Ein Roman mit Apellfunktion - Nathanael Wests - The Day of the Locust


Trabajo Escrito, 2007

24 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1.0) Einleitung

2.0) Typencharakterisierung von Menschen in Wests Novelle und nach Riesman

3.0) Die Protagonisten und ihr Beziehungsgeflecht Untereinander

4.0) Typbestimmung- und Zuordnung der Protagonisten nach West und Riesman

5.0) Relevanz der Masse
5.1) Wie ist Masse zu definieren?
5.2) Erstes Kriterium der Masse nach Bublitz
5.3) Zweites Kriterium der Masse nach Bublitz

6.0) The Burning of Los Angeles: sozialkritische Appellfunktion eines Bildes

7.0) Schlussbemerkung

8.0) Literaturliste

1.) Einleitung

Wests Plot der 1939 erschienenen Novelle The Day of the Locust ist im Los Angeles zur Zeit der großen Depression (1929-1941) angelegt. In seinem sozial-kritisch motivierten Hollywood-Roman beschreibt West anhand einer kleinen Schar von Protagonisten das Leben in der Traumfabrik Amerikas. So kristallisiert West nicht nur durch die Charakteristika einzelner Protagonisten, sondern vor allem durch den Umgang derselbigen untereinander, die Welt des scheinbaren Glücks und der Zufriedenheit.

Wie differenziert und mit welchen Stilmitteln er diese Umsetzung erreicht, wird zunächst an der Unterscheidung sowie Erläuterung zweier Menschentypen ersichtlich, welche sich in Los Angeles nach Ansicht eines der Protagonisten, Tod Hacketts, befinden. Erweitert und ausformuliert wird diese Unterteilung durch eine von Riesman ebenfalls vorgenommene Unterscheidung von Menschentypen. Nachdem die relevanten Protagonisten vorgestellt, als auch ihr Beziehungsgeflecht untereinander komprimiert analysiert wurden, ist die Vorrausetzung für eine folgerichtige Zuordnung unter die vorgestellten Typ-Kategorien nach West und Riesman geschaffen.

Ausgehend von dieser Typus-Zuordnung und der Bedeutung, die einigen Protagonisten daraus erwachsen, ist die Hinwendung zum Thema „Masse“ als Kriterium der Moderne nur konsequent. Dabei gilt es über die bloße Masse als Definition als auch dessen Charakteristika nach Hannelore Bublitz hinaus zuschreiten und die Verbindung zu Wests Novelle anhand von Zitaten und Romanauszügen herzustellen.

Erst nach der ausführlichen Untersuchung des Verhältnisses von Masse zum Individuum, bzw. der Protagonisten in West Roman zur Masse als auch zur Individualität, ist die Hinwendung zur eigentlichen Intention, ausgedrückt durch das Gemälde, welches Tod Hackett zu zeichnen anstrebt, möglich. Seine Intention, als auch die Art und Weise dieselbige im Bild, restriktive im Roman umzusetzen, bilden den analytischen Abschluss der Betrachtung.

2.0) Typencharakterisierung von Menschen in Wests Novelle und nach Riesman

Tod Hackett, Kostümzeichner und Filmarchitekt in Hollywood, weist gleich zu Beginn auf eine von ihm gemachte und wichtig erscheinende Erfahrung hin: Es gibt zwei Sorten von Menschen in Hollywood zu unterscheiden. Die eine Sorte ist verkleidet, trägt Sportsachen ohne Sport zu treiben, Schiffmützen ohne zu segeln, einfach aus modischem Chic.(1) Während diese Menschen sich mit energischem Schritt von Laden zu Laden und über die Straßen bewegen, kennzeichnet sich die zweite Sorte Menschen durch herumlungern und herumstehen aus. In ihrer schlecht geschnittenen Versandhausbekleidung beobachten sie diejenigen, die gut gekleidet an ihnen vorbei eilen. Letztere kommen laut Hackett nach Kalifornien um zu sterben, also um ihren Lebensabend in dieser Stadt zu verleben. Präzise formuliert sind beide Menschentypen differenzierbar in Aktive, die Akteure, welche sich in der Tat körperlich bewegen und dadurch aktiv erscheinen und die Passiven, die Zuschauer, welche still verharren und sich auf den Akt des Beobachtens beschränken.

Eine weitere Art der Unterteilung von Menschen nimmt Riesman in seinem Buch „Die einsame Masse“, 30 Jahre nach Wests erschienener Novelle, vor. Riesman differenziert zwischen drei Menschentypen, von denen jedoch lediglich zwei von Relevanz, in Bezug auf Wests Novelle, sind. Aus seiner Sozialanalyse des Amerikas der 50er und 60er Jahre heraus, skizziert Riesman das Bild von dem sog. innen-geleiteten Typ vs. außen-geleiteten Typ.(2) Demzufolge kennzeichnet den innen-geleiteten Typus ein frühzeitlich verinnerlichtes Schema von Lebenszielen.

[...] die Kraft, die das Verhalten des Individuums steuert, wird verinnerlicht, d.h. sie wird frühzeitig durch die Eltern in das Kind eingepflanzt und auf prinzipiellere, aber dennoch unausweichliche Ziele gerichtet.(3)

Als Beispiel einer solchen Gesellschaft nennt er das Mittelalter und das Zeitalter der europäischen Renaissance. Das Hauptmerkmal des Zweiten, nach außen-geleitete Typs besteht darin, dass das Verhalten des einzelnen durch die Zeitgenossen gesteuert wird und zwar:

[...] entweder von denjenigen, die er persönlich kennt, oder von jenen anderen, mit denen er indirekt entweder durch Freunde oder durch die Massenunterhaltungsmittel bekannt ist.[...] Die von dem außen-geleiteten Menschen angestrebten Ziele verändern sich jeweils mit der sich verändernden Steuerung durch die von außen empfangenen Signale. Unverändert bleibt lediglich diese Einstellung selbst und die genaue Beachtung, die den von den anderen abgegebenen Signalen gezollt wird.(4)

Hieraus geht hervor, dass der innen-geleitete Typ festgesetzte Ziele in seinem Leben zu erreichen sucht und zwar unabhängig von dem Umstand, ob diese Ideale eigenständig gewählt oder durch die Eltern anerzogen sind.

Der außen-geleitete Typ richtet sich hingegen nach den ihn umgebenden Menschen und dessen angestrebten Zielen. Dieser Typ kennzeichnet sich durch fehlende selbstständige Zielsetzung als auch durch mangelnde Ausdauer im Erreichen derselbigen aus. Je nach veränderter Lage, legt dieser Typ vermeintliche Ziele ebenso schnell ab, wie er sie sich zu Eigen macht. Die daraus erwachsende Instabilität des Lebens als auch notgedrungen des Charakters sind kennzeichnende Merkmale des außen-geleiteten Typus. Doch nicht nur in Bezug auf das Variieren von Zielen sondern auch in Bezug auf den Erwerb von Gütern richtet sich dieser Typ nicht nach inneren sondern nach äußeren Einflüssen. Riesman schreibt diesbezüglich:

Dieses verhältnismäßig stabile und individualistische Streben [nach Gütern] wird heute durch die flüchtigen Geschmacksneigungen abgelöst, die der außen-geleitete Mensch von seinen Zeitgenossen übernimmt. Ferner ist es heute möglich, viele jener Wünsche, die die Menschen in innen-geleiteten Gesellschaften zur Arbeit[...] trieben, verhältnismäßig leicht zu erfüllen; ihre Befriedigung gehört heute zu den Normalansprüchen von Millionen von Menschen. Aber die Begierde bleibt bestehen. Es ist eine Gier nach den Befriedigungen, die anderen anscheinend gewährt sind, also eine Begierde ohne konkreten Gegenstandsbezug. Durch seine Mitgliedschaft in der Verbraucher-Genossenschaft der Zeitgenossen hat der außen-geleitete Mensch die Chancen für individuell bestimmte Vorlieben und Neigungen verloren.(5)

Das daraus resultierende Schema beschreibt einen Typ Mensch, welcher durch Abstinenz einer eigenständigen, gereiften Individualität gekennzeichnet ist und sich durch mimetisches Übernehmen und Kopieren der Richtlinien anderer auszeichnet. Daraus resultiert die Frage, welche Relevanz die von Riesman vorgestellten Typen auf Wests vorgenommene Typenunterscheidung in The Day of the Locust besitzen und inwieweit beide Typendifferenzierungen auf die Protagonisten der Novelle applizierbar, kongruent oder divergent sind? Zu welcher Kategorie sind Wests Protagonisten nach Riesman zu zählen und ist eine eindeutige Zuordnung überhaupt durchführbar? Um auf diese Fragen adäquat einzugehen, ist eine prägnante Vorstellung und Erörterung der Charaktere, als auch das spezifische Beziehungsgeflecht derselbigen untereinander, unerlässlich.

3.) Die Protagonisten und ihr Beziehungsgeflecht untereinander

West weicht mit seiner Gewichtung und Verteilung der Protagonisten von der klassischen Aufteilung zwischen Haupt- und Nebenprotagonisten ab. Ein Hauptprotagonist wäre in seiner Novelle nur unzulänglich und mit kaum akzeptablen Einschränkungen auszumachen. Stattdessen beschreibt West eine Handvoll verschiedener Akteure, aus dessen individuellen Handlungen die Einzelszenen, einem Comic gleich, aneinander gereiht und zum Ende hin zusammengesetzt werden.

Der bereits erwähnte Tod Hackett ist zum Zeitpunkt der einsetzenden Handlung erst drei Monate in Hollywood. Er hat Kunst an der Yale-Universität studiert und betrachtet sich, trotz seines Berufes, vor allem als Künstler. So ist die Gesamthandlung von Tods Ideen und dessen stetigem inneren Progress, ein Bild zu malen (The Burning of Los Angeles), durchzogen. Tod ist Single und wie alle männlichen Protagonisten, von Faye Greener fasziniert.

Faye, ein 17jähriges, junges, hübsches Mädchen, weiß zu becircen und die Männer für sich zu interessieren. Ihr größter Wunsch besteht in der Schauspielerei, wodurch sie sich Ruhm und Reichtum in ihrem Leben erhofft. Faye verkörpert mit ihrem ganzen Wesen das Streben nach vermeintlich ersehnenswerten Zielen. Dabei herrscht eine allzu große Divergenz zwischen ihren Träumen und der Realität. So hat sie lediglich eine einzige kleine Statistenrolle aufzuweisen. Weder wird sie als jemand geschildert, der viel versprechende Rollenangebote erhält, noch als jemand, der gerade im Begriff ist für den Film entdeckt zu werden. Um die Irrealität ihrer Träume im Vergleich zu der sie umgebenden Realität ihres Lebens nicht wahrnehmen zu müssen, beschließt sie sich das reale Leben einer would-be actress von Homer Simpson finanzieren zu lassen. Simpson kam aus gesundheitlichen Gründen von Wayneville/Iowa nach Kalifornien.(6)

Er ist 40 Jahre alt und arbeitete Zeit seines Lebens in Iowa als Buchhalter. Charakteristisch für Homer sind seine Hände, „His hands seemed to have a life and a will of their own. It was they who pulled the sheets tight and shaped the pillows.”(7) An anderer Stelle heißt es:

His hands kept his thoughts busy. They trembled and jerked, as though troubled by dreams. To hold them still, he clasped them together. Their fingers twined like a tangle of thighs in miniature. He snatched them apart and sat on them.(8)

Homer ist unter den Figuren diejenige, welche mit ausnehmend markanten Zügen eines willenlos Gelenkten versehen ist, welcher automatengleich handelt, welcher durch die unausgeprägte, unindividualistische Art den stellvertretenden Repräsentanten der Masse – auf das Höchste manifestiert – darstellt. Unter Berücksichtigung dieses Aspektes betrachtet, ist das scheinbare Eigenleben seiner Hände realisierbar, denn wunsch-, gedanken- und ziellos, kann Homer sie nicht steuern. Besonders durch den Umstand, dass Hände als die formenden, gestaltenden Elemente perzipiert sind, mit deren Hilfe der Mensch seine Umwelt formt, mit deren Hilfe der Künstler seiner Kunst Gestalt gibt, Schaffenskraft und Einfällen Ausdruck verleiht, Schriftsteller ihren mentalen Ideen eine Wirklichkeit in Form von Wörtern und schließlich Büchern geben, in dem Umfang ist Homer unfähig, Einfluss auf seine Umwelt auszuüben, geschweige denn, sie nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Hände sind vom Geist gesteuerte Werkzeuge. Bei Homer hingegen sind sie ein markantes Charakteristikum, welche ihn als Person definieren, da Geist und Wille nicht existent sind. Unfähig, auf seine Umwelt einzuwirken ist es aus psychologisch- kompensatorischer Sicht heraus nur verständlich, dass Homer von Faye vollkommen eingenommen, fasziniert ist. Selbst wunsch- und interesselos, kompensiert er seine Passivität durch Fayes scheinbare Aktivität.(9)

Die letzte, im Zusammenhang dieser Untersuchung relevante Figur in Wests Novelle ist Fayes Vater, Harry Greener.

[...]


1) Nathanael West, Miss Lonelyhearts and The Day of the Locust, S. 60.

2) David Riesman, Die einsame Masse (Hamburg 1977) S.31-38.

3) ebda. S.31.

4) ebda. S.38

5) David Riesman, Die einsame Masse (Hamburg 1977) S.92.

6) Nathanael West, Miss Lonelyhearts and The Day of the Locust, K.7, S.80.

7) ebda. K.10, S.88.

8) ebda. K.12, S.101.

9) Fayes Handeln kann unter keinen Umständen als Aktiv im Sinne von Ursache Wirkung verstanden werden. Fayes Ursache, der Wunsch eine berühmte Hollywoodschauspielerin zu werden, bleibt im gesamten Roman ohne Wirkung. Deshalb kann Faye im Sinne von Aktiv durch eigene Wünsche und Träume im Gegensatz zu Homer verstanden werden. Diese Wünsche nehmen jedoch keine Aktivität im Sinne von Realität an.

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Ein Roman mit Apellfunktion - Nathanael Wests - The Day of the Locust
Universidad
University of Hamburg  (Institut für Anglistik und Amerikanistik)
Curso
Daniel Fuchs and Nathanael West: Non-Proletarian Jewish-American Fiction in the 1930s
Calificación
2,0
Autor
Año
2007
Páginas
24
No. de catálogo
V138770
ISBN (Ebook)
9783640480821
ISBN (Libro)
9783640480975
Tamaño de fichero
568 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Roman, Apellfunktion, Nathanael, Wests, Locust
Citar trabajo
M.A. Eva Steinbrecher (Autor), 2007, Ein Roman mit Apellfunktion - Nathanael Wests - The Day of the Locust, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138770

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