Carl Schmitts Politikverständnis und seine Anwendbarkeit auf die Sicherheitspolitik der USA nach den Terroranschlägen des 11. September 2001


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

21 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. DAS POLITIKVERSTÄNDNIS CARL SCHMITTS
2.1 POLITISCHE ANTHROPOLOGIE
2.2 DAS KRITERIUM DES POLITISCHEN
2.3 DAS KONZEPT DES „FEINDES“
2.4 TRÄGER DES „POLITIKMONOPOLS“
2.5 SICHT DES INTERNATIONALEN SYSTEMS
2.6 KRITIK DES SCHMITT’SCHEN POLITIKBEGRIFFS

3. US-SICHERHEITSPOLITIK NACH DEN ANSCHLÄGEN DES 11.09.2001
3.1 FEINDBESTIMMUNG
3.2 WAHRNEHMUNG DES „FEINDES“
3.3 SELBSTWAHRNEHMUNG DER USA IN DEN INTERNATIONALEN BEZIEHUNGEN

4. FAZIT
A: MONOGRAPHIEN
B: AUFSÄTZE
C: QUELLEN

Jedes wissenschaftliche Werk trägt seinen Wert in sich und darf in der wissenschaftlichen Welt beanspruchen, als solches und jenseits persönlicher Sympathien und zeitgebundener Emotionen gelesen zu werden.1

1. Einleitung

Carl Schmitt gilt als einer der bedeutendsten deutschen Staats- und Völkerrechtler des 20. Jahrhunderts. Mindestens ebenso wichtig wie Schmitts Arbeit auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft wird sein Beitrag zur politischen Theorie eingeschätzt. Diesem Teil seiner Arbeit wird mit zunehmendem zeitlichen Abstand2 sogar die weitaus größere Aufmerksamkeit geschenkt3. Dabei hat Schmitt die Gesamtheit seines Politikverständnisses nicht zu einem einzelnen umfassenden Band zusammengefügt. Aus der Fülle der vorliegenden Veröffentlichungen aus sieben Jahrzehnten ist jedoch eine besonders hervorzuheben, die von einem wachsenden Teil seiner Kritiker als ein, wenn nicht der Schlüssel zum politischen Denken des Carl Schmitt angesehen wird4. Es ist die Schrift über den „Begriff des Politischen“5, die dem Autor nicht nur einen Großteil seiner Bekanntheit, sondern auch die schärfste Kritik und Ablehnung beschert hat6. Die darin entwickelte These, die Unterscheidung von Menschengruppen in „Freund und Feind“ sei das spezifische Kriterium des Politischen7, wird seither in Bezug auf seine empirische Richtigkeit, aber auch aus einer normativen Sicht, äußerst kontrovers diskutiert.

Die vorliegende Arbeit soll zunächst die zentralen Aspekte des Schmitt’schen Politikverständnisses aufzeigen, wie es im „Begriff des Politischen“ angelegt und in zahlreichen anderen Publikationen ausgestaltet und präzisiert wird. In einem zweiten Schritt wird diese Konzeption für eine Analyse der US-amerikanischen Sicherheitspolitik nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 herangezogen, um abschließend eine Bewertung der zur Zeit weit verbreitete Ansicht vorzunehmen, es lasse sich darin ein Politikverständnis im Sinne Schmitts erkennen. Dabei wird es notwendig sein, bei der Vorstellung der politischen Theorie Schmitts auch auf Aspekte einzugehen, die in der folgenden Anwendung der Theorie nicht aufgegriffen werden können, weil sie für das konkrete Untersuchungsinteresse keine unmittelbare Relevanz besitzen, für eine schlüssige Darstellung der Theorie als solcher aber notwendig sind.

Der Verfasser vertritt im Folgenden die These, dass der Sicherheitspolitik der amtierenden Bush-Administration in der Tat wichtige Annahmen und Sichtweisen zugrunde liegen, die auch das politische Denken Carl Schmitts prägten, dass sich aber auch bedeutende Unterschiede erkennen lassen. Im abschließenden Kapitel der Arbeit werden Parallelen und Differenzen gegenübergestellt.

2. Das Politikverständnis Carl Schmitts

Die politische Theorie Schmitts wird häufig mit dem von ihm selbst geprägten Begriff des „Dezisionismus“ beschrieben. Darunter versteht man die Annahme, dass bestimmte verbindliche Normen (z.B. im Verfassungsrecht) schon allein dadurch legitim sind, dass man sich entschlossen hat, sie so und nicht anders aufzustellen und dass diese Entscheidung selbst nicht durch ein wie auch immer geartetes „übergeordnetes Recht“ gerechtfertigt werden könne bzw. müsse 8. Im Lichte dieser Grundannahme sollen nun die wesentlichen Bestandteile des Schmitt’schen Politikverständnisses vorgestellt werden.

2.1 Politische Anthropologie

Die Richtung, in die sich eine politische Theorie entwickeln kann, ist für Carl Schmitt bereits mit der Entscheidung für eine Anthropologie vorgegeben. Je nachdem, ob man ein „optimistisches“ oder ein „pessimistisches“ Menschenbild zugrunde legt, ändere sich notwendigerweise die Konzeption eines angemessenen Gemeinwesens, das der politische Theoretiker gedanklich erschaffen will9. Schmitt selbst entscheidet sich für eine pessimistische Anthropologie10. Er beansprucht für diese Option sogar die alleinige Gültigkeit indem er behauptet, „politische Vorstellungen und Gedankengänge können nicht gut einen anthropologischen ‚Optimismus’ zum Ausgangspunkt nehmen“11. Konkret baut Schmitt seine Anthropologie auf den Entwürfen Thomas Hobbes’12 und Carl von Clausewitz13 auf. Beide nehmen die ständig vorhandene Möglichkeit zwischenmenschlicher Konflikte zum Anlass für ihre Annahme, dass diese Konflikte in bestimmten Fällen eskalieren können und dann gewaltsam, also kriegerisch, ausgetragen werden. Diese Möglichkeit besagt jedoch nicht, dass der Krieg ein natürlicher oder gar dem Menschen angemessener Zustand ist. Vielmehr führt der allen Menschen gemeinsame Wunsch, nicht durch fremde Gewalt zu sterben, zu der Erkenntnis, dass der Mensch seinem Wesen nach weder auf die Auseinandersetzung mit anderen Menschen verzichten, noch dauerhaft damit leben kann14. Carl Schmitt teilt diese Sichtweise, begründet jedoch seine Option für ein pessimistisches Menschenbild außerdem mit der spezifischen Eigenart politischer Angelegenheiten, welche er als das „Kriterium des Politischen“ bezeichnet.

2.2 Das Kriterium des Politischen

Der Anspruch, den Carl Schmitt bei der Formulierung seines „Begriff des Politischen“ an sich stellt, besteht darin, ein Kriterium für das Wesen des Politischen zu entwickeln15. Er begründet die Notwendigkeit eines solchen Kriteriums mit der von ihm festgestellten inhaltlichen Trennung der Begriffe „staatlich“ und „politisch“. Worin diese genau besteht, wird im anschließenden Abschnitt 2.3 erläutert. Zunächst ist als Ergebnis von Schmitts Überlegungen die ebenso prägnante wie oft kritisierte These festzuhalten, dass das Kriterium des Politischen in der „Unterscheidung von Freund und Feind“ bestehe16. Diese versteht Schmitt idealtypisch als die äußerste Form der Assoziation bzw. Dissoziation zwischen Gruppen von Menschen17. Er betont, dass es weder wünschenswert noch verwerflich sei, wenn die Menschen diese Unterscheidung für sich treffen. Das von ihm postulierte Kriterium erhebe daher keinen normativen Anspruch; es sei einfach eine zu akzeptierende Tatsache. Aus diesem Grund wird die Konzeption Schmitts häufig als ein „empirischer Politikbegriff“ bezeichnet.

Schmitt erhebt für seine „Freund-Feind“-Dichotomie außerdem den Anspruch der Selbständigkeit18. Dies bedeutet, dass es nicht möglich ist, sie auf eine oder mehrere andere Unterscheidungen zurückzuführen. Damit steht „politisch“ als eigenständige Kategorie neben anderen, wie „ästhetisch“, „ökonomisch“ oder „moralisch“, denen jeweils eine eigene spezifische Dichotomie (z.B. schön - hässlich) zugrunde liegt. Der hier so betonten Selbständigkeit des Politischen kommt bei der sich anschließenden Vorstellung des Feindbegriffes im Abschnitt 2.3 eine besondere Bedeutung zu.

[...]


1 Helmut Quaritsch 1988, S. 13.

2 Schmitt starb 1985 im Alter von 97 Jahren in seiner Heimat Plettenberg im Sauerland.

3 Vgl. Reinhard Mußgnug 1988, S. 517.

4 Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde 1988, 283. Weniger deutlich schon bei Mathias Schmitz 1965, S. 87.

5 Zuerst erschienen im Jahre 1927. Die vorliegende Arbeit bezieht sich jeweils auf die überarbeitete Fassung mit einem Vorwort und drei Corollarien: Carl Schmitt 1932.

6 Von einer Reihe zwischen 1933 und 1936 erschienenen Texten, in denen Schmitt verbrecherische Handlungen des nationalsozialistischen Regimes zu rechtfertigen versucht, sehe ich an dieser Stelle ab, da sie in der wissenschaftlichen Diskussion nicht als substantieller Teil der Schmitt’schen Theorie, sondern vielmehr als beschämender Ausdruck des moralischen Versagens und des Opportunismus des Autors angesehen werden. So etwa: Erich Vad 1996, S. 11.

7 Vgl. Carl Schmitt 1932, S. 26.

8 Vgl. Micha H. Werner 2002, Abs. 1.

9 Vgl. Carl Schmitt 1922, S. 50.

10 Vgl. Paul Edward Gottfried 1990, S. 65 f.

11 Vgl. Carl Schmitt 1932, S. 64.

12 Vgl. Thomas Hobbes 1651, Carl Schmitt 1938.

13 Vgl. Carl von Clausewitz 1832.

14 Vgl. Erich Vad 1996, 24.

15 Vgl. Carl Schmitt 1932, S. 9. In der ersten Ausgabe des „Begriff des Politischen“ sprach Schmitt sogar davon, eine Definition des Politischen aufstellen zu wollen. Diesen Anspruch hat er angesichts der starken Kritik die an seinem Entwurf geübt wurde, jedoch aufgegeben.

16 Ebd., S. 26.

17 Ebd., S. 38.

18 Ebd., S. 27.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Carl Schmitts Politikverständnis und seine Anwendbarkeit auf die Sicherheitspolitik der USA nach den Terroranschlägen des 11. September 2001
Université
University of Trier  (Fachbereich III - Politikwissenschaft)
Cours
Einführung in die Politische Theorie und Ideengeschichte: Grundlagen des politischen Denkens im 20. Jahrhundert
Note
1,7
Auteur
Année
2003
Pages
21
N° de catalogue
V13854
ISBN (ebook)
9783638193931
ISBN (Livre)
9783638787659
Taille d'un fichier
479 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Arbeit ist im Rahmen eines Proseminars im Wintersemester 2002/03 entstanden.
Mots clés
Carl, Schmitts, Politikverständnis, Anwendbarkeit, Sicherheitspolitik, Terroranschlägen, September, Einführung, Politische, Theorie, Ideengeschichte, Grundlagen, Denkens, Jahrhundert
Citation du texte
René Fritsch (Auteur), 2003, Carl Schmitts Politikverständnis und seine Anwendbarkeit auf die Sicherheitspolitik der USA nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13854

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