Im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es:
„Der schnelle technologische Fortschritt in der Wissensgesellschaft erfordert es, berufliche Fähigkeiten und berufliches Wissen auch nach der Erstausbildung zu erhalten,
anzupassen und zu erweitern. Weiterbildung ist mehr als ein Bildungsprinzip.
Lebensbegleitende Weiterbildung sichert Qualifikation und schützt damit vor dem Verlust
des Arbeitsplatzes“ (CDU Deutschlands/CSU Landesleitung/SPD Deutschlands, 2005, 43).
Diese Aussage der Bundesregierung erscheint schlüssig, lebenslanges Lernen und
Weiterbildung sind von großer Bedeutung für die Erwerbstätigkeit. Aber lässt sich
auch weiter folgern, dass alle Erwerbstätigen oder erwerbsnahen Personen an
beruflicher Weiterbildung teilnehmen? Und falls nein, warum nicht?
Diesen Fragen soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Für den
Einstieg in die Thematik wird zunächst das lebenslange Lernen skizziert, um
aufzuzeigen, dass lebenslanges Lernen nicht nur ein Schlagwort ist, sondern
Konzepte dahinter stehen. Im Folgenden wird zunächst der Begriff der
Weiterbildung beleuchtet, um dann zu dem Zweig der beruflichen Weiterbildung
zu kommen, um den Gegenstandsbereich zu verdeutlichen. In dem
Zusammenhang erfolgt auch ein Verweis auf sogenannte Megatrends, die zur
Relevanz des lebenslangen Lernens, insbesondere der beruflichen Weiterbildung
als Teil dessen, beitragen.
Beruflicher Weiterbildung kommt ein hoher Stellenwert zu. Dementsprechend
stellt die vorliegende Arbeit die Frage nach der Teilnahme an beruflicher
Weiterbildung.
Wenn man einerseits die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung zugrunde legt
und andererseits die Teilnehmerquoten betrachtet, wird eine signifikante
Diskrepanz deutlich.
Wie kann das sein? Wie kommt es zu Weiterbildungsabstinenz bzw. zu
Lernwiderständen hinsichtlich der beruflichen Weiterbildung? Bevor dieser
Fragestellung nachgegangen werden kann, ist es sinnvoll, zunächst auf die
subjektwissenschaftliche Konzeption von Klaus Holzkamp einzugehen, da
hierdurch Lernwiderstände erklärbar werden. Darüber hinaus wird vielfach auf die
subjektwissenschaftliche Lerntheorie bei der Auseinandersetzung mit Lernen und Lernwiderständen in der beruflichen Weiterbildung zurückgegriffen, wie in den
darauffolgenden Ausführungen zu Weiterbildungsabstinenz als Lernwiderstand in
der beruflichen Weiterbildung deutlich werden wird. Die Arbeit schließt mit
einem Resümee.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konzept des lebenslangen Lernens
2.1 Definitionen des lebenslangen Lernens
2.2 Konzepte und Programme zum lebenslangen Lernen
3 Die berufliche Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens
3.1 Gegenstandsbereich der Weiterbildung/der beruflichen Weiterbildung
3.2 Betriebliche, individuelle und SGB III- geförderte Weiterbildung
3.2.1 Betriebliche Weiterbildung
3.2.2 Individuelle Weiterbildung
3.2.3 SGB III- geförderte Weiterbildung
3.3 Bedeutung und Ziele beruflicher Weiterbildung
4 Teilnahme an beruflicher Weiterbildung
4.1 Weiterbildungsteilname insgesamt und Teilnahme an beruflicher Weiterbildung 1979-2007
4.2 Weiterbildungsbeteiligung nach Schulabschluss und nach beruflichem Abschluss 2007
5 Lernwiderstände verstehen- Die subjektwissenschaftliche Perspektive
5.1 Subjektstandpunkt und Begründungsdiskurs
5.2 Das Bedingtheitsmodell der traditionellen Psychologie
5.3 Lernen nach dem subjektwissenschaftlichen Ansatz
5.4 Lernwiderstände aus subjektwissenschaftlichem Blickwinkel
5.5 Konsequenzen des subjektwissenschaftlichen Ansatzes für Lernprozesse
6 Lernwiderstände in der beruflichen Weiterbildung
6.1 Teilnahme und Nicht-Teilnahme an beruflicher Weiterbildung
6.2 Gering Qualifizierte in der beruflichen Weiterbildung
7 Resümee
8 Literaturverzeichnis
9 Anlagen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gliederung der Weiterbildung
Abbildung 2 : Definition von Weiterbildung
Abbildung 3: Durchschnittliche individuelle Kosten beruflicher Weiterbildung pro Teilnehmendem im Jahr 2002
Abbildung 4: Weiterbildungsteilname insgesamt und Teilnahme an beruflicher Weiterbildung 1979-2007
Abbildung 5: Weiterbildungsbeteiligung nach Schulabschluss 2007
Abbildung 6: Weiterbildungsbeteiligung nach beruflichem Abschluss 2007
Abbildung 7: Weiterbildungsbarrieren (n=2421)
Abbildung 8: Einstellungen zur beruflichen Weiterbildung von Teilnehmern und
Nicht-Teilnehmern im Jahr 2002
Abbildung 9: Weiterbildungsbeteiligung nach Migrationshintergrund 2007
Abbildung 10: Weiterbildungsbeteiligung nach Geschlecht 2007
Abbildung 11: Weiterbildungsbeteiligung nach Altersgruppen 2007
Abbildung 12: Teilnahme an informeller beruflicher Weiterbildung 2007
1 Einleitung
Im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es:
„Der schnelle technologische Fortschritt in der Wissensgesellschaft erfordert es, berufliche Fähigkeiten und berufliches Wissen auch nach der Erstausbildung zu erhalten, anzupassen und zu erweitern. Weiterbildung ist mehr als ein Bildungsprinzip. Lebensbegleitende Weiterbildung sichert Qualifikation und schützt damit vor dem Verlust des Arbeitsplatzes“ (CDU Deutschlands/CSU Landesleitung/SPD Deutschlands, 2005, 43).
Diese Aussage der Bundesregierung erscheint schlüssig, lebenslanges Lernen und Weiterbildung sind von großer Bedeutung für die Erwerbstätigkeit. Aber lässt sich auch weiter folgern, dass alle Erwerbstätigen oder erwerbsnahen Personen an beruflicher Weiterbildung teilnehmen? Und falls nein, warum nicht?
Diesen Fragen soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Für den Einstieg in die Thematik wird zunächst das lebenslange Lernen skizziert, um aufzuzeigen, dass lebenslanges Lernen nicht nur ein Schlagwort ist, sondern Konzepte dahinter stehen. Im Folgenden wird zunächst der Begriff der Weiterbildung beleuchtet, um dann zu dem Zweig der beruflichen Weiterbildung zu kommen, um den Gegenstandsbereich zu verdeutlichen. In dem Zusammenhang erfolgt auch ein Verweis auf sogenannte Megatrends, die zur Relevanz des lebenslangen Lernens, insbesondere der beruflichen Weiterbildung als Teil dessen, beitragen.
Beruflicher Weiterbildung kommt ein hoher Stellenwert zu. Dementsprechend stellt die vorliegende Arbeit die Frage nach der Teilnahme an beruflicher Weiterbildung.
Wenn man einerseits die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung zugrunde legt und andererseits die Teilnehmerquoten betrachtet, wird eine signifikante Diskrepanz deutlich.
Wie kann das sein? Wie kommt es zu Weiterbildungsabstinenz bzw. zu Lernwiderständen hinsichtlich der beruflichen Weiterbildung? Bevor dieser Fragestellung nachgegangen werden kann, ist es sinnvoll, zunächst auf die subjektwissenschaftliche Konzeption von Klaus Holzkamp einzugehen, da hierdurch Lernwiderstände erklärbar werden. Darüber hinaus wird vielfach auf die subjektwissenschaftliche Lerntheorie bei der Auseinandersetzung mit Lernen und Lernwiderständen in der beruflichen Weiterbildung zurückgegriffen, wie in den darauffolgenden Ausführungen zu Weiterbildungsabstinenz als Lernwiderstand in der beruflichen Weiterbildung deutlich werden wird. Die Arbeit schließt mit einem Resümee.
2 Das Konzept des lebenslangen Lernens
Bevor es im nächsten Abschnitt um den Gegenstandsbereich der beruflichen Weiterbildung geht, wird in diesem Kapitel das Konzept des lebenslangen Lernens skizziert, in dem die berufliche Weiterbildung ein bedeutendes Element darstellt. Lebenslanges Lernen wird vielfach sogar als Synonym für Weiterbildung verwendet. Nach Schiersmann (2007) liegt dies nicht zuletzt daran, dass insbesondere der Bereich der Weiterbildung das Konzept aufgegriffen hat. Zu dem wird das Lernen im Kindes- und Jugendalter mit dem Besuch der Schule als selbstverständlich angesehen. Es ist an dieser Stelle jedoch zu betonen, dass sich das lebenslange Lernen auf die gesamte Lebensspanne bezieht. Beim lebenslangen Lernen handelt es sich um ein Konzept, welches intensiver in der bildungspolitischen als in der wissenschaftlichen Diskussion verortet ist (Schiersmann, 2007).
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, 2008, 1) drückt die Bedeutung des lebenslangen Lernens wie folgt aus:
„Das Lernen im Lebenslauf gehört zu den großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. Die Verwirklichung des Lernens im Lebenslauf ist entscheidend für die Perspektive des Einzelnen, den Erfolg der Wirtschaft und die Zukunft der Gesellschaft.“
2.1 Definitionen des lebenslangen Lernens
Für das lebenslange Lernen gibt es keine einheitliche Definition. Somit sind nachfolgende Definitionen Beispiele dafür, was verschiedene Gremien/Autoren darunter verstehen.
Lebenslanges Lernen ist „alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen, bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt“ (Europäische Kommission, 2001, 9).
Die Bund- Länder- Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung1 (BLK, 2004, 13) definierte lebenslanges Lernen wie folgt:
„Lebenslanges Lernen umfasst alles formale, nicht-formale und informelle Lernen an verschiedenen Lernorten von der frühen Kindheit bis einschließlich der Phase des Ruhestands. Dabei wird „Lernen“ verstanden als konstruktives Verarbeiten von Informationen und Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen.“
Für Kraus (2001, 10) handelt es sich beim lebenslangen Lernen um einen Oberbegriff „für all diejenigen Konzepte [...], die explizit und in ihrem Kern die Unmöglichkeit bzw. Unangemessenheit eines Endpunktes der Lernbemühungen jedes einzelnen Menschen benennen.“
2.2 Konzepte und Programme zum lebenslangen Lernen
Verschiedene internationale Gremien haben sich mit dem lebenslangen Lernen beschäftigt und Konzepte dazu entwickelt. Hierzu zählen der Europarat2 und die Europäische Union, die OECD3 und die UNESCO4. Bereits in den 1970er Jahren wurde das Konzept des lebenslangen Lernens eingehend erörtert. In Deutschland wurde es seit den 1990er Jahren intensiver diskutiert (Schiersmann, 2007). Das Jahr 1996 wurde von der EU zum „Europäische[n] Jahr des lebensbegleitenden Lernens“5 ernannt. Ziel war u.a. die „Sensibilisierung der europäischen Öffentlichkeit für die Bedeutung einer lebenslangen allgemeinen und beruflichen Bildung“ (Europäische Kommission, 1995).
An dieser Stelle soll nicht detailliert auf die einzelnen unterschiedlichen internationalen Konzepte eingegangen werden, da dies für die Fragestellung der Arbeit nicht relevant ist. Dennoch soll mit dem Verweis auf die Konzepte und der Darstellung ihrer gemeinsamen Eckpunkte untermauert werden, dass es sich beim lebenslangen Lernen nicht nur um eine Phrase handelt, sondern sich unterschiedliche Gremien intensiv mit der Thematik auseinandersetzen.
Gemeinsame Aspekte der verschiedenen Konzepte zum lebenslangen Lernen:
- Die Begründungen für lebenslanges Lernen stehen im Zusammenhang mit dem ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel (Schiersmann, 2007).
- Das Wesentliche soll im Kindes- und Jugendalter erlernt werden. Hierbei ist das Erlernen der Lernfähigkeit von großer Bedeutung (Kraus, 2001).
- Das Lernen im Kindes- und Jugendalter ist nicht ausreichend, ein Lernen über die Lebensspanne wird erforderlich. Dadurch werden wiederum Neuerungen/Änderungen im Bildungswesen notwendig (Schiersmann, 2007).
- Selbstorganisation/Selbststeuerung der Lernprozesse wird als sehr bedeutsam angesehen. Sie wir zum „zentrale[n] methodische[n] Prinzip“ (Schiersmann, 2007, 70). Damit ändern sich die Aufgaben des Lehrenden und auch der Lernenden. Der Fokus wird intensiver auf die Lernenden gerichtet (Kraus, 2001; Schiersmann, 2007).
- „Eine Öffnung der Institutionen des Bildungswesens, vor allem der Schule, wird gefordert. Schließlich lässt sich noch die Tendenz zur Zerteilung des Wissens in kleinere Einheiten, die zertifiziert und anerkannt werden, feststellen“ (Kraus, 2001,107).
- Bis auf den Ansatz der „recurrent education“ von der OECD Anfang der 1970er Jahre gehen alle Konzepte davon aus, dass die „Trennung zwischen Lernen und anderen Tätigkeiten - insbesondere Arbeiten -“ aufgehoben wird. „Diese Einbeziehung informeller Lernkontexte soll zu einer allgemeinen Verbreitung des Lernens im Erwachsenenalter beitragen. Zugleich wird die Verbindung formaler und informeller Lernprozesse betont“ (Schiersmann, 2007, 70).
Sowohl international als auch national gab und gibt es Programme mit dem Ziel, das lebenslange Lernen zu fördern.
In Deutschland gab es beispielsweise das Modellversuchsprogramm "Lebenslanges Lernen" der Bund-Länder-Kommission (BLK) mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung als Programmträger vom 01.04.2000-31.03.2005 (BLK, 2006). Zudem hat die BLK 2004 die „Strategie für Lebenslanges Lernen in der Bundesrepublik Deutschland“ herausgegeben, in deren Anhang auch unterschiedlichste Angebote über Programme zur Förderung des lebenslangen Lernens von Ländern und Bund dokumentiert wurden.
Aktuell sind in Deutschland insbesondere die Konzeption der Bundesregierung zum Lernen im Lebenslauf und die Qualifizierungsinitiative für Deutschland zu nennen.
Die Konzeption der Bundesregierung zum Lernen im Lebenslauf wurde am 23. April 2008 verabschiedet. Darin geht es um Maßnahmen, die Anreize zur Weiterbildung nach Abschluss einer Erstausbildung schaffen sollen. Diese Maßnahmen werden von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Bildungsverbänden und anderen durchgeführt. Der Schwerpunkt der Konzeption liegt zwar in der beruflichen Weiterbildung, es wird allerdings deutlich gemacht, dass eine Konzeption dieser Art auf vorhergehende Bildungsphasen Bezug zu nehmen hat. In Folge dessen handelt es sich hier um eine Anknüpfung an Maßnahmen, die in der Qualifizierungsinitiative6 der Bundesregierung umgesetzt werden (BMBF, 2008).
Die Konzeption zum Lernen im Lebenslauf hat die Zunahme der Beteiligung am Lernen im Lebenslauf zum Ziel. Um dies zu erreichen, werden folgende Maßnahmen ab 2008/2009 für drei bis fünf Jahre ergriffen:
- Motivation und Verantwortung stärken
- Einführung einer Bildungsprämie
- Kampagne zum lebensbegleitenden Lernen
- Zugang zu Weiterbildung erleichtern
- Verbesserung der Bildungsberatung
- Weiterbildungstests der Stiftung Warentest
- Bildung einer Weiterbildungsallianz
- Weiterbildungsangebote verbessern
- Verbesserung der Angebotsstruktur vor Ort
- Angebote für Zielgruppen mit besonderen Potentialen
- Durchlässigkeit und Verzahnung der Bildungsbereiche ermöglichen
- Aufstiegsinitiativen
- Ausbau berufsbegleitender Studienangebote
- Zusammenfassung der Datenbanken und Portale zur wissenschaftlichen Weiterbildung
- Integration durch Bildung und Förderung des Lernens in der Zivilgesellschaft verbessern
- Wissen über das Lernen im Lebenslauf vertiefen
(BMBF, 2008)
3 Die berufliche Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens
Nach der Skizzierung des lebenslangen Lernens im vorhergehenden Kapitel geht es nun um den vielschichtigen Bereich der Weiterbildung, dabei insbesondere um die berufliche Weiterbildung als bedeutsames Element des lebenslangen Lernens.
3.1 Gegenstandsbereich der Weiterbildung/der beruflichen Weiterbildung
Nach Dehnbostel (2008, 14f.) „gibt es bisher keine auch nur annähernd allgemein akzeptierte oder stringent theoretisch fundierte Definition der beruflichen Weiterbildung.“
Aus diesem Grund erfolgt im Nachstehenden über den Begriff der Weiterbildung eine Annäherung an den Gegenstandsbereich der beruflichen Weiterbildung aus verschiedenen Blickwinkeln.
Weiterbildung ist erstmals 1970 vom Deutschen Bildungsrat definiert worden. Dementsprechend handelt es sich bei Weiterbildung um die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer verschiedenartig ausgedehnten ersten Bildungsphase“ (Deutscher Bildungsrat 1970, 197 zitiert nach Bretschneider, 2006, 5).
Grundsätzlich hat diese Definition, die seitdem als Grundlage für folgende Weiterbildungsdefinitionen verwendet worden ist, heute noch Bestand. Sie hat sich allerdings bezüglich des organisierten Lernens insbesondere auf fremdorganisiertes Lernen bezogen. Mittlerweile haben auch selbst gesteuertes und informelles Lernen einen bedeutenden Stellenwert in der Weiterbildung (Bretschneider, 2006; Arnold/Nolda/Nuissl, 2001). Dennoch wird letzteres in der deutlich umfassenderen Definition der Kultusministerkonferenz nicht berücksichtigt (Dehnbostel, 2008).
„Weiterbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit. Weiterbildung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn die Einzelnen ihr Lernen selbst steuern.
Weiterbildung umfasst die allgemeine, politische, kulturelle und wissenschaftliche Weiterbildung.
Weiterbildung kann in Präsenzform, in der Form der Fernlehre, des computergestützten Lernens, des selbst gesteuerten Lernens oder in kombinierten Formen stattfinden“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister 2001, 2).
Wenngleich die Trennung der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung heute kritisch betrachtet wird (s.u.), so geht Dehnbostel (2008) aktuell noch von dieser Unterscheidung aus. Er greift das informelle Lernen im Bereich der beruflichen Weiterbildung auf und betont die Bedeutung des informellen Lernens.
„Im Rahmen neuer Arbeits- und Organisationskonzepte ist gerade die Weiterbildung außerhalb organisierter Arrangements immer wichtiger geworden. Sie wird über die Anerkennung informellen Lernens und Erfahrungslernens identifiziert und erfasst. Weiterbildung kann demnach nicht mehr allein auf formelles Lernen beschränkt werden“ (Dehnbostel, 2008, 14).
Insgesamt gliedert Dehnbostel (2008, 13) Weiterbildung wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gliederung der Weiterbildung
(Darstellung nach: Dehnbostel, 2008, 13)
Hinsichtlich der beruflichen Weiterbildung sieht Schiersmann (2007, 41) ebenfalls das Problem, eine genaue und umfassende Definition zu finden und verweist ergänzend darauf, dass es auch noch keine allgemeingültige Definition dessen gibt, was unter dem Begriff des informellen Lernens subsumiert werden soll. Dementsprechend formuliert sie es wie folgt:
„Die berufliche Weiterbildung umfasst im Sinne einer ersten Annäherung an den Gegenstand alle Formen, die zur beruflichen Kompetenzentwicklung beitragen und die nach dem Abschluss einer ersten Bildungsphase im Jugendalter stattfinden.“
Zur Verdeutlichung ihres Verständnisses von Weiterbildung hat sie nachstehendes Strukturmodell entwickelt.
In der Gruppe der formalen Lernkontexte fasst Schiersmann (2007) Weiterbildungsangebote zusammen, die als Kurse, Seminare, Lehrgänge o.ä. angeboten werden. Für die Kategorie der informellen Lernkontexte offeriert sie die in ihrem Strukturmodell ausgewiesenen Lernfelder.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Definition von Weiterbildung
(Darstellung nach: Schiersmann, 2007, 42)
Die beschriebene Trennung zwischen allgemeiner und politischer Weiterbildung einerseits und beruflicher Weiterbildung andererseits wird heute als problematisch angesehen. So lassen sich die Bereiche beispielsweise hinsichtlich des Verwendungszweckes nicht immer klar trennen, wie etwa beim Fremdsprachenlernen. Dennoch ist die Differenzierung zwischen den Bereichen der Weiterbildung weiterhin von Bedeutung, wobei die politische bei verschiedenen Autoren (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2006; Dehnbostel, 2008) der allgemeinen Weiterbildung hinzugeordnet wird. Ein Grund für die Aufrechterhaltung der Differenzierung ist ihre sowohl bildungspolitische als auch förderrechtliche Trennung (Schiersmann, 2007). Die Trennung zwischen der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung wird zudem darin unterstützt, indem die Weiterbildung der beiden Bereiche in der Regel in unterschiedlichen Institutionen stattfindet. Nicht zuletzt wird dadurch auch die gegenseitige Anerkennung der erworbenen Qualifikationen beeinträchtigt (Dehnbostel, 2008).
[...]
1 „Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) hat ihre Tätigkeit zum 31. Dezember 2007 beendet“ (BLK, 2008).
2 Literaturangaben zu Veröffentlichungen der verschiedenen Gremien befinden sich in der Anlage 1
3 Organisation for Economic Cooperation and Development
4 United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization
5 „Beschluß [sic] Nr . 95/2493/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 1995 über die Veranstaltung eines Europäischen Jahres des lebensbegleitenden Lernens (1996)“ (Europäische Kommission, 1995).
6 „Um die Bildungschancen [...] zu stärken, hat die Bundesregierung im Januar 2008 mit ihrer Qualifizierungsinitiative [„’Aufstieg durch Bildung’“, Schavan, 2009] mehr als 80 Maßnahmen ressortübergreifend gebündelt. Die Initiative setzt dabei an allen Stellen des Bildungssystems an: Die Maßnahmen reichen von der Förderung von Kleinkindern bis zur Weiterqualifizierung älterer Erwerbstätiger“ (BMBF, 2009, 3). Zu den Zielen der am 9. Januar vom Bundeskabinett verabschiedeten Qualifizierungsinitiative gehören auch die Eröffnung von „mehr Bildungschancen, höhere Durchlässigkeit des Bildungssystems und die Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte“ (Bundesregierung, 2008, 3). Im Laufe des Jahres 2008 wurde bereits eine große Anzahl von Maßnahmen umgesetzt. Ergänzend „haben die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder am 22. Oktober 2008 mit der Dresdner Erklärung die „’Qualifizierungsinitiative für Deutschland’ beschlossen“, an der neben der Bundesregierung auch die Länder beteiligt sind (Schavan, 2009).
- Arbeit zitieren
- Iris Busch (Autor:in), 2009, Berufliche Weiterbildung als Bestandteil lebenslangen Lernens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135941
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