Eine juristische, politische oder moralische Verantwortung ist eine notwendige,
nicht aber hinreichende Voraussetzung für die entsprechende (juristische, politische
oder moralische) Schuldzuweisung. Die einzelnen Individuen lassen sich nicht zum
entsprechenden Kollektiv aufsummieren, sowie sich ein Kollektiv auch nicht linear
auf die Individuen herunterbrechen lässt. Kollektive sind also autonome Subjekte,
verantwortungsfähig und deshalb haftbar. Die kollektive Haftbarkeit beschränkt sich
allerdings auf eine lediglich politisch-kollektive Schuldbarkeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Spezifikation von Verantwortung, Schuld und individuell vs. kollektiv
- 3. Skizze der Schuldkonzeption von Karl Jaspers
- 4. Kollektive Verantwortung und Jaspers Schuldkonzeption: Einwände und Erweiterungen
- 5. Zusammenfassung und abschliessende Bemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Karl Jaspers' Schuldkonzeption im Kontext kollektiver Verantwortung, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Schuld im Zweiten Weltkrieg. Das Ziel ist es, Jaspers' Konzept zu stärken, seinen Gültigkeitsbereich zu erweitern und es für die heutige Zeit zu aktualisieren. Die Arbeit hinterfragt dabei die Zuschreibung von Schuld an Kollektive.
- Definition und Spezifikation von Verantwortung und Schuld, insbesondere im Unterschied zwischen individueller und kollektiver Verantwortung.
- Analyse von Jaspers' Schuldkonzeption und deren Unterteilung in verschiedene Bereiche.
- Bewertung von Einwänden gegen Jaspers' Theorie und Vorschläge für Erweiterungen.
- Entwicklung eines Modells zur Legitimation von Schuldzuweisungen an Kollektive.
- Untersuchung der Verantwortungsfähigkeit von Kollektiven und der Problematik der Schuldaufteilung innerhalb eines Kollektivs.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der kollektiven Verantwortung und Schuldzuweisung ein und skizziert den Forschungsansatz. Die Arbeit zielt darauf ab, Jaspers' Schuldkonzept zu analysieren, zu stärken und in einen allgemeingültigen Kontext zu stellen. Die zentrale Fragestellung ist, ob und unter welchen Bedingungen Kollektiven Schuld zugeschrieben werden kann. Es wird eine dreigliedrige Unterteilung der Schuld (juristisch, politisch, moralisch) angekündigt, die die metaphysische und die Mitschuld umfasst. Die Arbeit wird auf Basis eines vereinfachten Modells von Kollektiven argumentieren, um die Verantwortungsfähigkeit von Kollektiven zu demonstrieren.
2. Spezifikation von Verantwortung, Schuld und individuell vs. kollektiv: Dieses Kapitel klärt zentrale Begriffe. Verantwortung wird als doppelte Verweisung definiert: Verantwortung für etwas/jemanden und Verantwortung vor einer Instanz. Es werden verschiedene Typen von Verantwortung unterschieden: Kausalverantwortung, Rollenverantwortung und (implizit) persönliche Verantwortung. Die Verbindung zwischen Verantwortung und Schuld wird herausgestellt, wobei eine Verantwortung eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Schuld darstellt. Der Unterschied zwischen individueller und kollektiver Verantwortung und Schuld wird angesprochen, wobei die Schwierigkeit der Übertragung individueller Verantwortung auf das Kollektiv und umgekehrt hervorgehoben wird.
3. Skizze der Schuldkonzeption von Karl Jaspers: Dieses Kapitel zeichnet Jaspers' Schuldkonzeption nach, reduziert auf die drei Bereiche juristische, politische und moralische Schuld. Die metaphysische Schuld und die Mitschuld werden im Bereich der moralischen Schuld subsumiert. Jaspers' Argumentationsstruktur wird verfolgt, jedoch wird die metaphysische Perspektive zugunsten einer aktuellen und pragmatischeren Betrachtungsweise reduziert. Das Kapitel bereitet den Weg für die kritische Auseinandersetzung im folgenden Kapitel.
4. Kollektive Verantwortung und Jaspers Schuldkonzeption: Einwände und Erweiterungen: Dieses Kapitel bewertet Einwände gegen Jaspers' Theorie und schlägt Erweiterungen vor. Es wird ein Modell zur Legitimation von Schuldzuweisungen präsentiert, das Kriterien für die Rechtfertigung von Sanktionen bei enttäuschter Verantwortung liefert. Die Problematik der Schuldaufteilung innerhalb eines Kollektivs wird thematisiert, ebenso wie die Schwierigkeit der staatenübergreifenden Beurteilung politischer und juristischer Verfehlungen aufgrund des Fehlens universeller Kontrollinstanzen. Die Arbeit strebt keine umfassende Lösung aller Probleme an, sondern eine aktualisierte und verbesserte Version von Jaspers' Konzept.
Schlüsselwörter
Kollektive Verantwortung, Schuldzuweisung, Karl Jaspers, Schuldkonzeption, individuelle Verantwortung, kollektive Schuld, juristische Schuld, politische Schuld, moralische Schuld, Verantwortungsfähigkeit von Kollektiven, Legitimation von Sanktionen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Kollektive Verantwortung und Jaspers' Schuldkonzeption
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Karl Jaspers' Schuldkonzeption im Kontext kollektiver Verantwortung, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Schuld im Zweiten Weltkrieg. Sie untersucht die Zuschreibung von Schuld an Kollektive und zielt darauf ab, Jaspers' Konzept zu stärken, seinen Gültigkeitsbereich zu erweitern und es für die heutige Zeit zu aktualisieren.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Spezifikation von Verantwortung und Schuld (individuell vs. kollektiv), eine detaillierte Analyse von Jaspers' Schuldkonzeption (juristisch, politisch, moralisch, metaphysisch, Mitschuld), Einwände gegen Jaspers' Theorie und vorgeschlagene Erweiterungen, sowie die Entwicklung eines Modells zur Legitimation von Schuldzuweisungen an Kollektive und die Problematik der Schuldaufteilung innerhalb eines Kollektivs.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Spezifikation von Verantwortung und Schuld, Skizze von Jaspers' Schuldkonzeption, Kollektive Verantwortung und Jaspers' Schuldkonzeption (Einwände und Erweiterungen) und Zusammenfassung. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
Welche zentralen Begriffe werden definiert?
Zentrale Begriffe wie Verantwortung (Kausalverantwortung, Rollenverantwortung, persönliche Verantwortung), Schuld (juristisch, politisch, moralisch) und der Unterschied zwischen individueller und kollektiver Verantwortung und Schuld werden präzise definiert und im Kontext der Arbeit diskutiert.
Wie wird Jaspers' Schuldkonzeption dargestellt?
Jaspers' Schuldkonzeption wird auf drei Bereiche reduziert: juristische, politische und moralische Schuld, wobei metaphysische Schuld und Mitschuld unter moralische Schuld subsumiert werden. Die Arbeit verfolgt Jaspers' Argumentationsstruktur, reduziert aber die metaphysische Perspektive zugunsten einer aktuellen und pragmatischeren Betrachtungsweise.
Welche Einwände gegen Jaspers' Theorie werden behandelt und wie werden sie beantwortet?
Die Arbeit bewertet Einwände gegen Jaspers' Theorie und schlägt Erweiterungen vor. Es wird ein Modell zur Legitimation von Schuldzuweisungen an Kollektive präsentiert, das Kriterien für die Rechtfertigung von Sanktionen bei enttäuschter Verantwortung liefert. Die Problematik der Schuldaufteilung und die Schwierigkeit der staatenübergreifenden Beurteilung werden thematisiert.
Welches Ziel verfolgt die Arbeit?
Das Ziel ist die Stärkung und Aktualisierung von Jaspers' Schuldkonzeption für die heutige Zeit. Die Arbeit strebt keine umfassende Lösung aller Probleme an, sondern eine verbesserte Version von Jaspers' Konzept, die die Problematik kollektiver Verantwortung und Schuldzuweisung besser handhaben kann.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Kollektive Verantwortung, Schuldzuweisung, Karl Jaspers, Schuldkonzeption, individuelle Verantwortung, kollektive Schuld, juristische Schuld, politische Schuld, moralische Schuld, Verantwortungsfähigkeit von Kollektiven, Legitimation von Sanktionen.
- Quote paper
- Michael Eugster (Author), 2005, Kollektive Verantwortung und Schuldzuweisung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139695