Friedrich Schiller und die ästhetische Erziehung des Menschen

Einführende Auseinandersetzung Schillers Konzeption einer ästhetischen Erziehung und seiner pädagogischen Anthropologie anhand der "ästhetischen Briefe"


Term Paper, 2008

18 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorgeschichte und Entstehung der Briefe
2.1. Die „Kallias-Briefe“
2.2. „Über Anmut und Würde“
2.3. Entstehungsgeschichte der ästhetischen Briefe
2.4. Schillers Motive
2.5. Inhaltlicher Überblick
2.6. Schwierigkeiten

3. Anthropologie
3.1. Das Bildungsziel und dessen Begründung
3.2. Der Antagonismus menschlichen Daseins
3.2.1. Der physische Aspekt des Menschseins
3.2.2. Der geistige Aspekt des Menschseins
3.2.3. Der Widerspruch beider Aspekte
3.3. Eine mögliche Auflösung des Antagonismus

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Johann Christoph Friedrich von Schiller, geboren am 10. November 1759 in Marbach am Neckar und gestorben am 9. Mai 1805, ist zweifelsfrei einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker. Als Dichter der Freiheit war er als einer der wenigen Deutschen im Zuge der Französischen Revolution 1792 zum Ehrenstaatsbürger von Frankreich ernannt worden. Im gleichen Jahr ereignete sich mit der Kanonade von Valmy der Wendepunkt des ersten Koalitionskrieges, bei welcher der Freund Schillers Goethe aussprach: „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen." Umso kurioser ist es, dass sich Schiller gegenüber jener Revolution so verhalten verhielt, was in dieser Arbeit neben der eigentlichen Fragestellung aufgehellt werden soll. Neben seinen Leistungen als Dichter gilt Schiller nämlich auch als ein Klassiker der Pädagogik, was seinen Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ geschuldet ist, in welcher Schiller das Konzept einer ästhetischen Erziehung entwirft.

Dazu soll diese Arbeit erstens durch Auseinandersetzung mit Schillers ästhetischen Briefen und deren vorläufigen Schriften in dessen Erziehungskonzeption einführen, wobei dies hauptsächlich auf den Briefen 11 bis 15 beschränkt sein wird.

Zweitens und wesentlich soll Schillers pädagogische Anthropologie umrissen werden. Als Zugang hierzu dient Schillers Unterscheidung zwischen Stoff und Form.

In Abschnitt 2 wird die Entstehung der Briefe thematisiert, d.h., dass auf Schillers Motive und die vorangehenden Schriften Schillers eingegangen wird, um die gedankliche Entwicklung zur ästhetischen Erziehung zu unterstreichen. Weiterhin wird ein kurzer Überblick über die gesamten Briefe gewährt und welche sprachlichen und argumentativen Schwierigkeiten sich bei einer gegenwärtigen Auseinandersetzung offenbaren.

Nach dieser Einführung wird in Abschnitt 3 Schillers Erziehungskonzeption begründet und gezeigt welches Menschenbild dem zugrunde liegt. Letzteres wird anhand Schillers bereits erwähnter Unterscheidung ausführlicher erläutert, um schließlich zu einer Lösung der dargestellten Problematik zu führen.

Abschnitt 4 fasst die in dieser Arbeit dargestellte Schillersche Erziehungskonzeption zusammen.

2. Vorgeschichte und Entstehung der Briefe

Der Entstehung der Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen gehen die „Kallias-Briefe“ und „Über Anmut und Würde“ voraus, in denen Schiller grundlegende Überlegungen zu seiner Theorie über das Schöne anstelle, mit welcher Schiller seine Betrachtung in den ästhetischen Briefen überhaupt erst anstellen kann und deshalb hier Erwähnung finden müssen.

2.1. Die „Kallias-Briefe“

Am 5. März 1791 wurde Schiller von seinem Freund Körner auf Kants Kritik der Urteilskraft aufmerksam gemacht, von welcher Körner schwärmte, allerdings zeigte sich dieser mit Kants nicht getroffenen Unterscheidung zwischen dem Hässlichen und dem Schönen unzufrieden, weil Kant sich nur mit der Auswirkung der Schönheit auf das Subjekt beschäftigt.

Schiller griff dies auf und arbeitete sich in Kants Philosophie ein, woraufhin er unter dem Einfluss Kants Schriften 1792 zwei Aufsätze zu diesem Thema veröffentlichte und an einer Vorlesung über Ästhetik arbeitete. Seine hierbei entwickelte Theorie wollte Schiller als „Kallias oder über die Schönheit" veröffentlichen. Diese verwirklichte Schiller zwar nie, aber hatte er jedoch seine Überlegungen in dem Briefwechsel mit Körner dargelegt, die als „Kallias-Briefe" bekannt sind.

In diesen Briefen versucht Schiller einen objektiven Begriff der Schönheit aufzustellen und diesen „...aus der Natur der Vernunft völlig a priori zu legitimieren, so, dass die Erfahrung ihn zwar durchaus bestätigt, aber dass er diesen Ausspruch der Erfahrung zu seiner Gültigkeit gar nicht nötig hat."[1]

Schiller stimmt bei seinen Überlegungen Kant zu, dass das Schöne begriffslos ist, d.h., dass man etwas bereits als schön einstufen kann, ohne reflektieren zu müssen, um was für einen Gegenstand es sich handelt und welche Eigenschaften diesen ausmachen, weshalb die Schönheit nicht der theoretischen Vernunft zuzuordnen ist und dadurch nur die praktische Vernunft bleibt, in welcher sie zu suchen ist. Schließlich kommt Schiller in den Kallias-Briefen zu einer Definition von Schönheit, welche die Analogie einer Erscheinung mit der Form des reinen Willens oder der Freiheit ist. Die Sittlichkeit hingegen ist die Übereinstimmung einer Handlung mit der Form des reinen Willens.[2] An dieser Definition von Schönheit als Freiheit in der Erscheinung hält Schiller fortan an fest und stellt die Grundlage seiner ästhetischen Briefe dar.[3]

2.2. „Über Anmut und Würde“

Im Anschluss an die „Kallias-Briefe" schrieb Schiller im Mai 1793 nach etwas sechswöchiger Arbeitszeit „Über Anmut und Würde" und war als Aufsatz für die von ihm herausgegebene Zeitschrift „Neue Thalia" gedacht.[4]

Die Schrift „Über Anmut und Würde" entstand deshalb unter erheblichen Zeitdruck, weil sich Schiller genötigt sah, Beiträge für die Zeitschrift beizusteuern und wurde bereits von Schiller selbst als Vorläufer seiner Theorie des Schönen angesehen. Sie entstand fast gleichzeitig zu Schillers Arbeit an den Briefen an den Herzog von Augustenburg, den späteren Briefen über die ästhetische Erziehung. In ihr fordert Schiller die moralische Schönheit als höchstes Bildungsziel.[5]

2.3. Entstehungsgeschichte der ästhetischen Briefe

Ursprünglich waren die Briefe unter dem Titel „Philosophie des Schönen" an den Herzog Augustenberg aus Dank für dessen Gönnerschaft verfasst worden. Den ersten der Briefe schickte Schiller am 13. Juli 1793 ab. Auf Grund eines Brandes im Schloss Christiansborg zu Kopenhagen wurden diese aber am 26. Februar 1794 vernichtet, weshalb Schiller von dem Herzog gebeten wurde, die Briefe erneut zu verfassen. Schiller hatte von Beginn an die Absicht verfolgt, die Briefe zu publizieren, weshalb er bereits vor dem besagten Brand begonnen hatte, die Briefe zu überarbeiten.

Die letztendlich 27 Briefe erschienen schließlich unter dem Titel „Über die ästhetische Erziehung des Menschen" in den Horen 1795.[6]

2.4. Schillers Motive

Es gibt drei wesentliche Motive, die Schiller zur Konzeption seiner ästhetischen Erziehung bewegten, die den Entwurf eines Schönheitsbegriffes enthalten sollte, der Sinnlichkeit und Vernunft vereint.

1) Immanuel Kant trennte in seiner Moralphilosophie (Kritik der praktischen Vernunft) Sinnlichkeit und Vernunft. Obwohl Schiller ein Verehrer Kants Philosophie war, lehnte er dessen trockene Darstellung ab, denn Schillers Ansicht nach kann es keine vernunftgeleitete Moral geben solang die Sinnlichkeit/Natur von der Sittlichkeit unterdrückt bzw. bestimmt wird. Die ästhetische Erziehung strebt die Ganzheit und Harmonie beider, Sinnlichkeit & Vernunft, an.
2) Schiller gilt zweifellos als ein Dichter und Denker der Freiheit. Er begrüßte anfänglich die Französische Revolution und die korrespondierenden Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die auf die Revolution folgende Tyrannei der Jakobiner bewirkte Abscheu gegenüber dieser und drängte Schiller die Frage auf wie es dazu hatte kommen können, dass trotz sittlicher Ideale primitive Triebe und Bestrebungen die Oberhand gewinnen konnten. Die Ursache sieht Schiller in dem unversöhnlichen Widerspiel von Vernunft und Sinnlichkeit: "Die Vernunft hatte sich an die Stelle der triebhaft-sinnlichen Natur der Menschen gesetzt, die sich, unversöhnt mit jener, schließlich wieder vehement durchsetzte."
3) In seinem Freund Goethe und dessen Ideal der Ganzheit fand Schiller einen geistigen Verbündeten. Goethe spricht von einer anschauenden Urteilskraft, in der intuitiver und spekulative Vernunft harmonischen vereint sind. Dies ging mit Schillers Vorstellung eines Menschen, der zwei wesentliche Triebe in sich birgt, konform, doch tritt bei Schiller begrifflich anstelle der Spekulation die Vernunft und anstelle der Intuition die Sinnlichkeit.[7]

2.5. Inhaltlicher Überblick

Die 27 ästhetischen Briefe einzeln vorzustellen und zu behandeln ist für das Verständnis dieser ungünstig, weil die Kerngedanken erst im weiteren Verlauf der Lektüre der darauf folgenden Briefe deutlich werden. Jedoch zum Zweck eines Überblicks ist eine Kategorisierung der Briefe in bestimmte Themenbereiche möglich und zur Einführung auch hilfreich.

In den ersten zehn Briefen widmet sich Schiller mit den Problemen der damaligen Zeit. Er sieht den modernen Menschen als einen mit sich selbst immer mehr entfremdenden Menschen auf der einen Seite und die Entfremdung vom Menschen zum Staat auf der anderen Seite.

[...]


[1] Zit. N. Schäfer, J. 2005, S. 15

[2] Vgl. Schiller, F. 2006, S. 33-37

[3] Vgl. Berghahn, K, 2006 S. 168

[4] Vgl. Schäfer, J. 2005, S. 20

[5] Vgl. Hohr, H. 2006, S. 17

[6] Vgl. Hohr, H. 2006, S. 17-18

[7] vgl. Rittelmeyer, C. 2005, S. 15–18

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Details

Title
Friedrich Schiller und die ästhetische Erziehung des Menschen
Subtitle
Einführende Auseinandersetzung Schillers Konzeption einer ästhetischen Erziehung und seiner pädagogischen Anthropologie anhand der "ästhetischen Briefe"
College
Helmut Schmidt University - University of the Federal Armed Forces Hamburg
Course
Autonomie und Entfremdung
Grade
1,3
Author
Year
2008
Pages
18
Catalog Number
V136771
ISBN (eBook)
9783640445769
ISBN (Book)
9783640445448
File size
508 KB
Language
German
Keywords
Friedrich Schiller, Schiller, Ästhetik, ästhetisch, ästhetische Erziehung, ästhetische Bildung, Kallias, Briefe, Körner, Anmut und Würde, Anmut, Würde, pädagogisch, pädagogische Anthropologie
Quote paper
Daniel Lennartz (Author), 2008, Friedrich Schiller und die ästhetische Erziehung des Menschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136771

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