Die Pressepolitik der Sowjetischen Besatzungszone im Vergleich mit der westalliierten Pressepolitik


Seminararbeit, 2009

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Alliierte Planungen vor Kriegsende

3 Konkrete Maßnahmen in den einzelnen Besatzungszonen
3.1 Die amerikanische Besatzungszone
3.2 Die britische Besatzungszone
3.3 Die französische Besatzungszone
3.4 Die sowjetische Besatzungszone

4 Ergebnisse

Anhang: Kurzer synoptischer Überblick über die Untersuchungsergebnisse

Literatur

Quellen

1 Einleitung

Beim Wiederaufbau des deutschen Pressewesens spielten die Besatzungsmächte eine zentrale, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Dabei fällt auf, dass sich in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland sehr unterschiedliche Presselandschaften entwickelten. In diesem Zusammenhang kann das Pressewesen in der DDR durch die Schlagworte Zensur, Zentralismus und Lenkung, das der Bundesrepublik Deutschland durch Pluralismus, Meinungsfreiheit und Intersubjektivität gekennzeichnet werden. Im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit soll nun untersucht werden, ob die unterschiedliche Entwicklung des Pressewesens in den beiden deutschen Staaten schon durch die Besatzungsmächte angelegt war, oder ob sie durch die späteren Entwicklungen in den deutschen Staaten geprägt wurde. Dabei soll auf folgende Untersuchungskategorien zurückgegriffen werden:

1. Existenz und Aufgabe der Heeresgruppenblätter.
2. Erstausgabe und Aufgabe der Zonenzeitungen.
3. Datum der Etablierung und Konzepte von Lizenzzeitungen sowie die Genehmigung von Parteizeitungen als Zeichen für Pluralismus und Meinungsfreiheit.
4. Existenz und Abschaffung der Zensur.
5. Entnazifizierung des Pressesektors.
6. Beendigung der Phase der Lizenzpresse.

2 Alliierte Planungen vor Kriegsende

Vom Tag der Kapitulation an sollte in Deutschland ein dreimonatiger Black-Out für das deutsche Pressewesen gelten. Die Grundlage dafür bildete das Gesetz Nr. 191 der alliierten Militärregierung für die Westzonen. Dieses Gesetz wurde bereits am 24.11.1944 erlassen und verbot das Drucken, Erzeugen, Vertreiben, Veröffentlichen, Verkaufen und gewerbliche Verleihen von Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Plakaten, Schallplatten und Filmen. Darüber hinaus waren auch Agenturen, Nachrichten- und Bilddienste, Funk, Fernsehen, Theater, Kinos, Opern, Konzerte, Jahrmärkte und Zirkusvorstellungen untersagt.[1] Mit diesem Gesetz sollte eine Zäsur mit der deutschen Vergangenheit gesetzt, ein entwickeltes Mediensystem beseitigt und neue Prinzipien entwickelt werden.[2] Die Idee war, die Deutschen von einem kriegerischen in ein friedliches Volk umzuerziehen. Die Besatzungsmächte waren sich einig, dass es keine Rückkehr zur standpunktlosen Mischpresse geben sollte. Riesige Pressemonopole sollten verhindert, die Freiheit der Presse gegenüber der Regierung gesichert und eine lokale und regionale Presse aufgebaut werden.[3] Gleichwohl gelang es den Besatzungsmächten nicht, sich über ein einheitliches Vorgehen in den Besatzungszonen zu einigen. Gab es in Jalta noch einen gewissen Spielraum, so hatten sich die Fronten bis zur Konferenz von Potsdam soweit verhärtet, dass ein gemeinsames Vorgehen immer unwahrscheinlicher wurde. Zu unterschiedlich waren die Ziele der Besatzer hinsichtlich ihrer deutschland- und weltpolitischen Vorstellungen sowie die Wahrnehmung und Interpretation der jeweils anderen Ziele. Aus diesem Grunde ist es nur eine logische Konsequenz wenn im Folgenden die Politik der Besatzungsmächte getrennt betrachtet wird. Zwar gab es prinzipielle Übereinstimmung über die harte Linie der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches. Aber über die zivile Ausgestaltung, über die Art und Weise wie mit den Deutschen und ihren Institutionen umzugehen sei, herrschte keine Einigkeit.[4]

3 Konkrete Maßnahmen in den einzelnen Besatzungszonen

3.1 Die amerikanische Besatzungszone

In Ergänzung des Gesetzes Nr. 191 erließ die amerikanische Militärregierung die Direktive JCS 1067. Diese besagte, dass Deutschland nicht zum Zwecke seiner Befreiung besetzt worden sei, sondern als ein besiegter Feindstaat. Entsprechendes Ziel sei die Durchsetzung alliierter Absichten.[5] Um die einzelnen Dienststellen auf diese Situation vorzubereiten, bedurfte es detaillierter Anweisungen. Gemeinsam mit den Briten veröffentlichten die Amerikaner daher das Handbuch für die Kontrolle der deutschen Informationsdienste. Dieses Handbuch bezog sich auf das Gesetz Nr. 191, welches folgende drei Phasen vorsah:

1. Das Verbot aller deutscher Medien.
2. Die Verbreitung alliierter Medien.
3. Der Übergang von alliierten Medien zu lizenzierten deutschen Medien unter alliierter Kontrolle.

Die Intension dieser Phasen bestand darin, zunächst erst einmal alle deutschen Blätter vom Markt verschwinden zu lassen, um die Deutschen von nationalsozialistischer Propaganda zu ´reinigen´. Zeitgleich sollte mit der Auswahl geeigneter Redakteure und Verleger begonnen werden. Ziel dieser Lizenzpolitik war neben der Erziehung zur Demokratie auch eine bewusste Förderung des Föderalismus, indem zuerst lokale und regionale Presseorgane geschaffen wurden.[6] Entsprechend dieser Phasen gab es bereits ab dem 24.1.1945 im amerikanisch besetzten Aachen eine Heeresgruppenzeitung mit dem Titel ´ Aachener Nachrichten ´. Diese, nach und nach auch an anderen Orten etablierten Heeresgruppenzeitungen, hatten ein eher bescheidenes Informationsangebot. Sie sollten nach Ansicht von General McClure lediglich Mitteilungen und Richtlinien enthalten. Denn die Deutschen waren seiner Ansicht nach kein Kulturvolk mehr. Sie hatten deshalb nur noch Befehle zu empfangen, anstatt sich eine Meinung zu bilden. Für die Zeit des bereits erwähnten Black-Out wird die Person Hans Habe, ein österreichischer Journalist, wichtig. Habe wurde, als Offizier der amerikanischen Abwehr, damit betraut, den Aufbau diverser Zeitungen im besetzten Deutschland zu koordinieren. Abweichend von McClure schwebte Habe aber eine Zeitungslandschaft vor, die neben militärischen Mitteilungen auch Wirtschaftsthemen, Feuilletons, Sport, Leserbriefe u.a. thematisiere. Habe konnte sich schließlich mit der Frankfurter Presse gegen McClure durchsetzen.[7] Wegen des hohen Drucks zur Herausgabe von zeitweilig 13 Heeresgruppenblättern (Gesamtauflage von 8,5 Millionen Exemplare), bei gleichzeitig geringem Mitarbeiterstab von zuletzt nur 20 Redakteuren, stand in allen Heeresgruppenblättern dasselbe. Mit Ausnahme von wenigen Lokalnachrichten und Mitteilungen der Militärgouverneure hatten die Zeitungen die gleichen Inhalte. Mit der zunehmenden Konkurrenz deutscher Lizenzzeitungen gingen diese Heeresgruppenblätter aber bald wieder ein, als letzte die Allgemeine Zeitung in Berlin am 11.11.1945.

Als Nachfolger der Heeresgruppenblätter fungierte die, ab dem 17.10.1945 erscheinende, Neue Zeitung aus München. Dieses amerikanische Zonenblatt war, wie auch die restlichen Zonenblätter ursprünglich als Vorbild für die zukünftige Lizenzpresse gedacht. Weil die Amerikaner aber schon vor der Erstausgabe der Neuen Zeitung Lizenzen vergaben konnte diese intendierte Vorbildwirkung nicht wirksam werden. Bei der Auswahl der Redakteure gingen die Amerikaner verhältnismäßig streng vor. Trotzdem gab es neben verdienten Widerstandskämpfern in der Redaktion der Neuen Zeitung auch solche Mitarbeiter, die während des Nationalsozialismus schon für Zeitungen geschrieben hatten. Insgesamt muss die Auswahl der Journalisten, Redakteure und Lizenznehmer in der amerikanischen Besatzungszone aber als sehr effektiv bewertet werden. Denn lange nachdem die Entnazifizierungsbestimmungen für den öffentlichen Dienst gelockert worden waren, waren sie für Journalisten immer noch in Kraft. Diese Bestimmungen schlossen jeden aus, der mehr als nur dem Namen nach Mitglied der NSDAP gewesen war. Auf diese Weise sollte eine demokratische Verlässlichkeit der Zeitungen garantiert werden. Gleichzeitig verhinderte diese konsequente Härte aber auch eine differenzierte Betrachtung von Journalisten, die im Dritten Reich ´zwischen den Zeilen´ schrieben. So wäre etwa der spätere Bundespräsident, Theodor Heuss, fast nicht zu einem der Lizenznehmer der Rhein-Neckar-Zeitung geworden, weil er im Dritten Reich relativ erfolgreich als Schriftsteller arbeitete. Bis zum Juni 1947 hatte man allein in Bayern 2000 Kandidaten überprüft, um für 21 Lizenzzeitungen 35 Lizenznehmer zu finden. Dabei hatte sich das sogenannte screening center der Amerikaner teils absurder Methoden bedient.[8] Wegen der zunehmenden Konkurrenz durch die Lizenzpresse und eine gewisse Bevormundung der Redaktionen durch die amerikanische Militärverwaltung wurde die Neue Zeitung am 12.9.1955 eingestellt.[9] Zudem stand die angestrebte Umerziehung des deutschen Volkes zur Demokratie im Widerspruch zur autoritären Verordnungspraxis der Militäradministration. Leser als auch Redakteure verließen daher zunehmend die Neue Zeitung.[10]

Parallel zu den Heeresgruppenblättern und Zonenzeitungen entwickelte sich in der amerikanischen Besatzungszone auch die DANA, die Deutsche Allgemeine Nachrichtenagentur. Diese Agentur verpflichtete sich dem amerikanischen Prinzip der Trennung von Meinung und Nachricht. DANA, später DENA, fusionierte 1949 mit dem, von den Briten initiierten Deutschen Pressedienst (DPD).

Mit der US-Direktive Nr. 3 vom 28.6.1945, vollzogen die Amerikaner eine Wende in ihrer Pressepolitik und den Lizenzzeitungen wurde der Weg geebnet. Dem Ideal von politisch ausgeglichenen Lizenzträgergruppen wurde dabei aber nicht immer gefolgt.[11] Dies lag zum Teil an der Förderung ideologisch genehmer Lizenzträger aber auch an der Schwierigkeit Panels, mit gleichermaßen politisch akzeptablen und kompetenten Herausgebern unterschiedlicher politischer Ausrichtung, zusammenzustellen.[12] Am 1.8.1945 wurde, als erste Zeitung, die Frankfurter Rundschau lizenziert. Deren sieben Lizenzträger entstammten drei unterschiedlichen politischen Gruppen. Insgesamt gehörten etwa 46% der Lizenzträger in das Lager der SPD, 40% zur CDU/CSU, 6,6% zu den Liberalen und 2,2% zu den Kommunisten. Typisch für diese amerikanische Form der Gruppenzeitung, war auch die Zuteilung von festgelegten Verbreitungsgebieten für die Lizenzträger. Auf diese Weise entstanden in der amerikanischen Besatzungszone bis Ende 1945 50 Lokalmonopole ohne Mitbewerber. Erst im Laufe des Jahres 1946 wurden dann in großen Städten, wie Frankfurt, München, Stuttgart, Kassel, usw. Zweitzeitungen erlaubt. Dies erlaubte einen ersten vorsichtigen Wettbewerb. Zwar gab es von deutscher Seite durchaus Kritik an dieser Praxis, weil diese der deutschen Mentalität nicht entsprach, die Amerikaner setzten sich damit aber zumindest in der Lizenzierungsphase durch.[13] Nach dem Wunsch der Amerikaner sollte die deutsche Presse eine ähnliche Führungsposition übernehmen wie die Presse in den USA. Sie sollte in der Lage sein, das Handeln der deutschen Behörden kritisch zu prüfen und direkten Zugang zu offiziellen Informationsquellen haben. Für die Erteilung der Lizenzen gab es genaue Vorschriften. Redakteure durften keine Nazi-Vergangenheit haben bzw. mussten entnazifiziert worden sein, es bedurfte eines Gesellschaftskapitals von 50.000 Reichsmark, monatlich musste eine Gewinn- und Verlustrechnung vorgelegt werden, der Preis für Anzeigen war festgelegt auch das Einkommen der Lizenzträger und Chefredakteure war geregelt. Zudem gab es auch Tabuthemen, welche nicht angesprochen werden durften. Dazu gehörte vor allem die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten oder Unstimmigkeiten zwischen den Besatzungsmächten. Seit Ende Juli 1947 wurde allerdings Kritik an der sowjetischen Besatzungszone geduldet. Am 23.5.1949 endete die Zeit der Lizenzzeitungen in der amerikanischen Zone. Es war fortan gestattet, sofern deutsche Gesetze erlassen worden waren, ungehindert Druckerzeugnisse herauszugeben.[14] Oft erwiesen sich die großen Herausgeberpanels als sehr unbeständig. Nur wenige überlebten die Besatzungszeit. Es kam vor, dass sich die starken Persönlichkeiten in den Vordergrund schoben, Lizenzträger auseinandergingen, um Konkurrenzzeitungen zu gründen oder Lizenzträger aus beruflicher Unzulänglichkeit oder politischen Gründen ihres Amtes enthoben wurden. Beständiger erwies sich die Lizenzverleihung an nur zwei Lizenznehmer von denen der eine meist das Geschäft, der andere die Redaktion führte. Die Vorzensur wurde in der amerikanischen Besatzungszone am 4.9.1945 abgeschafft.[15]

3.2 Die britische Besatzungszone

Obwohl man mit den Amerikanern gemeinsame Pläne ausgearbeitet, hatte sah die Praxis doch anders aus. Unterschiede zu den Amerikanern gab es vor allem im Detail. Weil die Briten im Vergleich zu den Amerikanern finanziell und personell schlecht ausgestattet waren, fanden die Vorstellungen deutscher Politiker hier mehr Berücksichtigung.[16] Auch bei den Briten gab es Heeresgruppenzeitungen. Im Gegensatz zum amerikanischen Sektor erschienen diese Heeresgruppenblätter aber länger. Die Verzögerung der Gründung einer eigenen Zonenzeitung wurde unter anderem durch den Machtwechsel in Großbritannien generiert. Inhalte waren auch hier vor allem Mitteilungen der Militärregierung und Lokalnachrichten. Überregionale Nachrichten wurden durch die BBC bedient. Zunehmend kamen Nachrichten aber auch vom, Mitte Dezember gegründeten, Deutschen Pressedienst (dpd). Dieser wurde durch Abgaben der Lizenzzeitungen finanziert. Unter dem Einfluss deutscher Politiker wurde aber das, mit den Amerikanern ursprünglich vereinbarte Konzept der Gruppenzeitungen verworfen. Die Briten genehmigten dagegen seit Mitte Dezember 1945 parteinahe Zeitungen. Diese lizenzierten Zeitungen wurden nicht, wie in der amerikanischen Zone, auf ein Exemplar pro Region begrenzt. Dies hatte zur Folge, dass vor allem in den größeren Städten, trotz Papiermangels, mehrere Blätter unterschiedlicher Tendenz erscheinen konnten. Personen die sich um eine Lizenz bewarben, mussten lediglich einen qualifizierten Journalisten mit deutlichem politischen Hintergrund benennen.[17] Oft genug war das Vergabeverfahren in der britischen Zone sehr uneinheitlich. Die unterschiedliche Meinung regionaler Presseoffiziere spielte hier eine nicht unbedeutende Rolle. Parteien selbst durften keine eigenen Zeitungen herausgeben um eine Restauration Weimarer Verhältnisse zu vermeiden.[18] Die Verwendung der Druckereien und Maschinen regelten die Briten ähnlich wie die Amerikaner. Eigentum der Nazi-Presse wurde von einem Treuhänder verwaltet, mit dem die Lizenznehmer einen Pachtvertrag abzuschließen hatten. Pachtgebühren wurden auf ein Sperrkonto eingezahlt, vorbehaltlich der späteren Verwendung. Weil die Briten durch Probleme in Indien und im Nahen Osten außenpolitisch sehr beschäftigt waren und personelle als auch finanzielle Mittel zum Aufbau einer eigenen Zonenzeitung knapp waren, verpassten auch sie es eine Zonenzeitung zu etablieren, welche als Vorbild für die zukünftige deutsche Presse hätte dienen können.[19] Die britische Zonenzeitung Die Welt erschien erstmalig am 2.4.1946. Die Kontrolle wurde in der britischen Besatzungszone ursprünglich als Vorzensur ausgeübt. Es zeigte sich aber schnell, dass der geringe Personalstab der Briten mit einer effektiven Zensur überfordert war. Dies führte dazu, dass sich die Berichterstattung in den Lizenzzeitungen wenig an den britischen Intentionen orientierte. Themen wurden je nach Region kontrovers diskutiert. Vor allem die alliierte Politik gegenüber der Sowjetunion, welche eigentlich Einheitlichkeit suggerieren sollte, war davon betroffen.[20] Die Entnazifizierungspolitik in der britischen Zone kann durch zwei Schlagworte gekennzeichnet werden: Pragmatismus und Wirrwarr. So beschränkte sich die Entnazifizierung in der britischen Zone im Wesentlichen auf Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes in gehobenen Positionen. Im Zweifelsfall wurde der Effizienz der Vorrang gegeben um die Besatzungskosten niedrig zu halten. Wegen einer mangelnden Registrierungspflicht, wie etwa in der amerikanischen Besatzungszone, war eine Überprüfung in freien Berufen oder untergeordneten Tätigkeiten also nicht möglich.[21] Abgesehen von fanatischen Parteijournalisten, mussten nur wenige in der britischen Zone ihren Beruf aufgeben.[22]

Das Recht der Lizenzierung gaben die Briten im Herbst 1947 in die Hände der Ministerpräsidenten, behielten sich aber ein Veto vor. Erst mit dem Grundgesetz war für die Briten die Absicherung der Presse ausreichend. Trotzdem behielt sich die Alliierte Hohe Kommission das Recht vor, freiheitsbedrohende Maßnahmen der neuen deutschen Regierungen für Ungültig zu erklären. Dieser Sachverhalt ist geregelt im Gesetz Nr. 5 über die Presse, den Rundfunk die Berichterstattung und die Unterhaltungsstätten vom 21.9.1949.[23] Mit diesem Gesetz zogen sich die Westalliierten praktisch vollständig aus dem deutschen Pressewesen zurück.

3.3 Die französische Besatzungszone

Die Besonderheit der französischen Zone bestand darin, dass es keine materiellen und konzeptionellen Vorbereitungen gegeben hatte. Bis zur Potsdamer Konferenz war nämlich nicht klar gewesen, ob Frankreich zum Kreis der Siegermächte zählen sollte. Als dies schließlich klar war, etablierten die Franzosen die größte Militärbürokratie in der kleinsten Zone. Vorerst galten zwar noch die Gesetze der Briten und Amerikaner. Für die Franzosen war aber von Anfang an klar, dass sie eine eigenständige und unabhängige Pressepolitik anstreben wollten. Der Leiter der Pressesektion der französischen Militärregierung orientierte sich stark an der Presselandschaft der Weimarer Republik mit ihrer Fülle an lokalen Zeitungen. Zur Bekämpfung zentralistischer Tendenzen sollte diese Tradition wieder aufleben. Vor allem lokale Inhalte sollten nach französischen Vorstellungen die Inhalte der Zeitungen prägen. Die Weltpolitik sollte eher im Hintergrund stehen, auch freie Information und Meinungsäußerung hatte keinen besonderen Stellenwert. Presse wurde von den französischen Besatzern als Instrument der Besatzungspolitik verstanden und sollte nebenbei für französische Kultur werben.[24]

[...]


[1] Vgl. Gesetz Nr. 191 in: Hemken, R., Sammlung der vom Alliierten Kontrollrat und der Amerikanischen Militärregierung erlassenen Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Befehle. Direktiven im englischen Originalwortlaut mit deutscher Übersetzung, Stuttgart 1945.

[2] Vgl. Koszyk, Kurt, Die deutsche Presse 1945 – 1949 in: Wagner, Hans (Hrsg.), Idee und Wirklichkeit des Journalismus. Festschrift für Heinz Starkulla, München 1988, S. 61.

[3] Vgl. Hurwitz, Harold, Die Pressepolitik der Alliierten in: Pross, Harry (Hrsg.), Deutsche Presse seit 1945, Bern u.a. 1965, S. 36.

[4] Vgl. Koszyk, Kurt, Pressepolitik für Deutsche 1945 - 1949. Geschichte der deutschen Presse Teil IV, Abhandlungen und Materialien zur Publizistik Bd. 10, Berlin 1986, S. 17ff.

[5] Vgl. Direktive für die amerikanische Militärregierung (JCS 1067 vom April 1945) in: Kleßmann, C. Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945 – 1949, Studien zur Geschichte und Politik Bd. 298, Bonn 1991, S. 352.

[6] Vgl. Pürer, Heinz, Medien in Deutschland. Bd. 1 Presse, Konstanz 1996, S. 93.

[7] Vgl. Koszyk 1986, S. 41ff.

[8] Vgl. Hurwitz, H., Die Pressepolitik der Alliierten in: Pross, H. (Hrsg.), Deutsche Presse seit 1945, Bern u.a. 1965, S. 38f.

[9] Vgl. Koszyk, 1986, S. 45ff.

[10] Vgl. Pürer 1996, S. 95ff.

[11] Vgl. Koszyk 1986, S. 55ff.

[12] Vgl. Dussel, Konrad, Deutsche Tagespresse im 19. Und 20. Jahrhundert, Münster 2004, S. 210.

[13] Vgl. Pürer 1996, S. 97f.

[14] Vgl. Koszyk, Kurt, Presse unter alliierter Besatzung in: Wilke, Jürgen (Hrsg.), Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung Bd. 361, Bonn 1999, S. 41ff.

[15] Vgl. Hurwitz, H., Die Pressepolitik der Alliierten in: Pross, H. (Hrsg.), Deutsche Presse seit 1945, Bern u.a. 1965, S. 37.

[16] Vgl. Dussel 2004, S. 214.

[17] Vgl. Koszyk 1999, S. 44.

[18] Vgl. Dussel 2004, S. 215.

[19] Vgl. Koszyk 1986, S. 129.

[20] Vgl. Koszyk 1999, S. 45.

[21] Vgl. Vollnhals, Clemens, (Hrsg.), Entnazifizierung, München 1991, S. 24ff.

[22] Vgl. Sonntag, Christian, Medienkarrieren. Biografische Studien über Hamburger Nachkriegsjournalisten 1946 – 1949, München 2006, S. 65.

[23] Vgl. Schölzel, Stephan, Die Pressepolitik in der französischen Besatzungszone 1945 – 1949, Mainz 1986, S. 218.

[24] Vgl. Dussel 2004, S. 216ff.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Pressepolitik der Sowjetischen Besatzungszone im Vergleich mit der westalliierten Pressepolitik
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Seminar: Aufklärung oder Volkserziehung? Medienpolitik und Öffentlichkeit im 19. und 20. Jahrhundert
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
21
Katalognummer
V135981
ISBN (eBook)
9783640440092
ISBN (Buch)
9783640440146
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine oberflächliche und retrospektive Betrachtung des Themas legt zunächst einmal nahe die Pressepolitik der Westalliierten als homogenes Gebilde zu betrachten, dem die Pressepolitik der sowjetischen Besatzungszone diametral gegenübersteht. Dies sind aber Denkstrukturen nach dem Muster des Ost-West-Konfliktes, der beim Kriegsende im Mai 1945 so noch nicht abzusehen war. Es wird daher versucht, die Ergebnisse nur im Kontext der Besatzungszeit zu interpretieren, ohne den Kalten Krieg mit den polarisierenden Standpunkten der beiden Konfliktparteien im Geiste vorwegzunehmen.
Schlagworte
Pressepolitik, Sowjetischen, Besatzungszone, Vergleich, Pressepolitik
Arbeit zitieren
Martin Weißenborn (Autor:in), 2009, Die Pressepolitik der Sowjetischen Besatzungszone im Vergleich mit der westalliierten Pressepolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135981

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