Metaphysik - Der Mensch, ein metaphysisches Wesen?


Essai, 2009

12 Pages, Note: 1,7


Extrait


Der Mensch, ein metaphysisches Wesen

Um diese kantische These zu verstehen und zu bewerten ist es notwendig diese genauer zu betrachten, denn aus ihr ergeben sich drei Hauptfragen. Was ist der Mensch? Was ist die kantische Metaphysik? Warum sollte der Mensch ein metaphysisches Wesen sein?

Beschäftigen wir uns zunächst mit der Frage nach dem Menschen.

Immanuel Kant (1724-1804) stellt diese Frage in Verbindung mit drei weiteren auf. Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Er meint: „Im Grunde könnte man alle diese zur Anthropologie rechnen, weil sich die drei ersten Fragen auf die letzte beziehen.“[1] Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Werk „ Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“ in dem Kant den Menschen als frei handelndes Wesen betrachtet. Somit geht es in dieser pragmatischen Anthropologie nicht mehr um den Menschen als Naturwesen (ein Wesen, welches sich selbst selbstverständlich und fraglos ist), sondern was er als frei handelndes Wesen aus sich selber macht. Damit meint Kant, dass der Mensch mit freiem Willen ausgestattet ist, was für ihn als Leitfaden und Grundannahme gilt um uns als autonome vernünftige Personen zu begreifen. Somit wird die Freiheit als zentrales hermeneutisches Prinzip empor gehoben. Kant meint, dass sich die ersten drei Fragen auf die letzte beziehen, jedoch nicht durch empirische Beobachtung auf Freiheit sondern Freiheit als die Bedingung einer empirischen Beobachtung. Die Frage nachdem was ich wissen kann, gehört in den metaphysischen Bereich. Jedoch nicht zur traditionellen Metaphysik, die sich mit dem Seienden außerhalb jeder Erfahrung beschäftigt bzw. sich in Ontologie und spezieller Metaphysik gliedert. Kant erkennt, dass die Metaphysik, zu dieser Zeit (ausgehendes 18. Jh.), sich hauptsächlich mit einem hohen sprachlichen und argumentativen Diskurs um ein Wissen ganz bestimmter Dinge beschäftigt. Er bezeichnet dies als bloßes herum tappen und leeres Gerede[2]. Kant will eine neue Art von Metaphysik etablieren, eine methodische wissenschaftliche Metaphysik. Die Methode dieser soll die menschliche Vernunft sein und diese unterzieht er in der „Kritik der reinen Vernunft“ einer Prüfung auf Leistung, Umfang, Inhalt und Grenzen. Durch diese geschaffene „reine Vernunft“ möchte er verdeutlichen, was wir wissen können. Somit erhält die Frage durch die Metaphysik ihre Beantwortung, insofern sie als Metaphysikkritik der Metaphysik verstanden wird (auch mit Hilfe der Kritik soll die Metaphysik wissenschaftlich werden). So wird metaphysisches Erkennen von etwas Transzendenten bzw. „Übersinnlichen“ erst möglich.

Kant ist der Überzeugung, dass das menschliche Erkennen aus zwei Quellen entspringt, der Sinnlichkeit und dem Verstand. Durch die Sinnlichkeit werden die Gegenstände gegeben und durch den Verstand werden diese Dinge gedacht. Erst wenn wir die Gegenstände gedacht haben, welche uns die Sinnlichkeit gibt, erkennen wir ihn wirklich. Diese Gegenstände haben eine materielle Seite, gemeint ist eine Art des Sein, eine Form. Weiterhin gibt es eine zweifache Form des Gegebensein: Raum und Zeit. Alles ist damit verbunden und dies dient als Bedingung zur Auffassung der Gegenstände (Sinnlichkeit des Subjekts). Dinge an sich selbst, also außerhalb von Raum und Zeit, kann der Mensch somit nicht betrachten, dies kommt nur Gott zu.

Nun richtet der Verstand seine Tätigkeit auf Erscheinungen durch Urteile, welche diesen Erscheinungen „reine Bedeutung“ geben. So werden Gegenstände erkannt und interpretiert. Dies bedeutet aber auch, dass gegenständliche Erkenntnis nur dort möglich ist, wo die Sinnlichkeit dem Verstand etwas zukommen lässt, auf das er seine Begriffe anwenden kann. Das zeigt das Problem das Gegenstände der speziellen Metaphysik niemals so erkannt werden können. Denn mein Wissen ist auf meine Anschauung begrenzt und kann niemals über die Sinnlichkeit hinausgehen. Aus der „Kritik der reinen Vernunft“ kann man ziemlich deutlich erkennen, dass Kant den Menschen als ein endliches Vernunftwesen sieht. Da der Weltbezug des Menschen nur perspektivisch und fragmentarisch ist. Fragmentarisch, weil der Mensch in erster Linie sterblich ist und in seinem Leben nie der ganzen Welt begegnen kann. Wir sammeln in unserem Leben, egal womit wir uns beschäftigen, immer nur einen winzigen Ausschnitt an Welterfahrung. Perspektivisch, weil dem Menschen die Welterfahrung immer unter Bindung seiner Endlichkeit zuteil wird. Damit ist der Standpunkt mit dem Dasein des Menschen verbunden. Die Einsicht der Endlichkeit können wir nur gewinnen, wenn wir über die natürlichen Grenzen des Denkens hinausgehen und das Denken auf einer Meta-Stufe etablieren, weil man für die Bestimmung von etwas Endlichem einen Gegenpol braucht, also etwas Unendliches z.B. Gott oder Seele. Da wir uns selbst als endliches Wesen bestimmen können, transzendieren wir die Endlichkeit und die damit verbundenen Grenzen im Denken. Also sind wir Menschen Wesen, die ihre eigene Endlichkeit, unter der Bedingung der Freiheit, reflektieren können.

Wenn wir den Menschen als empirisches Wesen sehen würden (damit ist die Erforschung des Menschen in naturwissenschaftlicher Hinsicht gemeint wie z.B. in der Biologie), so ist er kein freies Wesen mehr. Jedoch der Mensch versteht sich als freies Wesen und ist dies auch eindeutig, da er trotz seiner Umwelt und naturgegebenen Einflüssen aus sich selbst heraus zu entscheiden vermag. Ich glaube am besten kommt Kants Freiheitsbegriff in seinem Werk „Was ist Aufklärung“[3] zur Geltung, denn Kant versteht Freiheit als einen Zustand, von selbst anzufangen sich aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit zu erheben. Durch diese Freiheit ist es uns möglich uns im Ganzen des Seins zu definieren und somit dem Ganzen einen Sinn zu geben. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Mensch ein endliches Vernunftwesen ist. Das heißt, ein Wesen für das die Wirklichkeit nur perspektivisch und fragmentarisch gegeben ist, jedoch diese bestehenden und unaufhebbaren Grenzen werden durch die naturgegebene Bestrebung des Menschen alles zu erklären und zu erfahren überschritten. Somit ist der Mensch ein Wesen mit endlicher Welterfahrung aber mit unendlicher Weltdeutung.

Betrachten wir kurz die Frage, was ich tun soll. Diese gehört in das Gebiet der Moral und fällt dabei unter Kants „Ethik des Willens“. Der Wille ist dabei nicht das, was er im allgemeinen Sinn zu sein scheint (der Wille zu lassen und zu tun was einem beliebt), sondern Kant versteht ihn als unbedingte Gesetze des Handelns und somit einen freien autonomen Willen. Das heißt der Wille ist das Vermögen des Menschen nach Gesetzen zu handeln und sich selbst durch diese Gesetze zum Handeln zu bestimmen. Damit ist der freie Wille praktische Vernunft. Also muss oder soll der Mensch aus sich selbst heraus handeln. Man kann sagen diese Freiheit des Willens ist eine Art von Selbstbestimmung durch Selbstgesetzgebung.

Zusammenfassend stellen wir also fest, der Mensch ist ein sittliches Wesen, aber auch ein fehlbares Wesen, denn durch die Gesetzesaufstellung des freien Willens wird ein „Sollen“ ausgedrückt, was uns zu einer Überprüfung unserer Handlungen auffordert. Kant geht nämlich davon aus, dass der Mensch nicht immer das Richtige tun würde (unter christlich-protestantischen Blickwinkel), er nennt besonders das „geliebte Selbst“, das durch die Freiheit gefördert wird und sich über die Sittengesetze stellen kann (Egoismus).

Kommen wir nun zur letzten Frage, was ich hoffen darf. Diese fällt in das Gebiet der Religion aber das Besondere bei Kant ist, dass er diese „wahre“ Religion als moralische Vernunftreligion bezeichnet. Dies begründet Kant dadurch, dass er meint, dass Gott kein Seiendes ist (weil wir das nicht mit Sicherheit wissen können) sondern Gott Idee der Vernunft sei und als unbedingter moralischer Gesetzgeber fungiert (damit wäre der Sinn und Zweck einer jeden Religion in Frage gestellt). Aber was können wir nun aus dieser Frage (Was dürfen wir hoffen?) für den Menschen ableiten? Die Frage erhält ihre Bedeutung durch den sittlichen Kern der Religion und dies ist die Idee des guten Willens. Dieser Idee des guten Willens liegt eine unbedingte sittliche Forderung zu Grunde an ein fehlbares Wesen (denn nach christlich-protestantischer Auffassung steckt im Menschen immer etwas Böses). Da der Mensch nun ursprünglich gute Anlagen (sittliche Natur) hat, aber diese nicht benutzen kann, bedarf es einer „Hilfestellung“ Gottes um dies zu bewerkstelligen. Jedoch Kant ist auch der festen Überzeugung, dass diese Hilfe nicht von Gott kommen muss, sondern auch durch den Menschen selbst getan werden kann und zwar durch eine „Revolution der Gesinnung“, in der sich der Mensch als alleiniges Sittengesetze bekennt und danach handelt. Damit lässt sich die Frage beantworten: Ich darf hoffen, ein guter sittlicher Mensch zu werden. Aber dabei zwängt sich die Frage auf, zu welchem Zweck ich sittlich handeln sollte? Denn jedes Handeln ist immer auf einen Zweck gerichtet. Der Zweck dieser Handlungen soll eine moralische Welt als das „höchste Gut“ sein. Das höchste Gut auf das wir abzielen, könnte man mit Glückseligkeit beschreiben. Jedoch dieses höchste Gut erlangen wir, nach Kant, nur durch Gott und nicht im diesseitigen Leben. Wir können in unserem Leben diese Glückseligkeit nur fördern indem wir sittlich handeln. Also darf der Mensch auf eine Zukunft hoffen und sie bedingt mitgestalten, und er ist ein unfertiges Wesen, denn er befindet sich in ständiger Veränderung bzw. Entwicklung mit dem Endziel Glückseligkeit, welches ihm nur nach dem Tode durch Gott zuteil werden kann.

Fassen wir nun die für uns wichtigsten Aussagen der transzendentalen Anthropologie Kants zusammen. Der Mensch ist ein frei handelndes, endliches, sittliches und fehlbares Vernunftswesen. Für mich geht ebenfalls hervor, dass der Mensch ein glaubendes und hoffendes Wesen ist. Wir verstehen uns und sind Personen. Wir sind mit unserem Standpunkt im Dasein verhaftet (Raum-Zeit-Beziehung) und wir greifen von Natur aus über unsere Natur hinaus um das Höchste anzustreben und versuchen die Grenzen des Wissbaren zu erweitern.

Bevor wir uns nun dem Hauptthema widmen und die Frage versuchen zu klären, ist es von Nöten, sich kurz mit dem Metaphysikbegriff allgemein und speziell von Kant zu beschäftigen. In erster Linie kann man die Metaphysik der theoretischen Philosophie zuordnen. Aber gehen wir zunächst von einer Begriffsklärung aus. Metaphysik kommt aus dem Griechischen und teilt sich in meta, was man als „hinter“ oder „über“ übersetzen kann und „Physik“. Somit ist es eine Betrachtung, dessen was hinter der Physik steht bzw. eine Betrachtung über Physik. Jedoch denke ich, dass man nicht von dem heutigen Begriff von Physik ausgehen darf, sondern vom griechischen physis (φύσις), den man sehr allumfassend mit „Natur“ übersetzen kann. Dadurch kann man allgemein sagen, dass sich die Metaphysik mit einer Betrachtung der gesamten Natur beschäftigt und darüber hinausgeht, denn sie zielt auf Erkenntnisse außerhalb der Sinnlichkeit ab. Dadurch, dass sie versucht alles zu betrachten (das große Ganze), wird sie von ihrem Begründer Aristoteles (384-322 v. Chr.) als erste Philosophie und Universalwissenschaft betrachtet. Weil sie sich mit dem Sein an sich in allgemeinster Hinsicht beschäftigt und somit der „zweiten Philosophie“ vorausgeht. Ihr werden somit gewisse Eigenschaften zu teil z.B. dient sie als ordnende Distanz und legt die Fundamente für die Natur und somit für alle weiteren Wissenschaften. Sozusagen begründet sie die Naturwissenschaften (die sich immer nur auf einen kleinen Teil des Ganzen empirisch beziehen) und gerade dadurch nimmt die Metaphysik, meiner Meinung nach, den bedeutenden Platz eines „Richters“ ein.

Der nächste herausragende Metaphysiker ist Thomas von Aquin (1225-1274), er führt im allgemeinen die Grundideen von Aristoteles und sein Metaphysikverständnis, als Lehre vom Sein des Seienden, weiter. Ich finde ihn jedoch nennenswert, da er der einzige Philosoph ist, der ein System (das christliche Weltanschauungssystem) geschaffen hat, welches sich bis in die heutige Zeit gehalten hat und in dem die Metaphysik einen unverzichtbaren Platz einnimmt. Sie wird gar als „Königin der Wissenschaft“ bezeichnet.

In der Renaissance bis hin zum Barock kam es zum Bruch mit der traditionellen Metaphysik. Zu nennen ist hier besonders René Descartes (1596-1650) unter dem Stichpunkt „Subjektivismus".

Ab dem 17. Jh. unterscheidet man allgemeine Metaphysik (Ontologie) und spezielle Metaphysik. Dabei ist das Letztere die eigentliche Metaphysik, welche sich mit philosophischer Theologie, Gott, Kosmologie, Welt, Seele usw. beschäftigt. Kommen wir nun speziell zu Kant. Mit Kant kommt es nun zu einer Wende der Metaphysik, wie ich zu Beginn unter der Frage, was ich wissen kann, schon angedeutet habe. Im Gegensatz zu den Empiristen seiner Zeit, die glaubten, dass unsere Erkenntnis sich nach Gegenständen richten würden und erkennbar wären, glaubt Kant, dass nur Erscheinungen erkennbar sind und unterscheidet zwei. Zum einen das Ding als Erscheinung und zum andere als Ding an sich. Erscheinungen sind die Dinge, in der die Anschauungsformen von Raum und Zeit und die Kategorien des Verstandes mit der erfahrbaren Welt zusammenfallen. Das Ding an sich ist unabhängig vom erkennenden Subjekt. Es kann nur gedacht werden, da es nicht erfahrbar ist. Somit zeigt Kant die Grenzen der menschlichen Erkenntnisleistung auf, die von a priori vorhandenen Anschauungsformen und Kategorien abhängen. Er ebnet sozusagen durch seine Transzendentalphilosophie den Weg für die Metaphysik und bezeichnet dadurch auch die Notwendigkeit dieser. Jedoch muss man sagen, dass sein Ziel die Metaphysik als Wissenschaft zu etablieren eindeutig gescheitert ist.

Im Anschluss an Kant und von seinen Errungenschaften ausgehend, folgt der deutsche Idealismus mit den Hauptvertretern Fichte, Schelling und Hegel.

[...]


[1] Kant, Immanuel. Logik. Akademie-Ausgabe Bd. IX, 1968. S.968.

[2] Kant, Immanuel. Kritik der reinen Vernunft. Hrsg. Weischedel. Frankfurt a. Mein. 1974. S. 23.

[3] Kant, Immanuel. Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung. In: Kant: Werke in zehn Bänden. Bd. 9. Darmstadt. 1983

Fin de l'extrait de 12 pages

Résumé des informations

Titre
Metaphysik - Der Mensch, ein metaphysisches Wesen?
Université
University of Leipzig
Note
1,7
Auteur
Année
2009
Pages
12
N° de catalogue
V138761
ISBN (ebook)
9783640482498
ISBN (Livre)
9783640482368
Taille d'un fichier
439 KB
Langue
allemand
Mots clés
Kant, animal rationale, animal metaphysicum
Citation du texte
Pierre Köckert (Auteur), 2009, Metaphysik - Der Mensch, ein metaphysisches Wesen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138761

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