Alternsgerechte Beschäftigung in der alternden Gesellschaft


Diplomarbeit, 2008

104 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung
1.1 Zentrale Fragestellung
1.2 Methodisches Vorgehen
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Definition zentraler Begriffe
2.1 Alter und altern
2.2 Soziale Sicherung
2.3 Erwerbsintegration

3. Theoretischer Analyserahmen
3.1 Wohlfahrtsstaatliche Leistungen auf Basis sozialer Bürgerrechte
3.2 Von der Dekommodifizierung zur Rekommodifizierung
3.2.1 Das Konzept der Dekommodifizierung
3.2.2 Rekommodifizierung und aktivierende Sozialpolitik
3.3 Lebenschancen durch soziale Anrechte und Angebote
3.4 Flexicurity – eine Verknüpfung von Flexibilität und sozialer Sicherheit
3.5 Entwicklung des Analyserahmens

4. Institutionelle Rahmenbedingungen und ihre Veränderungen
4.1 Erwerbsaustrittspfade bis Ende der 1990er Jahre
4.1.1 Gesetzlicher Vorruhestand und Altersteilzeit
4.1.2 Frühpensionierungen in die Altersarbeitslosigkeit
4.1.3 Vorzeitige Rentenbezugsmöglichkeiten
4.2 Förderung von Beschäftigung und spätes Ausscheiden in den
Ruhestand
4.2.1 Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung Älterer
4.2.2 Maßnahmen zur Einschränkung von Frühpensionierungs-
und Altersteilzeitoptionen
4.2.3 Änderungen der Voraussetzungen zu gesetzlichem Rentenbezug

5. Untersuchung
5.1 Wandel aufgrund der geänderten institutionellen Rahmenbedingungen
5.1.1 Studien zum Eintritt in die gesetzliche Rente
5.1.2 Studien zum Erwerbsstatus vor Renteneintritt
5.1.3 Studien zu Beschäftigungsverhältnissen Älterer
5.1.4 Ergebnisse
5.2 Wandel personalpolitischer Handlungsweisen
5.2.1 Maßnahmen zur Förderung lebenslangen Lernens
5.2.1.1 Studien
5.2.1.2 Auswertung
5.2.2 Maßnahmen zur Weiterbildung in Betrieben
5.2.2.1 Studien
5.2.2.2 Auswertung
5.2.3 Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
5.2.3.1 Studien
5.2.3.2 Auswertung
5.2.4 Maßnahmen zur Gestaltung alternsgerechter Arbeitskarrieren
und der (Lebens-) Arbeitszeit
5.2.4.1 Studien
5.2.4.2 Auswertung
5.2.5 Ergebnisse
5.3 Wandel kultureller Normen und Werte
5.3.1 Studien
5.3.2 Ergebnisse

6. Schlussbetrachtung

7. Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung des Konzepts

Abbildung 2: Rentenzugänge in Deutschland

Abbildung 3: Erwerbsstatus der 50 – 65-jährigen Männer im Jahr

Abbildung 4: Erwerbsstatus der 50 – 65-jährigen Männer im Jahr

Abbildung 5: Teilnehmer an geförderter Weiterbildung ab 50 Jahre

Abbildung 6: Sehr hohe und hohe Bedeutung der betrieblichen Gesundheits-förderung

Abbildung 7: Unternehmen mit Karrieremodellen für Mitarbeiter über 50 Jahre

Abbildung 8: Bereitschaft von Unternehmen zur Neueinstellung Älterer

Abstract

Aufgrund der demografischen Alterung in Deutschland steigt der Anteil älterer Menschen am Erwerbspersonenpotential, gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt auf die Erwerbsbeteilung älterer Menschen angewiesen, da die Gesamtzahl der Erwerbspersonen schrumpft. Wo früher das Augenmerk auf Externalisierung älterer Beschäftigter und ihr Ausscheiden in den frühen Ruhestand lag, sind heute alternsgerechte (Weiter-)Beschäftigung und später Austritt aus dem Erwerbsleben von Bedeutung.

Diese Arbeit analysiert den Übergang vom frühen Austritt aus dem Erwerbsleben zu spätem Ausscheiden in den Ruhestand im Hinblick auf die soziale Stellung älterer Arbeitnehmer. Es wird die Frage untersucht, wie sich die Chancen älterer Beschäftigter auf soziale Sicherung und Erwerbsintegration verändern. Den theoretischen Rahmen dieser Untersuchung bilden die Konzepte der Dekommodifizierung, der Rekommodifizierung und der Aktivierung in Verbindung mit dem Konzept der Lebenschancen. Die Analyse der Forschungsfrage erfolgt durch Literaturrecherche, der Beurteilung von Ergebnissen empirischer Studien sowie der Auswertung statistischer Datenquellen zum Renteneintritt.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen eine Verbesserung der Chancen auf Erwerbsintegration beabsichtigen und den Zugang zu Leistungen sozialer Sicherung erschweren. Gleichzeitig hat sich der Wandel vom frühen Austritt aus dem Erwerbsleben zu spätem Eintritt in den Ruhestand noch nicht bei den Akteuren auf dem Arbeitsmarkt durchgesetzt, so dass größtenteils die längere Erwerbsintegration weder auf Seiten der Arbeitgeber unterstützt noch von Seiten der Beschäftigten gewünscht wird.

1. Einleitung

Ein bestimmendes Merkmal des Arbeitsmarktes in Deutschland bestand in den letzten Jahrzehnten darin, dass ein Großteil der älteren Beschäftigten lange vor Erreichen des regulären Rentenalters aus dem Erwerbsleben ausschied. Gleichwohl zeichneten sich bereits in den 1980er und 1990er Jahren die Tendenzen der demografischen Alterung in Deutschland ab, die Menschen erreichen ein höheres Lebensalter bei gleichbleibend niedrigen, nicht Bestand erhaltenden Geburtenraten. Damit steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung und die absolute Bevölkerungszahl nimmt ab (vgl. Löbbert 2007: 5 ff.). Diese demografischen Veränderungen haben zur Folge, dass der Anteil älterer Menschen am Erwerbspersonenpotential[1] steigt, während die Gesamtheit der Personen im erwerbsfähigen Alter langfristig sinkt (vgl. Kaufmann 2005: 41 ff.), so dass der Arbeitsmarkt auf die Erwerbsbeteilung älterer Menschen angewiesen ist.

Wo früher das Augenmerk auf Externalisierung älterer Beschäftigter und ihr Ausscheiden in den frühen Ruhestand mit Bezug sozialer Sicherungsleistungen lag, sind heute der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit, alternsgerechte (Weiter-) Beschäftigung und später Austritt aus dem Erwerbsleben von Bedeutung.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) befürwortet als Bestandteil der Reformen für alternde Gesellschaften die Umkehr von der Praxis vorzeitiger Pensionierungen (vgl. OECD 2005, www). Des Weiteren hat die Europäische Union im März 2001 das Beschäftigungsziel gesetzt, dass die Mitgliedsstaaten den Beschäftigungsanteil älterer Erwerbstätiger im Alter zwischen 55 und 64 Jahren bis zum Jahr 2010 auf 50 % innerhalb dieser Gruppe erhöhen (vgl. Ebbinghaus 2006: 4).

Dieser Wandel wird von der Bundesregierung durch gesetzliche Bestimmungen und Förderung zahlreicher Initiativen unterstützt. Die Initiative „50plus“ sieht unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer sowie die Förderung der beruflichen Weiterbildung vor. Die wichtigsten Inhalte dieser Initiative mündeten in das „Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen“, das im Mai 2007 in Kraft trat.

1.1 Zentrale Fragestellung

Vor diesem Hintergrund wird der Fokus dieser Arbeit auf die Erwerbslage älterer Beschäftigter gelegt. Sozialpolitisch ist beabsichtigt, dass der institutionell eingeleitete Wandel seine Auswirkungen auf den Verbleib älterer Menschen in Beschäftigung hat und Leistungen der sozialen Sicherung nicht als Anreize zur frühzeitigen Beendigung der Erwerbstätigkeit wirken.

Ein früher Austritt aus dem Erwerbsleben war gekennzeichnet durch vorzeitigen Rentenbezug, Altersarbeitslosigkeit oder Vereinbarungen mit dem früheren Arbeitgeber aufgrund von Altersteilzeit und individueller vertraglicher Regelungen. Der späte Eintritt in den Ruhestand ist gekennzeichnet durch die Verschiebung des regulären Rentenalters von 65 auf 67 und den Fortfall von Rentenarten, die den vorzeitigen Bezug der gesetzlichen Rente ermöglichten, wie die Rente wegen vorangegangener Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit. Außerdem ist die maximale Bezugsdauer von Arbeitslosengeld reduziert worden und staatlich geförderte Altersteilzeitvereinbarungen können nur noch bis Ende des Jahres 2009 vereinbart werden.

Während die Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer den Verbleib im Erwerbsleben aktiv unterstützt, erschweren die Neuregelungen zum gesetzlichen Rentenbezug sowie zum gekürzten Anspruch auf Arbeitslosengeld einen frühen Austritt aus der Erwerbstätigkeit. Die Verschiebung des Regelrentenalters und der Fortfall vorzeitig beginnender Renten binden die Arbeitnehmer schon aus finanziellen Gründen in den Arbeitsmarkt ein. Den Unternehmen sind Möglichkeiten der vorzeitigen Pensionierung ihrer älteren Mitarbeiter eingeschränkt worden.

Diese Kennzeichen machen deutlich, dass eine weitergehende Untersuchung der konkreten Beschäftigungssituation älterer Menschen und ihrer Ansprüche auf soziale Sicherung erforderlich ist. Die vorliegende Arbeit analysiert daher den Wandel im Hinblick auf die zentrale Frage, wie sich die Chancen älterer Beschäftigter auf soziale Sicherung und Erwerbsintegration verändern. Findet die institutionell intendierte Beschäftigungsförderung ihre Entsprechung auf dem Arbeitsmarkt oder wird älteren Menschen dadurch der Zugang zu sozialer Sicherung erschwert? Wird der Verbleib im Beschäftigungssystem auf Seiten der Akteure auf dem Arbeitsmarkt, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, als Gewinn betrachtet?

1.2 Methodisches Vorgehen

Die Beantwortung der zentralen Frage dieser Arbeit erfolgt anhand von umfangreicher Literaturrecherche, der Beurteilung von Ergebnissen empirischer Studien sowie der Auswertung statistischer Datenquellen zum Renteneintritt.

Zahlreiche Studien, die, wie im Folgenden ersichtlich sein wird, aussagekräftige Daten vermitteln, liegen vor und sind für diese vergleichende Untersuchung entweder in Buchform oder über das Internet zugänglich. Dabei ist zu beachten, dass die Verwendung von publizierten Studien unter Umständen die Gefahr birgt, dass Fehler der Primärerhebung übernommen werden. Außerdem ist eine Beeinflussung der Ergebnisse durch den Auftraggeber der Studie oder fehlerhafte Erwartungen zum Ausgang der Studie, die Einfluss in das Ergebnis fanden, nicht immer auszuschließen.

Aus der Fülle von Studien sind diejenigen ausgewählt worden, die den erforderlichen Einblick gewähren und wesentliche Ergebnisse belegen lassen. Bei den vorliegenden Untersuchungen handelt es sich sowohl um qualitative als auch um quantitative Studien zur Situation älterer Menschen in Beschäftigung sowie in Phasen der Freistellung, der Arbeitslosigkeit und des vorzeitigen Ruhestands. Zitiert werden Untersuchungen, die Auswirkungen der Veränderungen institutioneller Rahmenbedingungen, personalpolitischer Handlungsweisen und kultureller Werte und Normen analysieren. Aus den Studien werden die wichtigsten Aussagen und Argumente, die für die Beantwortung der Forschungsfrage von Bedeutung sind, herausgefiltert, so dass eine Übersicht über die relevanten Aspekte ermöglicht wird. Die erforderliche Analyse bezieht sich auf die bestehenden Wechselwirkungen zwischen Institutionen, Kulturen und den Akteuren auf dem Arbeitsmarkt, die sozial agieren und interagieren.

1.3 Aufbau der Arbeit

Da die Fragestellung dieser Arbeit sich zum Einen auf ältere Beschäftigte, zum Anderen auf soziale Sicherung und Erwerbsintegration bezieht, ist zunächst zu definieren, welche Personen als ältere Beschäftigte betrachtet werden, um im Anschluss zu konkretisieren, was unter „sozialer Sicherung“ und „Erwerbsintegration“ zu verstehen ist.

Nach diesen Begriffsdefinitionen werden die in der Literatur vorhandenen relevanten theoretischen Konzepte dargestellt und diskutiert, so dass ein Analyserahmen erstellt werden kann, der die theoretische Grundlage für die Untersuchung bildet. Anschließend werden die institutionellen Rahmenbedingungen der Wege in den Ruhestand zum besseren Verständnis der Veränderungen skizziert: Auf der einen Seite wird die Situation des frühen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben mit den Regelungen, die diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ermöglichten, dargestellt und auf der anderen Seite die Möglichkeiten des Verbleibs auf dem Arbeitsmarkt mit spätem Austritt in den Ruhestand.

Die folgende Untersuchung zur Beantwortung der Forschungsfrage zieht jüngere wissenschaftliche Untersuchungen heran, die die Veränderungen der Chancen älterer Beschäftigter auf soziale Sicherung und Erwerbsintegration aufgrund des Wandels von einem frühen Renteneintritt hin zu spätem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben belegen und verdeutlichen. Zur Analyse der Forschungsfrage werden die Veränderungen identifiziert und in Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen, Veränderungen personalpolitischer Handlungsweisen und Veränderungen kultureller Werte und Normen kategorisiert.

Die nachfolgende Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse der Untersuchung auch im Hinblick auf die Wechselwirkungen zwischen Institutionen, Kulturen und den Akteuren auf dem Arbeitsmarkt zusammen und gibt die Beantwortung der zentralen Frage wieder. Der Ausblick verweist auf weitere Diskussionspunkte und Aspekte für weitergehende Untersuchungen.

2. Definition zentraler Begriffe

Bevor ein theoretischer Rahmen zur Analyse der Fragestellung dieser Arbeit erstellt werden kann, ist es erforderlich, die in der Einleitung nur kurz erwähnten, aber für diese Arbeit zentralen Begriffe zu erläutern. Bei den zentralen Begriffen handelt es sich zum Einen um die Definition des Alters: Welcher Personenkreis findet überhaupt Eingang in diese Untersuchung? Zum Anderen handelt es sich um die Begriffe „soziale Sicherung“ und „Erwerbsintegration“, die zum Verständnis des Forschungsgegenstandes nachfolgend erklärt werden.

2.1 Alter und altern

Die in dieser Untersuchung betrachtete Gruppe von Personen soll abhängig Beschäftigte sowie ehemals abhängig Beschäftigte umfassen, die durch ihre Erwerbstätigkeit Ansprüche auf soziale Sicherungsleistungen erworben haben. In Bezug auf das Lebensalter der betrachteten Gruppe standen in der Vergangenheit Personen unmittelbar vor der Verrentung im Blickpunkt beschäftigungspolitischer Maßnahmen. Heute ist bekannt, dass Ursachen und Entstehungsbedingungen für Beschäftigungsrisiken bereits viel früher einsetzen (vgl. Frerichs 1998: 16). Daher soll die Definition der älteren Personen hier weit gefasst sein und unabhängig von einer festen Altersgrenze erfolgen.

Vielmehr ist das Altern als dynamisches Konzept Grundlage der Untersuchung, altern und alternsgerecht deutet auf die Perspektive über den Lebensverlauf hin mit dem Fokus auf das Ende des Erwerbslebens. Es soll nicht ein bestimmter Zeitpunkt festgesetzt werden, ab dem Personen der Gruppe der älteren Beschäftigten zugerechnet werden. Kennzeichnend ist vielmehr die Einstufung als „älterer Beschäftigter“, wenn sich Beschäftigungsrisiken, die altersbedingt auftreten, häufen und eine Abgrenzung zu weniger betroffenen Kontrastgruppen möglich ist (vgl. Clemens 2001: 17). Lediglich als ein Anhaltspunkt für die betrachtete Gruppe dient die „Generation 50 plus“, also Erwerbspersonen ab dem 50. Lebensjahr, die auch von der Bundesanstalt für Arbeit zu den älteren Beschäftigten gezählt wird.

Es ist auch nicht möglich, für alle Betroffenen in gleicher Weise zutreffende Aussagen zu formulieren, da grundsätzlich jeder Mensch anders altert (vgl. Rosenmayr 2003: 145). Je älter die Menschen werden, desto unterschiedlicher werden sie in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Leistungswille sowie persönliche Möglichkeiten und Präferenzen. Sie bilden also eine höchst heterogene Gruppe, die aber häufig gleich behandelt wird.

Im Übrigen werden in unterschiedlichen Berufen Beschäftigte zu unterschiedlichen Zeitpunkten als alt bezeichnet (vgl. Gussone et al. 1999: 43), z.B. Piloten bei einem Alter über 50 Jahren, Unternehmensberater über 40 Jahren, EDV-Programmierer schon über 35 Jahren. Bereits diese Tatsache lässt eine Betrachtung ab einer festen Altersgrenze nicht zu.

Die Untersuchung bezieht sich ferner auf die Situation älterer Erwerbspersonen in Deutschland, wenngleich in Zeiten der Globalisierungsdiskussionen gern „eine strukturlose Weltgesellschaft“ (Kaufmann 2005: 28) vorausgesetzt wird. Aber die „Relevanz sozialstaatlicher Zusammenhänge“ (Kaufmann 2005: 28) macht den Bezug auf den deutschen Staat sinnvoll. Unberücksichtigt müssen spezifische Probleme einzelner Subgruppen wie Frauen oder Migranten bleiben, da diese zum Teil eigene Zugangsschwierigkeiten zu sozialen Sicherungsleistungen und dem Arbeitsmarkt kennen, deren Diskussion den Umfang dieser Arbeit sprengen würde.

2.2 Soziale Sicherung

Ein wichtiges Ziel innerhalb eines Wohlfahrtsstaates, wenn nicht das wichtigste Ziel ist die Verringerung von Unsicherheit angesichts verschiedener Lebensrisiken, die sich auf die wirtschaftliche Grundlage von Individuen auswirken. In der Schaffung einer sozialen Sicherung spiegelte sich die Erkenntnis wider, dass individuelle Notstände nicht zwangsläufig individuell verschuldet sind und diese abgesichert werden müssen. Die in der wohlfahrtsstaatlichen Gesellschaft bestehende soziale Verantwortung bietet über den Weg der sozialen Sicherung die Möglichkeit, mithilfe staatlicher Institutionen Gefahren und Risiken zu begegnen.

In Zeiten industrieller Modernisierung Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Abhängigkeit der Arbeiter vom Lohn, so dass Lohnausfall, sei es wegen gesundheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, Alter oder Verlust des Arbeitsplatzes, zu persönlichen Missständen führte. Mit Einführung der Sozialversicherung konnten Leistungen auf Basis versicherungsmathematischer Risikokalkulation mit entsprechender Beitragserhebung für die jeweiligen Risiken diese Missstände mildern. Die beitragsgedeckte Sozialversicherung bildet im Wohlfahrtsstaat einen bedeutenden Bereich, durch den soziale Sicherheit gewährleistet wird. In Deutschland zählen zur Sozialversicherung inzwischen die Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung (vgl. Ullrich 2005: 63 ff.). Nachdem zum Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Sozialversicherungen nur für Industriearbeiter und damit für eine eng umgrenzte Personengruppe galten, wurden die Sozialversicherungen nach und nach für immer weitere Personengruppen geöffnet. Inzwischen sind alle Personen mit einer abhängigen Beschäftigung versichert, so dass eine Kopplung der Sozialversicherung an ein Erwerbsverhältnis besteht (vgl. Möhle 2001: 77 f.). Die Beiträge werden größtenteils jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen.

Darüber hinaus existieren zur sozialen Sicherung der Gesellschaft Sozialtransfers des Staates nach dem Subsidiaritätsprinzip. Diese direkten Transfers werden im Allgemeinen aus Steuermitteln finanziert und dienen zur Sicherung des Existenzminimums oder zur Erhaltung der sozialen Stellung des Individuums (vgl. Trappe 2000: 17). Diese Hilfe erfolgt unter dem Vorbehalt, dass eigene Mittel und die eigene Arbeitskraft eingesetzt werden.

Außerdem werden Sozialleistungen nach dem Fürsorgeprinzip zur Befriedigung von Grundbedürfnissen gewährt, die das kulturelle Existenzminimum gewähren. Jedem Hilfsbedürftigen soll ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden, es greift das Bedürftigkeitsprinzip. Der Bedarf wird von der zuständigen Institution, der Sozialbehörde, anhand von Vergleichswerten ermittelt. Auch diese Leistungen werden von allgemeinen Steuereinnahmen des Staates finanziert (vgl. Trappe 2000: 13).

Der Begriff „soziale Sicherung“ umfasst daher nicht ausschließlich die Sozialversicherung, sondern auch Sozialleistungssysteme mit Fürsorge- und Versorgungscharakter, so dass die gesamte Bevölkerung einbezogen wird und nicht nur die Erwerbsbevölkerung. Anspruch auf soziale Sicherung hat der Einzelne somit nicht in seiner Eigenschaft als Arbeiter, sondern als Mitglied der Gesellschaft.

Ihre rechtliche Basis findet die soziale Sicherung in Deutschland im Sozialgesetzbuch, das die Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen zur Erfüllung der sozialen Sicherheit bestimmt (vgl. Möhle 2001: 86 f.).

2.3 Erwerbsintegration

In Gesellschaften, in denen entwickelte Arbeitsmärkte zu finden sind, können die Mitglieder durch Ausübung verschiedener Berufsrollen ihre Identität ausbilden und erfahren mit der Ausübung des Berufs soziale Integration. Nach Beendigung der Berufstätigkeit ist häufig soziale Desintegration festzustellen (vgl. Hinz / Abraham 2005: 18). Clemens spricht von einer „Vergesellschaftungslücke“ (2005: 379), die bei Ausscheiden aus dem Berufsleben entsteht: Die soziale Integration erfolgt danach ausschließlich „über Familie, soziale Netze, Freizeit und Konsum“ (Clemens 2005: 380).

Verschiedene Subgruppen der Erwerbspersonen haben unterschiedliche Chancen auf Integration in den Arbeitsmarkt. Auch die Erwerbsintegration älterer Erwerbsfähiger in den Arbeitsmarkt ist Gegenstand aktueller sozialpolitischer Maßnahmen, die die Aktivierung der Arbeitskräfte im Fokus haben. Staatlich geförderte Beschäftigung kann beispielsweise qualifizierten Sozialleistungsempfängern den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt, also in Beschäftigung ohne staatliche Förderung, ermöglichen (vgl. Kaps 2006: 58). Somit stellt Erwerbsintegration ein Ziel der Beschäftigungsförderung dar, die sich jedoch nicht auf „perspektivelose Jobs“ (Giddens 1999: 129) beziehen soll, damit Einkommen gesichert ist sowie Sicherheit und Zukunftsperspektiven gegeben sind.

Voraussetzung der tatsächlichen und nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt ist, dass die Vermittlung in eine dauerhafte Beschäftigung gelingt. Unsichere Beschäftigungsverhältnisse können dagegen zu Passivität der Einzelnen führen und Resignation verursachen. Misserfolge im beruflichen Bereich werden in die private Sphäre übertragen und wirken sich negativ auf soziale Beziehungen aus (vgl. Diewald / Eberle 2003: 686). Somit kann sich eine unvollständige Erwerbsintegration negativ auf die gesamte Lebensführung der Betroffenen auswirken.

Die Exklusion älterer Menschen vom Arbeitsmarkt wird gar als soziale Entmündigung begriffen (vgl. Andersen / Guillemard 2005: 267). (Soziale) Kompetenzen können nicht mehr genutzt und erweitert werden, so dass Selbstwirksamkeit, soziale Anerkennung wie auch Partizipation nicht mehr erfahren werden kann. Die Möglichkeiten für eine selbstverantwortliche Lebensweise sind danach eingeschränkt (vgl. Clemens 2001: 28). Auch nach Nullmeier (2005) ist ohne Arbeitsmarktintegration keine soziale Integration im Rahmen sozialer Gerechtigkeit haltbar, da Erwerbsarbeit die Inklusion in gesellschaftliche Funktionsbereiche ermöglicht. Auch ein wirtschaftlicher Ausgleich durch den Staat bei Exklusion vom Arbeitsmarkt kann die fehlende soziale Integration und den Mangel an sozialen Kontakten nicht kompensieren (vgl. Saurama 2005: 205).

3. Theoretischer Analyserahmen

Nach der Einführung in das Thema dieser Arbeit mit der Erklärung der grundlegenden Begriffe wird in diesem Kapitel der theoretische Rahmen für die folgende Untersuchung in Bezug auf die Fragestellung entwickelt. Die nachfolgende Diskussion soziologischer Konzepte ist notwendig, um die Abgrenzung von beschriebenen Positionen oder die Übernahme von wichtigen Elementen der Ansätze zu verdeutlichen. Erforderlich ist ein Analyserahmen, der eine Bewertung der Qualität sozialer Sicherung und Erwerbsintegration älterer Beschäftigter zulässt, zum Einen in der Situation des vorgezogenen Eintritts in den Ruhestand, zum Anderen bei Verbleib im Beschäftigungssystem und spätem Austritt in den Ruhestand. Die verschiedenen in der Diskussion stehenden Ansätze weisen aufgrund ihrer Entwicklung zahlreiche gegenseitige Bezugnahmen auf, grenzen sich aber durch grundlegende Elemente, auf die jeweils der Fokus gelegt ist, voneinander ab. Dabei handelt es sich um Ansätze zu

1. sozialen Rechten aufgrund des Bürgerschaftsstatus, die Ansprüche auf soziale Sicherung in universeller Art begründen.
2. sozialen Rechten in Verbindung mit Dekommodifizierung, Rekommodifizierung und Aktivierung: Hier steht die (Un-)Abhängigkeit sozialer Sicherung von der Teilhabe am Arbeitsmarkt im Zentrum der Betrachtung.
3. Lebenschancen: Die Bereitstellung von Optionen ermöglicht den Individuen, das eigene Leben selbstbestimmt und autonom zu führen und eigene Vorstellungen zu verwirklichen.
4. Flexicurity, die eine Verbindung darstellt zwischen flexiblen Arbeitsmärkten und Wahrung von sozialer Sicherheit.

Die angesprochenen Konzepte sind nicht konkret für die Gruppe der älteren Erwerbstätigen definiert, können aber gleichwohl Anwendung auf diese Gruppe finden. Ziel ist die Diskussion der Erklärungsansätze im Hinblick auf ihre Bedeutung zur Systematisierung der Untersuchungsergebnisse und zur Klärung der Untersuchungsfrage. Hierbei werden Vorzüge und Schwächen der Nutzung des jeweiligen Konzepts im Rahmen der Untersuchung hinterfragt.

3.1 Wohlfahrtsstaatliche Leistungen auf Basis sozialer Bürgerrechte

Durch die Institutionalisierung sozialer Rechte in Deutschland ist der Druck auf Individuen reduziert, ihre Arbeitskraft auf dem Markt verkaufen zu müssen. Bereits 1949 hat Thomas H. Marshall die sozialen Rechte als wichtiges Element des Staatsbürgerstatus im modernen Wohlfahrtsstaat in seinem „Citizenship“-Konzept definiert. Nach diesem Konzept stellt die Staatsbürgerschaft eine Form der Mitgliedschaft zu einer Gemeinschaft dar, die von Loyalität geprägt ist und eine gemeinsame Kultur teilt (vgl. Marshall 1992: 62). Den gemeinsamen Kulturen und Werten sind alle Gesellschaftsmitglieder gleichermaßen verpflichtet, so dass sich in den Ideen eine wohlfahrtsstaatliche Solidarität wiederfindet. Marshall schildert die Entwicklung der Bürgerrechte als einen Prozess, in dessen Verlauf zunächst allgemeine bürgerliche Rechte erworben wurden, daraufhin politische Rechte und dadurch soziale Rechte erlangt werden konnten. In der Einführung des allgemeinen Wahlrechts als ein politisches Recht sah Marshall eine Grundlage für die sozialen Rechte, da die organisierte Arbeiterklasse die politische Kraft erhielt, um Wohlfahrtsrechte als sozialpolitische Forderung durchsetzen zu können (vgl. Giddens 2000: 187).

Als soziale Rechte aufgrund des Staatsbürgerstatus gelten Rechte auf wohlfahrtsstaatliche Basisversorgung und volle Teilhabe in gesellschaftlichen Strukturen (vgl. Marshall 1992: 40). Die sozialen Rechte des Individuums beinhalteten laut Marshall

„ein allgemeines Recht auf ein verfügbares Einkommen, das sich nicht nach dem Marktwert des Beanspruchenden bemaß“ (Marshall 1992: 66).

Damit stellen soziale Rechte ein zentrales Element zur Ermöglichung sozialer Inklusion und Teilhabe dar, soziale Integration kann durch soziale Rechte gewährleistet werden. Risiken und Unsicherheiten sollten mit Erfüllung der sozialen Rechte reduziert und die Möglichkeit der Führung eines zivilisierten Lebens gewährleistet werden. Wohlfahrtsstaatliche Institutionen des Gesundheits- und Erziehungswesens erbrachten die rechtlich verankerten Leistungen (vgl. Mackert 2006: 32 f.).

Soziale Ungleichheit wird im Wohlfahrtsstaat abgebaut, indem eine Mindestversorgung an lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sowie ein Mindesteinkommen zur Deckung der Lebenshaltungskosten gewährt werden. Die Durchsetzung sozialer Rechte zielt auf die Umverteilung von Reichtum und Einschränkung der Vorrechte der herrschenden Klasse ab (vgl. Mackert 2006: 34). Wenngleich dies das Erreichen der egalitären Grundsätze des Staatsbürgerstatus förderte, wurde das Ziel, absolute Gleichheit in der Gesellschaft zu erreichen, von Marshall nicht als realistisch angesehen. Vielmehr sollten bestimmte Statusunterschiede anerkannt und stabilisiert werden, die aufgrund von Bildungsunterschieden auch zu Einkommensunterschieden führen. Marshall ging davon aus, dass die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft solche Unterschiede tolerierten, die allgemein als berechtigt anerkannt sind (vgl. Dwyer 2004: 41).

Als institutionelles System sieht Marshall die Sozialversicherung vor und definiert sie als

„fiskalische Einrichtung, von den Bürgern einer bestimmten Gesellschaft entworfen, um die Verteilung der Einkommen in dieser Gesellschaft auf eine Art und Weise zu verändern, die der Wohlfahrt aller am meisten entspricht“ (Marshall 1992: 102).

Durch dieses System werden die schwächeren Mitglieder der Gesellschaft zu Lasten der stärkeren begünstigt. Bei der Verteilung der Leistungen werden die Struktur der Gesellschaft und die Position des Einzelnen in ihr berücksichtigt. Die Höhe des zu sichernden Einkommens wird auf Basis der gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt. So verliert die Wohlfahrt den Charakter der Barmherzigkeit und wird vielmehr zu einer Befriedigung eines rechtlichen Anspruchs. Die sozialen Rechte machten die horizontalen Machtverhältnisse aller Marktteilnehmer erträglich und akzeptabel, im Gegenzug sah Marshall die Pflicht der Bürger, ihre Arbeitskraft zu erhalten, indem sie Bildung und Gesundheit förderten (vgl. Marshall 1992: 104 f.). Die Verpflichtung zur Arbeit und Koppelung der sozialen Rechte an die Erwerbsarbeit sollte Inklusion erzeugen, führte aber gleichzeitig zur Exklusion der Gruppe der Erwerbslosen und -unfähigen (vgl. Morris 1994: 3).

Einen Praxisbezug fand Marshall im Beveridge-Report, der 1942 von William Beveridge veröffentlicht wurde und eine einheitliche Beitragszahlung aller arbeitsfähigen Bürger vorsah, um Bedürftige unterstützen zu können. Da diese Unterstützung in Form einer Versicherung erfolgte, sollte jedem ein Anrecht auf Leistung zustehen ohne das Stigma einer Bedarfsprüfung. Durch gleiche Teilhabe und gleiche Behandlung der Anspruchsberechtigten wies die entsprechend Beveridges Vorschlägen eingeführte Nationale Versicherung in Großbritannien die später von Marshall definierte Form der sozialen Bürgerrechte auf (vgl. Alcock 1999: 48). Im Gegensatz zu Beveridge hat der britische Sozialwissenschaftler Richard Titmuss, der ebenfalls die Idee der sozialen Bürgerrechte vehement vertrat, in den 1950er und 1960er Jahren für ein beitragsbezogenes Leistungssystem plädiert (vgl. Alcock 1999: 51), da von ihm geleitete Untersuchungen das fortbestehende Armutsrisiko für Rentner aufzeigten. Auch die Armut von Familien wurde als großes Problem erkannt, aber Änderungen des Systems der sozialen Sicherung in Großbritannien zeigten erst Jahrzehnte später ihre Auswirkungen.

Zwei wesentliche Dimensionen des Konzepts von Marshall sind die Statusgleichheit sowie die Teilhabe (vgl. Mohr 2007: 66 ff.). Jedem Mitglied einer Gemeinschaft oder Bürger eines Staates stehen soziale Rechte in gleicher Weise zu, unabhängig von seiner Position, seinem Status innerhalb der Gesellschaft. Die Teilhabe der Individuen an wirtschaftlichen, sozialen und politischen Feldern gesellschaftlichen Lebens ist grundlegend für die Definition der Staatsbürgerschaft Marshalls, nicht gewährte Teilhabe führt zu Marginalisierung und sozialer Isolation von Individuen (vgl. Jensen / Pfau-Effinger 2005: 5). Dabei soll sich die Teilhabe auch auf die Möglichkeiten der Menschen beziehen, selbst Einfluss zu nehmen auf gesellschaftliche Vorgänge und alltägliche Abläufe im Arbeits- oder öffentlichen Leben (vgl. Andersen 2005: 82).

Gleichzeitig ist die Teilhabe an sozialer Sicherung abhängig von der Art sozialrechtlicher Ansprüche. Sozialrechtliche Ansprüche existieren in universeller Art, wenn sie an staatsbürger- oder aufenthaltsrechtliche Titel geknüpft sind, in beitragsorientierter Art, wenn sich die Ansprüche aufgrund zuvor geleisteter Beitragszahlungen ergeben, sowie in Form von bedürftigkeitsorientierten Leistungen.

Gleichwohl befinden sich die sozialen Bürgerrechte jedoch in einem Dilemma, da sie auf der einen Seite ein universales Grundrecht darstellen, die aus diesen sozialen Rechten abzuleitenden Ansprüche sind aber auf der anderen Seite nicht auch universalisierbar beispielsweise analog des Wahlrechts. Gleiche soziale Sicherungsleistungen für alle Bürger würden Ungleichheiten bestätigen und nicht ausgleichend wirken. Der Staat ist daher als Akteur zur Umverteilung innerhalb der Gesellschaft gefordert. Dieses birgt jedoch einen „grundlegend instabilen Charakter sozialer Staatsbürgerrechte“ (Möhle 2001: 37), da soziale Leistungen aufgrund ihres materiellen Wesens vom wirtschaftlichen Umfeld und damit von den Kräften des Marktes abhängig sind. Der jeweilige Standard der sozialen Rechte ist abhängig von der politischen Bereitschaft zur Umverteilung und der Fähigkeit des Staates zur Durchsetzung sozialpolitischer Gesetzgebung sowie von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage (vgl. Hemerijck 2001: 138 f.). Daher kann es sich bei den sozialen Rechten lediglich um sekundäre Rechte handeln, deren Einklagbarkeit erschwert ist. Wenn ein allgemeingültiges Recht auf soziale Leistungen bestehen würde, wären sozialpolitische Forderungen und deren Finanzierung nicht Gegenstand politischer Debatten.

Außerdem ist die Definition der sozialen Rechte bei Marshall in sich widersprüchlich, wenn er zum einen das Recht auf ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Wohlfahrt und Sicherheit und in direktem Zusammenhang das Recht auf einen vollen Anteil am gesellschaftlichen Erbe sowie das Recht auf ein Leben als zivilisiertes Wesen entsprechend der gesellschaftlich vorherrschenden Standards benennt. Hier könnte man vermuten, dass soziale Leistungen ausschließlich den Armen vorbehalten sind, um ihnen ein Mindestmaß an wirtschaftlichen Ressourcen zu gewähren. In diesem Fall könnte nicht von universellen Ansprüchen die Rede sein. Auf der anderen Seite müssten die gesellschaftlichen Standards genauer definiert werden. Handelt es sich hier beispielsweise auch um künstlerische Genüsse, die staatlich gefördert und so jedem Gesellschaftsmitglied zugänglich gemacht werden sollten? Marshall geht über seine unbestimmte Definition nicht hinaus (vgl. Dwyer 2004: 45).

Schließlich lässt Marshall auch den Punkt der Finanzierung der Befriedigung sozialer Rechte unberücksichtigt. Obwohl er diesen Punkt als zentral ansieht, überlässt er die Klärung dieses Problems den Ökonomen (vgl. Marshall 1992: 39). Nur vage geht er auf eine Finanzierung der Kosten der wohlfahrtsstaatlichen Einrichtungen durch Steuer- und Abgabenaufkommen oder Beitragsleistungen ein (vgl. Marshall 1992: 107). Dieses schwächt seine Theorie erheblich und hinterlässt den Eindruck, dass Marshall selbst keine klare Vorstellung über die finanzielle Ausstattung des Systems hat (vgl. Dwyer 2000: 56).

Die Zeit nach Ende des zweiten Weltkriegs, in der das Konzept der sozialen Bürgerrechte angesiedelt ist, stellte den Beginn wohlfahrtsstaatlicher Einrichtungen in Großbritannien dar, gleichzeitig war die Hoffnung auf Vollbeschäftigung nicht unberechtigt. Die Pflichten, die für den Einzelnen mit seinen sozialen Rechten verbunden sind wie die Pflicht zur Teilhabe am gesellschaftlichen Erwerbssystem, finden sich in diesem Konzept nur vereinzelt wieder, müssen jedoch in Zeiten, in denen eine Vollbeschäftigung weit entfernt ist, verstärkt Beachtung finden.

Soziale Sicherung, die vom Staat durch wohlfahrtsstaatliche Leistungen gewährt wird, kann inzwischen auf dem Markt erworben werden, so dass die Bedeutung vom Bürger und seinen sozialen Staatsbürgerrechten auf den Beitragszahler übergeht. Privatisierte Sozialleistungssysteme haben heute im Vergleich zu den Auslegungen des Konzepts der sozialen Staatsbürgerschaft an Gewicht gewonnen (vgl. Baldwin 1994: 52 f.). Außerdem sind durch Migration Aufenthaltstitel heute unsicherer geworden, so dass die Reduzierung der Begründung sozialer Rechte auf den Bürgerstatus viele Menschen nicht erfasst. Erfahrungen in verschiedenen Ländern zeigen jedoch, dass auch das Staatsbürgerschaftskonzept die Veränderungen der Moderne wie beispielsweise die Alterung der Gesellschaft, weniger stabile familiäre Verhältnisse und die Globalisierung mittragen kann (vgl. Hemerijck 2001: 164 ff.). Die soziale Sicherung muss in der Weise angepasst werden, dass ein neues Gleichgewicht entsteht zwischen flexiblen Märkten und Sicherheit. Wie dieses konzeptualisiert werden kann, zeigen die im Folgenden diskutierten Ansätze.

3.2 Von der Dekommodifizierung zur Rekommodifizierung

Das Konzept der Kommodifizierung, also das „zu einer Ware Werden“, geht auf Karl Polanyi zurück, der 1944 die negativen Auswirkungen der Kommodifizierung der Produktionsfaktoren, hier insbesondere der menschlichen Arbeitskraft, in der Marktwirtschaft thematisierte. Auch Claus Offe (1972) hat dieses Konzept später aufgenommen, der Kommodifizierung im Wohlfahrtsstaat eng verknüpft mit Dekommodifizierung sah. Wenn die Warenform der Arbeitskraft abgelegt wird und damit keine Gewinnerzielungsabsicht besteht, kann von Dekommodifizierung gesprochen werden. Aus dem dekommodifizierten Zustand heraus aktiviert werden, hin zu einer Teilnahme am Erwerbsprozess, bedeutet, dass eine Rekommodifizierung angestrebt wird. Bisher nicht als Lohnarbeit bewertete Tätigkeiten werden rekommodifiziert und als Lohnarbeit anerkannt (vgl. Lessenich 2000: 50 ff.).

Im Hinblick auf soziale Sicherung und Erwerbsintegration erhalten diese Begrifflichkeiten ihre Bedeutung anhand der im Folgenden dargestellten Konzepte.

3.2.1 Das Konzept der Dekommodifizierung

Eine Präzisierung der von Marshall definierten sozialen Bürgerrechte stellt laut Esping-Andersen (1990) das Konzept der Dekommodifizierung dar. Hinter dem Begriff der Dekommodifizierung verbirgt sich die wohlfahrtsstaatliche Form der Gewährung sozialer Sicherung unabhängig von der Teilhabe am Arbeitsmarkt (vgl. Esping-Andersen 1999: 43 ff.). Je größer der Grad der Dekommodifizierung in einem Staat ist, desto geringer ist der Zwang für die Individuen, die eigene Arbeitskraft auf dem Markt anzubieten. Die sozialen Rechte sehen entsprechend der Definition Esping-Andersens soziale Sicherung der Erwerbstätigen in Zeiten vor, in denen sie keiner Erwerbstätigkeit nachkommen:

„the introduction of modern social rights implies a loosening of the pure commodity status. De-commodification occurs when a service is rendered as a matter of right, and when a person can maintain livelihood without reliance on the market” (Esping-Andersen 1990: 21 f.).

Dieses Konzept unterstellt, dass Individuen einen wirtschaftlichen Status als Ware besitzen und eine Einkommensabhängigkeit besteht. Solange die Arbeitskraft als Ware angesehen wird, unterliegen die Individuen der Macht des Marktes, die außerhalb ihrer eigenen Kontrolle steht. Durch Krankheit oder aufgrund von wirtschaftlichen Interessen kann der Wert der Ware verfallen, ohne dass die Arbeiter selbst einen Einfluss ausüben können (vgl. Esping-Andersen 1990: 37).

Zum Schutz vor den Kräften des Marktes bieten starke Wohlfahrtsstaaten dekommodifizierende Mechanismen, die den Individuen die Möglichkeit zum Führen eines selbstbestimmten Lebens bieten. Das Ausmaß der Dekommodifizierung wird bestimmt durch „die Höhe, die Bezugsdauer, die Anspruchsbedingungen und die Zielgerichtetheit (Bestehen einer Bedürftigkeitsprüfung) von einkommenssichernden Leistungen“ (Lohmann 2007: 35). Deutschland erreicht entsprechend der Klassifizierung Esping-Andersens ein mittleres Dekommodifizierungsniveau, das variieren kann in Abhängigkeit zum Beschäftigungsstatus, da soziale Rechte an Klasse und Status ausgerichtet sind und Leistungen überwiegend beitragsbasiert ermittelt werden (vgl. Esping-Andersen 1990: 49 ff.).

Dass das Konzept der Dekommodifizierung kritisiert werden kann, zeigt Offe, der die von Esping-Andersen beschriebene Dekommodifizierung als Gegenteil der Behandlung von Arbeitskraft als Ware bezweifelt, sondern vielmehr davon ausgeht, dass Dekommodifizierung eine Voraussetzung für die Herausbildung der sozialen Kategorie des Arbeiters ist und sie sozial erträglich bleiben lässt (vgl. Offe 1993: 84). Offe beschreibt damit einen funktionalen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt und Sozialpolitik, der Lohnarbeitsverhältnisse entstehen lässt und erhält, so dass sich ein Markt entwickeln kann. In diesem Verständnis ist die Dekommodifizierung eher Mittel als, wie von Esping-Andersen definiert, der Zweck sozialpolitischer Maßnahmen. Staatliche Sozialpolitik wirkt in dem Sinne kommodifizierend, als durch die Verknüpfung an die Erwerbstätigkeit weitere Gesellschaftsgruppen ohne Arbeitsverhältnisse marginalisiert werden.

Hier setzt auch eine weitere laute Kritik an Esping-Andersens Konzept an, da sein Ansatz weithin als auf den männlichen Arbeitnehmer zugeschnitten gilt. Der männliche Arbeitnehmer stellt bei Esping-Andersen den Idealtypus dar, während die Rolle der Frauen in der Erwerbsgesellschaft keine Berücksichtigung findet, da solche Haushaltsbeziehungen außer Acht gelassen werden, die kein Verhältnis zwischen Lohn und Markt darstellen. Kritiker merken an, dass Frauen zunächst kommodifiziert und von familiären Pflichten befreit werden müssten, um in den Arbeitsmarkt integriert zu werden (vgl. Leitner / Ostner / Schratzenstaller 2004: 16).

3.2.2 Rekommodifizierung und aktivierende Sozialpolitik

In den 1990er Jahren wurden die dekommodifizierenden Transferzahlungen in Wohlfahrtsstaaten als negative Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (vgl. Lohmann 2007: 35; Andersen 2005: 78) angesehen und folglich der Abbau entsprechender wohlfahrtsstaatlicher Leistungen diskutiert. Die absolute Wahlfreiheit zwischen Erwerbstätigkeit und Bezug von Erwerbsersatzeinkommen sollte nicht gegeben sein, vielmehr sollten negative Sanktionen bei Ablehnung eines Tätigkeitsangebots greifen. Außerdem können positive Sanktionen wie Bezuschussung bei Aufnahme eines geringer bezahlten Erwerbsangebots oder Steuererleichterungen für Geringverdiener rekommodifizierend wirken und den Verbleib oder Wiedereinstieg in Arbeit erleichtern (vgl. Lohmann 2007: 39). Auch diese Rekommodifizierung, also die „Wiederankopplung der Ware Arbeitskraft an das Marktgesetz von Angebot und Nachfrage“ (Butterwegge 2006: S. 138), ist in ihrem Ausmaß abhängig von Höhe, Bezugsdauer, Anspruchsbedingungen und Zielgerichtetheit der Transferleistungen.

Aber nicht allein die Bezugsregelungen und Einschränkungen wohlfahrtsstaatlicher Leistungen wirken rekommodifizierend, gleichzeitig besitzen auch staatliche Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit eine rekommodifizierende Wirkung (vgl. Merkel / Ostheim 2004: 151). In diesem Sinne liegt der Fokus auf der Aktivierung von Erwerbspersonen, die mithilfe staatlicher Unterstützung länger in ihrem Beruf verbleiben oder bei Bedarf leichter eine neue Tätigkeit aufnehmen können. Barbier spricht von einer „diversity of solutions“ (2005: 113), die Maßnahmen zur Aktivierung beinhaltet, er definiert Aktivierung wie folgt:

„Activation is the introduction (or reinforcement) of an explicit linkage between, on the one hand, social protection and, on the other hand, labour-market participation“ (Barbier 2005: 114).

In den späten 1990er Jahren nahmen auch die OECD und die EU Aktivierungsmaßnahmen in den Fokus. Statt einkommenssichernder Zahlungen erhält der Erwerbsfähige die Verantwortung zur Steigerung seiner eigenen Beschäftigungsfähigkeit. Durch die Verschiebung der Verantwortung von der Gemeinschaft auf den Einzelnen ergibt sich auch eine Verschiebung der Erwartungshaltung: Während unter Berücksichtigung sozialer Rechte noch eine Schuld des Staates zur Versorgung der Bürger bestand, liegt nun die Schuld beim Bürger gegenüber der Gesellschaft, das Gemeinwohl aufrecht zu erhalten (vgl. Urban 2004: 469). Die Eigenverantwortung spielt in dementsprechend rekommodifizierten Bereichen eine tragende Rolle, der Schwerpunkt liegt auf aktivierender Sozialpolitik:

„Die Begriffe Aktivierung und Eigenverantwortung sind tragende Säulen einer neuen Wohlfahrtsarchitektur“ (Urban 2004: 468).

Mit der Abwendung von der Regulierung der Märkte hin zu Befähigung und Aktivierung müssen die Individuen ihren sozialen Sicherungsbedarf marktförmig befriedigen (vgl. Esping-Andersen 2004: 192). Diese Förderung der individuellen Marktchancen deutet auf eine investive Sozialpolitik hin, die in die Wettbewerbsressourcen der Individuen investiert, um Kosten für Folgeschäden ungenügender Marktfähigkeit zu vermeiden. Statt der Reduzierung sozialer Ungleichheit wird das Gewicht auf Inklusion, also der Teilhabe an den Strukturen der Arbeitsgesellschaft gelegt (vgl. Mahnkopf 2000: 513).

Einen Anteil staatlicher Aktivierungsmaßnahmen bildet die sogenannte „workfare“, die persönliche Leistung vorsieht im Gegenzug für die staatliche Förderung. Workfare-Programme sollen den Bezug zwischen Arbeit und Einkommen wieder herstellen und stärken. Im Austausch für Arbeitseinsätze oder Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen erhalten Bedürftige soziale Leistungen (vgl. Hemerijck 2001: 160 f.), die auf ihren sozialen Rechten beruhen. Auf diese Weise wird die Verpflichtung zur Arbeit, die zu Ansprüchen berechtigt, betont, gleichzeitig werden die psychosozialen und kulturellen Nachteile der Abhängigkeit von Wohlfahrtsleistungen vermindert. So können Workfare-Programme die Beschäftigungsfähigkeit erhalten und die soziale Inklusion fördern (vgl. Walker 2005: 221). Kritisch ist jedoch anzumerken, dass Workfare-Angebote nicht gewährleisten können, dass sich die Menschen in der geleisteten Arbeit selbst verwirklichen (vgl. Levine 2008: 89). Die Tätigkeiten werden von öffentlicher Seite bestimmt, ohne dass die Leistungsbezieher ihren Wünschen entsprechend Einfluss nehmen können.

Workfare bildet aber lediglich einen kleinen Aspekt der Aktivierung (vgl. Barbier 2005: 129 f.). Aktivierung bedeutet auch Einflussnahme und Verantwortung des Einzelnen für den eigenen Lebenslauf und Alltag, wenn Lösungswege zur Steigerung der Beschäftigungschancen gesucht werden und auf diese Weise mehr Freiheit und Teilhabe an gesellschaftlichen Funktionsbereichen von den Individuen erfahren wird (vgl. Jensen / Pfau-Effinger 2005: 6 f.). Der „aktive Bürger“ gilt als autonome, flexible und selbstverantwortliche Person, die anpassungsfähig auf sich verändernde Umstände reagiert und so den eigenen Lebenslauf individuell entsprechend eigener Präferenzen gestalten kann (vgl. Pfau-Effinger 2005: 189). Soziale Sicherung muss hier Kontinuität bieten auch in Zeiten unsicherer Beschäftigung und auf den gesamten Lebenslauf ausgerichtet sein, nicht mehr nur bezogen auf bestimmte Phasen der Erwerbs- oder Nicht-Erwerbstätigkeit (vgl. Guillemard 2005: 69 f.). Die Aktivierung stellt in keiner Weise einen Ersatz wohlfahrtsstaatlicher Leistungen dar, sondern legt lediglich den Fokus auf die Förderung der Entwicklungschancen des Einzelnen (vgl. Larsen 2005: 135).

Der erwerbszentrierte Aspekt aktivierender Wohlfahrtsstaaten stand zunehmend in der Kritik, da soziale Sicherung nicht mehr an die Sicherung von Einkommen und Lebensstandard gekoppelt ist, sondern an die individuelle Nützlichkeit, die sich durch Produktivität des Einzelnen beweist. Gesellschaftliche Zugehörigkeit und daraus abgeleitete Ansprüche ergeben sich nur für den, der gesellschaftliche Pflichten erfüllt hat. Zudem beziehen sich diese gesellschaftlichen Pflichten auf entgeltbezogene Leistungen, während gesellschaftlich bedeutende Tätigkeiten, die nicht finanziell entgolten werden, wie Betreuungs- und Pflegeleistungen, keine sozialen Ansprüche begründeten (vgl. Mahnkopf 2000: 515 ff.). In einigen Wohlfahrtsstaaten wie auch in Deutschland hat sich diese Beziehung aber inzwischen dahingehend verändert, dass auch nicht-entgeltbezogene Tätigkeiten soziale Rechte eröffnen, so dass sich eine Individualisierung sozialer Rechte vollzogen hat, die auf einer Erweiterung der Bestimmung von Arbeit in gesellschaftlicher Hinsicht beruht (vgl. Jensen / Pfau-Effinger 2005: 7).

Letztlich sind die Auswirkungen von Aktivierungsmaßnahmen noch unklar. Gleichwohl haben Untersuchungen bereits gezeigt, dass ein andauernder Verbleib in Aktivierungsmaßnahmen für den Einzelnen auf Dauer eine frustrierende und damit kontraproduktive Wirkung hat (vgl. Larsen 2005: 147). Deutlich wird dadurch, dass die Diversität von zeitlich befristeten Maßnahmen sinnvoll ist.

Diese Darstellung von Zusammenhängen innerhalb des Arbeitsmarktes zeigt, dass Kommodifizierung, Dekommodifizierung sowie Rekommodifizierung mit dem Aspekt der Aktivierung für den Arbeitsmarkt als komplementäre sozialstaatliche Funktionsmodi im Wandel der Erwerbslage älterer Beschäftigter zu betrachten sind. Einzeln betrachtet unterstützen die Konzepte die hier angestrebte Untersuchung nur in Teilbereichen.

3.3 Lebenschancen durch soziale Anrechte und Angebote

Das Konzept der Lebenschancen sieht eine Förderung von Wohlfahrt und sozialer Sicherung durch Bereitstellung von Angeboten und Anrechten vor. Dahrendorf beschreibt den Begriff der Lebenschancen als Synonym zum Wohlfahrtsbegriff und definiert ihn folgendermaßen:

„Life chances are a product of entitlements and provisions“(1988: 16)

und

“life chances are options both in their entitlements and in their provisions aspect”(1988: 17).

Er lenkt damit den Aspekt des Gemeinwohls auf die sozialen Anrechte und Angebote, die für die Möglichkeiten der Entwicklung von Menschen, die Lebenschancen, ausschlaggebend sind. Anrechte auf Zugang zu bestimmten Leistungen oder Einrichtungen bieten Chancen. Angebote müssen verfügbar sein, ohne dass deren Bestimmung oder Verwendung vom Staat vorgegeben wird. Hier spielt der Aspekt der Freiheit eine wichtige Rolle, da die Individuen selbstbestimmt ihre Chancen wahrnehmen sollen.

[...]


[1] Unter Erwerbspersonen ist die Gesamtheit der 20- bis 64-Jährigen zu verstehen, die einen Arbeitsplatz haben (Erwerbstätige) oder diesen suchen (Erwerbslose). Erwerbsfähige sind alle 20- bis 64-Jährigen Personen, also sowohl Erwerbstätige, Erwerbslose und Nichterwerbstätige (vgl. Pfeiffer / Simons / Braun 2005: 25).

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Alternsgerechte Beschäftigung in der alternden Gesellschaft
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Soziologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
104
Katalognummer
V137924
ISBN (eBook)
9783640457946
ISBN (Buch)
9783640458103
Dateigröße
872 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alternsgerechte, Beschäftigung, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Martina Schroeder (Autor:in), 2008, Alternsgerechte Beschäftigung in der alternden Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137924

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