Flughäfen als Low-Cost-Ziel - Besonderheiten, Anforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten für das Flughafenmanagement bei Low-Cost-Carriern als Kunden

Fallstudie Dortmund Airport


Bachelor Thesis, 2008

87 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


I Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Der deutsche Luftverkehrsmarkt
2.1 Erscheinungsformen des Angebots im Luftverkehr
2.1.1 Einteilung der (Passage-)Fluggesellschaften
2.1.2 Einteilung der Flughäfen
2.2 Rahmenbedingungen für LCC und Flughafengesellschaften
2.2.1 Deregulierung des Luftverkehrs
2.2.1.1 Ausgangssituation
2.2.1.2 Liberalisierung
2.2.2 Regulierung der Flughäfen
2.2.2.1 Eigentümerschaft
2.2.2.2 Beihilfen für Flughäfen und Fluggesellschaften
2.2.2.3 Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste
2.2.3 Besonderheiten der Nachfrage (Passagiere)

3 Flughäfen und LCC
3.1 Flughafenmanagement
3.1.1 Allgemeine Funktionen
3.1.2 Wertschöpfung eines Flughafens
3.1.2.1 Wertkette
3.1.2.2 Verkehrseinnahmen
3.1.2.3 Non-Aviation-Erlöse
3.1.3 Flughafen-Marketing
3.1.3.1 Bedeutung des Marketings
3.1.3.2 Marketing-Maßnahmen
3.2 Low-Cost-Carrier
3.2.1 Begriffsdefinition und Positionierung
3.2.2 Entwicklung der LCC
3.2.3 Charakteristika des Geschäftsmodells
3.3 LCC als Flughafen-Kunden
3.3.1 Flughafenwahl der LCC
3.3.2 LCC-Akquise aus Flughafen-Sicht
3.3.2.1 Gründe für die LCC-Akquise
3.3.2.2 Herausforderungen für das Flughafenmanagement

4 Fallbeispiel Dortmund Airport
4.1 Strategische Neuausrichtung des Flughafenmanagements
4.1.1 Marketing Dortmund Airport
4.1.2 Zukunftskonzept
4.2 LCC-Akquise des Dortmund Airport
4.2.1 NERES als Akquisitionsinstrument
4.2.2 Impulse durch NERES
4.2.2.1 LCC-Entwicklung in Dortmund
4.2.2.2 Einfluss auf ausgewählte deutsche Flughäfen
4.2.3 NERES vs. Wettbewerb?
4.2.3.1 Vorwürfe der EU-Kommission
4.2.3.2 Stellungnahmen Dritter

5 Entwicklungsmöglichkeiten
5.1 Stärken und Schwächen des Dortmund Airport
5.1.1 IST-Zustand
5.1.2 Konsequenzen
5.2 Zukunftsaussichten für LCC und Low-Cost-Flughäfen
5.2.1 Wettbewerb und Kostendruck
5.2.2 Markttrends

6 Fazit

IV Literaturverzeichnis

V Anhang

Eidesstattliche Erklärung

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wertkette eines Flughafens

Abbildung 2 Veränderung der Beziehung Flughafen/Fluggesellschaft

Abbildung 3 Passagierzahlen-Entwicklung am Dortmund Airport

Abbildung 4 Entwicklung der Defizite des Dortmund Airport

Abbildung 5 Geplante Erweiterung der Flughafeninfrastruktur und Verkehrsanbindung

Abbildung 6 Ranking der Fluggesellschaften

Abbildung 7 Aviation-Erlöse pro Passagier

Abbildung 8 Wettbewerb zwischen Fluggesellschaften

III Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Flughafen-Kategorien der EU

Tabelle 2 Einflussfaktoren auf die Nachfrage nach Flughäfen

Tabelle 3 Kostenvorteile von LCC auf Kurzstrecken (kumuliert)

Tabelle 4 Sitzplatzkategorien NERES

1 Einleitung

Der „Low-Cost-Boom“ ist ein Phänomen, das die Luftverkehrsbranche in Europa seit dem Durchstarten von Ryanair zunehmend beschäftigt hat. Nicht nur die klassischen Fluggesellschaften müssen sich in der veränderten Marktstruktur der Billigkonkurrenz stellen. Für Flughäfen ergibt sich durch den Markteintritt der Low-Cost-Carrier (im weiteren Verlauf: LCC) eine neue Kundengruppe mit neuen Anforderungen. Die vorlie­gende Arbeit soll aufzeigen, welche Bedeutung die Akquise von LCC für einen Flug­hafen haben kann und wie sich das Management eines Flughafens darauf einstellen kann. Dies wird nicht nur theoretisch erklärt, sondern auch am Beispiel des Dortmund Airport veranschaulicht. Dieser ist seit 2004 im Kundensegment der LCC aktiv.

Im theoretischen Teil der Arbeit werden zunächst die wesentlichen Rahmenbedingungen erläutert, die zum Markteintritt der LCC und einem verschärften Wettbewerb unter Flughäfen geführt haben. Die beiden Akteure der untersuchten Bezie­hung – Flughafenmanagement und LCC – werden anschließend vorgestellt. Da die LCC-Akquise für Flughäfen mit Drehkreuzfunktion eine untergeordnete Rolle spielt, werden die besonderen Managementanforderungen des Flughafentyps Hub nicht betrachtet. Das Geschäftsmodell der LCC wird anhand des für diese Fluggesellschaften typischen Marketing-Mix für Dienstleistungsunternehmen erklärt. Schließlich werden die typischen Merkmale der Beziehung zwischen Flughäfen und LCC beleuchtet.

Ziel des Praxisbeispiels Dortmund Airport ist es, herauszuarbeiten, wie die im Theorie­teil erarbeiteten Bedingungen für ein erfolgreiches Flughafenmarketing mit der Ziel­gruppe LCC umgesetzt werden können. In diesem Teil wird besonders auf das Förder­programm NERES eingegangen, mit dem ein vor allem für LCC attraktives Preismodell geschaffen wurde. Es wird untersucht, wie sich der Flughafen seit Einführung des Programms entwickelt hat. Da der Flughafen Dortmund mit einem solchen System als Pionier auftritt, wird auch der Einfluss des Programms auf andere ausgewählte deutsche Flughäfen betrachtet.

In Kapitel 5 werden Theorie und Praxis zusammengeführt, um Entwicklungsmöglich­keiten für den Dortmund Airport abzuleiten. Ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im deutschen Low-Cost-Markt wird ebenfalls auf die Situation des Flughafens übertragen.

2 Der deutsche Luftverkehrsmarkt

Im Folgenden werden die wichtigsten Rahmenbedingungen auf dem Luftverkehrsmarkt behandelt, die für die Entwicklung der Low-Cost-Carrier, der Flughäfen und deren Bezie­hungen untereinander eine wichtige Rolle spielen. Da die Situation auf dem deutschen Luftverkehrsmarkt in großen Teilen der des europäischen Marktes ent­spricht, wird hier hauptsächlich auf die europäischen Rahmenbedingungen einge­gangen und nur in spezifischen Fällen auf den deutschen Markt.

2.1 Erscheinungsformen des Angebots im Luftverkehr

Traditionell teilt sich der Luftverkehr im Passagebereich in Linien- und Charterverkehr. Seit der Liberalisierung sind klare Abgrenzungen zwischen den Betriebstypen oft nicht mehr möglich; es entstehen Mischformen.[1] Durch die Low-Cost-Carrier hat sich ein neues Geschäftsmodell entwickelt, dass zwar dem Linienverkehr zuzuordnen ist, aber andere Merkmale hat als die traditionellen Linienfluggesellschaften.

2.1.1 Einteilung der (Passage-)Fluggesellschaften

Linienverkehr ist laut Luftverkehrsgesetz eine gewerbsmäßig, öffentlich und regelmäßig durchgeführte Beförderung mit Luftfahrzeugen.[2] Linienfluggesellschaften sind dazu verpflichtet, diesen Service gemäß der genehmigten Flugpläne und Tarife durchzu­führen.[3] Linienfluggesellschaften sind zum einen die großen Netzwerkcarrier, die aus den Flagcarriern/Nationalcarriern[4] entstanden sind. Sie operieren netzorientiert und möglichst flächendeckend über Hub-Flughäfen.[5] Im Folgenden werden sie in Abgrenzung zu den LCC auch als Full Service Carrier (FSC) bezeichnet. Regionalflug­gesellschaften sind Airlines, die mit kleinerem Fluggerät sowohl Zubringer-Verkehr zu den Hubflughäfen als auch Verbindungen kleinerer Flughäfen anbieten.[6] LCC gehören ebenfalls zu den Linienfluggesellschaften. Sie grenzen sich durch eine vorteilhafte Kostenstruktur und niedrige Preise von den traditionellen Fluggesellschaften ab.[7]

Der Gelegenheitsverkehr wird in der Praxis häufig Charterverkehr genannt; gemeint ist vor allem das Angebot der Touristikfluggesellschaften im Rahmen von Pauschalreisen. Der ursprüngliche Charterverkehr ist kaum noch vorhanden, da es diesen Fluggesell­schaften seit der Deregulierung erlaubt ist, auch Einzelplätze zu verkaufen. Seitdem haben viele Charter Liniendienste auf ihren Strecken entwickelt, so dass die Grenze zwischen Linie und Charter verschwimmt.[8]

2.1.2 Einteilung der Flughäfen

Für Verkehrsflughäfen, d.h. Flughäfen die zur Abwicklung des allgemeinen Verkehrs bestimmt sind, gibt es keine einheitliche Einteilung. Die Tabelle zeigt die Unterteilung er EU-Kommission.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Flughafen-Kategorien der EU

Eigene Darstellung in Anlehnung an ADV (2008a)

Nach der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen(ADV) kann in Internationale Verkehrsflughäfen, Regionale Verkehrsflughäfen und Sonderflughäfen eingeteilt werden. Deutschland hat zur Zeit 19 internationale Verkehrsflughäfen: Berlin-Tegel, Berlin-Tempelhof, Berlin-Schönefeld, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt/Main, Hahn, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig/Halle, München, Münster/Osnabrück, Nürnberg, Saarbrücken und Stuttgart. Maurer hebt aus diesen noch die Hubs hervor – Flughäfen, die sich zu bedeutenden Drehkreuzen entwickelt haben. Fraport ist an dieser Stelle als deutscher Megahub zu nennen. Durch das Engagement von Lufthansa etabliert sich auch München zunehmend als bedeutender Hub-Flughafen. Von den übrigen geht zum Großteil innereuropäischer Verkehr und die Anbindung an große Hubs aus; Interkontinentalflüge spielen eine untergeordnete Rolle.[9] Das wachsende Problem an den Hub-Flughäfen (auch an Sekundär-Hubs wie Düsseldorf) sind Kapazitätsengpässe. Der Zugang zu Slots[10] wird von der Heimatflug­gesellschaft (in Frankfurt Lufthansa) dominiert. Die an den Hubs starken Allianzen las­sen neuen Fluggesellschaften wenig Raum zur Etablierung neuer Fluggesellschaften und Strecken. Das Wachstum des Luftverkehrs spielt sich also hauptsächlich an den weniger ausgelasteten Verkehrsflughäfen ab.[11]

2.2 Rahmenbedingungen für LCC und Flughafengesell­schaften

2.2.1 Deregulierung des Luftverkehrs

2.2.1.1 Ausgangssituation

Im Pariser Vertrag von 1919 wurde festgelegt, dass jeder Staat die volle Souveränität über seinen Luftraum und damit über die Vergabe der Verkehrsrechte in diesem Raum hat. Es existierten zu dieser Zeit zumeist ein National Carrier in Staatseigentum sowie einige Regionalfluggesellschaften. Durch ordnungspolitische Instrumente versuchte der Staat, die eigene Airline zu schützen. So gab es hohe Markteintrittsbarrieren. Tarife mussten genehmigt werden und auch die allgemeinen Flugkapazitäten wurden vom Staat reguliert. Der Verkehr zwischen den Staaten wurde durch bilaterale Verkehrs­abkommen geregelt. Vor diesem Hintergrund scheiterte der Versuch, 1944 in Chicago ein multilaterales Abkommen zu erzielen. Das Chicagoer Abkommen erreichte nur die Gründung der ICAO[12] und die Unterteilung der Verkehrsrechte in die Freiheiten der Luft (s. Anhang 1). Deren Erteilung musste allerdings weiterhin in bilateralen Verträgen vereinbart werden.[13] Hauptinhalte dieser Abkommen sind die Regelung des Markt­zugangs zu bestimmten Routen und die Regelung der Markteintritte auf diesen Strecken, d.h. die Bestimmung der Fluggesellschaften, die sie bedienen durften. Kenn­zeichen der bilateralen Abkommen waren die strenge Aufteilung von Kapazität und Erlösen (Pooling Agreements) zwischen den einzelnen Fluggesellschaften, Preisab­sprachen, die „ownership clause“[14] und „single designation“[15].[16] Durch diese Regelungen versuchten die Staaten, ihre eigenen Fluggesellschaften zu schützen. Häufig wurden die Nationalcarrier vom Staat subventioniert. Da auch die Preise reguliert wurden, gab es für die traditionellen Carrier keinen Anlass zur Kosten­reduktion und Produktivitätssteigerung. Tarife wurden nach den Vorgaben der IATA[17] ausgehandelt und orientierten sich hauptsächlich an den Kosten. Auch die Flughafen­gebühren wurden über die Ticketpreise an die Passagiere weitergegeben, so dass sich auch bei Flughäfen kein Preiswettbewerb entwickelte. Auf dem Luftverkehrsmarkt existierte also so gut wie kein (fairer) Wettbewerb.[18]

2.2.1.2 Liberalisierung

Vorreiter und Vorbild für die Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs war die Deregulierung in den USA, wo durch die Regierung Carter ab 1977 eine verbraucher­freundliche Politik vorangetrieben wurde.[19] Die Fluggesellschaften der USA waren im Gegensatz zu den meisten europäischen Unternehmen privatwirtschaftlich organisiert. Seit dem Civil Aeronautics Act 1938 war das Civil Aeronautics Board (CAB) für die Regu­lierung des Luftverkehrs zuständig, um ruinöse Konkurrenz und Nachteile von Monopolen zu verhindern. Unter anderem durch wissenschaftliche Gutachten, die sich gegen die Regulierung aussprachen, durch überhöhte Preise auf vielen Strecken und den positiven Demonstrationseffekt des weniger regulierten innerkalifornischen und -texanischen Luftverkehrsmarktes wuchs der Druck auf die Politik in Richtung Deregu­lierung. Ab 1972 lockerte der CAB die strengen Regelungen; 1978 wurde die Deregu­lierung mit dem Airline Deregulation Act offiziell beschlossen. Danach konnten die amerikanischen Airlines Preise selbst bilden und frei über die Weiterführung von Strecken und die Wahl ihrer Vertriebswege entscheiden. Reguliert wird noch immer in den Bereichen Sicherheit und Marktmachtmissbrauch. Die USA versuchten anschließend, ihre Liberalisierungspolitik durch liberale Verkehrsabkommen auch inter­national voranzutreiben.[20]

Europäische Staaten begannen daraufhin ebenfalls, die bilateralen Abkommen neu zu gestalten. Die liberaleren Abkommen ließen die Designation mehrerer Fluggesellschaften zu; teilweise wurden Kapazitätsrestriktionen aufgehoben und Tarif­genehmigungen lockerer gehandhabt.[21] In den 80er Jahren begann die EU-Kommission mit den Überlegungen zur Deregulierung des europäischen Luftverkehrs. 1987 wurde dann mit einer schrittweisen Liberalisierung begonnen: In drei Stufen (1987, 1990, 1992) wurden Liberalisierungspakete in Kraft gesetzt, die nach und nach die strengen Kapazitätsbeschränkungen und –aufteilungen lockerten, Preisnachlässe ermöglichten und den Marktzugang zu den Strecken freier gestalteten. Schließlich konnten EU-Flug­gesellschaften innerhalb des europäischen Luftraums alle Freiheiten bis auf die Kabotage[22] nutzen. Seit 1997 gelten „open skies“[23] in der EU. Diese Maßnahmen ermög­lichten die darauf folgenden Kapazitätserhöhungen durch bestehende Airlines sowie Markteintritte. Der Preis entwickelte sich zum Wettbewerbsfaktor, was zu fallenden Preisen führte und das wiederum zu einer Erhöhung der Nachfrage. Die neue Notwendigkeit wettbewerbsfähiger, also effizienter zu operieren, begünstigte das Voran­schreiten der Privatisierung der staatlichen Airlines.[24]

Auch die Flughäfen waren von der Deregulierung betroffen. Die nötigen Einsparungen bei Airlines wirkten sich auch auf deren Betrachtung des Kostenfaktors Flughafen­nutzungs- und Bodenabfertigungsgebühren aus. Durch den erhöhten Kostendruck ver­loren die Verkehrseinnahmen ihren Status als einzig wichtige Einnahmequelle. Der Management-Fokus verschob sich vom Operativen hin zu Marketing, Kommerzialisie­rung und effizienterer Finanzierung der Flughäfen.[25]

2.2.2 Regulierung der Flughäfen

2.2.2.1 Eigentümerschaft

Bis in die 90er Jahre befanden sich fast alle europäischen Flughäfen in öffentlicher Hand. Eigentümer konnten der Staat oder Gebietskörperschaften sein. Andere Formen sind semi-autonome Unternehmen mit öffentlichen Eigentümern oder Organisationen mit staatlichen Anteilseignern. Da öffentliche Mittel jedoch oft nicht ausreichen, not­wendige Investitionen für die Flughäfen zu finanzieren, wird Finanzierung durch private Investoren vorangetrieben. Für die kommenden Jahre sind in Europa umfangreiche Investitionen in die Flughafeninfrastruktur (neue und Erweiterungen bestehender Flug­häfen) geplant. Dem stehen Sparmaßnahmen und die Verschuldung der Staatshaus­halte gegenüber.[26] Auch die deutsche Politik steuert in diese Richtung. Zur Zeit jedoch befinden sich die deutschen Flughäfen bis auf wenige Ausnahmen noch in öffentlicher Hand (s. Anhang 2). Meist sind sie als GmbHs organisiert; Eigentümer sind hauptsächlich Gebietskörperschaften. Ein Grund für den hohen staatlichen Einfluss im Flughafenmanagement ist die wirtschaftliche Bedeutung der Flughäfen für die Region. Ein Flughafen schafft nicht nur direkt Arbeitsplätze, sondern auch indirekt (bei Zu­lieferern des Flughafens) und induziert (bei nicht mit dem Flughafen verbundenen Unter­nehmen, da durch die direkten und indirekten Effekte die Konsumausgaben steigen). So ist nur verständlich, dass auch nicht profitable Flughäfen mit staatlicher Unterstützung weitergeführt werden. Lediglich die Flughäfen Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg sind (teil)privatisiert.[27]

2.2.2.2 Beihilfen für Flughäfen und Fluggesellschaften

Low Cost Carrier bevorzugen oft wenig ausgelastete Flughäfen, von denen sie große Zugeständnisse dafür erwarten, dass sie dem Flughafen Passagierzahlenwachstum bringen (s. Kapitel 3.3.2.1). Fraglich ist die Vereinbarkeit solcher Gegenleistungen mit dem Art. 87 des EG-Vertrags, nach dem der Wettbewerb nicht durch staatliche Bei­hilfen zugunsten bestimmter Unternehmen verfälscht werden darf. Auf den besonders extremen Fall solcher Beihilfen für Ryanair am Flughafen Charleroi im belgischen Wallonien reagierte die Europäische Kommission mit einer Grundsatzentscheidung, nach deren Kriterien nun Zugeständnisse der Flughäfen an Airlines geprüft werden[28]:

Artikel 1) Die Flughafenentgelte dürfen die öffentlich festgelegten Werte nicht unter­schreiten.

Artikel 2) Der offizielle Preis der vom Flughafen angebotenen Bodenverkehrsdienste darf nicht unterschritten werden.

Artikel 3) Mögliche Verluste der Airline dürfen vom Flughafen nicht übernommen werden

Artikel 4) Marketing-Zuschüsse, einmalige Prämien und die kostenfreie Bereitstellung von Flächen/Räumen zu Bürozwecken dürfen gewährt werden, allerdings nur in den ersten fünf Jahren nach Streckenaufnahme. Außerdem dürfen die Zuschüsse 50% der tatsächlichen Kosten nicht überschreiten und müssen zurückgezahlt werden, falls sie nicht durch tatsächlich entstandene Kosten zu rechtfertigen sind.

2005 wurde diese Entscheidung durch Leitlinien ergänzt. Hier wird betont, dass bei öffentlicher Finanzierung von Flughäfen und Anlaufhilfen für neue Strecken Trans­parenz und Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und die Mittel nicht zur Begüns­tigung einer einzelnen Fluggesellschaft genutzt werden dürfen.[29]

2.2.2.3 Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste

Nach der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste (BADV) 1997, ins Leben gerufen vom Bundesministerium für Verkehr zur Umsetzung einer EU-Direktive von Oktober 1996, sollen auch die Bodenverkehrsdienste an Flughäfen schrittweise dereguliert wer­den. Zuvor waren besonders auf deutschen Flughäfen fast ausschließlich die Flughafen­betreiber für die Abfertigung zuständig.[30] Nur für den Passagierservice im Terminal existierte bereits ein freier Markt. Diese Dienste konnten beispielsweise von den Fluggesellschaften selbst erbracht werden. Abgesehen von der fest installierten Infrastruktur, die ein natürliches Monopol darstellt, soll der Markt für alle Boden­verkehrsdienste für flughafenfremde Anbieter zugänglich gemacht werden. Dies kön­nen Tochterunternehmen der Airlines, aber auch eigenständige Handling-Firmen sein. Aus Platz- und Kapazitätsgründen haben Flughäfen jedoch die Möglichkeit, die Anzahl der Abfertigungsunternehmen am Flughafen zu beschränken. Die Auswahl der Unter­nehmen erfolgt über eine Ausschreibung. Die Verordnung soll den Fluggesellschaften die Vorteile besserer Preise und Qualität bringen. Demnach müssen Flughäfen mit einem Passagieraufkommen von über 2 Millionen Drittanbieter und Self-Handling[31] zulassen.[32]

2.2.3 Besonderheiten der Nachfrage (Passagiere)

Passagiere sind die Kunden der Airlines und Airlines die Kunden der Flughäfen. Die Passagiernachfrage beeinflusst die Fluggesellschaften in ihrer Nachfrage nach Flughafen­leistungen. Deshalb ist die Betrachtung der potentiellen Passagiere im Ein­zugsgebiet eines Flughafens für das Flughafenmarketing essentiell.[33] Die Nachfrage nach Flügen ist eine abgeleitete Nachfrage, die aus dem Bedürfnis entsteht, von A nach B zu gelangen. Die Nachfrager nach Beförderungsdienstleistungen im Luft­verkehr, d.h. die Passagiere, lassen sich grob in zwei Segmente einteilen: Geschäfts­reisende und Privatreisende. Während für die Geschäftsreisenden besonders Flexibili­tät, ein dichtes Streckennetz, hohe Frequenzen sowie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit wichtig sind, ist für Privatreisende der Ticketpreis ein bedeutendes Entscheidungs­kriterium.[34] Geschäftsreisende sind also typische Kunden der Full Service Carrier mit flächendeckendem Netzwerk. Charter und LCC konzentrieren sich eher auf Privat­reisende, obwohl ein zunehmender Anteil von Geschäftsreisenden mit LCC reist.[35] Zudem unterliegt die Nachfrage im Luftverkehr Schwankungen, die zum Teil auch von der Segmentzugehörigkeit abhängen.

Die Nachfrage nach Flügen wird durch das Wirtschaftswachstum beeinflusst. Bei schlechter Konjunktur sparen die Unternehmen nicht zuletzt bei den Geschäftsreisen. Teure Flugreisen werden vermieden. Mit Zeitverzug reagiert auf geringeres Einkommen durch schlechte Konjunkturlage auch die Nachfrage der Privathaushalte.[36]

Des Weiteren verändert sich die Nachfrage je nach Jahreszeit, Wochentag und Tages­zeit. Die Nachfrage der Privatreisenden steigt zu Ferienzeiten enorm, während die Nachfrage für Geschäftsreisen außerhalb der Urlaubssaison höher ist. Für Geschäfts­reisen sind besonders Flüge an Montagen und Freitagen gefragt, da an den Wochen­enden nicht gearbeitet wird. Privatreisende präferieren das Wochenende für An- und Abreise, da sich das Wochenende für den Gästewechsel in Hotels etabliert hat. Die Schwankungen im Tagesverlauf rühren vor allem aus der Möglichkeit der Eintages­reisen her. Demnach ist die Nachfrage nach Kontinentalflügen am frühen Morgen und späten Abend besonders hoch.[37]

Räumliche Schwankungen entstehen durch Veränderungen in der Attraktivität von Zielorten. Auf Geschäftsreisende konzentrierte Carrier orientieren ihre Destinationen an deren wirtschaftlicher Attraktivität und Entwicklung; Urlaubsreisen konzentrieren sich auf attraktive Urlaubsdestinationen. Hier können Nachfrageeinbrüche z.B. durch Krisen in der Zielregion entstehen.[38]

Klare Aussagen dazu, wie elastisch die Passagier-Nachfrage im Luftverkehr auf Preis­änderungen reagiert, sind (noch) nicht möglich. Untersuchungen zeigen je nach Unter­suchungsvoraussetzungen stark variierende Ergebnisse. Die Elastizitäten variieren auch nach Einkommen, Reisemotiv, -dauer, -entfernung, -ziel und anderen Determinanten. Dennoch lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass Geschäftsreisende insgesamt weniger preissensibel sind als Privatreisende.[39]

3 Flughäfen und LCC

3.1 Flughafenmanagement

Flughäfen sind schon lange nicht mehr nur Bereitsteller von Infrastruktur. Flughafen­management beschäftigt sich mit der Bereitstellung einer Reihe von Dienstleistungen und Aufgaben, um die Bedürfnisse von Fluggesellschaften mit verschiedenen Geschäftsmodellen und deren Passagieren zu erfüllen sowie den Erwartungen der Öf­fentlichkeit an den Flughafen als Standortfaktor gerecht zu werden. Flughäfen erfüllen also vielschichtige Funktionen und Aufgaben für unterschiedliche Zielgruppen und unter­schiedliche Bedingungen.

3.1.1 Allgemeine Funktionen

Als Grundfunktion eines Flughafens gilt die Wegsicherungsfunktion. Der Flughafen soll die Verkehrsabwicklung auf dem Flughafengelände ermöglichen. Durch die Leistung von Bodenverkehrsdiensten rund um Flugzeug, Passagiere und Gepäck (bzw. Fracht) erfüllt der Flughafen die Abfertigungsfunktion. Ferner hat der Flughafen eine soge­nannte Transitfunktion; d.h. er übernimmt regionale Zubringer- und Verteilerdienste und ist Knotenpunkt für den internationalen Verkehr. Am Flughafen wechseln Passagiere das Verkehrsmittel bzw. steigen von einem Flugzeug in ein anderes um, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Diese Funktion steht in enger Verbindung zur Hub-Bildung, bei der Flughäfen als Drehscheibe für die Verteilung des internationalen (Langstrecken-) Verkehrs genutzt werden. Zu den Hilfsfunktionen eines Flughafens gehören Vor­leistungen, die für die Abläufe am Flughafen benötigt werden. Es handelt sich haupt­sächlich um die Bereitstellung von Infrastruktur und Betriebsflächen, die von staat­lichen Institutionen (Zoll, Flugsicherung u.a.), für Serviceleistungen der Airlines am Boden oder die Gewährleistung der Sicherheit am Flughafen in Anspruch genommen werden.[40] In Bezug auf die Aufgabe der Bedürfnisbefriedigung haben Flughäfen einen Funktionswandel vollzogen. Sie sind nicht länger nur Bereitsteller von Infrastruktur, sondern auch Anbieter von umfangreichen Serviceleistungen, die inzwischen von Airlines und Passagieren erwartet werden. Flughafengesellschaften entwickeln sich immer mehr zu multioptionalen Dienstleistungszentren. Gerade diese Funktion beein­flusst die Attraktivität eines Flughafens im steigenden Wettbewerb um Airline-Kunden und Passagiere. Somit ist dieser Bereich wichtiger Bestandteil des Flughafen­marketings.[41] Aus dem Blickwinkel der Politik und Gesellschaft hat der Flughafen auch eine Aufgabe als Wirtschaftsfaktor (s. Kapitel 2.2.2.1).[42]

3.1.2 Wertschöpfung eines Flughafens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Wertkette eines Flughafens

Eigene Darstellung in Anlehnung an Trumpfheller (2006), S. 166

3.1.2.1 Wertkette

Der Flughafen wird als Dienstleistungsunternehmen betrachtet. Demnach sind die primären Aktivitäten der Flughafenwertkette unterteilt in Akquisitionsphase, Eingangs­logistik, Kontaktphase und Nachkontaktphase. In Deutschland werden traditionell alle Aufgaben innerhalb der Wertkette vom Flughafenbetreiber geregelt – anders als z.B. in den USA, wo Fluggesellschaften oder Drittunternehmen die Wertschöpfung jenseits von Infrastruktur und Flugbetrieb übernehmen. Abbildung 1 Zeigt die Aktivitäten in der Wertschöpfungskette. Alle Phasen werden von der Positionierung des Flughafens beeinflusst und hängen voneinander ab. Die Ausrichtung spiegelt sich in den Differen­zierungsmöglichkeiten bei der Vertragsgestaltung unter anderem durch die Höhe der Flughafenentgelte wider.[43] Die eigentliche Leistungserstellung variiert ebenfalls: Je nach Flugzeuggröße werden unterschiedliche Anforderungen an die Infrastruktur gestellt; Hubs benötigen Möglichkeiten zur Abwicklung der Umsteigevorgänge und komplexere Bodenverkehrsdienstleistungen als Flughäfen mit reinem Charter- oder Low-Cost-Verkehr (s. auch Kapitel 3.3).[44] Im Kapitel Flughafen-Marketing wird vor allem auf die Akquisition näher eingegangen. Aber auch die auf die Zielgruppe zuge­schnittene Leistungserstellung (Kontaktphase) sowie Erkenntnisse aus der Nach­kontaktphase spielen eine Rolle für das erfolgreiche Marketing eines Flughafens. Das Zusammenspiel dieser Aspekte macht den Flughafen attraktiv.

3.1.2.2 Verkehrseinnahmen

Als Verkehrseinnahmen werden die Einnahmen der Flughäfen bezeichnet, die direkt durch den Flugverkehr entstehen: der Umschlag von Flugzeugen, Passagieren, Fracht und Post.[45] Der Flughafen erhebt Gebühren für die Landung, das Abstellen, die Abferti­gung der Flugzeuge und Passagiere und Passagiergebühren. Zusätzlich werden Luft­sicherheitsgebühren erhoben. Diese werden vom Flughafen jedoch lediglich an die zuständigen Behörden überführt.[46]

Doganis schreibt 1992, dass Flughafenentgelte eine wachsende Bedeutung zur Finan­zierung von Investitionen haben, vor allem da sie einfach an veränderte Kosten­situationen angepasst werden könnten.[47] Je nach Flughafentyp und Marktposition sind die Einflussmöglichkeiten auf die Aviation-Einnahmen heute jedoch gering. Vor allem unausgelastete Flughäfen, die von flexiblen und preissensiblen Fluggesellschaften abhängig sind, müssen ihre Entgelte den Vorstellungen ihrer Kunden dynamisch an­passen (s. Kapitel 3.3.2). In einem von Wettbewerb geprägten Umfeld müssen Flug­häfen sich auf Preisverhandlungen mit Fluggesellschaften einstellen, anstatt an festen (evtl. veralteten) Entgeltsystemen festzuhalten.[48]

Lande- und Passagierentgelte sind laut Graham die wichtigsten flugbezogenen Einnah­men.[49] Die Landegebühr wird in der Regel basierend auf dem maximalen Abflug­gewicht festgelegt. In der einfachsten Version erhebt der Flughafen eine fixe Gebühr pro Einheit, also pro Tonne Gewicht. Auch die Entgeltordnungen vieler deutscher Flug­häfen folgen dieser Methode. Entstanden ist die gewichtsbasierte Landegebühr aus der Annahme, dass die Betreiber größerer Flugzeugtypen zahlungskräftiger sind.[50] Der Einfluss des Flugzeuggewichts auf den Infrastrukturverbrauch spielt eine unterge­ordnete Rolle, obwohl kleinere Flugzeuge die Runways für einen Start länger bean­spruchen.[51] Vor allem an Flughäfen mit Kapazitätsengpässen bietet sich eine bewe­gungs- statt gewichtsabhängige Landegebühr an. An einigen Flughäfen, u.a. Heathrow und Gatwick, wurde ein solches Prinzip zu den Spitzenzeiten eingeführt. Aufgrund des Widerstands von Fluggesellschaften mit kleineren Fluggeräten konnte sich diese Methode aber noch nicht durchsetzen. Bei vielen Flughäfen, auch in Deutschland, wird eine Fluglärm-Variable als Zuschlag oder Bonus in die Entgelte integriert. Die ICAO bietet eine dazu verwendete Klassifizierung der Flugzeugtypen. Außerdem wird (falls kein Nachtflugverbot besteht) in der Regel ein Nachtzuschlag erhoben. Die passagier­bezogenen Gebühren werden meist pro abfliegendem Passagier einer Maschine berechnet. Bei diesen Entgelten gibt es verschiedene Modelle zur Preisdifferenzierung. Beispiele sind geringere Gebühren für Inlands-Passagiere, Umsteige-Passagiere oder Abstufungen nach Serviceklassen (First, Business, Economy). Abstellgebühren fallen normalerweise für die Fluggesellschaft erst nach Überschreiten des Zeitrahmens an, welcher vom Flughafen als Umschlagzeit festgesetzt wurde. Die Parkgebühren können je nach Gewicht bzw. Größe des Flugzeugs, Abgelegenheit der Parkposition und nach genutzten Passagieranlagen (Treppen, Brücken, Busse) variieren. Wenn die Flughafen­gesellschaft selbst die in Anspruch genommenen Bodenverkehrsdienste anbietet, zählen auch die hierfür berechneten Entgelte zu den Verkehrseinnahmen des Flug­hafens. Die Services werden für gewöhnlich zu individuell mit den Fluggesellschaften ausgehandelten Preisen geleistet – entweder als Package oder mit Einzelpreisen für einzelne Leistungen.[52]

3.1.2.3 Non-Aviation-Erlöse

Das zweite Einnahmefeld der Flughäfen sind Non-Aviation-Einnahmen, auch als kommer­zielle Einnahmen oder „aeronautical revenues“ bezeichnet. Dies sind Erlöse aus den nicht direkt flugbezogenen Aktivitäten des Flughafenbetreibers.[53] Der Einfluss des Flughafens auf die Gestaltung dieses Bereiches ist größer als bei den Verkehrsein­nahmen. Art und Vielfalt der Konzessionäre, Markenpolitik und Raumverteilung können vom Flughafenmanagement bestimmt werden. Daher gewinnen die Non-Aviation-Ein­nahmen nicht nur aufgrund sinkender Aviation-Erlöse an Bedeutung.[54] Flughafen­betreiber erhalten Konzessionen und Mieten von Unternehmen, die am Flughafen Shops, Catering oder Werbeflächen betreiben. Außerdem können Erlöse entstehen durch gebührenpflichtige PKW-Parkplätze, Direktvertrieb über flughafeneigene Geschäfte und andere Aktivitäten wie Beratung oder Betrieb von Konferenz- und Besucher­räumen. Vor allem größere Flughäfen verdienen zunehmend an Beratungs­leistungen für Planung und Management anderer Flughafenprojekte.[55] Durch die kommer­ziellen Aktivitäten und deren gezielte Vermarktung im Flughafen-Umfeld können neben Passagieren u.a. auch Anwohner, Mitarbeiter des Flughafens und umlie­gender Firmen als Kunden des Non-Aviation-Bereichs gewonnen werden.[56] Auch Boden­verkehrsdienste können zu den Non-Aviation-Einnahmen beitragen, sofern sie nicht vom Flughafenbetreiber selbst, sondern einem unabhängigen Anbieter betrieben werden.[57]

3.1.3 Flughafen-Marketing

Zielgruppen des Flughafenmarketings können in Geschäftskunden (Fluggesellschaften, Reiseveranstalter, Frachtunternehmen usw.), Passagiere und Sonstige (Besucher, An­wohner, ansässige Unternehmen, Konzessionäre usw.) unterteilt werden. Als Haupt­kunden der Flughäfen gelten zum einen die Fluggesellschaften und zum anderen deren Kunden, die Passagiere.[58] Auch in dieser Hinsicht hat sich das Flughafenmanagement gewandelt: Das kommerzielle Modell der Kundenbeziehungen eines Flughafens sieht nicht mehr nur Fluggesellschaften als direkte Flughafenkunden an.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Veränderung der Beziehung Flughafen/Fluggesellschaft

Eigene Darstellung in Anlehnung an Francis/Humphreys/Ison (2004), S. 509

Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Marketing-Beziehung des Flughafens zu seinen (potentiellen) Airline-Kunden.

3.1.3.1 Bedeutung des Marketings

Vor der Deregulierung des Luftverkehrs hat Marketing beim Flughafenmanagement kaum eine Rolle gespielt. Aufgrund der stetig wachsenden Nachfrage und der im wesentlichen freien Flughafenwahl der Fluggesellschaften in Europa hat sich der Wett­bewerb auch unter Flughäfen stark erhöht. Durch die Entwicklung der Flughäfen von reinen Infrastrukturträgern zu Dienstleistungsunternehmen ergeben sich vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten.[59] Der steigende Preiswettbewerb unter Airlines führt dazu , dass Preise auch bei Flughäfen zum Wettbewerbsfaktor werden – vor allem bei besonders kostenbewussten Airlines mit Kurzstrecken-Fokus, bei denen Flughafen­kosten eine größere Rolle spielen.[60] Nicht nur die großen Hubs konkurrieren untereinander. Durch die Erreichung der Kapazitätsgrenzen an vielen großen Flughäfen haben auch bisher unbedeutende Flughäfen eine Chance erhalten, am Wachstum des Luftverkehrs teilzuhaben. Ein Faktor, der den Wettbewerb unter Flughäfen verstärkt, sind Überschneidungen im Einzugsgebiet.[61] Neben der Kapazitätsübernahme von über­lasteten Flughäfen kann eine Möglichkeit sein, das Flughafenangebot auf ein bestimmtes Verkehrsaufkommen - Geschäftsreisen, Ferienflugverkehr, Fracht oder Low-Cost – zu spezialisieren. Dementsprechend muss auch der Marketing-Ansatz aus­gerichtet sein: angepasst an die Bedürfnisse des zu bearbeitenden Kundensegments (FSC, Charter, LCC usw.).[62] Marketing wird nun als Teil des Flughafenmanagements und als Mittel, Flughäfen attraktiver zu machen, ernst genommen. Ziel des Flughafen­marketings ist die Sicherung bzw. der Ausbau der Marktposition durch eine qualitative Verbesserung des zielgruppengerechten Leistungsangebots und eine quantitative Steigerung des Verkehrsaufkommens.[63] Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, weil Flughäfen hohe Skalenerträge durch wachsendes Passagier- oder Frachtaufkommen erzielen können.[64]

U.a. das Einzugsgebiet spielt bei der Flughafenwahl von Airlines eine entscheidende Rolle (s. Tabelle 2). Vor den Liberalisierungsbewegungen hatten Flughäfen kaum ver­wertbare Kenntnisse über ihr Einzugsgebiet. Daher konnte in dieser Hinsicht kein Ein­fluss auf die Entscheidung der Fluggesellschaften ausgeübt werden. Die Airlines wählten zwischen benachbarten Städten auf Basis eigener Informationen. Um sich als Flughafen wettbewerbswirksam positionieren zu können, ist aber eine genaue und fortlaufende Analyse des Einzugsgebiets und seiner Struktur notwendig.[65] Je nach Art des angestrebten Services ziehen Fluggesellschaften wirtschaftliche oder touristische Attraktivität für den Incoming-Tourismus sowie Kaufkraft und andere Kriterien für die im Einzugsgebiet lebende Bevölkerung in Betracht. Als Einzugsgebiet wird die im Um­kreis eines Flughafens ansässige Bevölkerung und Wirtschaft bezeichnet. Die Größe des Einzugsgebiets hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gute Erreichbarkeit des Flughafens über Straßennetze und günstige Verbindungen mit öffentlichen Verkehrs­mitteln vergrößern das Einzugsgebiet ebenso wie das im Umkreis einmalige Angebot bestimmter Destinationen und gezieltes Marketing. Konkurrenz von naheliegenden anderen Flughäfen hingegen verkleinern das Einzugsgebiet. Kenntnisse über Passagier­profile und Verkehrsströme ermöglichen die Identifikation potentieller Märkte. Zum Faktor Marketing-Unterstützung gehören daher nicht nur Incentives, sondern auch Marktforschung und andere Maßnahmen, mit denen das Flughafenmanagement den Fluggesellschaften zum Erfolg mit den angebotenen Strecken verhelfen kann.[66]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2 Einflussfaktoren auf die Nachfrage nach Flughäfen

Eigene Darstellung in Anlehnung an Graham (2003), S. 184

3.1.3.2 Marketing-Maßnahmen

Ziel der Marketing-Maßnahmen aller Unternehmen ist es, die produzierten Leistungen besser absetzen zu können. Bei einem Flughafen ist das Produkt allerdings schwer zu definieren, da jede Zielgruppe etwas anderes als das Produkt eines Flughafens ansieht. Kotler/Armstrong unterteilen das Produkt in Kernnutzen und Zusatznutzen. Aus Airline-Sicht wäre die Kernleistung wohl die Bereitstellung der zu Start und Landung notwendigen Einrichtungen. Das wird von jedem Flughafen vorausgesetzt. Der eigent­liche Wettbewerb findet also auf dem Level der Zusatzleistungen statt. Dies können Marketing-Incentives wie die Förderung bei der Aufnahme neuer Strecken sein, die Garantie eines bestimmten Qualitätsstandards, individuell zugeschnittene Handling-Angebote u.a.[67] Auch Branding wird von vielen Airports als Möglichkeit genutzt, eine Corporate Identity und einen Mehrwert aufzubauen. Die Wirksamkeit solcher Maßnah­men hält Graham allerdings für zweifelhaft. Viel Wert wird dennoch oft auf die Namensgebung des Flughafens gelegt: Schon damit soll Internationalität repräsentiert werden. Flughäfen, die etwas außerhalb von großen Städten liegen, nutzen den Namen, um ihre Nähe zur Großstadt zu demonstrieren.[68] Beispiele in Deutschland sind Düsseldorf-Weeze, Frankfurt-Hahn und Hamburg-Lübeck. Da sowohl bei Passagieren als auch bei Airlines klare Kriterien bei der Flughafenwahl dominieren, ist der Einfluss einer Marke auf die Entscheidung wohl tatsächlich gering. Vielmehr entscheidet bei Passagieren das passende Angebot von Airlines; bei Airlines das Einzugsgebiet und die potentielle Nachfrage. Hier sollte also der Fokus des Flughafen-Marketings liegen: Ein Angebot schaffen, das für die potentiellen Passagiere passend ist .[69]

[...]


[1] Vgl. Maurer (2003), S. 28

[2] Vgl. LuftVG: § 21 Abs. 1

[3] Vgl. Pompl (2007), S. 32 ff.

[4] Flagcarrier sind Fluggesellschaften mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung

[5] Vgl. Pompl (2007), S. 100 f.

[6] Vgl. Jarach (2005), S. 16

[7] Vgl. Francis/Humphreys/Ison (2004), S. 508; genauere Definition s. Kapitel LCC – Begriffsdefinition und Positionierung

[8] Vgl. Schmidt (2000), S. 33; Lawton (2002), S. 43

[9] Vgl. Maurer (2003), S. 72; ADV(2008), http://www.adv-net.org/de/gfx/adv/mitglflughaefen.php

[10] Engl., Zeitfenster für einen Start oder eine Landung, das einer Fluggesellschaft zugeteilt wird.

[11] Vgl. Doganis (2006), S. 25

[12] International Civil Aviation Organization; vgl. Schmidt (2000) S. 130, 133

[13] Vgl. Doganis (2002), S. 26, 30 f.; Pompl (2007), S.336 f.

[14] Engl., Eigentumsregel, nach der die vereinbarten Streckenrechte nur an Fluggesellschaften vergeben werden dürfen, die mehrheitlich einer juristischen oder natürlichen Person des Vertragspartner-Staates gehört (vgl. Pompl 2007, S. 365)

[15] Engl., Bedienung der festgelegten wird nur für jeweils eine Fluggesellschaft der beteiligten Staaten genehmigt (vgl. Doganis 2002, S. 32)

[16] Vgl. Doganis (2002), S. 30; ebd. (2006), S. 28 f.

[17] International Air Transport Association; vgl. Schmidt (2000), S. 129 f.

[18] Vgl. Doganis (2006) S. 28 ff.; Barrett (2000), S. 13 f.

[19] Vgl. Doganis (2002, S. 52

[20] Vgl. Pompl (2007), S. 397 ff.; Münz (1998), S. 20

[21] Vgl. Doganis (2006), S. 34 f.

[22] Begriff für die 8. Freiheit (s. Anhang 1): Den designierten Fluggesellschaften wird die Bedienung von innerstaatlichen (also nicht grenzüberschreitenden) Strecken des Vertragsstaates erlaubt; vgl. Schmidt (2000), S. 137

[23] Engl. „offene Himmel“. Bestehende Einschränkungen der Freiheiten der Luft werden aufgehoben (vgl. ADV 2008a)

[24] Vgl. Maurer (2003), S. 16 ff.; Lawton (2002), S. 19 ff.; Münz (1998), S. 27

[25] Vgl. Barrett (2000), S. 13; Graham (2003), S. 11; Hauschild (1998), S. 77 ff.

[26] Vgl. Graham (2003), S. 8 ff.; Jarach (2005), S. 4

[27] Vgl. Maurer (2003), S. 80f. und Pompl (2007), S. 177f.

[28] Vgl. Europäische Kommission (2004)

[29] Vgl. Europäische Kommission (2005)

[30] Vgl. Doganis (1992), S. 9

[31] Engl., Eigenabfertigung durch die Fluggesellschaft.

[32] Vgl. Maurer (2003), S. 19 ff.; Rat der Europäischen Union (1996)

[33] Vgl. Graham (2003), S. 107 f.

[34] Vgl. Sterzenbach/Conrady (2003), S. 12 f.

[35] Vgl. Lawton (2002), S. 36 f.; McWhirter (2000), zitiert in Lawton (2002), S. 37

[36] Vgl. Sterzenbach/Conrady (2003), S. 14

[37] Vgl. ebd., S. 15 ff.

[38] Vgl. ebd., S. 18

[39] Vgl. Pompl (2007), S. 215 ff.

[40] Pompl (2007), S. 166 ff.

[41] Vgl. Meincke (2000), S. 513

[42] Vgl. Pompl (2007), S. 171

[43] Vgl. Trumpfheller (2006), S. 165 ff.

[44] Vgl. ebd., S. 117, 130; Scheimann (2005) und de Neufville/Odoni (2003) zitiert in Trumpfheller (2006)

[45] Vgl. Sterzenbach/Conrady (2003), S. 141

[46] Vgl. Pompl (2007), S. 171 f.

[47] Vgl. Doganis (1992), S. 62, 77

[48] Vgl. Trumpfheller(2006), S. 172; Barrett (2000), S. 25

[49] Vgl. Graham (2003), S. 57

[50] Vgl. ebd., S. 99

[51] Vgl. Klingenberg (2004), S. 522

[52] Vgl. Graham (2003), S. 99 ff.; Doganis (1992), S. 64 ff.

[53] Vgl. Pompl (2007), S.173; Graham (2003), S. 56; Sterzenbach/Conrady (2003), S. 143

[54] Vgl. Trumpfheller (2006), S. 170 f.

[55] Vgl. Sterzenbach/Conrady (2003), S. 144

[56] Vgl. Jarach (2001), S. 122 f.

[57] Vgl. Graham (2003), S. 56 f.

[58] Vgl. ebd., S. 179 ff.

[59] Vgl. Bender (1997), S. 299 zitiert in: Pompl (2007), S. 173. In Deutschland unterscheidet die Initiative Luftverkehr für Deutschland drei Geschäftsmodelle: Frankfurt und München als große Drehkreuze (Hubs), LCC-Flughäfen und Hybridmodelle wie Düsseldorf und Münster-Osnabrück, vgl. Luftverkehr für Deutschland (2006), S. 30

[60] Vgl. Barrett (2000), S. 16 f.

[61] Vgl. Meincke (2000), S. 513 f.

[62] Vgl. Graham (2003), S. 179 ff.; Graham (2006), S. 90

[63] Vgl. Pompl (2007), S. 174

[64] Vgl. Doganis (1992), S. 50

[65] Vgl. Jarach (2005, S. 31 ff.

[66] Vgl. Graham (2003), S. 184 f., 196; Meincke (2000), S. 514 f.

[67] Vgl. Kotler/Armstrong (2001), S. 294

[68] Vgl. Graham (2003), S. 185 ff.

[69] Vgl. Graham (2006), S. 77

Excerpt out of 87 pages

Details

Title
Flughäfen als Low-Cost-Ziel - Besonderheiten, Anforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten für das Flughafenmanagement bei Low-Cost-Carriern als Kunden
Subtitle
Fallstudie Dortmund Airport
College
International School of Management Dortmund
Grade
1,3
Author
Year
2008
Pages
87
Catalog Number
V139113
ISBN (eBook)
9783640484775
ISBN (Book)
9783640484522
File size
1797 KB
Language
German
Keywords
Flughäfen, Low-Cost-Ziel, Besonderheiten, Anforderungen, Entwicklungsmöglichkeiten, Flughafenmanagement, Low-Cost-Carriern, Kunden, Fallstudie, Dortmund, Airport
Quote paper
Antje Weiruß (Author), 2008, Flughäfen als Low-Cost-Ziel - Besonderheiten, Anforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten für das Flughafenmanagement bei Low-Cost-Carriern als Kunden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139113

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