haben sich in der Vergangenheit eine Vielzahl weiterer unterschiedlicher Systeme der Teilkostenrechnung herausgebildet, die sich aber im Wesentlichen auf zwei Grundformen reduzieren lassen. Dies zeigt nachfolgende Abbildung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Grundformen der Teilkostenrechnung 56

Alle Systeme der Teilkostenrechnung haben wie im vorhergehenden Abschnitt bereits beschrieben mit der Vollkostenrechnung gemeinsam, dass sie auf Basis von Ist-, Normal-oder Plankosten durchgeführt werden können. Auch die Betrachtungsebenen Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger sind die gleichen. Sie unterscheiden sich von der Vollkostenrechnung aber wie bereits dargestellt darin, dass sie nicht alle erfassten Kosten in letzter Instanz auch auf Kostenträger verrechnen, sondern nur den als relevant betrachteten Teil davon. Dies soll insbesondere der Hauptkritik an der Vollkostenrechnung entgegenwirken, dass die Verrechnung aller Kosten auf die Kostenträger gegen das Verursachungsprinzip in seiner engeren Auslegung verstößt. Denn bei der Vollkostenrechnung werden über Umlagen auch Teile der Fix- bzw. Gemeinkosten auf Kostenträger „gewälzt“, die nicht immer durch sie verursacht wurden (Gießkannenprinzip). Die Auswirkungen dieses Problems werden bspw. deutlich, wenn man bei einem Mehrproduktunternehmen bei freien Kapazitäten bei der Entscheidung über das Annehmen eines Zusatzauftrages die Selbstkosten unter Berücksichtigung von Vollkosten heranzieht. Die ermittelten Selbstkosten könnten anteilige Kosten enthalten, die nicht durch den Auftrag beeinflusst werden. Die entsprechend „verzerrte“ Erfolgsermittlung könnte dann gegeben falls zu einer wirtschaftlich falschen Entscheidung führen.57 Mittels der Teilkostenrechnung strebt man demnach eine verursachungsgerechtere Betrachtung der Kosten an. Welcher Teil für die Kostenträger als relevant betrachtet, und wie er definiert wird, das unterscheidet wiederrum die beiden Grundformen der Teilkostenrechnung.

Bei der Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung werden die Kosten in der Kostenartenrechnung ähnlich wie in der Vollkostenrechnung in Einzel- und Gemeinkosten unterschieden. Die Kosten werden aber zusätzlich noch bezüglich ihrer disponiblen Eigenschaft als fixe oder variable Kosten unterschieden. Die Kostenträgereinzelkosten sind eindeutig variabel, und werden direkt den Kostenträgern zugeordnet (z. B. Materialkosten im Rahmen einer Kundeneinzelfertigung). Kosten die für mehrere Kostenträger anfallen, werden wie in der Vollkostenrechnung auf Kostenstellen erfasst. Von dort aus kann der Teil der Gemeinkosten, der ebenfalls variabel ist (variable Gemeinkosten), in Form einer Sekundärkostenverrechnung weiterverrechnet werden (bspw. anteillig Lohnkosten in Abhängigkeit des Auftragsvolumens). Der fixe Anteil der Gemeinkosten geht nicht in die

[...]


1 ERP steht für „enterprise resource planning“. Hierbei handelt es sich um einen in der Wirtschaftsinformatik etablierten Begriff, mit dem „ein aus mehreren Komponenten bestehendes integriertes Anwendungspaket [beschrieben wird], das die operativen Prozesse in allen wesentlichen betrieblichen Funktionsbereichen unterstützt [...].“ Hansen et al. (2005), S. 529.

2 Vgl. Wöhe et al. (2000), S. 35.

3 Eigene Darstellung.

4 Vgl. Wöhe et al. (2000), S. 853.

5 Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 10.

6 Vgl. Coenenberg (2007), S. 4; Haberstock et al. (1998), S. 3.

7 Vgl. Coenenberg (2007), S. 22.

8 Vgl. Haberstock et al. (1998), S. 3; Wöhe et al. (2000), S. 853; Coenenberg (2007), S. 6.

9 Eigene Darstellung in Anlehnung an Schweitzer et al. (1995), S. 11; Haberstock (1998), S. 7.

10 Wöhe et al. (2000), S. 853-854.

11 Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 10-12; Kalenberg (2008), S. 3-7; Haberstock et al. (1998), S. 17; Coenenberg (2007), S. 15-17.

12 Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 10-12; Kalenberg (2008), S. 3-7; Haberstock et al. (1998), S. 17.

13 Vgl. Coenenberg (2007), S. 18-21; Schweitzer et al. (1995), S. 10-12; Kalenberg (2008), S. 5-7; Haberstock et al. (1998), S. 17.

14 Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 10-12; in Verbindung mit Kalenberg (2008), S. 2 f. und S. 5.

15 Bspw. nutzt Wöhe et al. (2000), S. 854, nur den allgemeinen Begriff Kostenrechnung. Kalenberg (2008), S. 2, und Coenenberg (2007), S. 3, verwenden den Begriff Kosten- und Leistungsrechnung, während Schweitzer et al. (1995), S. 1, und Haberstock et al. (1998), S. 6, die Bezeichnung Kosten- und Erlösrechnung nutzen.

16 Vgl. Mundhenke (2003), S. 70-72.

17 Vgl. Coenenberg (2007), S. 22; Wöhe et al. (2000), S. 234-238; Horváth (1994), S. 108 f.

18 Vgl. Schellhaas (1994), S. 9-11.

19 Vgl. Weber (2005), S. 38- 45.

20 Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg (2007), S. 24; inhaltlich ergänzt durch Schellhaas (1994), S. 11; Schweitzer et al. (1995), S. 38; Preissler (2004), S. 18-20; Haberstock et al. (1998), S. 3-5.

21 Haberstock et al. (1998), S. 26.

22 Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 16; Kalenberg (2008), S. 15 f.

23 Schmalenbach (1963), S. 5.

24 Pagatorisch; lateinisch: pecare, italenisch: pagare = zahlen. Vgl. Schweitzer et al. (1995), S. 16.

25 Schmalenbach (1963), S. 6.

26 Schweitzer et al. (1995), S. 16.

27 Vgl. dazu Haberstock et al. (1998), S. 29; Schweitzer et al. (1995), S. 16.

28 Bspw. können Abschreibungen in der KLR als kalkulatorische Abschreibungen anders ermittelt werden als die gesetzlichen Vorgaben folgenden (bilanziellen) Abschreibungen in der Bilanz.

29 Als kalkulatorische Kosten bzw. Zusatzkosten können die kalkulatorischen Zinsen und der kalkulatorische Unternehmerlohn zählen, wenn ihnen kein Aufwand in der Bilanzrechnung gegenübersteht.

30 Vgl. Schmalenbach (1963), S. 6-12; Schweitzer et al. (1995), S. 26-29 und 34-37; Coenenberg (2007), S. 25-27; Haberstock et al. (1998), S. 20-25, 59.

31 Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmalenbach (1963), S. 10-12; Coenenberg (2007), S. 25; ergänzt durch Schweitzer et al. (1995), S. 30 und 36.

32 Auch hier können die Kriterien entsprechend auf die Differenzierung von Leistungen bzw. Erlösen angewandt werden.

33 Eigene Darstellung.

34 Kalenberg (2008), S. 16.

35 Vgl. Haberstock et al. (1998), S. 56 f.; Coenenberg (2007), S. 43-45; Kalenberg (2008), S. 16-20.

36 Vgl. Haberstock et al. (1998), S. 32 f.; Coenenberg (2007), S. 45-48; Kalenberg (2008), S. 20-24.

37 Vgl. Haberstock et al. (1998), S. 59; Coenenberg (2007), S. 57; Kalenberg (2008), S. 26 f.

38 Vgl. Kalenberg (2008), S. 30 f.; ergänzt durch Haberstock et al. (1998), S. 61 f.; Schmalenbach (1963), S. 267; Riebel (1994), S. 286; Coenenberg (2007), S. 40.

39 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kalenberg (2008), S. 31.

40 Vgl. Kalenberg (2008), S. 27.

41 Vgl. Coenenberg (2007), S. 38; Kalenberg (2008), S. 11; Schmalenbach (1963), S. 307-345.

42 Vgl. Coenenberg (2007), S. 38 f.; Kalenberg (2008), S. 12; Schmalenbach (1963), S. 350-364.

43 Vgl. Coenenberg (2007), S. 39; Kalenberg (2008), S. 12; Schmalenbach (1963), S. 368-426.

44 Vgl. Coenenberg (2007), S. 42; Kalenberg (2008), S. 28; Haberstock et al. (1998), S. 177 f.

45 Kalenberg (2000), S. 33.

46 Coenenberg (2007), S. 42.

47 Vgl. Coenenberg (2007), S. 42; Kalenberg (2008), S. 28; Haberstock et al. (1998), S. 177-180.

48 Schmalenbach (1963), S. 291.

49 Vgl. Coenenberg (2007), S. 41; Kalenberg (2008), S. 28 f.; Schmalenbach (1963), S. 292 f.

50 Vgl. Coenenberg (2007), S. 41; Kalenberg (2008), S. 29; Schmalenbach (1963), S. 293-296.

51 Vgl. Kalenberg (2008), S. 29, 151; Schmalenbach (1963), S. 296-299.

52 Bspw. sieht Kalenberg (2008), S. 143, die Ist-, Soll- und Plankostenrechnung als Kostenrechnungssysteme auf Vollkostenbasis. Schellhaas (1994), S. 14, betrachtet die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung als Bereiche der Vollkostenrechnung.

53 Vgl. Coenenberg (2007), S. 42.

54 Auberle (2003), Stichwort „System“.

55 Eigene Darstellung.

56 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kalenberg (2008), S. 209.

57 Zur Kritik an der Vollkostenrechnung vgl. Kalenberg (2008), S. 203-206; Riebel (1994), S. 67-75.

Fin de l'extrait de 67 pages

Résumé des informations

Titre
Möglichkeiten und Grenzen der relativen Einzelkostenrechnung am Beispiel der Bundeswehr
Université
University of Münster  (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling)
Note
1,3
Auteur
Année
2009
Pages
67
N° de catalogue
V135762
ISBN (ebook)
9783640428540
ISBN (Livre)
9783640424320
Taille d'un fichier
11855 KB
Langue
allemand
Mots clés
Möglichkeiten, Grenzen, Einzelkostenrechnung, Beispiel, Bundeswehr
Citation du texte
Dipl.-Kfm. Univ., MBA Torsten Jörres (Auteur), 2009, Möglichkeiten und Grenzen der relativen Einzelkostenrechnung am Beispiel der Bundeswehr, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135762

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