Zahlreiche Studien belegen, dass Unterricht in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) noch immer von geschlechts-basierten Differenzen geprägt ist. Als Ursache für die Geschlechterunterschiede wird häufig das Konzept des "Doing Gender" angeführt, welches auf West und Zimmerman (1987) beruht. Basierend auf ihrer Theorie, sowie Hirschauers "Un/doing Differences"-Theorie und Butlers poststrukturalistischer Theorie, untersucht diese Arbeit, wie Geschlecht in MINT-Fächern von Lehrkräften sowie von Schüler:innen sozial konstruiert wird. Als Untersuchungsgegenstand dienen die Studien von Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06, Pauli/Lipowsky 2007 und Jungwirth 1991. An geeigneter Stelle wird auch Garfinkels Theorie der Geschlechterkonstruktion sowie Goffmans Interaktionstheorie zur Analyse hinzugezogen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass MINT-Lehrkräfte ihre Schüler:innen aufgrund ihres biologischen Geschlechts separieren. Durch das Einbringen ihrer geschlechterstereotypischen Vorstellungen tragen die Lehrkräfte zur sozialen Konstruktion von Geschlecht bei. Der MINT-Unterricht wird bei den Jungen motivierend und erwartungsvoll gestaltet, während der Unterricht bei den Mädchen auf niedrigerem Niveau gehalten wird. Dieses Verhalten wirkt sich wiederum auf die Schüler:innen aus, welche sich den Erwartungen der Lehrkraft anpassen und somit ebenfalls "Doing Gender" betreiben. Die Jungen trauen sich mehr zu, melden sich häufiger und kaschieren ihre Defizite. Die Mädchen verhalten sich hingegen stärker passiv und kaschieren ihre Fehler nicht. Es bleibt die Frage offen, wie weitere Instanzen zur sozialen Konstruktion von Geschlecht in MINT-Fächern beitragen und wie mädchenfördernde MINT-Programme mit dem Konzept des "Doing Gender" umgehen.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- 1. Einleitung
- 2. Aktueller soziologischer Forschungsstand zum Thema Doing Gender in MINT-Fächern
- 3. Die Konzeption des Doing Gender
- 3.1. Sex Gender. Eine Begriffserklärung.
- 3.2. Erste Theorien der Geschlechterkonstruktion nach Garfinkel
- 3.3. Die Theorie der Geschlechterverhältnisse nach Goffman
- 3.4. Die soziale Konstruktion von Geschlecht nach West/Zimmerman
- 3.5. Un/doing Differences nach Hirschauer
- 3.6. Kritik am Konzept des Doing Gender nach Butler
- 4. Schulische Geschlechterdifferenzen in der historischen Betrachtung
- 5. Doing Gender in MINT-Fächern
- 5.1. Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06: Geschlechtergerechtigkeit in der Schule
- 5.1.1. Darstellung der Studie von Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06
- 5.1.2. Die Trennung von Geschlecht im Werkunterricht
- 5.1.3. Die soziale Konstruktion von Geschlecht im geschlechtergetrennten Werkunterricht
- 5.1.4. Die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit in MINT-Fächern
- 5.1.5. Zwischenfazit bezüglich Doing Gender durch Lehrkräfte in MINT-Fächern
- 5.2. Pauli/Lipowsky 2007: Mitmachen oder zuhören?
- 5.2.1. Darstellung der Studie von Pauli/Lipowsky 2007
- 5.2.2. Darstellung der Ergebnisse von Pauli/Lipowsky 2007
- 5.2.3. Einordnung der Studie von Jungwirth 1991
- 5.2.4. Geschlechterspezifische Unterschiede im Umgang mit Verständnis- und Wissenslücken
- 5.3. Auswirkungen des Doing Gender auf die Wahl des Studienfaches
- 6. Fazit und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die soziale Konstruktion von Geschlecht in MINT-Fächern. Sie untersucht, wie Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler durch ihre Interaktionen Geschlechterunterschiede im Unterricht reproduzieren. Dabei wird das Konzept des Doing Gender nach West und Zimmerman sowie dessen Weiterentwicklung durch Hirschauer und Butler herangezogen. Die Arbeit konzentriert sich auf zwei Studien, die den Umgang mit Geschlecht in MINT-Fächern beleuchten: Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06 und Pauli/Lipowsky 2007.
- Analyse der sozialen Konstruktion von Geschlecht in MINT-Fächern
- Untersuchung der Rolle von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern bei der Reproduktion von Geschlechterstereotypen
- Anwendung des Doing Gender-Konzepts auf den MINT-Unterricht
- Bewertung der Studien von Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06 und Pauli/Lipowsky 2007
- Identifizierung von möglichen Ursachen für Geschlechterunterschiede in MINT-Fächern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Geschlechterunterschiede in MINT-Fächern ein und stellt die Relevanz des Doing Gender-Konzepts für die Analyse dieser Unterschiede heraus. Kapitel 2 präsentiert den aktuellen soziologischen Forschungsstand zum Thema Doing Gender in MINT-Fächern und beleuchtet die Bedeutung des Konzepts für die Erklärung von Geschlechterdifferenzen. In Kapitel 3 wird die Konzeption des Doing Gender ausführlich vorgestellt, indem verschiedene Theorien zur Geschlechterkonstruktion von Garfinkel, Goffman, West/Zimmerman, Hirschauer und Butler diskutiert werden.
Kapitel 4 untersucht schulische Geschlechterdifferenzen in der historischen Betrachtung und beleuchtet die Entwicklung des Geschlechterverständnisses im Laufe der Zeit. Kapitel 5 analysiert zwei Studien, die sich mit Doing Gender in MINT-Fächern befassen. Abschnitt 5.1 behandelt die Studie von Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06, die den Einfluss von Lehrkräften auf die soziale Konstruktion von Geschlecht im Werkunterricht untersucht. Abschnitt 5.2 analysiert die Studie von Pauli/Lipowsky 2007, die sich mit der Unterrichtsbeteiligung von Schülerinnen und Schülern im Mathematikunterricht beschäftigt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Doing Gender, soziale Konstruktion von Geschlecht, MINT-Fächer, Geschlechterunterschiede, Unterrichtsbeteiligung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Stereotype, Studien von Buddes/Faulstich-Wieland 2005/06 und Pauli/Lipowsky 2007.
- Citar trabajo
- Anna Gäng (Autor), 2023, "Doing Gender" in MINT-Fächern. Eine vergleichende Auseinandersetzung zur sozialen Konstruktion von Geschlecht in der Schule, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1363413