Die Religionskritik bei Marx und Engels


Seminar Paper, 2002

12 Pages, Grade: 2


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Hauptteil
1 Der Religionsbegriff
2.1. Die Religionskritik bei Marx und Engels
2.1.1. Darstellung
2.1.2. Kritik

C. Persönliches Fazit

D. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

„Die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik“ (MEW 1, 378)

In diesem Sinne soll kritisch geklärt werden, was Marx und Engels unter Religion verstehen, welche der Religionen sie überhaupt kritisieren, welche Vorwürfe erhoben und welche Veränderungen angestrebt werden.

B. Hauptteil

1. Der Religionsbegriff

„Religion (lateinisch relegere: dicht; religio: Gottesfurcht), Oberbegriff für verschiedene Arten transzendentaler Systeme, die sich durch ein philosophisch –mythologisches Denkgebäude (meist in so genannten heiligen Schriften niedergelegt), dessen institutionalisierte Vermittler (Priester, Religionsgründer etc.) und eine Schar von Anhängern (Gläubige) auszeichnen.“(Encarta Online-Enzyklopädie 2002)

2. Die Religionskritik bei Marx und Engels

2.1. Darstellung

Die Religion ist für den Marxist vorderrangig ein ideologisches, die realen Prozesse verkleidendes Phänomen, das er meist mit Indifferenz (Areligiösität) und nicht mit Intoleranz (Religionsfeindlichkeit) angeht. (Labica 1987, 1126).

Zuvorderst soll aber geklärt werden welche der Religionen von Marx und Engels hauptsächlich kritisiert werden:

Ohne Zweifel sind dies fast ausschließlich Juden- und Christentum. Über die restlichen Weltreligionen schreiben beide nicht viel. Buddhismus und Hinduismus werden sehr knapp erläutert und nicht weiter behandelt (vgl. Marx, Engels 1987, 170ff.). Auch der Islam wird nur kurz angesprochen. Die Abwesenheit des Grundeigentums sei der Schlüssel zum ganzen Orient und erkläre die politische und religiöse Geschichte (MEW 28, 259). Die Religion schlechthin ist für beide das Christentum, da diese bis zu ihrer Selbstkritik gelangt ist und daher fähig wurde zum objektiven Verständnis der früheren Mythologien zu verhelfen (MEW 13,637). In seiner Judenfrage bezeichnet sie Marx deshalb als die „vollendete“, die „ fertige“ Religion (MEW 1, 376).

Die spezielle Kritik der Kirchen soll ganz bewusst außen vor gelassen werden. Das soll nicht heißen, dass diese bei Marx und Engels nicht stattfindet. Insbesondere Engels hat die direkte Konfrontation mit der Kirche und ihren Predigern gesucht (vgl. MEW 1, 418ff.). Er war der „Geschichts-Liebhaber“, setzte sich detailliert mit dem Bauernkrieg auseinander, deckte Fehler der Kirche in der Geschichte auf, z.B.: „…Bildung Monopol der Pfaffen, daher wesentlich theologischer Charakter…“(vgl. MEW 7, 343). Doch zurück zur Religionskritik.

An folgenden 8 Punkten bzw. Aussagen soll Marx` und Engels Bild von Religion, sowie deren Kritik und Veränderungsforderungen dargestellt werden:

1.) „Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Vorraussetzung aller Kritik“ (MEW 1, 378). Er geht hier davon aus, dass die Religion keine Glaubwürdigkeit mehr besitzt und abzutreten hat. Man muss sie abschaffen um eine bessere Gesellschaft zu ermöglichen, da sie die Kraft ist, die die bestehende (ungerechte) Gesellschaft in ihrer Existenz ermöglicht.
2.) „Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels , wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine wahre Wirklichkeit sucht und suchen muss“(MEW 1, 378). Marx konstatiert, dass das Himmelsreich rein phantastisch und erfunden, also lediglich ein Konstrukt des Menschen ist.
3.) „Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen“ (MEW 1,378). Der Mensch macht die Religion. Er entwickelt sich sein ( spezifisches ) Gottesbild, seine Traditionen und Kulte (Gottesdienst, Altar) usw.. Dies ist die psychologische Aussage.
4.) „Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben und schon wieder verloren hat.
Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind.“ (MEW 1, 378). Hier sieht man, dass Marx als reiner „Soziologe“ argumentiert, auch wenn es den Begriff zu dieser Zeit noch nicht gab. Der Begriff „Sozietät“ wird später von ihm durch den Begriff Gesellschaft ersetzt. Er schreibt an anderer Stelle, im gleichen Kontext „ Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.“(MEW 3,6). Dies unterstreicht: Der Mensch als Wesen der Gesellschaft macht die Religion. Somit ist die Religion ein Gesellschaftsprodukt. Engels schreibt an anderer Stelle genauso. Zum einem psychologisch (wie in Punkt 3): Die Religion sei nichts anderes als die „phantastische Widerspiegelung in den Köpfen der Menschen“ (MEW 20, 294) und zum anderen soziologisch: Religion sei eine Widerspiegelung der äußeren Mächte die das menschliche Dasein beherrschen. So nähmen die irdischen Mächte die Formen von überirdischen an (ebd., 294)
5.) “Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches
Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point d`honneur, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist. (MEW 1,378). Hier wird der Religion die Funktion vorgeworfen, bestehendes Unrecht in Staat, Gesellschaft und Kirche zu legitimieren. Sie wird als allgemeiner Rechtfertigungsgrund für viele soziale Ungerechtigkeiten missbraucht und wird somit zur „moralischen Sanktion von Unrecht“. Sie ist die „Verkleidung der Realität“ (Labica 1987, 1127).
6.) „Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elends und in
einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“ (MEW 1,378) Die Religion ist das Opium des Volkes, nicht für das Volk, wie meist zitiert. Es ist nicht so gemeint, dass die Religion von irgendjemand (herrschsüchtiger Priesterschaft , Diktatoren o.A.) für das Volk erschaffen wird um dieses zu betäuben und damit besser kontrollieren ( und ausnutzen) zu können sondern die vom Elend betroffenen Personen selbst schaffen sich ihre Droge zum Konsum . Aus der „elendigen“ gesellschaftlichen Lage entsteht die Religion als „Seufzer der bedrängten Kreatur“. Das Volk im Elend schafft sich Religion. Daher ist die Religion ein „Ausdruck des wirklichen Elends“. Diese versetzt die Menschen in einen Bewusstseinszustand von Illusionen, die ein Ertragen der „verkehrten gesellschaftlichen Verhältnisse“ (Bienert 1975, 68) einigermaßen ermöglichen.
7.) „Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusion bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist. Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstande gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.“ (MEW 1, 379).
Hiermit wird der Religion der absolute Kampf angesagt. Sie soll nicht reformiert oder revolutioniert sondern komplett aufgehoben werden. Die Aufhebung der Religion soll Glück und Freiheit des Menschen bewirken, da er sich dann von der „Kette“ Religion befreien und sich ganz auf sich selbst als Mensch im Diesseits konzentrieren kann. Erst dann ist er in der Lage „wirkliches Glück“ zu erlangen, die „lebendige Blume zu brechen“. Dann erst wird das „religiöse illusionäre Glück“ von einem wirklichen, diesseitigen Glück abgelöst. Deshalb soll die Religion als „eine den Menschen erniedrigende Ideologie und Praxis“(Bienert 1975, 44) aufgehoben werden.
8.) „Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren…Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik“ (MEW 1, 379).

Das heißt, dass nicht die Religion als solche sondern vielmehr die Gesellschaft bekämpft und kritisiert werden soll, „deren notwendiger Teil die Religion ist“( Farner/ Post 1972, 28). Die Religion wird hier als „Spiegelbild einer Welt, die falsch ist“ (ebd., 28) gesehen. Erst wenn die Religion entlarvt und aufgehoben ist kommen die restlichen Verhältnisse: Recht und Politik an die Reihe (vgl. Bienert 1975, 86).

[...]

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Details

Title
Die Religionskritik bei Marx und Engels
College
University of Marburg  (Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie)
Course
PS: Grundbegriffe der Marxschen Gesellschaftstheorie ( Exemplarische Analyse Soziologischer Theorien)
Grade
2
Author
Year
2002
Pages
12
Catalog Number
V13910
ISBN (eBook)
9783638194341
ISBN (Book)
9783638774697
File size
473 KB
Language
German
Keywords
Religionskritik, Marx, Engels, Grundbegriffe, Marxschen, Gesellschaftstheorie, Exemplarische, Analyse, Soziologischer, Theorien)
Quote paper
Hermann Schmidt-Nohl (Author), 2002, Die Religionskritik bei Marx und Engels, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13910

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