Naturdarstellungen in deutschen Kunstmärchen

Novalis: "Hyacinth und Rosenblüthchen" (1798-1801), Friedrich de la Motte Fouqué: "Undine" (1811), Ludwig Tieck: "Die Elfen" (1812), E.T.A. Hoffmann: "Das fremde Kind" (1817)


Proyecto/Trabajo fin de carrera, 2009

63 Páginas, Calificación: 2,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung:

1. Einordnung in den geschichtlichen Kontext

2. Erläuterung des Gattungsbegriffs:
2.1. Volksmärchen (oder auch Buch- und Zaubermärchen)
2.2. Kunstmärchen

3. Zu den ausgewählten Autoren und Werken:
3.1. Novalis: Hyacinth und Rosenblüthchen
3.2. Friedrich de la Motte Fouqué: Undine
3.3. Ludwig Tieck: Die Elfen
3.4. E.T.A. Hoffmann: Das Fremde Kind
3.5. Fazit: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

4. Zur Darstellung der Natur in den Werken
4.1. Schauplätze
4.1.1. Der Wald
4.1.2. Das Wasser
4.1.3. Der Traum
4.2. Wesen und Charaktere
4.3. Novalis: Hyacinth und Rosenblüthchen
4.3.1.Schauplätze, Art der Offenbarung und teilnehmendes Erleben der Natur
4.3.2.Wesen, Charaktere
4.3.3. Bedeutung der Natur für den Menschen und Notwendigkeit von
4.3.3. Koexistenzen
4.4.1. Friedrich de la Motte Fouqué: Undine
4.4.2. Schauplätze, Art der Offenbarung und teilnehmendes Erleben der Natur
4.4.3.Wesen, Charaktere
Bedeutung der Natur für den Menschen und Notwendigkeit von Koexistenzen
4.5. Ludwig Tieck: Die Elfen
Schauplätze, Art der Offenbarung und teilnehmendes Erleben der Natur
4.5.1 Wesen, Charaktere
4.5.2. Bedeutung der Natur für den Menschen und Notwendigkeit von Koexistenzen
4.5.3. E.T.A. Hoffmann: Das Fremde Kind
4.6. Schauplätze, Art der Offenbarung und teilnehmendes Erleben der Natur
4.6.1. Wesen, Charaktere

5 Bedeutung der Natur für den Menschen und Notwendigkeit von Koexistenzen

Schlussfazit:

Literaturangaben

0. Einleitung:

Die meisten Menschen denken bei dem Begriff „Märchen“ spontan an Hexen, Feen, sprechende Tiere und viele andere phantastische Wesen und Dinge, die sich meist in dunklen, verhexten Wäldern, an verwunschenen Seen, in verzauberten Schlössern oder an anderen magischen Orten abspielen, welche sich jenseits der uns vertrauten, zivilisierten Welt befinden. So steht bei den Aufzeichnungen der Brüder Grimm (Kinder- und Hausmärchen. 1825) das Knusperhaus der Hexe aus Hänsel und Gretel genauso im tiefen, dunklen Wald, wie das Zwergenhäuschen hinter den sieben Bergen, in welchem Schneewittchen Zuflucht findet. Auch der Turm, in dem Rapunzel eingesperrt wird, befindet sich mitten im Wald und das Dornröschenschloss verschwindet so tief unter einer Dornenhecke, dass es förmlich mit der Natur Eins wird.[1]

Aber warum ist das eigentlich so? Warum steht die Natur im Märchen nicht nur im Gegensatz zur uns klar definierten Kultur[2], sondern auch gleich für phantastische Orte, die sowohl Heimat und Frieden als auch dämonische Gefahr vermitteln können?

In dieser Arbeit zeige ich am Beispiel einzelner deutscher Kunstmärchen, wie sich die Naturforschungen und das neue Weltbild der Aufklärung und Romantik auf die zeitgenössische Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts ausgeprägt haben. Dazu wähle ich folgende Werke:

- Friedrich von Hardenberg, alias Novalis: Hyacinth und Rosenblütchen
- Fridrich de la Motte Fouqué: Undine
- Ludwig Tieck: Die Elfen
- Ernst Theodor Amadeus Hoffmann: Das fremde Kind

1. Einordnung in den geschichtlichen Kontext:

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts bricht in Europa mit der Aufklärung ein Zeitalter des Umdenkens an. Die Kirche verliert ihr Monopol als alleingültige Instanz der einzigen Wahrheit über die Schöpfung und den Sinn des Lebens. Die Naturwissenschaft erfreut sich in Forschung und Literatur an immer größer werdender Beliebtheit. Während Galileo Galilei seiner Zeit noch für seine Forschung als Ketzer hingerichtet wurde, erlangen seine Erkenntnisse nun große Anerkennung und werden zur Grundlage vieler Naturforscher und Dichter.

Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften prägen aber nicht nur die Forschung und Politik, sondern spiegeln sich vor allem auch in der Literatur wieder. Dichter wie Goethe, Brockes, Hagedorn und Gleim füllen die Lyrik mit Naturgedichten.

In der Prosa entsteht neben den mündlich tradierten Volksmärchen die Gattung der Kunstmärchen, welche nicht nur die neuen Ansichten über die Natur wiederspiegelt, sondern auch die Werteordnung des „Neuen Bürgertums“ aufzeigt.

Denn mit dem 18. Jahrhundert setzt in Europa ein Wandlungsprozess ein. Das heilige römische Reich bleibt zwar in seiner Ständeordnung weiter bestehen, jedoch entwickelt sich in den größeren Reichsstädten mit dem aufkommenden, erstarkenden Bürgertum eine neue Mittelschicht.[3] Zu dieser sozialen Schicht der Bürgerlichen gehören in erster Linie Kaufleute, Kapitalisten, Staatsbeamte, Akademiker und freie Schriftsteller. Diese tragen zwar maßgeblich zur sozialen und politischen Entwicklung des Staates bei, besitzen aber dennoch kein politisches Mitspracherecht.[4] Eben aus jener sozial-politischen Ungerechtigkeit heraus, ist es dem Bürgertum wichtig, sich von anderen Schichten abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet nach oben hin, zum Adel, durch die Aufstellung einer bürgerlichen Werteordnung, statt. Nach unten hin wollen sich die Bürger durch ihre Erziehung und akademische Ausbildung von den Bauern und Bedürftigen abgrenzen.[5] So schafft es das Bürgertum, der feudal-aristokratischen Ständeordnung, die es nicht aufheben kann, zumindest eine bürgerliche Werteordnung entgegenzusetzen, die sich an den Verdiensten des Einzelnen orientiert und den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erhebt.[6] Diese findet sich auch in der zeitgenössischen Literatur wieder. Lessings Emilia Galotti ist das Paradebeispiel für die Demonstration der Tugendhaftigkeit des Bürgertums im Gegensatz zu dem schamlosen, korrupten, lasterhaften und Werte missachtenden Verhalten des Adels. Denn zu den bürgerlichen Tugenden des 18. Jahrhunderts zählen vor allem: Sparsamkeit, Arbeitsamkeit, Großmut, Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Dankbarkeit sowie Bereitschaft zu Wohltaten, Leistung und Bildung.[7]

Bildung und Erziehung sind die zentralen Themen des Bürgertums. Durch den Anstieg der Buchproduktion und den neuaufkommenden, theologischen Ansichten eines deistischen Weltbildes, kommt es zu einer neuen Gewichtung der Literatur.[8] Es werden weniger theologische und dafür mehr literarische, wissenschaftliche und pädagogische Schriften produziert, die zur Information, Verständigung, Kritik und künstlerischen Erziehung des Volkes beitragen sollen.[9] Durch die Kommerzialisierung von Verlagswesen und Buchhandel und die Zunahme von Autoren erlangen diese nun den neuen sozialen Status der „freien Schriftsteller“.[10]

Und noch etwas hat sich verändert. Lebten die Menschen bis dahin überwiegend auf dem Land, so finden sich Adel und Bürgertum nun in den Städten wieder. Die Menschen schauen nicht länger auf weite, grüne Wiesen, funkelnde, blaue Bäche und dichten, dunklen Wald, wenn sie aus ihren Fenstern schauen, sondern sehen nur noch Gebäude und Mauern. Natur wird nun künstlich in Gärten gezwängt, um sie zu den Menschen in die Stadt zu holen. Doch hier ist sie geordnet und kontrollierbar. Draußen im Wald wird sie den Stadtbewohnern immer fremder und unheimlicher. Dies nehmen sich die freien Schriftsteller zum Anlass, die vergessene Natur in ihren Werken den Stadtmenschen wieder zurückzubringen.[11]

Ein weiterer Unterschied des Bürgertums zu den anderen Schichten ist die Wendung nach Innen hin, zum Privaten. Die Familie rückt ins Zentrum der Erziehung und Literatur. Aus den Großfamilien, zu denen bis dahin mehrere Generationen, unverheiratete Verwandte und das Gesinde gehörten, wird nun die „konjugale Kleinfamilie, die nur noch aus Eltern und ihren Kindern“ besteht.[12] Hier gibt es nun eine klare Rollenverteilung. Während sich die Rolle der Mutter auf das Haus und die Erziehung beschränkt, ist der Vater die ökonomische Absicherung der Familie. Er hält den Kontakt zur Gesellschaft und setzt die bürgerlichen Gesetze und Ordnung innerhalb der Familie um.[13]

So kommt es in der Pädagogik zur „Entdeckung der Kindheit“ und Erziehung, welche neben den neuen philosophischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, zentrale Themen in der Literatur des Bürgertums sind.[14] Es entstehen sowohl pädagogische Schriften, die sich an die Erzieher richten, als auch die erste Kinderliteratur, welche den Kindern in Spruchversen, Vorbild- und Abschreckgeschichten die klassischen Werte des Bürgertums näherbringen und der Alphabetisierung dienen sollen.[15] In diesen Schriften wird neben den bürgerlichen Wertevorstellungen vor allem die Bedeutung von Familie und Zuhause immer wieder hervor gehoben. Das Motiv, das junge Männer in die Welt hinausziehen, um dort ihr Glück zu finden, gilt als verpönt. Nur Zuhause im Kreis der Familie findet man sein wahres Glück. So gehen diese Abenteuergeschichten entweder schlecht aus, oder lassen die jungen Helden – wie im Beispiel von Hyacinth und Rosenblüthchen – nach langer Reise wieder nach Hause zurückkehren, damit sie dort finden, was sie auf ihrer Reise gesucht haben.

In dieser Zeit des Umdenkens erhalten, die bis dahin mündlich tradierten und wegen ihrer phantastischen Elemente abgelehnten Märchen, eine ganz neue Aufwertung. So werden nicht nur diese gesammelt und von Autoren wie z.B. den Brüdern Grimm zu Unterhaltungs- und Bildungszwecken niedergeschrieben, sondern es entsteht zudem die neue Gattung der Kunstmärchen.[16]

2. Erläuterung des Gattungsbegriffs:

Für gewöhnlich hat das Märchen, anhand seiner immer wiederkehrenden Merkmale, einen für jeden Leser klar erkennbaren Wiedererkennungswert.

Es folgt einem einsträngigen und gradlinigen Handlungsaufbau, bei dem der Held eine für ihn gewinnbringende Aufgabe zu lösen hat. Diese kann zum Beispiel darin bestehen, „kostbare Gegenstände zu finden, Rätsel zu lösen, [und / oder] verwandelte Menschen zu erlösen[17]. Nicht selten riskiert der Held dabei sein eigenes Leben und muss gegen böse, (über)natürliche Mächte kämpfen. Doch meist stehen ihm dabei auch gute, (über)natürlichen Kräfte zur Seite, die ihm helfen, sein Ziel zu erreichen. So muss Dornröschen nicht, wie von der bösen Fee beschlossen, sterben, sondern fällt Dank der guten Fee, nur in einen hundertjährigen Schlaf, aus dem sie durch einen Kuss wieder erweckt werden kann. Und auch Rotkäppchen und ihre Großmutter, erhalten in buchstäblich letzter Minute, Hilfe von einem Holzfäller, bevor der böse Wolf sich auf Rotkäppchen stürzen kann.[18]

Aber dem Helden im Märchen stehen nicht nur lebende magische Helfer zur Seite, sondern auch magische Requisiten wie z.B. Zauberstäbe, fliegende Besen oder Teppiche.[19]

Auch die Tiere sind auf eine magische Weise durch eine animistische Weltsicht geprägt und können in den meisten Märchen sprechen.[20]

Ein weiteres, typisches Merkmal von Märchen ist die Verbindung zum Mythos und zur Transzendenz durch Zahlensymbolik.[21] Beliebte Zahlen im Märchen sind die Drei und Sieben, sowie deren mathematische Vielfache. Sie gelten als Glücksbringerzahlen.[22]

Die Drei ist die Zahl der Vollkommenheit und Heiligkeit. Sie ist die Verbindung von Eins und Zwei, welche die unendliche, göttliche Einheit und ihre entgegengesetzte, menschliche bzw. materielle Endlichkeit symbolisieren. Sie ist somit Symbol der ägyptischen Dreiheit von Osiris, Isis und Horus; der römischen Triade von Jupiter, Juno und Minerva; sowie der christlichen Trinität von Gott-Vater, Sohn und Heiligem Geist und der paulinischen Trias von Glaube, Hoffnung und Liebe. Aber sie symbolisiert auch die familiäre Trias von Vater, Mutter und Sohn, sowie die Dreiteilung des Kosmos in Himmel, Erde und Unterwelt. Im Sanskrit steht sie für die Dreiteilung Sein, Denken, Wonne bzw. das Finstere, das Bewegte und das Seiende. So begegnen uns im Märchen beispielweise drei Brüder, die drei Wünsche frei haben und drei Aufgaben erfüllen müssen.[23]

Die Zahl Sieben steht für Fülle, Ganzheit, Vollendung und Vollkommenheit. Sie ist die Vereinigung aus der Drei (s.o.) und der Vier, welche die kosmische Ordnung (vier Himmelsrichtungen, Jahreszeiten usw.) symbolisiert. Sie gilt als heilige Zahl, weil Gott am siebten Tag nach der Schöpfung ruhte. In der christlichen Mythologie erscheint die Zahl Sieben beispielsweise in den sieben Sakramenten, Gaben des Heiligen Geistes, Todsünden, Werken der Barmherzigkeit, Erzengeln, Säulen der Weisheit usw. Desweiteren findet sich die Sieben in der Anzahl der Wochentage und der Ordnung von Makro- und Mikrokosmos in der Natur wieder. Den sieben Planeten Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn werden die sieben irdischen Metalle Gold, Silber, Quecksilber, Zinn, Eisen, Kupfer und Blei, sowie die sieben Körperteile Kopf, Herz, Arme, Leber, Geschlecht, Schenkel und Füße zugeteilt. Die Sieben symbolisiert die Idealnatur vor dem Sündenfall. So leben im Märchen die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen; Das tapfere Schneiderlein erledigt sieben auf einen Streich und der Wolf möchte gerne die sieben Geißlein fressen.[24]

Die Zahl Zehn gilt als das Totalitätssymbol schlechthin. Sie symbolisiert den geschlossenen Kreis und repräsentiert sich in der Anzahl der Finger beider Hände. Sie ist die Summe von 3 und 7. In der Bibel präsentiert sie sich beispielweise in den zehn Geboten und den Generationen des christlichen Stammbaumes. So finden wir die Zehn in ihrer Vervielfachung auch im Märchen wieder, wenn Dornröschen beispielweise in einen hundertjährigen Schlaf fällt.[25]

Auch wenn die Helden im Märchen sehr oft magische Aufgaben zu lösen haben, haben sie zudem meist auch ganz alltägliche Probleme zu bewältigen. So sollen zum Beispiel die drei Brüder in dem Märchen Tischlein deck dich zunächst nur die Ziege des Hauses beim Grasen beaufsichtigen. Später verlassen sie das Haus, um ein Handwerk zu erlernen, bei dem sie abschließend jeder eine magische Requisite geschenkt bekommen. Diese wird ihnen jedoch direkt darauf wieder gestohlen, weil sie zu laut damit prahlen.[26] Dieses Märchen dient der bereits oben erwähnten Vorbild- und Abschreckfunktion zur Vermittlung der Bürgerlichen Werte wie zum Beispiel Arbeitsamkeit und Sparsamkeit. Die Verfehlungen Prahlerei und Diebstahl werden umgehend bestraft und nur durch die Hilfe des klugen Bruders und seiner magischen Requisite erhalten auch die beiden unachtsamen Brüder ihre magischen Requisiten zurück.

Die Literaturwissenschaft unterscheidet in der Regel zwischen zwei Gattungen von Märchen: den Volksmärchen und den Kunstmärchen.

2.1. Volksmärchen (oder auch Buch- und Zaubermärchen)

Der Name Volksmärchen setzt sich aus den Nomen Volk und Märchen zusammen. Wobei das Nomen Volk auf die mündliche Tradition der Überlieferungsform zurückzuführen ist, und Märchen von Mär bzw. maere abgeleitet ist, was so viel wie Botschaft, Nachricht und Kunde bedeutet. So sind Volksmärchen zunächst einmal als mündliche Botschaften definiert.[27]

Da die mündlich tradierten Volksmärchen von den Brüdern Grimm und anderen Autoren schriftlich fixiert und in Märchenbüchern veröffentlicht wurden, ist die heutige Forschung dazu übergegangen, den Begriff Volksmärchen durch Buchmärchen zu ersetzen. Wegen ihrer phantastischen und wunderbaren Elemente werden Volksmärchen aber auch oft als Zaubermärchen bezeichnet.[28]

Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit, werde ich der Einfachheit halber nur den Begriff Volksmärchen verwenden.

Das Volksmärchen ist eine kurze, kindertümlich-einfach strukturierte Erzählung[29], die häufig phantastische Elemente beinhaltet und durch einen formelhaften Anfang und Schluss geprägt ist.[30] Es ist vollkommen unabhängig von Ort und Zeit, so sagt V. Klotz: „Es spielt im ungefähren Einst, im vagen Weitweg.“[31] Genau wie seine Orte sind auch die Personen in der Regel unbestimmt. Es lebt der namenlose König mit der namenlosen Königstochter in seinem namenlosen Schloss, dessen Standort meist in einem fernen Land ist, dessen Name unerwähnt bleibt. Haben die Charaktere doch einmal Namen, so beziehen diese sich in der Regel auf bestimmte Eigenschaften des Individuums, welche für die Handlung des Märchens entscheidend sind. So werden zum Beispiel das Rotkäppchen nach seinem roten Umhang und die Schwestern Schneeweißchen und Rosenrot nach den Rosenbüschen vor ihrem Haus benannt.[32] Desweiteren haben die Figuren im Volksmärchen einen eindeutig definierten Charakter. Sie sind entweder gut oder böse. Genauso einfach definiert ist auch das Weltbild im Volksmärchen. Deshalb gibt es auch immer ein Happy End, in welchem der gute Charakter über den Bösen siegt.[33]

2.2. Kunstmärchen

Kunstmärchen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den Volksmärchen. Zunächst einmal sind sie nicht anonym und mündlich tradiert, sondern von einem namenhaften Autor selbst niedergeschrieben worden.[34] Ihre Akteure, Orte und Zeit sind ebenfalls konkreter bestimmt. Die Personen haben individuelle Namen und die Handlung findet zu einer konkreten Zeit, an einem bekannten Ort statt.[35] Zum Beispiel liegt die Burg des Ritters Huldbrand in Fouqués Undine an „den Quellen der Donau“[36], welche sich bei Donaueschingen und Furtwangen befinden.[37] So hat Fouqué hier zwar keine eindeutig, unmissverständliche Angabe gemacht, jedoch hat der Leser nun eine ungefähre Ahnung, an welchem ihm bekannten Ort die Burg stehen könnte, im Gegensatz zum volkstümlichen „fernen Land“.

Aber die Personen und Orte sind in den Kunstmärchen nicht nur konkreter benannt, sondern auch liebevoll, detailiert beschrieben. Bei der Lektüre erhält der Leser Einblicke in die Schönheit der Orte, an die er geführt wird. So werden zum Bespiel der Ritter Huldbrand und sein Ross in Fouqués Undine in den schillerndsten Farben dargestellt.

Wer aber das Geräusch verursacht hatte, war ein schön geschmückter Ritter, der zu Ross durch den Baumschatten gegen die Hütte vorgeritten kam. Ein scharlachroter Mantel hing ihm über sein veilchenblaues, goldgesticktes Wams herab; von dem goldfarbigen Barette wallten rote und veilchenblaue Federn, am goldnen Wehrgehänge blitzte ein ausnehmend schönes und reichverziertes Schwert. Der weiße Hengst, der den Ritter trug, war schlanken Baues, als man es sonst bei Streitrossen zu sehen gewohnt ist, und trat so leicht über den Rasen hin, dass dieser grünbunte Teppich auch nicht die mindeste Verletzung davon zu empfangen schien.[38]

Die Figuren sind nun auch psychologisiert und mehrdimensional, so dass dem Leser die Gemütszustände der Charaktere mitgeteilt werden. Während sich der Ritter im Volksmärchen nur in die eine Prinzessin verliebt hätte, verliebt sich Huldbrand bei Fouqué zunächst in die schöne Bertalda, vergisst diese beim Anblick Undines, um sich mit jener kurz danach zu vermählen und entdeckt nach der Hochzeit wieder seine alten Gefühle für Bertalda, sodass er kurz darauf Undine mit ihr betrügt. Diese Komplexität und Mehrdimensionalität von Struktur und Handlung ist der wohl gravierendste Unterschied zwischen Volks- und Kunstmärchen. Und genau deshalb sind Kunstmärchen laut Zondergeld eigentlich gar keine Märchen, sondern phantastische Erzählungen, die nur Märchen genannt werden.[39]

E.T.A. Hoffmann sagt selber über Kunstmärchen:

„Sonst war es üblich, ja Regel, alles was nur Märchen hieß, ins Morgenland zu verlegen und dabei die Märchen der Scheherazade zum Muster zu nehmen. Die Sitten des Morgenlandes nur eben berührend, schuf man sich eine Welt, die haltlos in den Lüften schwebte und vor unseren Augen verschwamm. Deshalb aber gerieten jene Märchen meistens frostig, gleichgültig und vermochten nicht den innern Geist zu entzünden und die Fantasie aufzuregen. Ich meine, daß die Basis der Himmelsleiter, auf der man hinaufsteigen will in höhere Regionen, befestigt sein müsse im Leben, so daß jeder nachzusteigen vermag. Befindet er sich dann, immer höher und höher hinaufgeklettert, in einem fantastischem Zauberreich, so wird er glauben, dies Reich gehöre auch noch in sein Leben hinein und sei eigentlich der wunderbarste herrlichste Teil desselben. Es ist ihm der schöne prächtige Blumengarten vor dem Tore, in dem er zu seinem hohen Ergötzen lustwandeln kann, hat er sich nur entschlossen, die düsteren Mauern der Stadt zu verlassen.“[40]

3. Zu den ausgewählten Autoren und Werken:

Die folgenden Kunstmärchen präsentieren dem Leser die phantastische, mystische Schönheit und zugleich unbezwingbare Wildheit der Natur in den schillerndsten Farben. Sie präsentieren paradiesische Orte, an denen sich die Menschen in Raum und Zeit verlieren und ganz der Liebe zur Natur hinwenden, so dass sie bei dessen Verlust, eine sentimentalische Sehnsucht zu ihr empfinden.

Sich einmal auf die Natur eingelassen und in ihre Geheimnisse eingeweiht, empfinden sie in jener Einfachheit das Gefühl von Heimat, Geborgenheit und Zeitlosigkeit. So spielen die Kinder in Tiecks Die Elfen und Hoffmanns Das fremde Kind lieber draußen auf den Wiesen und im Wald, als drinnen im Haus mit künstlichen Spielzeugen. Auch Fouqués Ritter fühlt sich bei den Fischern am See so wohl, dass er jegliches Zeitgefühl verliert.

Magische Wesen und Orte fesseln sowohl die Neugierde der Helden, als auch die Leselust des Lesers. Tiecks Marie kann gar nicht anders, als im Tannengrund immer wieder auszurufen „ich will immer bei euch bleiben und ihr sollt meine Schwestern seyn“. Und auch ihre Tochter Elfriede ist einige Jahre später so voller Liebe zur Natur, dass sie letzten Endes bei dessen Verlust genau wie die Rose, die sie von Zerina erhalten hat verwelkt. Fouqués Ritter ist von der wilden und zugleich anmutigen Ausstrahlung der Wassernymphe Undine so gefesselt, dass er sie aus einer überstürzten Laune heraus heiratet. Bei Hoffmann sind die Kinder dem Zauber des fremden Kindes verfallen.

Die aufgezeigten Naturgewalten und dämonischen Elemente der Kunstmärchen präsentieren nicht nur die Wildheit der Natur, sondern verleihen den Texten zusätzliche Spannung und Höhepunkte. Vor allem Fouqués Undine zeigt immer wieder, dass die Natur sowohl aus idyllischem Frieden als auch aus todbringenden Unwettern besteht und eines ohne das andere nicht existieren kann.

Bei Tiecks Die Elfen wird hingegen der Aspekt der Abhängigkeit der Menschen von den Früchten und Schätzen der Natur hervor gehoben. Die Bauern und Grafen leben in eben jenem Tal, weil der Boden dort besonders fruchtbar ist und sie die Idylle des Tales als besonders schön anzuschauen empfinden.

Bei Hoffman kommen zudem noch der Aspekt der zunehmenden Industrialisierung und die Kritik an allem künstlich Geschaffenem im Gegensatz zum Ursprünglichen, Natürlichem hinzu.

Auf welch unterschiedliche Arten die Natur und ihre Bewohner in den Märchen dargestellt werden, werde ich in den folgenden Kapiteln berichten. Zunächst werde ich einen kurzen Überblick liefern und anschließend jedes einzelne Märchen auf seine Naturdarstellungen, insbesondere die Schauplätze und Naturwesen, hin untersuchen.

3.1. Novalis: Hyacinth und Rosenblüthchen

Das Märchen ist eingebettet in Novalis‘ Romanfragment Die Lehrlinge zu Sais, welches er 1798 beginnt, später unterbricht und bis zu seinem Tode 1801 nicht mehr vollendet.[41] In diesem Romanversuch stellt Novalis auf sehr metaphorische Weise die Beziehung des Menschen zur Natur dar. Dazu beschreibt er eine philosophische Lehrstunde zwischen Lehrlingen und Lehrmeister.[42]

Im ersten Teil Der Lehrling, hält dieser einen Monolog im Tempel von Sais über das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler und den Drang nach Erkenntnis, den der Lehrer in ihm geweckt hat. Hier portraitiert sich Novalis selbst in Gestalt seines Freiberger Professors Abraham Gottlob Werner.[43]

Der zweite Teil Die Natur wird in philosophischen Dialogen der Lehrlinge mit dem Lehrmeister über die Beziehung von Menschen und Natur dargestellt.[44] Hier präsentieren die Lehrlinge ihre unterschiedlichen Ansichten darüber, ob die Natur nun ein Genuss oder eher eine Religion sei, oder vielleicht doch in ihrem verwilderten Zustand ganz einfach vom Menschen veredelt werden müsse.[45] Alle Lehrlinge haben diesbezüglich aber das gemeinsame Ziel, die Natur in ihren Zusammenhängen zu verstehen und den gestörten Kontakt zwischen Mensch und Natur wieder herzustellen.[46] Da dem Lehrling alle Ansichten richtig erscheinen, folgt zur Entwirrung des Rätsels das Binnenmärchen von Hyacinth und Rosenblüthchen.[47]

Hyacinth und Rosenblüthchen sind ein Liebespaar und stehen im Einklang mit der Natur. Als ein Fremder in ihren Ort kommt, weckt er in Hyacinth die Sehnsucht nach intellektuellem Wissen. Hyacinth wird unzufrieden mit sich selbst und verliert die Liebe zu Rosenblüthchen und somit auch seine Bindung zur Natur. Von einer alten Frau erhält er den Rat, den Grund aller Dinge, die verschleierte Göttin Isis, zu finden, um wieder mit sich und der Natur im Einklang zu gelangen. So macht sich Hyacinth alleine auf die weite Reise vom Abendland ins Morgenland[48] und lässt alles hinter sich. Als er endlich sein Ziel, den Tempel zu Sais[49], erreicht, findet er dort Rosenblüthchen als die verschleierte Göttin Isis vor. „Hyacinth begreift, daß am Ende des Drangs nach Erkenntnis die Liebe steht, die allein das Geheimnis der Natur offenbaren kann“[50], denn nicht nur der Intellekt, sondern auch das Gefühl stellen die Beziehung zur Natur wieder her.[51]

Im Anschluss an das Binnenmärchen, ziehen die Lehrlinge den Schluss, dass nur Dichter, Philosophen, Forscher und Liebende die Fähigkeit zur Hingabe besitzen, welche den Schlüssel zur Erkenntnis der tiefsten Naturgeheimnisse darstellt.[52]

Denn Mahoney schreibt: „Das Ziel von NOVALIS ist die Erfassung des Universums, dessen Endzweck die Liebe ist.[53] Und weiter:

Wer die Natur versteht, der ‚fühlt sich in ihr wie am Busen seiner Braut‘, schreibt NOVALIS in einem Brief. Nur in der Liebe erschließt sich die Natur dem Liebenden. So werden die LEHRLINGE VON SAIS [sic] das Hohelied der Liebe zur Natur.[54]

3.2. Friedrich de la Motte Fouqué: Undine

Undine (lat. unda = Welle) ist ein weiblicher, jungfräulicher Wassergeist. Sie gehört zu den so genannten halbgöttlichen Elementargeistern. [...] Nach Paracelsus handelt es sich um ein Elementarwesen, welches das Element Wasser verkörpert. Nach ihm kann sie gewöhnlich in Waldseen oder Wasserfällen entdeckt werden. [...] Undine bekommt erst dann eine Seele, wenn sie sich mit einem Menschen vermählt. Wie alle Nymphen ist sie unsterblich. Gebiert die Undine aus einer Ehe mit einem Sterblichen ein Kind, erhält sie mit diesem eine Seele und verliert ihre Gnade der Unsterblichkeit. [...] Einem untreuen Gatten bringt die Undine den Tod. [...] Auch muss man sich hüten, sie aufs Wasser zu bringen oder gar auf dem Wasser zornig zu machen, da sie sonst ins Wasser zurückkehrt.[55]

Fouqué übernimmt diese Aspekte von Paracelsus[56] und verleiht ihnen mit seiner Darstellung des „Meerfräuleins“ Undine Lebendigkeit und einen anmutigen Charakter. In detailgetreuen, liebevollen Beschreibungen und einer gewollt altertümlich wirkenden Sprache, versetzt der Autor den Leser in die verzauberte Märchenwelt der Ritter und Wassergeister. Der Leser sieht den „schön geschmückten Ritter [Huldbrand von Ringstetten] , der [hoch] zu Ross durch den Baumschatten“[57] zur Hütte des Fischers geritten kommt. Er erlebt, wie sich der mysteriöse Wassergeist Kühleborn vor des Ritters Schwerthieb in einen Wasserfall verwandelt[58] und er nimmt Teil an dem tragischen Schicksal der Undine.

Fouqué lässt den Leser miterleben, wie die zunächst seelenlose Nixe Undine dem Ritter Huldbrand scheinbar strategisch den Kopf verdreht, ihn zur Heirat bewegt und durch diese Verbindung eine Seele erhält, welche sie in ein freundliches, liebendes und treues „Hausmütterlein“[59] verwandelt. Anschließend erlebt der Leser ihren Leidensweg. Undines Gatte verschmäht sie, weil er sich von ihr in Bezug auf ihre unmenschliche Herkunft betrogen fühlt, und sucht nun Trost bei der schönen menschlichen Bertalda, welche mit allen Mitteln versucht, Undines Autorität als Hausherrin zu untergraben und ihr den Gatten auszuspannen.

Fouqué hebt in der Undine das Subjektive und Stimmungshafte der Natur hervor und verleiht somit seinen Naturdarstellungen eine „beseelte Note“.[60]

3.3. Ludwig Tieck: Die Elfen

Das Märchen Die Elfen ist Teil des Romans „Phantasus“. Hierbei handelt es sich um eine „Sammlung von dreizehn Märchen, Erzählungen, Schauspielen und Novellen in drei Bänden“[61], welche in eine Rahmenhandlung eingebettet wurden. Eine Gesellschaft

romantisch gesinnter und empfindender Freunde, bestehend aus den Damen Clara, Emilie, Auguste, Rosalie und den Herren Manfred, Friedrich, Theodor, Lothar, Anton, Ernst und Willibald, trifft sich auf Reisen, auf Landgütern, bei Tisch[62],

um sich gegenseitig Märchen vorzustellen und anschließend darüber zu diskutieren. Ursprünglich hatte Tieck geplant, sieben Erzähler – die oben genannten Herren – an sieben Tagen, sieben Werke vortragen zu lassen. Jedoch ist dieses Werk nie vollendet worden.[63] Auffällig ist hier die bereits oben erwähnte Zahl Sieben. Auch wenn Tieck durch Hinzufügen eines Einleitungsgedichtes die Gesamtanzahl der Werke auf insgesamt 50 Stück aufrundet, so kehrt die Sieben später in den Elfen noch einmal wieder, wenn die kleine Marie nach einer Nacht im Elfenreich feststellen muss, dass sie insgesamt sieben Jahre fort war.

In dem Märchen Die Elfen lässt Ludwig Tieck die kleine Marie auf phantastische Weise alle vier Elementarreiche der Natur durchwandern.[64] Zunächst wird ein Bauerndorf in einem wunderschönen fruchtbaren Tal beschrieben, auf dass seine Bewohner sehr stolz sind. Der einzige Schandfleck dieses Tals ist der sogenannte Tannengrund. Diesen empfinden die Dorfbewohner als sehr ausladend, denn Haus und Hof sind sehr verfallen. Der Bach fließt dort nur sehr schwermütig und es wagt sich niemand dorthin, weil der ganze Ort an sich von einer unheimlichen Aura umgeben ist. Es kursieren die unterschiedlichsten Gerüchte darüber, wer dort wohl leben mag. Während die einen versuchen, die Bewohner zu verteidigen indem sie mutmaßen, der Hof sähe nur so heruntergekommen aus, weil dort sehr arme Menschen leben würden, unterstellen die anderen, es handle sich bei den Menschen dort um plünderische Zigeuner und Gauner. Am liebsten würden sie diese vertreiben, doch da es mit den Leuten aus dem Tannengrund noch nie Probleme gab, gibt es dazu keinen wirklichen Anlass.

Protagonistin ist die zu Beginn der Geschichte kleine Marie, die mit dem Nachbarsjungen Andres draußen um die Wette laufen möchte. Um die Schwierigkeit des Wettlaufs zu erhöhen, beschließen beide, außen um den Tannengrund herum, einen Berg hinauf zu laufen. Andres möchte links herum laufen und Marie soll rechts herum laufen. Doch Marie kommt vom rechten Wege ab, denn sie beschließt ihren Mut zusammen zunehmen und den Weg abzukürzen, indem sie einfach geradewegs durch den Tannengrund hindurch läuft. Drinnen sieht es jedoch ganz anders aus als von draußen. Während der Tannengrund von außen nur wie ein verfallener alter Hof aussieht, ist er von innen ein riesiger Palast, umgeben von den wunderschönsten und fruchtbarsten Gärten, die Marie je gesehen hat. Auch seine Bewohner, die von außen zerlumpt und griesgrämig wirken, entlarven sich nun als ein verspieltes, liebliches Elfenvolk, dass Marie sogleich in ihr Herz schließt. Vor allem mit der kindlichen Elfe Zerina schließt Marie sofort Freundschaft und wünscht sich, sie wäre ihre Schwester. Zerina führt Marie im Palast und den Gärten herum, sie zeigt ihr weitere Naturgeister und weiht sie in das Geheimnis ein, dass die Elfen für die Fruchtbarkeit des Tals verantwortlich seien. Als Gegenleistung dafür bauen die Zwerge Schätze aus Gold und Edelsteinen aus den Bergen rings um das Tal herum ab. Am liebsten würde Marie für immer bei den Elfen bleiben, doch plötzlich trifft der Vogel Phönix ein und kündigt die Ankunft des Königs an, dessen Anblick Marie nicht gestattet ist. So muss sie die Elfen wieder verlassen und versprechen, niemanden von ihnen zu erzählen. Zu Hause angekommen muss Marie feststellen, dass sie nicht, wie sie meinte, nur eine Nacht fort war, sondern stattdessen sieben ganze Jahre verstrichen sind. Nun sind sie und Andres erwachsen und heiraten im darauf folgenden Jahr. Kurz darauf gebiert Marie eine kleine Tochter, die sie in Gedenken an die Elfen Elfriede nennt. Das Mädchen entwickelt sich ungewöhnlich schnell, doch es wird auch zu einem verschlossenen Außenseiter, der lieber alleine im Garten spielt, anstatt die Gesellschaft anderer Menschen zu suchen. Die Eltern lassen Elfriede diese Eigensinnigkeit, weil sie ansonsten völlig gesund erscheint. Durch einen Zufall entdeckt Marie eines Tages, dass Elfriede im Garten von Zerina besucht wird. Nun beobachtet sie ihre Tochter regelmäßig beim Spielen mit der Elfe. Doch als Andres eines Tages wieder einmal über das Zigeunervolk im Tannengrund schimpft, bricht Marie ihr altes Versprechen. Sie berichtet ihrem Mann, dass im Tannengrund keine bösen Zigeuner, sondern wohltätige Elfen leben, welche für die Fruchtbarkeit des Tals verantwortlich sind. Zum Beweis dafür zeigt sie ihm Elfriede beim Spiel mit Zerina. Noch in derselben Nacht verlassen die Elfen das Tal und die Fruchtbarkeit verschwindet mit ihnen. Die Bäche trocknen aus, die Pflanzen verdorren und der Boden wird unergiebig. Elfriede trauert ihrer Gespielen so sehr hinterher, dass sie kurz darauf verstirbt und nur wenig später stirbt auch Marie aus Schuldgefühl und Trauer um ihre Tochter. Die übrigen Bewohner des Dorfes verlassen das Tal, um sich eine fruchtbarerer Gegend zu suchen.

[...]


[1] Vgl. Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. (1825)

[2] Vgl. Metzler Lexikon Literatur- und Kunsttheorie. Aufsätze – Personen – Grundbegriffe. Hg von Ansgar Nünning. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag J.B. Metzler. Stuttgart – Weimar. (2001). S.465

[3] Vgl. Benedikt Jeßing / Ralf Köhnen: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft. J.B. Metzler-Verlag. Stuttgart – Weimar. (2003). S.26; // Reiner Wild (Hrsg.): Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. 2. erg. Aufl. Stuttgart, Weimar. Metzler-Verlag. (2002). 46-50,

[4] Vgl. Wild, Geschichte, S. 46

[5] Vgl. Wild, Geschichte, S.47-49; // Irmgard Nickel-Bacon u.a.: „Biedermeierzeit. Tradition und pädagogische Modernisierung: Familienkulturen und familiale Lesekulturen um 18.30.“ In: Bettina Hurrelmann/ Susanne Becker/ Irmgard Nickel-Bacon: „Lesekindheiten. Familie und Sozialisation in historischen Wandel.“ Weinheim-München: Juventa (2006) S. 94-95

[6] Vgl. Wild, Geschichte, S. 46, 48

[7] Vgl. Wild, Geschichte, S. 47, 50; Nickel-Bacon, Biedermeierzeit, S. 94-95

[8] Vgl. Wild, Geschichte, S. 45, 89

[9] Vgl. Wild, Geschichte, S. 45

[10] Vgl. Wild, Geschichte, S. 45

[11] Vgl. Thalmann, Marianne: Zeichensprache der Romantik. Mit 12 Strukturzeichnungen. Heidelberg. (1967), S. 30; Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon Dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. H von Elisabeth Frenzel. 5. überarbeitete und ergänzte Auflage. Alfred Körner Verlag. Stuttgart. (1999), S. 190;

[12] Vgl. Jeßing/Köhnen, Einführung, S. 26

[13] Vgl. Jeßing/Köhnen, Einführung, S. 26; Nickel-Bacon, Biedermeierzeit, S. 90-92;

[14] Vgl. Jeßing/Köhnen, Einführung, S. 26

[15] Vgl. Nickel-Bacon, Biedermeierzeit, S. 60-170

[16] Vgl. Jeßing/Köhnen, Einführung, S.36

[17] Vgl. Volker Klotz:. In: Peter Mettenleiter/ Stephan Knöbel (Hrsg.): Blickfeld Deutsch. Oberstufe . Ferdinand Schönigh – Verlag. Paderborn. (1991), S.252; Stefan Neuhaus: Märchen. A. Fracke Verlag. Tübingen, Basel. (2005), S.9

[18] Vgl. Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen.(1825); Klotz:. Das Europäische Kunstmärchen. Stuttgart. 1983. S. 10ff. In: Mettenleiter/Knöbel, Blickfeld Deutsch, S.252; Neuhaus, Märchen, S.9

[19] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9

[20] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9

[21] Vgl. Neuhaus, Märchen, S. 9

[22] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Zahlensymbolik#Zahlen_im_M.C3.A4rchen am 15.03.2009 um 18.15 Uhr; http://lexikon.meyers.de/wissen/Zahlensymbolik am 15.03.2009 um 18.30 Uhr; http://www.galerie-elender.de/Zahlen.htm am 15.03.2009 um 18.45 Uhr

[23] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Zahlensymbolik#Zahlen_im_M.C3.A4rchen am 15.03.2009 um 18.15 Uhr; http://lexikon.meyers.de/wissen/Zahlensymbolik am 15.03.2009 um 18.30 Uhr; http://www.galerie-elender.de/Zahlen.htm am 15.03.2009 um 18.45 Uhr; http://www.kzu.ch/fach/as/aktuell/1999/millenium/zahlen.htm am 15.03.2009 um 17.45 Uhr; http://www.kreudenstein-online.de/Bibelkritik/zahlensymbolik.htm am 15.03.2009 um 18.00 Uhr

[24] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Zahlensymbolik#Zahlen_im_M.C3.A4rchen am 15.03.2009 um 18.15 Uhr; http://lexikon.meyers.de/wissen/Zahlensymbolik am 15.03.2009 um 18.30 Uhr; http://www.galerie-elender.de/Zahlen.htm am 15.03.2009 um 18.45 Uhr; http://www.kzu.ch/fach/as/aktuell/1999/millenium/zahlen.htm am 15.03.2009 um 17.45 Uhr; http://www.kreudenstein-online.de/Bibelkritik/zahlensymbolik.htm am 15.03.2009 um 18.00 Uhr

[25] Vgl. http://www.galerie-elender.de/Zahlen.htm am 15.03.2009 um 18.45 Uhr; http://www.kreudenstein-online.de/Bibelkritik/zahlensymbolik.htm am 15.03.2009 um 18.00 Uhr

[26] Vgl. Neuhaus, Märchen, S. 9; Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen.(1825)

[27] Vgl. Metzlers Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen. Hg von Günther und Irmgard Schweilke. 3. völlig neu bearbeitete Auflage. Hrsg.: Burdorf, Dieter u.a. Verlag J.B. Metzler. Stuttgart – Weimar. (2007). S. 472

[28] Vgl. Metzlers Lexikon Literatur, S. 472

[29] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9; Metzlers Lexikon Literatur, S. 473

[30] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9

[31] Vgl. Klotz, Kunstmärchen. In: Mettenleiter/Knöbel, Blickfeld Deutsch, S.252; Neuhaus, Märchen, S.9

[32] Vgl. Neuhaus, Märchen, S. 9; Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. (1825)

[33] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9

[34] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9

[35] Vgl. Neuhaus, Märchen, S.9; LINDEMANN, Klaus (Hrsg.): „Friedrich de la Motte Fouqué: Undine – eine tränenreiche Geschichte“ In: (ebd.) Wege zum Wunderbaren. Romantische Kunstmärchen und Erzählung. Paderborn. (1997)

[36] Vgl. Fouqué, Undine, S. 10; Lindemann, Undine, S.71

[37] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Donauquelle, am 15.02.2009, um 18.45h

[38] Vgl. Fouqué, Undine, S. 8

[39] Vgl. Lexikon der phantastischen Literatur. Hg von Rein A. Zondergeld. Phantastische Bibliothek. Suhrkamp Taschenbuch Verlag. (1983). S.284-285.

[40] Vgl. Mettenleiter/Knöbel, Blickfeld Deutsch, S. 252-253

[41] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Hg von Walter Jens. 20 Bde. Verlag bei Kindler. München. (1988-1992. 2. Suppl.-Bde 1998). Bd.12, S.536

[42] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536

[43] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536

[44] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536; MAHONEY, Dennis, F.: Die Poetisierung bei Novalis. Beweggründe, Gestaltung, Folgen. Bonn. (1980), S.12; Pikulik, Lothar: Frühromantik. Epoche – Werk – Wirkung. C.H.Beck Verlag. München. (2000), S.249;

[45] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536

[46] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536

[47] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536; VOERSTER, Erika: Märchen und Novellen im klassisch-romantischen Roman. 2. Aufl. Bonn. (1966), S.162

[48] Vgl. Voerster, Märchen, S.160

[49] Vgl. Voerster, Märchen, S.160

[50] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536

[51] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536; Voerster, Märchen, S.163

[52] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.12, S.536; Pikulik, Frühromantik, S.243

[53] Vgl. Mahoney, Poetisierung, S.7

[54] Vgl. Mahoney, Poetisierung, S.8

[55] Vgl. wikipedia; Paracelsus S. 132-133, 144; Vgl. Lindemann, Undine, S. 69f; Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.5, S.732; Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon Dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. Hg. von Elisabeth Frenzel. 4. überarbeitete Auflage. Alfred Körner Verlag. Stuttgart. (1976), S.757f

[56] Vgl. Lexikon der Weltliteratur. Bd.II. Hauptwerke der Weltliteratur in Charakteristika und Kurzinterpretation. Hg von Gero Wilpert. Alfred Körner, S. 1977; Lindemann, Undine, S. 69f; Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.5, S.732; Stoffe der Weltliteratur, S.757f

[57] Vgl. Fouqué, Undine, S.8

[58] Vgl. Fouqué, Undine, S.52

[59] Vgl. Fouqué, Undine, S.45

[60] Vgl. Seibicke, Christa Elisabeth: Friedrich Baron de la Motte Fouqué. Krise und Verfall der Spätromantik im Spiegel seiner historischen Ritterromane. tuduv-Studien Reihe Sprach- u. Literaturwiss. Bd. 16. tuduv-Verlagsgesellschaft. München. (1985), S. 276, 279

[61] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd. 16, S.583

[62] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.16, S.583f

[63] Vgl. Kindlers Neues Literaturlexikon. Bd.16, S.583f; Gebhardt, Armin: Ludwig Tieck. Leben und Gesamtwerk des „Königs der Romantik“. Tectum Verlag. Marburg. (1997), S.155ff; NEUMANN, Michael: Unterwegs zu den Inseln des Scheins. Kunstbegriff und literarische Form in der Romantik von Novalis bis Nietzsche. Vittorio Klostermann Verlag. Frankfurt a.M. (1991), S.431f, 447f, 449f;

[64] Vgl. Neumann, Inseln, S.450

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Detalles

Título
Naturdarstellungen in deutschen Kunstmärchen
Subtítulo
Novalis: "Hyacinth und Rosenblüthchen" (1798-1801), Friedrich de la Motte Fouqué: "Undine" (1811), Ludwig Tieck: "Die Elfen" (1812), E.T.A. Hoffmann: "Das fremde Kind" (1817)
Universidad
University of Wuppertal  (Bergische Universität Wuppertal)
Calificación
2,7
Autor
Año
2009
Páginas
63
No. de catálogo
V138433
ISBN (Ebook)
9783640465309
ISBN (Libro)
9783640462377
Tamaño de fichero
645 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Naturdarstellungen, Kunstmärchen, Fridrich de la motte Fouqué, Undine, E.T.A. Hoffmann, Das fremde Kind, Novalis, Hyacinth und Rosenblüthchen, Ludwig Tieck, Die Elfen, Natur, Romantik, Märchen, Märchennovelle, Volksmärchen, Magister Tinte, Phantasus, Aufklärung, Die Lehrlinge zu Sais, Biedermeier, Wald, Wasser, Dämonen, magische Helfer, magische Gegenspieler, Magie, Liebe, Vernunft, Dreiecksbeziehung
Citar trabajo
Bettina Kuß (Autor), 2009, Naturdarstellungen in deutschen Kunstmärchen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138433

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