Die Sozialisationsinstanz Kindergarten unter näherer Betrachtung des interaktionistischen Ansatzes von Georg Herbert Mead


Dossier / Travail, 2007

20 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Gedanken zur Sozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung

3. Der Stellenwert des Kindergartens als Sozialisationsinstanz
3.1. Gesellschaftlicher Auftrag des Kindergartens
3.2. Der Situationsansatz

4. Der Kindergarten als Lebens- und Erfahrungsraum

5. Neustrukturierung des Kindergartenlebens

6. Symbolische Interaktion in Bezug zur Sozialisation im Kindergarten
6.1 Grundannahmen des symbolischen Interaktionismus´ nach G. H. Mead
6.2. Bedingungen sozialen Lernens im Kindergarten
6.3. Interaktion und Rolle
6.3.1 Was wird unter Rollenhandeln verstanden?
6.4. Interaktion und Identität
6.5. Interaktionistische Strukturen des Kindergartenalltags

7. Relevanz des Kindergartens hinsichtlich der schulischen Sozialisation: ein kleiner Ausblick

8. Abschluss

9. Literaturangabe

1.Einleitung

Der Begriff Sozialisation manifestiert die Annahme, dass der Heranwachsende die Werte, Normen, Strukturen und andere gesellschaftliche Prozesse internalisiert. Aufgrund der Interaktion mit der spezifischen und materiellen Umwelt entwickelt das Individuum seine Persönlichkeit. Dennoch umfasst Sozialisierung einiges mehr. In der modernen Gesellschaft wird dieser Prozess durch verschieden Instanzen übernommen. Einerseits steht das Werden des Individuums zum gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt im Vordergrund, andererseits sind die gesellschaftlichen Prozesse, die auf die Entwicklung des Individuums einwirken, ebenso relevant.

Der Sozialisationsprozess involviert den unabdingbaren Kontakt zwischen Gesellschaft und Individuum, dennoch steht sich Subjekt und Gesellschaft auf einer Spannungsebene gegenüber. Auf der einen Seite wird die Vergesellschaftung des Subjekts deutlich, wo Pflichten, Heteronomie und Gemeinsamkeiten broschiert sind, auf der anderen Seite reproduziert sich das Individuum mit seiner Einzigartigkeit und Autonomie. Diese beiden Prozesse der Sozialisation existieren nur auf der Grundlage der Wechselbeziehung von Subjekt und Gesellschaft.

Da die gesellschaftlichen Prozesse umfangreich sind und die Familie als alleinige Sozialisationsinstanz nicht genügt, werden Kindergarten, Vorschule und Schule als primäre Institutionen verstanden, die auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Jeden Einfluss nehmen.

Die soziale beziehungsweise objektive Welt setzt sich im Sozialisationsprozess aus der Familie, den peer-groups, den verschieden Institutionen, der Kultur und anderen Instanzen zusammen. Diese implizieren verschiedene Rollen und Positionen, sowie das Normen- und Wertesystem der Gesellschaft.

In dieser Arbeit soll die Sozialisationsinstanz Kindergraten näher betrachtet werden. Nach der Analyse von Organisationsstrukturen, Funktionen, Aufgaben und Bedingungen eines Kindergartens, werde ich mich hauptsächlichen dem Subjekt zuwenden. Wie entfaltet das Individuum, während des Sozialisierungsprozess, seine Persönlichkeit und wie wird es zum handlungsfähigen Subjekt in der Gesellschaft? Hierbei werde ich mich insbesondere auf den Soziologen Georg Herbert Mead konzentrieren. Dies involviert die Auseinandersetzung des interaktionischen Ansatzes, d.h. dem Rollenhandeln und der Persönlichkeitsentwicklung durch Interaktion und Kommunikation.

Ziel der Arbeit soll nicht sein, den Kindergarten im direkten Vergleich zur Familie oder zur Schule zu untersuchen, gleichwohl immer wieder Parallelen gezogen werden. Zum Ende hin werde ich auf einen kurzen Ausblick der schulischen Sozialisation hinführen.

2. Gedanken zur Sozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung

Die Persönlichkeit wird von Tillmann als spezifisches Gefüge von Merkmalen, Eigenschaften, Einstellungen und Handlungskompetenzen, welche einen Menschen kennzeichnen, verstanden. Bezogen auf den Sozialisationsprozess bedeutet dies, dass der Mensch nicht Opfer seiner Sozialisation ist, sondern das Individuum wirkt immer auf sich und seine Umwelt selbst ein und entwickelt sich aufgrund dieser Wechselbeziehung zu einem handlungsfähigen Subjekt (Tillmann, 2006, 12). Sozialisation impliziert nicht die banale Übernahme gesellschaftlicher Erwartungen in subjektive, psychische Strukturen, vielmehr ist der Prozess gemeint, der die aktive Aneignung von Umweltbedingungen durch den Menschen ausdrückt. Dabei muss beachtet werden, dass die Möglichkeiten des Menschen, sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und situationsbedingtes Verhalten zu äußern, immer im Spannungsverhältnis zu den sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungen steht (vgl. Tillmann, 2006, 13).

Die Persönlichkeitsentwicklung realisiert, wie erwähnt, einen ständigen Austauschprozess zwischen dem Individuum und der Gesellschaft, spezieller, seiner sozialen Umwelt. In Bezug zu dieser Arbeit, ist es wichtig zu verstehen, dass die Sozialisationsinstanz Kindergarten auf die familiäre Sozialisation aufbaut beziehungsweise fortführt oder kompensiert. Tillmann macht deutlich, dass die soziale und ökonomische Grundstruktur einer Gesellschaft den Sozialisationsprozess beeinträchtigt. Diese Grundstrukturen wirken keinesfalls direkt auf den Heranwachsenden ein, sondern geben sich über die Vermittlung familiärer Lebensbedingungen, elterlichen Handelns und spielerischen Lernens im Kindergarten, zu erkennen (siehe Tillmann, 2006, 16).

Geulen und Hurrelmann konstituieren vier Ebenen des Sozialisationsprozesses:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Frage, die sich an diese Grafik zum Thema Sozialisationsfeld Kindergarten anschließt, befasst sich damit, welche Aufgaben und Funktionen der Kindergarten dem Subjekt zur Verfügung stellt, um in der Gesellschaft handlungsfähig zu werden. Dabei muss sich der Kindergarten einerseits auf familiäre Lebensbedingungen und -voraussetzung konzentrieren, andererseits auf die Richtlinien der Schule zuarbeiten. Das dargestellte Problem mündet im Spannungsverhältnis der Subjektwerdung, hinsichtlich der Autonomie und Einzigartigkeit, und der Vergesellschaftung, bezüglich der Heteronomie und Erfüllungen in sozial normierte Erwartungen. Der Kindergarten kann hier als Vermittlerinstanz angesehen werden.

Die erste Ebene befasst sich mit der Herausbildung der Persönlichkeitsmerkmale des Subjekts, die sich durch Erfahrungsmuster, Einstellungen, in Wissen und emotionale, wie psychische Strukturen aufzeigen lassen. Damit das Individuum handlungsfähig wird, bedarf es der Interaktion mit der Gesellschaft beziehungsweise der Interaktionen mit anderen Menschen (vgl. Tillmann, 2006, 17). Die zweite Stufe der Sozialisation wird bei Hurrelmann und Geulen mit Interaktion und Tätigkeit erklärt, wobei sie in enger Verbindung zur dritten Stufe stehen: Institutionen. Sie gehen davon aus, dass das Individuum durch die Interaktion mit anderen handelt und dadurch sich Umwelt aneignet und umgestaltet. Diese Tätigkeiten werden meist in Institutionen ausgeführt. Die vierte Stufe stellt das gesamtgesellschaftliche System, wo Institutionen zusammenhängen und sich verändern können und somit auch wieder Einfluss auf die Subjektwerdung nehmen (ebenda). Wie zu erkennen ist, steht das Subjekt nicht nur in unmittelbarer Wechselbeziehung zur Gesellschaft, sie bedingen sich auch einander.

3. Der Stellenwert des Kindergartens als Sozialisationsinstanz

Der Kindergarten stellt ein sachliches und soziales Erfahrungsfeld dar. Er wird als Institution verstanden, der den kleinen Kindern Hilfestellung beim Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten gewährleistet, die in einer modernen Gesellschaft benötigt werden. Die Aufgabe dieser Institution und deren Erzieher ist es, den Kinder Perspektiven zu geben, aber auch Raum diese zu nutzen, damit sie selbstständig neue Sichtweisen und Interessen entwickeln können. Der Kindergarten ist Erfahrungsraum. Hierbei soll die Möglichkeit der Reflexion des eigenen Handelns gewährleistet werden (Löw, 2006, 80). Die Selbstreflexion benötigt das Kind, um sich zu einem Individuum zu entwickeln und aktiven- gestalterischen Einfluss auf die Entwicklungsprozesse zu nehmen (siehe Tillmann, 2006, 14). Der Kindergarten ist kein abgegrenzter Raum, wo das Kind verschiedene Lebensphasen durchläuft, vielmehr steht es im engen Bezug zur Familie und ermöglicht des Weiteren den leichten Übergang zur schulischen Laufbahn. Der Kindergarten unterstützt die Familie in der Sozialisationsaufgabe und gibt ihr Raum zur Reproduktion der Familie.

Es wird zwischen der familiären und schulischen Sozialisation unterschieden. Dabei bleibt der Kindergarten als Sozialisationsinstanz oft außen vor. Kossolapow nimmt eine Unterscheidung zwischen primärer, die sich auf Familie, Kindergarten und Vorschule bezieht, und sekundärer Sozialisation, welche die Schule meint (vgl. Kossolapow, 1982, 426), vor. Sie zeigt Differenzen der zwei Stufen von Sozialisation auf, in dem sie sagt, dass der Erzieher und die Kinder nicht nur als Objekte pädagogischer und bildungspolitischer Maßnahmen gewertet werden, sondern als Subjekte, von denen viel zu lernen ist, da keine spekulative Vorwegnahme von Lebens- und Lernzusammenhängen besteht. Sie ist der Auffassung, dass die primäre Sozialisation grundlegende Kenntnisse und Erfahrungen entwickelt, die sich im lebenslangen Verhalten äußert. Sie spricht dabei von Basiserfahrungen, die zum Prägecharakter modifiziert werden. Die sekundäre Sozialisation schließe sich nach Kossolapow an die Primäre an (siehe Kossolapow, 1982, 425f.). „Die beiden Begriffe haben etwas Temporales (früher/ später), etwas Entwicklungsspezifisches (werden/ geworden), etwas Festlegendes (zuerst/ danach) i. S. einer Natur, die keine „Sprünge“ macht.“ (Kossolapow, 1982, 426).

Der neu gewonnene Stellenwert des Kindergartens als Sozialisationsinstanz beginnt mit dem gesellschaftlichen und sozialen Wandel hinsichtlich der Aspekte Industrialisierung, Urbanisierung, räumlicher sowie sozialer Mobilität. Diese Aspekte veränderten und verändern noch immer die Lebensverhältnisse und Bedingungen des Heranwachsens von Kindern (vgl. Colberg- Schrader/ Derschau, 2002, 335). Der Kindergarten schließt auf zwei Differenzierungsprozesse, die sich einerseits auf bürgerlich- emanzipatorische Motive, wie Sozialhilfe und ganzheitliche Bildung, konzentrieren; andererseits auf sozialkaritativen Motive, welche die Entlastung und Freistellung der Mütter von der Erziehungsaufgabe erstreben, damit diese einer Erwerbstätigkeit nachkommen, sowie der Kompensation von Defiziten der familiären Sozialisation.

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Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Sozialisationsinstanz Kindergarten unter näherer Betrachtung des interaktionistischen Ansatzes von Georg Herbert Mead
Université
University of Potsdam
Note
1,7
Auteur
Année
2007
Pages
20
N° de catalogue
V137073
ISBN (ebook)
9783640451296
ISBN (Livre)
9783640451494
Taille d'un fichier
444 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sozialisationsinstanz, Kindergarten, Betrachtung, Ansatzes, Georg, Herbert, Mead
Citation du texte
Franziska Weigt (Auteur), 2007, Die Sozialisationsinstanz Kindergarten unter näherer Betrachtung des interaktionistischen Ansatzes von Georg Herbert Mead, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137073

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