Caligula im Umgang mit Macht


Hausarbeit, 2009

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Allgemeines - Die Quellen

3 Caligulas Herrschaftsantritt
3.1 Der Prinzeps im Machtgefüge
3.2 Caligula und die machthabenden Gruppen
3.2.1 Regierungsantritt
3.2.2 Popularität bei der plebs
3.2.3 Erwartungen des Senats

4 Caligulas Weg im Machtgefüge und sein Umgang mit Erwartungen
4.1 Balanceakt oder „neuartiger“ Umgang mit Macht?
4.2 Kurswechsel? – Was geschieht mit den Erwartungen des Volkes?
4.3 Eine neue Rangordnung? - Was geschieht mit dem Senat?
4.4 Die Wirkung auf den Senat

5 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

Enzyklopädien:

Quellenverzeichnis:

Forschungsliteratur

Biografien:

Inschriften

1 Einleitung

Der Kaiser Caligula ist in die Römische Geschichte als „wahnsinniger“ bzw. „verrückter“ Kaiser eingegangen. In dieser Hausarbeit bleibt Caligulas möglicher „Caesarenwahnsinn“[1] unbeachtet, vielmehr wird anhand überlieferter literarischer Quellen (Cassius Dio, Sueton und Tacitus) bzw. verschiedener Forschungsliteratur untersucht, wie Caligula als Herrscher dargestellt wird. Im ersten Kapitel werden die Quellen (z. B. Gattung, Autor, Zeitpunkt der Niederschrift) näher betrachtet. Die Quellen setzen sich aus biographischer (Sueton und Cassius Dio) und annalistischer (Tacitus) Geschichtsschreibung zusammen.

Im zweiten Kapitel wird das Machtgefüge unter die Lupe genommen. In dieser Arbeit steht Caligulas Umgang mit den ihn umgebenden Machteliten im Vordergrund. Die Machtverteilung wird kurz skizziert. Aufbauend auf E. Flaigs These – welche er im Rahmen seiner Buchvorstellung[2] äußerte - wird hier von drei machthabenden Gruppen ausgegangen (Plebs urbana, Senat und Heer). Als Kaiser kommuniziert Caligula ständig mit diesen drei Gruppen. Erörtert werden in diesem Bezug, wie die (anfänglichen) Erwartungen von zwei der drei Gruppen an Caligula in den Quellen dargestellt werden, ebenso wie Caligula als Kaiser im 1. Jahrhundert mit diesen Erwartungen und Gruppen umging. Im Vordergrund stehen die Gruppen Plebs urbana und der Senat. Aus inhaltlichen Aspekten wird auf die Rolle des Heeres innerhalb der Arbeit kaum eingegangen. Als Prinzeps beruht Caligulas Macht auf sozialen Faktoren und gesetzlich verliehenen Vollmachten und Privilegien. Gerade Ersteres wird näher untersucht. Die Fragestellungen lauten einerseits: Wie war die soziale Position des Kaisers im Machtgefüge verankert? Welche „Kommunikationsregeln“ musste ein Kaiser unbedingt einhalten? Und andererseits: Wie ging Caligula mit seiner Stellung um?

Verschiedene Quellenhinweise zum Machtantritt Caligulas werden im dritten Kapitel zusammengetragen und im vierten Kapitel, anhand der Forschungsliteratur versucht, in einen Zusammenhang zu setzen. Wie kann ein Kaiser agieren und wie nutzt Caligula seine Regierungszeit? Untersucht werden, die Erwartungen der einzelnen Gruppen an ihn und wie Caligula seine „Rolle“ als Kaiser beginnt. Außerdem wird der Frage nachgegangen, wie die machthabenden Gruppen mit einem vielleicht „neuartigen“ Verhalten des Kaisers umgehen. Wieso wird er als so grausam dargestellt? Die meisten Quellenbeiträge (zu diesem Thema) stammen aus senatorischer „Hand“, darum stellt diese Gruppe Ende des vierten Kapitels einen Schwerpunkt dar. Mit Bezug auf die Forschungsliteratur wird erörtert, wie Caligula die machthabenden Gruppen wahrnimmt, welche „Macht“ er den einzelnen Gruppen zuspricht oder zusprechen möchte und wodurch er möglicherweise, diesen Gruppen gegenüber, Grenzen überschreitet.

Der Schluss, das sechste Kapitel, skizziert Caligulas Ableben und fasst zentrale Erkenntnisse zusammen.

Im Rahmen dieser Arbeit steht das Zusammenspiel zwischen dem Kaiser und den machthabenden Gruppen im Vordergrund. Es wird nicht auf die psychische Verfassung des Kaisers eingegangen, von Bedeutung ist die Darstellung Caligulas im Umgang mit Macht innerhalb eines Gefüges. Das Ende seiner Herrschaft, sozusagen das Ende seines Ansehens bei verschiedenen Gruppen, wird durch das Aufzeigen der Grenzen des kaiserlichen Einflusses angedeutet. Das Verhalten an der Macht und nicht der Verlust dieser sind Gegenstand der Hausarbeit.

2 Allgemeines - Die Quellen

Die vorliegenden Quellenfunde lassen auf einen abgrundtiefen Hass der römischen Aristokratie auf den Kaiser Caligula schließen. Jener Hass wird im Laufe der Arbeit noch näher betrachtet. Zunächst werden Fragen nach der Quellengattung, Herkunft der Autoren und Hintergründe, mit welchen die Autoren schreiben versucht zu beantworten.

Die Autoren lassen sich der antiken Geschichtsschreibung zuordnen, sie unterscheiden sich von der modernen Geschichtsschreibung vor allem darin, dass sie zu ihrer Zeit weniger dem Bereich der Wissenschaft als vielmehr zur (hohen) Literatur gerechnet wurden. Die formale Gestaltung der Geschichtswerke, die Gliederung nach künstlerisch wirksamen Gesichtspunkten wurde sorgfältig betrieben. Eine Geschichtsdeutung oder auch didaktische Zwecke strebten antike Historiographen oftmals an. Für die griechische Historiographie wurde die Geschichte des römischen Weltreichs, etwa durch Aufstieg Roms zur Weltmacht, zum Gegenstand. In dieser Tradition stand Cassius Dio, ein „Imperiumsrömer“[3]. Cassius Dio sah den Übergang der Republik „zur monarchischen Staatsform als unvermeidlich zur Rettung von Staat und Imperium“[4]. Er schrieb seine historischen Abläufe in griechischer Sprache und mehreren Büchern. Caligulas Herrschaft ist im Buch 59 festgehalten, wobei Teile des letzten Regierungsjahres fehlen.

Obwohl die römische Geschichtsschreibung sich aus der griechischen entwickelt hat, weist sie Besonderheiten auf. Sie genoss innerhalb der literarischen Gattungen höchstes Ansehen, welches sie meist mit den Autoren gemeinsam hatte. Denn die Vertreter stammten aus der herrschenden Gesellschaftsschicht - meist waren sie Politiker. Sie zeigten eine starke Anteilnahme am politischen Geschehen. Sueton, etwa um 70n. Chr. in einer Provinz geboren und ca. um 140 gestorben, machte am Hofe des Kaisers Hadrian Karriere. Sein literarisches Genus war die Biografie. In seinem Werk De vita Caesarum stellte er jeweils die Person des Kaisers ins Zentrum. Er zeigte sich an der Gesamtpersönlichkeit interessiert, dazu ordnete er seine Biografien nicht chronologisch, sondern in Rubriken wie Kindheit, Erziehung, Taten, persönliche Besonderheiten und Tod. Er sah sein vorrangiges Ziel in der Unterhaltung des Lesers.[5]

Der Begriff Annalistik leitet sich von „annales“, aufgestellten Jahrestafeln ab. Die Annalistik wurde zu einer Hauptform der römischen Geschichtsschreibung. P. Cornelius Tacitus stand in der Tradition der Annalistik. Nur wenige Werke der senatorischen Geschichtsschreibung des 1. Jh. der Kaiserzeit sind erhalten. Es gehörte großer Mut dazu, als Schriftsteller wahrheitsgetreu zu schreiben. Oft wurden Werke wegen ihrer oppositionellen Haltung gegenüber dem jeweiligen Kaiser unmittelbar nach ihrem Erscheinen unterdrückt. Allesamt waren Mitglieder der aristokratischen Gesellschaft, der Oberschicht. Ihre z. T. hasserfüllten Schilderungen können nicht wörtlich genommen werden, sie alle waren wiederum unmittelbar von kaiserlichem Verhalten und Urteilen geprägt. Auch Tacitus veröffentlicht seine Werke erst nach der Ermordung Domitians (96 n. Chr.). In seinem ersten Buch betont Tacitus, dass die Taten einiger Kaiser, darunter Tiberius und Caligula, „zu ihren Lebzeiten aus Furcht verfälscht, [und] nach ihrem Tod mit frischem Hass niedergeschrieben worden“[6] sind. Seine Annalen sind eine wertende Darstellung des Prinzipats im 1. Jh. n. Chr. Er sieht im Kaisertum einen Verlust von Freiheit, welche er in der Republik mit seinem aristokratischen Selbstbewusstsein sehr wohl sieht.[7] Einige Bücher seiner Annalen sind nicht mehr erhalten, Caligulas Herrschaft ist in diesen verlorenen Büchern niedergeschrieben.

3 Caligulas Herrschaftsantritt

3.1 Der Prinzeps im Machtgefüge

Das Thema Macht wirkt unerschöpflich. Innerhalb der Geisteswissenschaften wird Macht unterschiedlich definiert. Je nach Strömung werden verschiedene Aspekte oder Phänomene der Macht zum Gegenstand der jeweiligen Untersuchung gewählt. Beispielsweise definiert Max Weber Macht, als „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht.“[8] Die folgenden Ausführungen weisen darauf hin, dass selbst der Kaiser von Rom seine Macht mit anderen teilt und dass es Konsequenzen für ein Machtgefüge hat, wenn er seinen Willen bedenkenlos durchsetzt.

Das Machtgefüge bzw. die Herrschaftsbefugnisse in Rom sind komplex. Nicht die Rechtfertigungsversuche für die Macht des Kaisers werden hier vordergründig betrachtet, sondern das Kommunikationsverhalten des Kaisers und einzelner Machteliten. Die Macht liegt zur Zeit Caligulas seit Jahrhunderten in der Hand der Aristokratie. Eine Rangordnung, die Ehre und Prestige nach zuvor ausgeübten politischen Ämtern zuweist, bestimmt die Stratifikation der Gesellschaft. Die politisch-soziale Ordnung hat sich etabliert und seit Augustus mit dem Prinzipat erweitert. In den meisten Studien, die Jacques und Scheid anführen, wird das Prinzipat als „getarntes absolutes Regime“ dargestellt, die res publica restituta[9] als unumgängliche Lösung für eine vor der Auflösung stehenden Elite.[10] Die Macht des Kaisers beruht auf der Vormacht, die ihm seine soziale Position verleiht. Unter der, in der Einleitung erwähnten, sozialen Macht versteht man die Fähigkeit von Personen oder Gruppen zur Steuerung des Denkens und Handelns von Anderen. Neben individuellen Akteuren können auch Gruppen, insbesondere organisierte Gruppen, Macht besitzen und ausüben. Mit dem Amt des Kaisers ist eine soziale Macht immer auch eng mit seiner Person und auctoritas verbunden. Letztere beruht auf Verdiensten der Verwandten und Ahnen, besonderen politischen Vorzügen und Vollmachten. Dies macht eine direkte Konfrontation mit dem Prinzeps beinahe unmöglich. So lässt sich auch erklären, warum selbst ein verhasster Kaiser wie Caligula sich relativ lange an der Macht halten konnte.[11]

Der Historiker Egon Flaig ist der Meinung, eine „kompetenzmäßige Abgrenzung der Herrschaftsbefugnisse“ im antiken Rom kann nicht eindeutig gezogen werden, entscheidend sei ein Konsens der Führungsschicht, wie mit den Befugnissen umzugehen ist. Für Flaig erfordert die Untersuchung des Prinzipats einen auf eine herrschaftssoziologische Basis gestellten Begriff von „Verfassung“. „Verfassung meint die Gesamtheit der Regeln und Praktiken eingeforderter Kommunikation und Interaktion der politisch relevanten Gruppen untereinander und jeder einzelnen mit dem Kaiser.“ Er sieht den Kaiser von mehreren Gruppen herausgefordert. Drei politisch relevante Gruppen haben eine offensichtlich starke Beziehung zum Zentrum der Macht, dem Kaiser: die Plebs urbana, der Senat und das Heer. Als „maßgebliche Sektoren“ oder „machthabende Gruppen“ für die politische Gemeinschaft bestimmen sie auch die Stabilität der Herrschaft des amtierenden Kaisers.[12]

Die Plebs urbana ist die Bürgerschaft, die städtische römische Bevölkerung, diese Gruppe steht aber auch stellvertretend für die gesamte Bevölkerung im Reich. Sie ist durch „Konsens-Rituale“ intensiv in die Gemeinschaft eingebunden. „Die Plebs urbana politisierte bestimmte Themen in bestimmten Räumen gemäß bestimmten Regeln.“[13] Die Sicherheit des Kaisers und seiner Familie, „Verwahrung gegen kaiserliche Übergriffe und gegen Fahrlässigkeit bei der Versorgung Roms“, die Sorge um die Einhaltung sozialer Normen, „Parteinahme für gefährdete und benachteiligte Mitglieder der kaiserlichen Familie“, „“Aufsicht“ über die Ehe des Kaisers und Pressionen auf das Senatsgericht, um Unrecht zu verhindern, sind Themen der Plebs urbana. Raum zur politischen Kommunikation bieten die „Spiele“, d. h. das ludische Zeremoniell. Bei Spielen kann die Plebs dem Herrscher von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Die Spiele wurden auch zu einer „Arena der Politik“. Denn hier kann der Herrscher geehrt werden und die Plebs verlangt Vergnügen von ihm, sie macht auch ihren politischen Unmut kund, indem sie seine Spiele ausbuhen oder während diesen schlicht nicht applaudieren. Die Regeln für die Gewährleistung einer wechselseitigen Kommunikation gilt es für die Plebs stets offenzuhalten: Der Kaiser hat die Plebs als maßgeblichen Sektor zu bestätigen und diese hat umgekehrt dem Kaiser den Konsens zu seiner Herrschaft auszusprechen. Für beide Seiten birgt diese Form der Interaktion Risiken.[14]

[...]


[1] Caesarenwahn als eine Art Code für einen funktionsbedingten Realitätsverlust eines Machthabers. Vgl. Winterling 2007, S. 116. Weder in der Ikonographie der römischen Münzprägung noch in Inschriften lassen sich Hinweise auf einen Caesarenwahnsinn Caligulas finden.

[2] Flaig, 1991. S. 371-384.

[3] Der Kreis der Imperiumsrömer besteht aus „römischen Beamten, Senatoren, Heerführer und Literaten, die, aus den Provinzen“ stammen und deren Zahl seit dem Prinzipat steigt. Dio, 1985, Einführung, S. 7. Band 1.

[4] Dio, 1985, Einführung, S. 25.

[5] Sueton, 1993, Einführung, S. 16.

[6] Tacitus, Ann. I, 1.

[7] Vgl. Tacitus, Ann., Einführung.

[8] Weber, 1956/1980. S. 28.

[9] Aus dem Königreich entwickelt sich etwa 500 vor Chr. die Römische Republik. Res publica, der Staat, wörtlich “die öffentliche Sache”.

[10] Jacques und Scheid, 1998, S. 7. Die beiden definieren den Prinzipat als „die Restauration der traditionellen republikanischen Institutionen verbunden mit der übergeordneten Gestalt des princeps.“ Ebd. S. 53.

[11] Vgl. Jacques und Scheid, 1998, S. 36.

[12] Flaig, 1991, S. 372.

[13] Flaig, 1991, S. 373.

[14] Vgl. Flaig, 1991, S. 373 und Veyne 1990, S. 606.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Caligula im Umgang mit Macht
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kulturanthropologie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
25
Katalognummer
V137906
ISBN (eBook)
9783640464616
ISBN (Buch)
9783640461769
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aus dem Kommentar des Dozenten: Die Verfasserin versucht, das "verrückte" Verhalten des Kaisers Caligula mittels kommunikationstheoretischer Modelle auf herrschaftssoziologischer Grundlage von Egon Flaig und Aloys Winterling zu rekonstruieren und zu erklären. Dies gelingt über weite Strecken u. die Arbeit ist unter formalen Gesichtspunkten korrekt. Es ergibt sich ein leichtes Missverständnis zwischen theoretischem Anspruch und quellenkritischen Bewusstsein einerseits und der Einlösung andererseits. Da das Thema der Arbeit aber schwierig ist, möchte ich die Leistung insgesamt mit 2,0 bewerten.
Schlagworte
Caligula, Umgang, Macht
Arbeit zitieren
Eva Kirchschläger (Autor:in), 2009, Caligula im Umgang mit Macht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137906

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