Sarah Kemble Knights Reisebeschreibungen im Vergleich zu Mary Rowlandsons Gefangenschaftsbericht


Dossier / Travail, 2004

16 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Sarah Kemble Knights pikareske Erzählweise

3) Rowlandsons Gefangenschaftsbericht im Vergleich zu 3 Knights Reisebericht
3.1) Darstellung der Wildnis in Knight und Rowlandson Berichten

4) Die Puritanische Sichtweise auf Indianer
4.1) Rezeption der Indianer in Rowlandsons Gefangenschaftsbericht
4.2) Rezeption der Indianer in Knights Reisebericht

5) Zusammenfassung

6) Literaturliste

1) Einleitung

In nachfolgender Arbeit steht der Vergleich zweier Berichterstattungen aus dem literarischen Bereich der captivity narrative im Fokus, welche aus der femininen Sichtweise von gefangenen Frauen zur Zeit des Puritanismus in Amerika geschrieben worden sind. Zum einen handelt es sich um den Gefangenschaftsbericht von Mary Rowlandson 1676 und zum anderen um den Reisebericht von Sarah Kemble Knight 1704.

Obwohl zwischen beiden Berichten eine geringe Zeitspanne von dreißig Jahren liegt, unterscheiden sich die Darstellungen in ihrer Erlebniswelt fundamental. Beide Reportagen ermöglichen dem Leser einen Einblick in die Anfangszeit Amerikas.

In wie fern sich dieses Leben in Bezug auf den Einzelnen unterschied und in gewissen Punkten glich, stellt einen Grund für den unternommenen Vergleich dar. Wie das alltägliche Leben in Amerika um 1700 n.Chr. präzise aussah, wovon es beeinflusst wurde, ist anhand ausgewählter Beispiele gleichfalls Gegenstand der Untersuchung.

Begonnen wird mit der näheren Vorstellung von Sarah Kemble Knights Erzählstil. Dieser spielt eine tragende Rolle in der Art ihrer Berichterstattung. Dem folgt die direkte inhaltliche Gegenüberstellung beider Texte. Im Anschluss daran folgt die intensive Beschäftigung mit ausgewählten Themen; namentlich der Darstellung der Wildnis in beiden Berichten und deren Hervorhebung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Gegenstand der weiteren Analyse ist die Präsenz und Rezeption indianischer Völker.

Da die Rezeption der Ureinwohner Amerikas mit der damaligen puritanischen Sichtweise auf dieses Volk unabdingbar verknüpft ist, wird auf diesen Glauben, insbesondere dessen Manifestation in den Berichterstattungen von Rowlandson und Knight, gleichfalls eingegangen.

2) Sarah Kemble Knights pikareske Erzählweise

Sarah Kemble Knight führte auf ihrer fünfmonatigen Reise von Boston nach New York und zurück ein Tagebuch, in welchem sie Eindrücke und Erlebnisse diverser Tages festhielt. Dieses Tagebuch zeichnet sich durch seine besondere Art der Erzählweise aus. Dabei griff Frau Knight auf die pikareske Beschreibung zurück. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Reisenden beschreibt, welcher in der Regel als Icherzähler agiert und bei seiner Reise verschiedene Episoden durchlebt, diese jedoch nicht miteinander verbindet, sondern sie als einzelne Erlebnisse unabhängig von einander schildert. Diese Schilderungen erhalten ihre Besonderheit durch eine bizarre und komisch wirkende Wiedergabe. Weiterhin sind diese Reisenden meistens, aber nicht immer, sozial niedrigeren Schichten entstammend. Durch das Zusammentreffen verschiedener soziale Klassen und Menschentypen, nimmt der Icherzähler oft die Stellung eines Kommentators von dessen spezifischen Bräuchen, Eigenheiten und moralischen Auffassungen ein, wobei diese oft von einem satirischen Unterton begleitet sind.

Obwohl der Hauptteil eines solchen Erzähltypus durch witzige und lustige Wiedergaben bestimmt ist, birgt der Schlussteil oft einen seriösen und ernsten Ton, verursacht durch Veränderungen des Reisenden in persönlichen Ansichten.[1] Diese geschilderte Art der pikaresken Erzählung wendete Sarah Kemble Knight in ihrem Tagebuch gekonnt an.

Sie hielt die Erlebnisse weder notizartig noch trocken zusammengefasst fest, sondern schmückt sie durch ihre lebhafte Fantasie reichlich aus. Ihre Reiseschilderungen wirken durch häufige Ortswechsel in kurzen Zeitabständen, rastlos, verleihen ihm so Vitalität. Angefüllt mit Episoden des Erlebten, erhalten die Aufzeichnungen eine zusätzliche Dynamik. Knights satirischer Unterton kommt in derlei Episoden gut zur Geltung. So beschreibt sie lebhaft das erscheinen eines Landsmann in einem Geschäft, welcher lediglich nach etwas Kleidungsstoff fragt. Diese Alltagszene reicherte sie durch ihre gute Beobachtungsgabe und einen eigensinnigen Humor zu einer amüsanten Schilderung an. So beschreibt sie den Vorfall folgender maßen:

Being at a merchants house, in comes a tall country fellow, with his alfogoes full of Tobacco; for they seldom Loose their Cudd, but keep chewing and Spitting as long as they’r eyes are open,- he advanc’t to the middle of the Room, makes an Awkward Nodd, and spitting a Large deal of aromatick Tincture, he gave a scrape with his shovel like shoo, leaving a small shovel full of dirt on the floor, made a full stop, Hugging his own pretty Body with his hand under his arms, Stood staring rown’d him, like a Cat let out of a Baskett. At last, like the creature Balaam Rode on, he opened his mouth and said: have You any Ribinen for Hatbands to sell I pray?[2]

Durch diese Beschreibung gibt sie ihren Eindruck und persönliche Meinung wider. Präzise und gezielt beschreibt sie die ihr begegnenden Personen, wobei ihre eigene, höhere soziale Stellung ihren Mitmenschen gegenüber hervor tritt. So beschreibt sie alle unter ihrer Schicht stehenden in einem oft abfällig wirkenden Ton. Dagegen werden sozial höher Gestellte, wie etwa Gouverneur Jonathan Winthrop, mit positiven Attributen belegt. So schrieb sie weder satirisch noch humorvoll, sondern höchst ernsthaft: I stayed a day here Longer than I intended by the Commands of the Honble Govenor Winthrop to stay and take a supper with him whose wonderful civility I may not omitt.[3]

Je mehr sie sich in ihrem Tagebuch dem Ende näherte, desto rationaler, ernster werden ihre Aufzeichnungen. Dies entspricht, wie erwähnt wurde, dem pikaresken Erzähltypus. Mit zunehmender Annäherung an das Ende ihrer Aufzeichnungen, näherte sie sich ihrem Zuhause, welches ein Grund für den zunehmend seriös wirkenden Charakter ihrer Notizen darstellen könnte. Sie wird sich der tragweite ihrer Unternehmung bewusst, realisiert und verarbeitet dabei noch einmal alles Geschehene, und wird sich so der Stellung ihres Heimes und ihrer Lieben (Tochter und Mutter) im Klaren.

3) Rowlandsons Gefangenschaftsbericht im Vergleich zu Knights Reisebericht

Mary Rowlandson gelangte im Jahre 1776 in indianische Gefangenschaft. Während dieser elf Wochen durchlebte sie eine Zeit, welche ihr persönlich schier Unglaubliches abverlangte. Sie verlor eines ihrer drei Kinder. Dieses Mädchen starb, aufgrund der Strapazen, direkt in ihren Armen. Mary Rowlandson sah diesen Zustand der Gefangenschaft als eine Prüfung Gottes, welche es zu bestehen galt.

Obwohl Rowlandsons Bericht nur dreißig Jahre vor Sarah Kemble Knights Bericht geschrieben wurde, manifestiert sich zwischen beiden Werken ein nicht zu übersehender Unterschied. Rowlandsons Darstellung ist mit religiösen Bibelzitaten durchzogen. Das Durchstehen ihrer Tortur schreibt sie Gott und nicht etwa glücklichen Umständen zu. Ihrer Ansicht nach war es Gottes Wille sie auf die Probe zu stellen, es war Gottes Wille sie dieses Erlebnis überstehen zu lassen.

Die Veröffentlichung ihres Gefangenschaftsberichtes ist weniger unter dem Aspekt persönlicher Erfahrung als vielmehr unter dem der Reifung, der göttlichen Vorsehung und deren Fügung des einzelnen Menschen in diese anzusehen.

Um dies dem Leser zu verdeutlichen, widmete Increase Mather dem Bericht ein vierseitiges Vorwort, in dem er bezeichnend schreibt:

This Narrative was Penned by this Gentlewoman her self, to be to her a Memorandum of God’s dealing with her, that she might never forget, but remember the same, and the several circumstances therof, all the daies of her life.” und weiter heißt es: “Reader, if thou gettest no good by such a declaration as this, the fault must be needs thine own.[4]

In Knights Erzählung findet weder göttliche Vorsehung noch göttliche Prüfung eine Erwähnung. Wo Rowlandson selbst nicht fähig ist, eigene Gedanken in Worte zu fassen, lässt sie die Bibel in Form von Zitaten sprechen. Knight hingegen setzt die Gedichtform ein, welche als Zeichen für unabhängiges Denken, entfernt von Religionsschranken, aufgefasst werden kann. Knights Reisebeschreibungen sind wie bei Rowlandson von eigenen Erfahrungen geprägt, doch werden diese bei Knight nicht in religiöser sondern profaner Weise geschildert. Diese Tatsache tritt bei der Beschreibung von Natur und Landschaft ebenfalls stark hervor, was im nachstehenden Abschnitt behandelt werden soll.

3.1) Darstellung der Wildnis in Rowlandsons und Knights Berichten

Rowlandson lebte während ihrer Gefangenschaft mit den Indianern in der Wildnis. Dabei verharrten sie nicht an einem Ort, sondern zogen in kurzen Abständen stetig an neue Lagerplätze. Dabei waren sie der Natur schutzlos ausgesetzt.

Die Rezeption der Wildnis durch Rowlandson ist stark durch puritanischen Glauben geprägt und beeinflusst. Die Puritaner sahen weniger die Natur in ihrer Pracht und Vielfalt. Für sie stellte das Ausmaß der Natur und dessen Vielfalt eine Bedrohung dar. Zusätzlich war die so genannte Wildnis von den Indianern, welche von den Neuengländern savages oder wild men genannt wurden, bewohnt. Diese Tatsache trug zum gefährlichen, unzivilisierten Eindruck der Natur bei, welche dann auch nur noch wilderness betitelt wurde.

So beschreibt Ulrike Brunotte treffend in ihrem Buch:

Dieser Ort suggeriert einen chaotischen, ungeformten Raum mit Wald, Sümpfen und Felsen, von wilden und oft dämonischen Wesen bewohnt. Menschen, die diesen Raum betreten, laufen Gefahr, selbst in einen wilden, unkontrollierten Zustand zu verfallen, verzaubert, wirr oder monströs zu werden.[5]

Ein weiterer Grund für die feindlich gesinnte puritanische Auffassung gegenüber der Wildnis lag im Glauben begründet, Adam und Eva behausten einst das sichere Paradies, welches dem christlichen Glauben gleich durch einen Garten versinnbildlicht wurde. Dieser Naturzustand, vor dem Fall aus dem Paradies, stand daher im Puritanismus für Reinheit und Unschuld und so symbolisierten ihre Siedlungen gemäß dem Glauben diesen sicheren Garten- den hortus conclusus -.

Die außerhalb dieses Gartens liegende Natur bezeichneten die Puritaner als unwirtliche Gegend. Sie symbolisierte den Ort nach dem Fall aus dem Paradies. Folglich war dieser böse, schlecht und zu meiden. Unter anderem bezeichneten deshalb Puritaner ihre Siedlungen als auch city upon a hill. Sie sollten nicht in der gefährlichen Wildnis leben, sondern erhaben über ihr thronen.

Zum Zeitpunkt Mary Rowlandsons Gefangenschaft war dies das vorherrschende Weltbild. Umso verständlicher scheint es, dass Rowlandson nicht von der wunderbaren Landschaft und ihrer Einmaligkeit berichtet, sondern von der wilderness, dem Fluss oder dem Berg spricht. Alles sieht ihrem Erachten nach gleich, undurchschaubar und angsteinflößend aus.

[...]


[1] Thorpe, Peter. Sarah Kemble Knight and the picaresque Tradition. College Language Association Journal.1966; 10: 144-121.

[2] Martin Wendy. Colonial American Travel Narratives, New York 1994, S. 65/66.

[3] Martin Wendy. Colonial American Travel Narratives, New York 1994, S. 75.

[4] Andrews, William L.: Journeys in New Worlds. Early American Narratives, London 1990, S.29.

[5] Brunotte, Ulrike: Puritanismus und Pioniergeist. Die Faszination der Wildnis im fr ü hen NeuEngland, Berlin 2000, S.10.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Sarah Kemble Knights Reisebeschreibungen im Vergleich zu Mary Rowlandsons Gefangenschaftsbericht
Université
University of Hamburg  (IAA)
Cours
Saint and Sinners, Rogues and Rascals: Early American Narratives
Note
2,3
Auteur
Année
2004
Pages
16
N° de catalogue
V139678
ISBN (ebook)
9783640499137
ISBN (Livre)
9783640499243
Taille d'un fichier
449 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sarah, Kemble, Knights, Reisebeschreibungen, Vergleich, Mary, Rowlandsons, Gefangenschaftsbericht
Citation du texte
M.A. Eva Steinbrecher (Auteur), 2004, Sarah Kemble Knights Reisebeschreibungen im Vergleich zu Mary Rowlandsons Gefangenschaftsbericht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139678

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