In dieser Arbeit wird der Enchrochat-Skandal beleuchtet und der Frage nachgegangen, ob der deutsche Staat ausländische Daten hätte kaufen dürfen. In Frankreich begannen Ermittlungen, nachdem in Einzelfällen durch Ermittler entdeckt worden war, dass Straftäter im Bereich der organisierten Kriminalität auffallend häufig speziell verschlüsselte Smartphones der Marke EnchroChat verwendet hatten. EnchroChat hatte Server des Internetdienstleisters OVH in Roubaix/Frankreich gemietet. Über diesen wurden verschlüsselte End to End Nachrichten geleitet. Französische Ermittlungsbehörden kopierten mittels technischer Vorrichtungen Daten von EnchroChat und werteten diese aus. Darauf folgend wurde eine durch das französische Militär entwickelte „Spionagesoftware“ auf die EnchroChat Gerte gespielt. Hiervon waren mehr als 32.000 Endgeräte betroffen.
Es waren Folgeverfahren anhängig, insoweit sich aus der Auswertung der Daten Indizien dafür ergaben, dass auch deutsche Teilnehmer betroffen sind. Dem BKA wurden unter Zustimmung der französischen Polizei Datenpakete zwecks weiterer Identifizierung möglicher Straftäter während eines polizeilichen Informationsaustauschs übermittelt. Gleichzeitig hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main, welche auf Computerkriminalität spezialisiert ist, Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet und über eine europäische Ermittlungsanordnung beim zuständigen Gericht in Lille nachträglich die Verwertung aller im Datenpaket enthaltenen Daten erbeten. Am 13.6.2020 wurde dem durch ein Gericht in Lille stattgegeben. Über eine Auswertung von Daten durch das BKA wurden die Beschwerdeführer identifiziert. Die Chat-Verläufe bewiesen die Beteiligung der Beschwerdeführer an Verstößen gegen das BTMG und Straftaten im Zusammenhang mit Waffenhandel.
Inhaltsverzeichnis
- I. Hinführung
- II. Ausgangslage: Verwertbarkeit von „Massenkommunikationsdaten“
- III. Beweisverwertungsverbot aufgrund eines Verstoßes gegen deutsches Recht
- 1. Ordre public-Maßstab- Einpassungsfähigkeit der Norm als Konkretisierung
- 2. Grenzbestimmungen des deutschen ordre public
- IV. Rechtsfolgen mangelnder Kompatibilität ausländischer Normen im deutschen Recht
- V. Beweisverwertungsverbote aufgrund von Rechtshilfe
- 1. Beweisverwertungsverbot aufgrund eines Verstoßes gegen die Vorschriften der grenzüberschreitenden Telekommunikationsüberwachung
- 2. Abwägungslösung als Maßstab eines Beweisverwertungsverbotes
- 3. Rechtsfolge unterlassender Unterrichtung nach Art. 31 RL EEA
- VI. Beweisverwertungsverbot aufgrund aufgetretener Defizite der Informationsrechtshilfe
- VII. Rechtshilferechtliche Beweisverwertungsverbote
- 1. Beweisverwertungsverbot aufgrund eines Verstoßes gegen Vorschriften grenzüberschreitender Telekommunikationsüberwachung
- 2. Abwägungslösung als Maßstab eines Beweisverwertungsverbotes
- VIII. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die rechtliche Zulässigkeit der Verwendung von EncroChat-Daten in deutschen Strafverfahren. Sie analysiert die komplexen Rechtsfragen im Kontext des internationalen Rechtshilfeverkehrs und der grenzüberschreitenden Strafverfolgung.
- Verwertbarkeit von Massenkommunikationsdaten im Strafprozess
- Beweisverwertungsverbote aufgrund von Verstößen gegen deutsches Recht (Ordre public)
- Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit internationaler Rechtshilfe
- Abwägung von Grundrechten und Strafverfolgungseffektivität
- Auswirkungen von Defiziten in der Informationsrechtshilfe
Zusammenfassung der Kapitel
I. Hinführung: Dieses einleitende Kapitel dient der Einführung in die Thematik der Verwertbarkeit von EncroChat-Daten und legt den Fokus auf die zentralen Forschungsfragen der Arbeit. Es skizziert den Kontext des Problems, indem es die Bedeutung der EncroChat-Daten für die Strafverfolgung hervorhebt und gleichzeitig die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen aufzeigt. Die Hinführung bereitet den Leser auf die nachfolgenden Kapitel vor, die die verschiedenen rechtlichen Aspekte detailliert untersuchen.
II. Ausgangslage: Verwertbarkeit von „Massenkommunikationsdaten“: Dieses Kapitel beleuchtet die grundsätzliche Frage der Verwertbarkeit von Massenkommunikationsdaten im deutschen Strafprozess. Es analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulässigkeit solcher Beweismittel und diskutiert die potenziellen Konflikte zwischen dem Schutz der Privatsphäre und den Anforderungen der Strafverfolgung. Der Fokus liegt auf der Klärung der rechtlichen Grundlagen, die für die Bewertung der EncroChat-Daten relevant sind.
III. Beweisverwertungsverbot aufgrund eines Verstoßes gegen deutsches Recht: Hier wird der Schwerpunkt auf die Prüfung gelegt, ob die Beschaffung der EncroChat-Daten gegen deutsches Recht verstößt und somit ein Beweisverwertungsverbot nach deutschem Ordre public greift. Das Kapitel analysiert den relevanten Maßstab und untersucht, ob und unter welchen Bedingungen ausländische Normen im deutschen Recht Einpassungsfähigkeit besitzen. Es wird die Abgrenzung des deutschen ordre public und seine Bedeutung für die Beurteilung der Verwertbarkeit im Detail erläutert.
IV. Rechtsfolgen mangelnder Kompatibilität ausländischer Normen im deutschen Recht: Dieses Kapitel untersucht die Konsequenzen, wenn die zur Beschaffung der EncroChat-Daten angewandten ausländischen Normen nicht mit dem deutschen Recht kompatibel sind. Es analysiert die Rechtsfolgen einer solchen Inkompatibilität und deren Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der Daten im deutschen Strafverfahren. Die Bedeutung der Harmonisierung internationaler Rechtsnormen im Bereich der Strafverfolgung wird hier diskutiert.
V. Beweisverwertungsverbote aufgrund von Rechtshilfe: Dieses Kapitel befasst sich mit den Beweisverwertungsverboten, die sich aus dem internationalen Rechtshilfeverkehr ergeben können. Es analysiert die relevanten Rechtsvorschriften und deren Anwendung auf den konkreten Fall der EncroChat-Daten. Die Kapitel thematisieren den Verstoß gegen Vorschriften der grenzüberschreitenden Telekommunikationsüberwachung und die Rolle der Abwägung im Rahmen eines Beweisverwertungsverbots. Die Rechtsfolge einer unterlassenen Unterrichtung nach Art. 31 RL EEA wird detailliert behandelt.
VI. Beweisverwertungsverbot aufgrund aufgetretener Defizite der Informationsrechtshilfe: Dieses Kapitel untersucht die Situation, in der Defizite in der Informationsrechtshilfe zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Es analysiert die verschiedenen Arten von Defiziten und deren Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der EncroChat-Daten. Es legt den Fokus darauf, wie unzureichende Information den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen können.
VII. Rechtshilferechtliche Beweisverwertungsverbote: Hier wird die Perspektive des Rechtshilfeverkehrs auf die Verwertbarkeit von Beweismitteln eingehend beleuchtet. Das Kapitel untersucht die Beweisverwertungsverbote, die sich aus Verstößen gegen Vorschriften der grenzüberschreitenden Telekommunikationsüberwachung ergeben, sowie die Rolle der Abwägung bei der Bewertung der Verwertbarkeit von Beweismitteln. Die Kapitel vertieft die bereits in vorherigen Kapiteln behandelten Aspekte unter dem spezifischen Blickwinkel des Rechtshilfeverkehrs.
Schlüsselwörter
EncroChat-Daten, Beweisverwertungsverbot, internationales Rechtshilfeverkehr, grenzüberschreitende Strafverfolgung, Ordre public, Telekommunikationsüberwachung, Datenkompatibilität, Informationsrechtshilfe, Abwägung, Grundrechte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Verwertbarkeit von EncroChat-Daten in deutschen Strafverfahren
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die rechtliche Zulässigkeit der Verwendung von EncroChat-Daten in deutschen Strafverfahren. Sie analysiert die komplexen Rechtsfragen im Kontext des internationalen Rechtshilfeverkehrs und der grenzüberschreitenden Strafverfolgung.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Verwertbarkeit von Massenkommunikationsdaten im Strafprozess, Beweisverwertungsverbote aufgrund von Verstößen gegen deutsches Recht (Ordre public), Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit internationaler Rechtshilfe, die Abwägung von Grundrechten und Strafverfolgungseffektivität sowie die Auswirkungen von Defiziten in der Informationsrechtshilfe.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit ist in acht Kapitel gegliedert: Einführung, Ausgangslage: Verwertbarkeit von Massenkommunikationsdaten, Beweisverwertungsverbot aufgrund eines Verstoßes gegen deutsches Recht, Rechtsfolgen mangelnder Kompatibilität ausländischer Normen im deutschen Recht, Beweisverwertungsverbote aufgrund von Rechtshilfe, Beweisverwertungsverbot aufgrund aufgetretener Defizite der Informationsrechtshilfe, Rechtshilferechtliche Beweisverwertungsverbote und Fazit.
Wie wird der Ordre public im Kontext der EncroChat-Daten behandelt?
Die Arbeit untersucht, ob die Beschaffung der EncroChat-Daten gegen deutsches Recht verstößt und somit ein Beweisverwertungsverbot nach deutschem Ordre public greift. Es wird der relevante Maßstab analysiert und die Einpassungsfähigkeit ausländischer Normen im deutschen Recht geprüft.
Welche Rolle spielt die internationale Rechtshilfe?
Die Arbeit analysiert Beweisverwertungsverbote, die sich aus dem internationalen Rechtshilfeverkehr ergeben können. Sie untersucht relevante Rechtsvorschriften und deren Anwendung auf EncroChat-Daten, insbesondere Verstöße gegen Vorschriften der grenzüberschreitenden Telekommunikationsüberwachung und die Rolle der Abwägung bei Beweisverwertungsverboten. Die Rechtsfolge einer unterlassenen Unterrichtung nach Art. 31 RL EEA wird detailliert behandelt.
Welche Bedeutung haben Defizite in der Informationsrechtshilfe?
Die Arbeit untersucht, wie Defizite in der Informationsrechtshilfe zu einem Beweisverwertungsverbot führen können. Verschiedene Arten von Defiziten und deren Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der EncroChat-Daten werden analysiert, mit Fokus darauf, wie unzureichende Informationen den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen.
Wie werden Grundrechte und Strafverfolgungseffektivität abgewägt?
Die Arbeit thematisiert den Konflikt zwischen dem Schutz der Privatsphäre und den Anforderungen der Strafverfolgung. Die Abwägung von Grundrechten und Strafverfolgungseffektivität spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Verwertbarkeit der EncroChat-Daten.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: EncroChat-Daten, Beweisverwertungsverbot, internationales Rechtshilfeverkehr, grenzüberschreitende Strafverfolgung, Ordre public, Telekommunikationsüberwachung, Datenkompatibilität, Informationsrechtshilfe, Abwägung, Grundrechte.
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- Anonym (Auteur), 2023, Die Rechtmäßigkeit der Verwertung von EnchroChat-Daten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1362760