Macht ist ein real vorfindbares Phänomen menschlichen Handelns. Jenseits von Gewalt und Herrschaft übt der Mensch in dem Sinn Macht aus, dass er den Freiheitsraum des jeweils Anderen begrenzt, ihn sogar erst durch diese Begrenzung ermöglicht. Der verantwortliche Gebrauch von Macht, der Macht als Dienst an der Freiheit des zur Gottesebenbildlichkeit und zum Heil geschaffenen Menschen versteht, vergesellschaftet den Einzelnen mit dem Ziel von Gerechtigkeit und Solidarität im Bewusstsein seiner Intersubjektivität: Weil der Einzelne auf den Anderen und den ganz Anderen konstitutiv verwiesen ist, ist das Heil aller Menschen das letzte Ziel jedes sozialethisch legitimierten Machtgebrauchs. Dieses Ziel gilt auch für das Handeln im Kontext von Seelsorge.
Hermann Steinkamp stellt, pastoraltheologisch reflektiert, die Arbeit Michel Foucaults zur „Pastoralmacht“ dar und kontrastiert diesen Machttypus mit der antiken „Praxis der Selbstsorge“ (epimeleia heautou). Aus dieser pastoraltheologischen Rezeption Foucaults und mit einem kurzen Blick auf das, was Seelsorge innerhalb der katholischen Kirche meint, entwickle ich in dieser Arbeit Kategorien, die die Anwesenheit von Macht in Seelsorgekontexten beschreibbar machen wollen. Durch die Inhaltsanalyse dreier Experteninterviews werde ich einen Blick auf die empirische Realität von seelsorglichem Handeln werfen und schließlich Machttypen in Seelsorgekontexten identifizieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die sanfte Macht der Hirten: Die pastoraltheologische Rezeption FOUCAULTS
- Seelsorge unter dem Paradigma der Pastoralmacht
- Das Gegenmodell: Seelsorge unter dem Paradigma der Selbstsorge
- Die antike Praxis der Epimeleia: Selbstsorge als Praxis der Freiheit
- Die Rolle des Meisters in der Selbstsorge
- Zusammenfassung
- Seelsorgekontexte
- Was meint der Begriff Seelsorge
- Seelsorge in der sakramentalen Einzelbeichte
- Seelsorge in der Geistlichen Begleitung
- Seelsorge in anderen Gesprächssettings
- Zusammenfassung
- Kategorien von Macht in Seelsorgekontexten
- Auswertung narrativer Experteninterviews: Die empirische Realität von Seelsorge
- Was sind Experteninterviews, was können sie leisten?
- Der teilstandardisierte Interviewleitfaden der auszuwertenden Interviews
- Auswertung der Interviews mit dem Verfahren der Qualitativen Inhaltsanalyse
- Erkenntnisinteresse der Interpretation („Forschungsfrage“)
- Kategoriensystem zur Auswertung der Interviews
- Dokumentation der Interviews
- Datenextraktion
- Auswertung: Interpretation der Daten
- Welche Formen von Macht lassen sich in Seelsorgekontexten identifizieren?
- Der Seelsorger I: Professionalisierungsmacht
- Der Seelsorger II: Pastoralmacht
- Der Seelsorger III: Spuren einer Praxis der Freiheit in Strukturen der Pastoralmacht
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Machtstrukturen in seelsorglichen Kontexten. Sie analysiert die Konzepte der Pastoralmacht nach Foucault und der Selbstsorge (Epimeleia) als Gegenmodell. Durch die Auswertung von Experteninterviews wird die empirische Realität seelsorglichen Handelns beleuchtet und verschiedene Machttypen identifiziert.
- Pastoralmacht nach Foucault und ihre Relevanz für Seelsorge
- Das Konzept der Selbstsorge (Epimeleia) als alternatives Modell
- Empirische Untersuchung von Macht in Seelsorge durch Experteninterviews
- Identifizierung verschiedener Machttypen in seelsorglichen Kontexten
- Analyse der Auswirkungen von Macht auf Seelsorger und Klienten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Macht im Kontext von Seelsorge ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den verschiedenen Machtformen in diesem Bereich vor. Sie skizziert den Ansatz der Arbeit, der Foucaults Konzept der Pastoralmacht mit der antiken Praxis der Selbstsorge kontrastiert und empirische Daten aus Experteninterviews einbezieht, um ein umfassenderes Bild zu erhalten. Der verantwortungsvolle Umgang mit Macht im Dienste der Freiheit wird als Leitmotiv herausgestellt.
Die sanfte Macht der Hirten: Die pastoraltheologische Rezeption FOUCAULTS: Dieses Kapitel präsentiert eine pastoraltheologische Rezeption von Foucaults Konzept der Pastoralmacht. Es wird die individualisierende Macht der Pastoralmacht beschrieben und kritisch bewertet. Foucaults negative Bewertung dieser Machtform und sein Plädoyer für "neue Formen der Subjektivität" werden diskutiert. Als Gegenmodell wird die antike Praxis der Selbstsorge (Epimeleia) eingeführt, die auf Autonomie und Freiheit des Individuums abzielt. Der Unterschied zwischen positiv zu verwertender intersubjektiver Machtausübung und "Regierungstechniken", die Freiheitsräume einschränken, wird herausgearbeitet. Das Kapitel legt den Grundstein für die weitere Analyse der Machtstrukturen in seelsorglichen Kontexten.
Seelsorgekontexte: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Seelsorgekontexte, um den Begriff Seelsorge zu präzisieren und die Vielfalt der Situationen zu verdeutlichen, in denen Machtverhältnisse relevant werden. Es werden u.a. die sakramentale Einzelbeichte, geistliche Begleitung und andere Gesprächssettings betrachtet. Die Kapitel befasst sich damit, wie sich der Machtbegriff in diesen unterschiedlichen Kontexten manifestiert und welche spezifischen Dynamiken vorherrschen.
Kategorien von Macht in Seelsorgekontexten: Dieses Kapitel entwickelt ein theoretisches Kategoriensystem zur Analyse der Macht in Seelsorgekontexten. Es baut auf den zuvor präsentierten Konzepten der Pastoralmacht und der Selbstsorge auf und entwickelt Kategorien zur Beschreibung der in den Interviews beobachteten Phänomene. Hier wird die theoretische Grundlage für die Interpretation der empirischen Daten geschaffen.
Auswertung narrativer Experteninterviews: Die empirische Realität von Seelsorge: Dieses Kapitel beschreibt die Methodik der empirischen Untersuchung, die auf narrativen Experteninterviews basiert. Es erläutert die Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse, die angewandten Kategoriensysteme und die Interpretation der gewonnenen Daten. Die methodologische Transparenz gewährleistet die Nachvollziehbarkeit und die Validität der Ergebnisse. Der Fokus liegt auf der methodischen Vorgehensweise und den methodologischen Entscheidungen.
Welche Formen von Macht lassen sich in Seelsorgekontexten identifizieren?: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Es identifiziert verschiedene Machtformen in seelsorglichen Kontexten, basierend auf der Analyse der Experteninterviews. Die Ergebnisse werden im Lichte der theoretischen Überlegungen aus den vorherigen Kapiteln interpretiert und diskutiert. Hier werden die konkreten Befunde der Studie vorgestellt und in den Gesamtkontext der Arbeit eingeordnet.
Schlüsselwörter
Pastoralmacht, Selbstsorge (Epimeleia), Foucault, Seelsorge, Macht, Experteninterviews, Qualitative Inhaltsanalyse, Freiheit, Herrschaft, Gewalt, Heilung, Spiritualität, Religion, Kirche, Ethik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Die sanfte Macht der Hirten: Machtstrukturen in Seelsorgekontexten
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht Machtstrukturen in seelsorglichen Kontexten. Sie analysiert die Konzepte der Pastoralmacht nach Foucault und der Selbstsorge (Epimeleia) als Gegenmodell und untersucht empirisch verschiedene Machttypen in Seelsorge.
Welche Methoden wurden verwendet?
Die Arbeit kombiniert theoretische Analyse mit empirischer Forschung. Das Konzept der Pastoralmacht nach Foucault und die Selbstsorge (Epimeleia) bilden die theoretische Grundlage. Empirische Daten wurden mittels narrativer Experteninterviews erhoben und mit qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Welche Konzepte stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die zentralen Konzepte sind die Pastoralmacht nach Michel Foucault und die Selbstsorge (Epimeleia) als Gegenmodell. Die Arbeit untersucht, wie sich diese Konzepte in verschiedenen seelsorglichen Kontexten manifestieren und welche Auswirkungen sie auf Seelsorger und Klienten haben.
Welche Seelsorgekontexte werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet verschiedene Seelsorgekontexte, darunter die sakramentale Einzelbeichte, geistliche Begleitung und andere Gesprächssettings. Die Analyse beleuchtet die spezifischen Machtverhältnisse in diesen unterschiedlichen Kontexten.
Wie wurden die Experteninterviews ausgewertet?
Die Auswertung der narrativen Experteninterviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Ein explizit beschriebenes Kategoriensystem diente der Strukturierung und Interpretation der Daten. Die methodologische Vorgehensweise wird detailliert dargestellt, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.
Welche Arten von Macht wurden identifiziert?
Die empirische Untersuchung identifizierte verschiedene Machtformen in seelsorglichen Kontexten, darunter „Professionalisierungsmacht“, „Pastoralmacht“ und Ansätze einer „Praxis der Freiheit“ innerhalb von Strukturen der Pastoralmacht. Die Ergebnisse werden im Kontext der theoretischen Überlegungen diskutiert.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Pastoralmacht und Selbstsorge, ein Kapitel zu Seelsorgekontexten, ein Kapitel zur Kategorienbildung von Macht, ein Kapitel zur Methodik der Experteninterviews und deren Auswertung, sowie ein Kapitel zur Präsentation und Interpretation der Ergebnisse. Schlüsselwörter und eine Zusammenfassung der Kapitel sind ebenfalls enthalten.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit kommt zu Schlussfolgerungen über die verschiedenen Machtformen, die in seelsorglichen Kontexten wirken und deren Auswirkungen auf Seelsorger und Klienten. Sie betont den verantwortungsvollen Umgang mit Macht im Dienste der Freiheit und die Bedeutung der Selbstsorge als Gegenmodell zur Pastoralmacht.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Theologen, Seelsorger, Sozialwissenschaftler, und alle, die sich mit Machtstrukturen in sozialen und religiösen Kontexten auseinandersetzen. Sie bietet sowohl theoretische als auch empirische Einblicke in die komplexe Dynamik von Macht in der Seelsorge.
Wo finde ich die Schlüsselwörter?
Die Schlüsselwörter der Arbeit sind: Pastoralmacht, Selbstsorge (Epimeleia), Foucault, Seelsorge, Macht, Experteninterviews, Qualitative Inhaltsanalyse, Freiheit, Herrschaft, Gewalt, Heilung, Spiritualität, Religion, Kirche, Ethik.
- Citar trabajo
- Heike Kellner-Rauch (Autor), 2009, Macht und Seelsorge. Spuren spezifischer Machttypen im seelsorglichen Handeln katholischer Gemeindepfarrer, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138156