In dieser Hausarbeit möchte ich die Entwicklung der deutschen Bildung in Bezug auf Gleichheit und Heterogenität beschreiben. Zuerst gehe ich kurz auf die Definitionen der zentralen Begriffe dieser Arbeit, Gleichheit und Heterogenität, ein und gebe dann einen historischen Abriss, wobei ich mich im Wesentlichen auf die Ausführungen Annedore Prengels in „Pädagogik der Vielfalt“ 1993 verfasst, beziehe. Im dritten Kapitel versuche ich an Hand verschiedener wissenschaftlicher Berichte und Stellungnahmen die aktuelle Situation zu skizzieren, wobei ich etwas detaillierter auf die drei „Pädagogischen Bewegungen“, Interkulturelle-, Feministische- und Integrationspädagogik, eingehe. An diesem Punkt der Arbeit wird das Spannungsverhältnis zwischen Gleichheit und Heterogenität deutlich, welches in den Schulen momentan vorherrscht. Genau das ist der Ansatzpunkt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation und der Überlegung eine Perspektive zu formulieren. Diese wird dann im vierten Punkt, als Perspektive einer „Schule für alle“ vorgestellt, wobei ich Forderungen an das aktuelle Schulsystem formuliere und mögliche Strategien zum Umgang mit Heterogenität in der Schule darstelle. Dabei soll es um die Anerkennung von Heterogenität in Schulen gehen, wie man sie nutzen kann, was die Voraussetzungen sind und welche Konsequenzen daraus für das bestehende Schulsystem entstehen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionen und historischer Hintergrund
2.1 Was bedeutet Heterogenität
2.2 Der Begriff der Gleichheit
2.3 Die historische Bedeutung von Gleichheit und Heterogenität
3 Der aktuelle Umgang mit Heterogenität in der Bildung
3.1 Aktuelle Lösungsansätze des Spannungsfeldes von Gleichheit und Heterogenität in der Bildung
3.2 Kritik an der momentanen Bildungssituation
4 Perspektiven für eine gemeinsame und vielfältige Bildung
4.1 Konsequenzen für das aktuelle Schulsystem
4.2 Sinnvoller Umgang mit Heterogenität an Schulen
4.2.1 Heterogenität im Unterricht nutzen
4.2.2 Individualisierende Unterrichtsarrangements
4.3 Kooperation als Ausgangsituation einer vielfältigen und individuellen Förderung
5 Anerkennung der Heterogenität und der Verzicht auf Homogenisierung – ein Ausblick
Literatur
1 Einleitung
In dieser Hausarbeit möchte ich die Entwicklung der deutschen Bildung in bezug auf Gleichheit und Heterogenität beschreiben. Zuerst gehe ich kurz auf die Definitionen der zentralen Begriffe dieser Arbeit, Gleichheit und Heterogenität, ein und gebe dann einen historischen Abriss, wobei ich mich im Wesentlichen auf die Ausführungen Annedore Prengels in „Pädagogik der Vielfalt“ 1993 verfasst, beziehe. Im dritten Kapitel versuche ich an Hand verschiedener wissenschaftlicher Berichte und Stellungnahmen die aktuelle Situation zu skizzieren, wobei ich etwas detaillierter auf die drei „Pädagogischen Bewegungen“, Interkulturelle-, Feministische- und Integrationspädagogik, eingehe. An diesem Punkt der Arbeit wird das Spannungsverhältnis zwischen Gleichheit und Heterogenität deutlich, welches in den Schulen momentan vorherrscht. Genau das ist der Ansatzpunkt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation und der Überlegung eine Perspektive zu formulieren. Diese wird dann im vierten Punkt, als Perspektive einer „Schule für alle“ vorgestellt, wobei ich Forderungen an das aktuelle Schulsystem formuliere und mögliche Strategien zum Umgang mit Heterogenität in der Schule darstelle. Dabei soll es um die Anerkennung von Heterogenität in Schulen gehen, wie man sie nutzen kann, was die Voraussetzungen sind und welche Konsequenzen daraus für das bestehende Schulsystem entstehen.
Ich beziehe mich in den Kapiteln 3 und 4 im Wesentlichen auf verschiedene Ausführungen von Kathrin Bräu und ziehe aktuelle Stellungnahmen, wie zum Beispiel die elf Vorschläge der Bildungskommission zur Förderung von Menschen in ihrer Vielfalt, hinzu.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, die in der Überschrift formulierte Frage „Anerkennung der Heterogenität – eine Perspektive in der Entwicklung der Bildung in Schule und Unterricht?“ zu beantworten, indem ich den Mangel an Heterogenität in der aktuellen Schulsituation herausarbeite und davon ausgehend ein mögliches Modell der gemeinsamen Schule beschreibe, zu dem ich abschließend in einem kurzen Ausblick auch Stellung nehmen werde.
2 Definition und historischer Hintergrund
Da die Begriffe Gleichheit und Heterogenität sich natürlich nicht nur auf die Bildung beziehen, sondern in fast jedem wissenschaftlichen oder auch alltäglichen Zusammenhang eine wesentliche Rolle spielen, wird in diesem Kapitel die Bedeutung dieser Begriffe gezielt in bezug auf Bildung, Schule und Unterricht dargestellt. Zunächst wird also eine allgemeine, lexikalische Definition beider Begriffe gegeben, von der ausgehend dann die spezifische Bedeutung kurz erläutert und im historischen Zusammenhang betrachtet wird.
2.1 Was bedeutet Heterogenität?
„Heterogenität bezeichnet die Uneinheitlichkeit der Elemente einer Menge hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale“1. Es geht um Phänomene, die untereinander verschieden sind, ohne sich untergeordnet zu sein.
In bezug auf die Pädagogik bedeutet der Begriff Heterogenität: Die unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden in einer Gruppe. Diese Unterschiede werden an Hand verschiedener Merkmale definiert. Dabei geht es im Wesentlichen um die Kultur, das Alter, das Geschlecht und die kognitive, emotionale und psychische Leistungsfähigkeit.
2.2 Der Begriff der Gleichheit
Es ist unmöglich den Begriff Gleichheit zu definieren ohne das Gegenteil, die Ungleichheit mit einzubeziehen. So sagt Wilhelm Windelband: „Gleichheit ist ein Verhältnis, worin Verschiedenes zueinander steht.“2 Bezieht man nun diese Definition von Gleichheit auf die Bildung, so würde es bedeuten, dass es homogene Lerngruppen gibt, das heißt, dass die Merkmale, durch die man eigentlich die Menschen unterscheidet, sich gleichen. Gleichheit bedeutet in diesem Zusammenhang den gleichen Anspruch auf optimale Entwicklung und Unterstützung zu haben. Dabei geht es sowohl um das Erkennen und Herausfordern aller Potentiale als auch um den Ausgleich, das Abmildern und die Förderung bei Schwächen.
2.3 Die historische Bedeutung von Gleichheit und Heterogenität
In der Vergangenheit gab es zahlreiche Aspekte, aus denen die heutigen Entwicklungen resultieren. Allerdings ist es nicht möglich in dieser Arbeit den kompletten historischen Hintergrund von der Antike bis heute darzustellen.
Daher beschränken sich die Ausführungen auf die Erläuterung des „übermächtigen Hauptstrom[s] der Einfügung und Verschmelzung des Vielfältigen mit hierarchischen Stufen und Rängen in monistische[n] Ordnungssysteme[n].“3 In der politischen Geschichte waren und sind Gleichheit und Heterogenität zentrale Begriffe. Jeder Mensch, der einer unteren sozialen Schicht angehört oder eine Behinderung hat, wird von Bildungsprivilegien oder Macht ausgeschlossen. Daraus resultiert, dass Verschiedenheit der Menschen auch immer gleich hierarchische Zuordnung bedeutet und somit nur diejenigen, die sich gleichen, dem gleichen Stand angehören können4. Es gab allerdings auch regelmäßig schon in der Vergangenheit Bewegungen, die sich gegen diese demokratische Tradition, bei der eine eingeschränkte Gleichheit überwiegt, stellten. Vor allem im 20. Jahrhundert wurden Theorien der Vielfalt und neue pädagogische Bewegungen laut. An dieser Stelle sollen drei wichtige Phasen genannt werden, die das Verhältnis von Gleichheit und Heterogenität geprägt haben und die Grundlage der heutigen Bewegungen bilden. Erstens die Entstehung eines differenzierten und ausschließenden Schulsystems in der Nachkriegszeit. In dieser Zeit entstand das dreigliedrige Schulsystem, bei dem der Schulbesuch und der darauf folgende Abschluss von der Zugehörigkeit einer Schicht abhingen. Weitere Separierungen waren die Trennung von Jungen und Mädchen in manchen Bundesländern oder die Einteilung nach der Konfession. So bildeten in jeder Einrichtung homogene Gruppen die Grundlage. In den sechziger und siebziger Jahren folgte dann die Bildungsreform mit dem Postulat der Chancengleichheit. Zentraler Punkt war, die höheren Bildungsgänge auch für Arbeiterkinder möglich zu machen und somit die Hierarchien der Gesellschaft zu durchbrechen. Praktisch spiegelte sich das so wieder: Die Gesamtschule wurde als weitere weiterführende Schule eingeführt, die vor allem von Arbeiterkindern genutzt wurde. Außerdem wurde die Benachteiligung von Mädchen oder katholischen Kindern auf ein geringes Maß reduziert, so dass der breiten Masse eine einheitliche Chance auf Bildung gewährt wurde. In den achtziger Jahren folgte dann die Forderung einer Gesamtschule für alle. Globale Ziele waren dabei einerseits Chancengleichheit für alle und andererseits eine Förderung des Einzelnen gemäß Neigung und Fähigkeit5. Alle Kinder sollten die gleichen Möglichkeiten bekommen, unabhängig von Geschlecht, Rasse oder Religion. Um die einzelnen Potentiale zu nutzen, wurden Fördermaßnahmen für Benachteiligte als Ziel gesetzt, so dass nicht die Herkunft, sondern die genetische Veranlagung über die Bildung entscheiden sollte.
Diese drei Punkte sind historisch wichtige Veränderungen im deutschen Bildungssystem und werden hier dargestellt um die heutige Situation zu verstehen und vor allem auch die Kritik der neuen Bewegungen an dem veralteten Schulsystem deutlich werden zu lassen.
3 Der aktuelle Umgang mit Heterogenität in der Bildung
Die in Punkt 2.3 beschriebene Bildungsreform hat soziale und kulturelle Benachteiligung nur teilweise aufgehoben. Die Verschiedenheit der Schüler wurde und wird noch immer als Belastung gesehen, die reduziert werden muss. So sind Migrantenkinder, Kinder mit Behinderungen und vereinzelt auch Mädchen auch heute noch benachteiligt und werden zu einer Anpassung gezwungen. Heterogenität und Gleichheit zwischen Schülerinnen und Schülern bilden immer noch ein Spannungsverhältnis, welches in den aktuellen Debatten problematisiert wird. Die Begriffe Vielfalt, Differenz und Heterogenität bilden dabei zentrale Punkte verschiedener pädagogischer Ansätze, die sich in drei „Pädagogische Bewegungen“ untergliedern. Die Interkulturelle Pädagogik, die Feministische Pädagogik und die Integrationspädagogik, die jeweils unterschiedliche Aspekte in den Mittelpunkt stellen, jedoch den Umgang mit Heterogenität in der Bildung als wesentlich und dringend notwendig betrachten. Nach Hinz’ Vortrag von 1995 gibt es zwei gegensätzliche Logiken:
„Der einen Logik entsprechend ist Heterogenität ein Problem, das durch unterschiedlichste Maßnahmen und Regelungen verkleinert oder möglichst weitgehend zum Verschwinden gebracht werden soll. Zielvorstellung ist die möglichst homogene Lerngruppe, die ohne störende Einflüsse von anderen im Lernen vorwärts gehen können soll. Die vorherrschende Strategie ist die der Homogenisierung, mit der die Gleichen zusammen unterrichtet und die Ungleichen getrennt werden.
[...]
1 Dudenredaktion (1991): Der kleine Duden Fremdwörterbuch (3. Auflage), Mannheim
2 Prengel, Annedore (2006): Pädagogik der Vielfalt (3. Auflage), VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, S. 29.
3 Ebd., S. 47.
4 Vgl. Ebd., S.34.
5 Vgl. Ebd., S 22.
- Arbeit zitieren
- Inga Schmale (Autor:in), 2007, Anerkennung der Heterogenität. Eine Perspektive zur Entwicklung der Bildung in Schule und Unterricht?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138742