Familienpolitischer Vergleich der Länder Deutschland und Schweden


Term Paper, 2008

43 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung

2 Deutschland und Schweden im Überblick
2.1 Geburtenraten und demografischer Wandel
2.2 Haushaltsformen, Heirats- und Scheidungsraten
2.3 Arbeitsverhältnisse und Familieneinkommen
2.4 Politisches und Familienpolitisches Modell

3 Familienpolitik in Deutschland
3.1 Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt
3.2 Leistungen für Familien
3.3 Ehebezogene Leistungen
3.4 Leistungen zur Sozialen Sicherung
3.5 Vereinbarkeit von Familie und Beruf

4 Familienpolitik in Schweden
4.1 Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt
4.2 Leistungen für Familien
4.3 Partnerschaftsbezogene Leistungen
4.4 Leistungen zur Sozialen Sicherung
4.5 Vereinbarkeit von Familie und Beruf

5 Zusammenfassung

6 Schlussfolgerung

7 Abbildungsverzeichnis

8 Literaturverzeichnis.

1 Einleitung

Die Familienpolitik ist in heute ein eigenständiger Teil der Sozialpolitik. Ihr Ziel besteht hauptsächlich darin, die wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen von Familien zu sichern und zu verbessern. Der Adressat dieser Politik ist also eindeutig die Familie. Hierzu zählt nicht mehr nur die Kernfamilie, welche aus zwei Elternteilen und deren Kindern besteht (vgl. Wingen, 1997, S.5). Ebenso sind Befürworter moderner Lebensformen wie beispielsweise Patchworkfamilien oder Einelternfamilien Empfänger von politischen Leistungen. Familien erfüllen viele gesellschaftlich unverzichtbare Funktionen und Aufgaben. Die wohl wichtigsten sind die Sicherung des Nachwuchses und dessen Erziehung, Betreuung und Pflege. Trotz dieser wichtigen Aufgaben wird die Kindererziehung häufig eher als Privatsache und weniger als gesellschaftliche Aufgabe betrachtet (vgl. Netzler, 1998, S.89). Die Entscheidung für Kinder ist heutzutage oftmals von finanziellen und sozialen Bedingungen abhängig. In den letzten Jahrzehnten gingen die Geburtenraten stetig zurück, da immer weniger Paare ihren Kinderwunsch verwirklichen. Dies hängt häufig sowohl mit der wirtschaftlichen Situation im Land, als auch mit der Unterstützung durch den jeweiligen Staat zusammen. Kinder erhöhen das Armutsrisiko und stellen eine große finanzielle und persönliche Herausforderung dar. Um diese negativen Aspekte zu mildern, existiert die Familienpolitik. Diese versucht eine volle Leistungsentfaltung der Familien zu gewährleisten und Unterstützungsmaßnahmen sinnvoll zu gestalten. Zu den Maßnahmen in Europa zählen hierbei rechtliche Regelungen zur Statusregelung familiärer Lebensformen, finanzielle Transfers zugunsten von Kindern und Eltern und soziale Dienste für Familien.

Das Hauptziel dieser Hausarbeit ist es, die Vielfalt familienpolitischer Leistungen in den Ländern Schweden und Deutschland darzustellen und diese sowohl im Bereich der Theorie als auch in der praktischen Umsetzung zu diskutieren. Hierbei stehen Fragen nach Vor- und Nachteilen der jeweiligen Maßnahme und deren Auswirkungen im Vordergrund. Für einen objektiven familienpolitischen Überblick ist eine Kenntnis allgemeiner Gegebenheiten beider Länder unverzichtbar. Aus diesem Grund werden in Kapitel 1 der vorliegenden Belegarbeit wichtige Aspekte gegenübergestellt. Um die vorhandenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Länder hervorzuheben wird in den Kapiteln 3 und 4 der Großteil aller Maßnahmen der einzelnen Staaten aufgeführt und gegebenenfalls kurz erläutert. Abschließend erfolgen im letzten Teil der Hausarbeit eine Zusammenfassung der gewonnenen Ergebnisse und das Aufzeigen eines Fazits über die vorhandenen Leistungen der jeweiligen Familienpolitik.

2 Deutschland und Schweden im Überblick

2.1 Geburtenraten und demografischer Wandel

Deutschland

Am 31.12.2007 hatte Deutschland rund 82. 218. 000 Einwohner (vgl. DSW, 2007, S.10).

In Abbildung 1 erkennt man ein deutliches Sinken der Geburten- und Sterbeziffern ab dem Jahr 1970. In der Zeit zwischen 1870 und dem ersten Weltkrieg gab es ein sehr großes Bevölkerungswachstum in Deutschland. Ereignisse wie Kriege oder Wirtschaftskrisen haben einen starken, kurzfristigen Einfluss auf die natürliche Bevölkerungsentwicklung. In der Mitte der 1960er Jahre gab es einen Einbruch der Geburtenziffern, welchen man häufig als „Pillenknick“ bezeichnet (vgl. RZ, 2009, Nr.1). Im Jahr 2004 lag die Geburtenziffer bei 1,34 Kindern je Frau. Parallel hierzu ist bei Frauen ein stetiger Anstieg des Durchschnittsalters bei Geburt des ersten Kindes zu beobachten (vgl. Bäcker u.a., 2008, S. 265). Im Jahr 2007 wurden zum ersten Mal seit vielen Jahren mehr Kinder geboren als im Vorjahr. (vgl. BMFSFJ, 2009, S. 10). Die Geburtsraten stehen meist im Zusammenhang mit familienpolitischen Maßnahmen, da die finanzielle und soziale Absicherung bei der Erfüllung des Kinderwunsches eine maßgebliche Rolle spielt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Rostocker Zentrum zur Erforschung des demografischen Wandels, 2009, Nr.1

Abbildung 1: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Seit 1972 werden in Deutschland weniger Menschen geboren als im selben Jahr sterben. Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerungszahl rapide absinken (vgl. RZ, 2009, Nr.1). In Bezug auf die Lebenserwartung werden deutsche Männer heute im Schnitt 77 Jahre, Frauen 82 Jahre alt. In Abbildung 2 kann man erkennen, das der Anteil der über 60Jährigen Menschen im Jahr 1997 erstmals höher war als der unter 20Jährigen (vgl. BMFSFJ, 2005, S10). Die Bundesrepublik hat seit Jahrzehnten kontinuierlich sinkende Geburtszahlen. Seit etwa 30 Jahren liegt die Geburtenhäufigkeit unter dem Niveau, das zum Ersatz der jeweiligen Elterngeneration notwendig wäre. Die Bevölkerung der Bundesrepublik wird vermutlich im Laufe der Zeit stetig abnehmen. Auf lange Sicht nimmt jede Kindergeneration nur noch ein Drittel ihrer Elterngeneration ein (vgl. BMFSFJ, 2003, S.93).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BMFSFJ, 2005, S.10

Abbildung 2: Entwicklung der Altersgruppen in Deutschland seit 1950

Schweden

Im April 2008 gab es in Schweden 9.045.389 Einwohner. Auf Abbildung 4 kann man die stetige schwedische Bevölkerungszunahme deutlich erkennen. Im Jahr 1990 lag die Einwohnerzahl noch bei rund 8.500.000 Millionen (vgl. Hartmann, 2009). Das bedeutet eine Zunahme von 545.389 Menschen in 18 Jahren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hartmann , 2009

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung in Schweden von 1860 bis 2000

Die wachsenden Einwohnerzahlen hängen deutlich mit der hohen Geburtenrate in Schweden zusammen. Während der 1980er und 1990er Jahre schwankte die zusammengefasste Geburtenziffer, jedoch blieb sie auf einem Niveau von etwas unter 1,8 Kindern pro Frau. Betrachtet man hingegen die endgültige Zahl der Kinder pro Frau nach Geburtsjahrgängen, so zeigen sich über den gleichen Zeitraum recht konstante Werte um 2 Kinder pro Frau. Im Jahr 2004 lag die Anzahl der Geburten bei 1,76 mit steigender Tendenz. Schweden hatte schon immer eine recht hohe Fertilität, welche jedoch gleichsam sehr schwankend und ungleichmäßig ist (vgl. RZ, 2005, Nr.2). In den 1980er Jahren stieg die Geburtenrate erheblich. Gründe hierfür waren vor allem die gute wirtschaftliche Lage und die Einführung des einkommensabhängigen Elterngeldes in Verbindung mit der „Geschwindigkeitsprämie“.

In den 1990er Jahren erlebte Schweden aufgrund einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und dem Sinken der Familieneinkommen einen deutlichen Rückgang der Geburtenraten. In der heutigen Zeit sind die Einkommensverhältnisse und Beschäftigungsquoten in Schweden wieder gestiegen (vgl. RZ, 2005, Nr.2). Der derzeit aktuelle Wert in Schweden liegt bei 1,6 Kindern pro Frau. Das Durchschnittsalter der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes liegt bei 27,9 Jahren (vgl. Deutsch-Schwedische Handelskammer, 2007, S.8).

In Schweden werden männliche Einwohner im Schnitt 79 Jahre, Frauen hingegen 83 Jahre alt (vgl. DSW, 2007, S.10). Wenn man die Bevölkerung Schwedens genauer betrachtet, stellt man fest, dass 16,40% der Einwohner Kinder zwischen 0 und 14 Jahren sind. 65,70% der Menschen sind zwischen 15 und 64 Jahre alt, während 17,90% über 65 Jahre alt sind. Wenn man die schwedische Geburtrate von 10,2 Geburten pro 1000 Einwohner mit der bestehenden Sterberate von 10,27 Verstorbenen pro 1000 Einwohner vergleicht, stellt man fest, dass es in Schweden weniger stark zu einer Abnahme der Bevölkerung kommt als in anderen europäischen Ländern (vgl. Oppermann, 2009).

2.2 Haushaltsformen, Heirats- und Scheidungsraten

Deutschland

In Abbildung 4 werden die Anteile von in privaten Haushalten lebenden Personen nach unterschiedlichen Haushaltstypen dargestellt. 38% der Menschen leben in so genannten Einpersonenhaushalten. Dies sind vor allem ältere Menschen, aber auch geschiedene oder verwitwete Personen. Wie man sieht stellt diese alternative Lebensform mittlerweile eine gesellschaftlich anerkannte Lösung dar. Im Jahr 2001 lebten die Menschen in der Bundesrepublik zu 38% in Einpersonenhaushalten ohne Kinder. Diese Single- Haushalte nehmen immer weiter zu und stellen heute eine anerkannte Lebensform dar. 36% der Menschen leben in Haushalten mit zwei beziehungsweise mehreren Erwachsenen ohne unterhaltsberechtigte Kinder. Das Zusammenleben mit unterhaltsberechtigten Kindern stellt mit 24% eine deutlich kleinere Haushaltsform dar. Zu dieser Lebensweise zählen beispielsweise die klassische Kernfamilie, aber auch Patchworkfamilien und Großfamilien mit mehreren zusammenlebenden Generationen. Alleinerziehende Mütter oder Väter mit einem oder zwei Kindern nehmen mit 2% den kleinsten Anteil für sich ein.

In der Bundesrepublik existieren insgesamt 39,12 Mio. Haushalte. Davon stellen 74% Haushalte ohne Kinder dar. Nur in 26% aller deutschen Haushalte leben unterhaltsberechtigte Kinder. Im Jahr 1972 betrug der Anteil dieser noch 44,5% (vgl. Bäcker u.a., 2008, S.257ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2005, Nr.1

Abbildung 4: Anteil der Haushalte nach Haushaltstyp in Deutschland,2001

Im Bezug auf Heirats- und Scheidungsraten kann man feststellen, dass eine Erstheirat seit den 1990er Jahren in immer späterem Alter geschlossen wird. Es gibt mehr ausländische und binationale Brautpaare. Die Eheschließungen sind stark zurückgegangen (vgl. BMFSFJ, 2003,S. 66). Im Jahr 2006 wurden 200.000 Scheidungen eingereicht und 390.000 Eheschließungen. Die Scheidungsrate liegt derzeit bei rund 51,9% (vgl. Bäcker u.a., 2008,S.266).

Schweden

In Abbildung 5 werden die Anteile der Haushaltstypen in Schweden im Jahr 2001 näher beleuchtet. 41% der Menschen leben in so genannten Einpersonenhaushalten. Das Zusammenleben von zwei oder mehreren Erwachsenen ohne unterhaltsberechtigte Kinder nimmt einen Anteil von 28% ein. Ebenso wie in Deutschland leben 24% der Personen in einem Haushalt mit einem oder mehreren Erwachsenen und unterhaltsberechtigten Kindern. 7% der gesamten Haushaltsverteilung in Schweden nehmen allein erziehende Mütter oder Väter mit einem oder zwei Kindern ein. Gesamt gesehen leben in Schweden 69% der Menschen in Haushalten ohne Kinder, während in 31% der Heimstätten unterhaltsberechtigte Kinder wohnen.

Die in den Familienhaushalten am häufigsten auftretende Haushaltsform mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern. Diese nimmt anteilig 73% ein. Dennoch hat Schweden im EU- Vergleich den höchsten Anteil an Haushalten mit Kindern und nur einem Erwachsenen. Jedes fünfte Kind wohnt bei einem allein erziehenden Elternteil. Nur 3% der Kinder leben in Patchworkfamilien (vgl. Deutsch- Schwedische Handelskammer, 2007, S.8).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2005, Nr.1

Abbildung 5: Anteil der Haushalte nach Haushaltstyp in Schweden,2001

In Bezug auf die Heirats- und Scheidungsraten lässt sich für Schweden folgendes feststellen. Im Jahr 2006 heirateten ca. 44.000 Paare. Gleichzeitig gab es ca. 20.000 Scheidungen. Die Scheidungsrate nahm von 1900 bis 1970 kontinuierlich zu. Danach wurden jedes Jahr rund 20.000 Scheidungen eingereicht. Momentan leben 45.000 Kinder in Schweden, deren Eltern geschieden sind.

Nach einer Trennung behalten die Elternteile zu 80% das gemeinsame Sorgerecht. Falls es dennoch zu einem Gerichtsprozess kommt, erhält in 95% der Fälle die Mutter das Sorgerecht (Deutsch-Schwedische Handelskammer, 2007, S. 8).

2.3 Arbeitsverhältnisse und Familieneinkommen

Ein ausreichendes Familieneinkommen ist sicher nicht die einzige, jedoch eine sehr bedeutsame Voraussetzung für die Planung von Kindern. Die finanziellen Belastungen wachsen mit der Zahl und dem Alter der Kinder. Zwar minimiert sich mit der Zeit der Betreuungs- und Erziehungsaufwand, jedoch bleiben Unterhaltskosten bestehen. Die kindbedingten Mehraufwendungen lassen sich am besten durch ein ausreichendes Erwerbseinkommen der Familie bewältigen. Die mögliche Arbeitsbeteiligung der Frau hängt hierbei stark von Anzahl und Alter der Kinder, Möglichkeiten auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt und der angebotenen Kinderbetreuung ab. Im Rahmen der Familienpolitik wird versucht den finanziellen Mehrbedarf durch allgemeine und spezifische Transferleistungen zu mindern (vgl. Bäcker u.a., 2008,S.283ff.). Die größten Belastungen tragen Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern. Diese sind besonders gefährdet, wenn man das Armutsrisiko betrachtet (vgl. Netzler, 1998, S.81).

Deutschland

Allgemein liegt die Arbeitszeit in Deutschland bei 40 Stunden in der Woche. Hierbei stehen den Arbeitnehmern im Jahr 30 Urlaubstage zu (vgl. Juristisches Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland, 2006).

Die Frauenerwerbsquote in Europa ist während der vergangenen Jahrzehnte zwar stark angestiegen, dennoch kann man feststellen, dass deutsche Frauen vermehrt Teilzeit arbeiten und ihre Erwerbstätigkeit nach wie vor unterbrechen, wenn sie Mütter werden. Hierbei ist die besteht die Teilzeitarbeit in Deutschland meist aus einer 30- Stunden Woche. Männer hingegen bleiben häufig unabhängig von ihren Lebensumständen dauerhaft erwerbstätig. In Deutschland gibt es in der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen noch starke geschlechtsspezifische Unterschiede. Vor allem die Erwerbsquote von allein erziehenden Frauen ist in Deutschland vor allem bei Müttern mit Kindern im Vorschulalter relativ niedrig

(vgl. MGFFI, 2006, S.33f).

Die wirtschaftliche Lage der Familie entscheidet häufig über den Kinderwunsch. Aus diesem Grund spielt das Einkommen eine erhebliche Rolle. Im Jahr 2000 lag der Durchschnitt des monatlichen Nettoeinkommens der privaten Haushalte in Deutschland bei 2.583 €. Das Einkommen der Paare mit Kindern lag bei 3.499 €, das der Alleinerziehenden betrug 1.777 €. Hierbei muss man bedenken, dass ostdeutsche Familien meist ein geringeres Einkommen haben als westdeutsche Familien (BMFSFJ, 2003, S.148f.). Im Jahr 2002 unterschritten alle Haushalte mit Kindern die Durchschnittsgröße des monatlichen Nettogehaltes. Je jünger die Kinder sind, umso schlechter ist die finanzielle Lage der Familie. Zusammenlebende Paare mit einem Kind unter sechs Jahren lebten beispielsweise von rund 74% des durchschnittlichen Pro- Kopf- Einkommens. Alleinerziehende Elternteile hatten bei gleichen Verhältnissen nur 58% des Durchschnitts (vgl. Bäcker u.a., 2008,S. 284f.).

Die ökonomische Situation in Deutschland ist eher kritisch zu betrachten. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. In Abbildung 6 kann man erkennen, dass im Jahr 2006 ausgehend von der gesamten Bevölkerung 5,6% Menschen in Deutschland ohne eine Erwerbstätigkeit waren. 24,8% bezogen Rente, 28,5% waren Angehörige der Arbeitnehmer (beispielsweise Kinder) und 41,1% gingen einer Beschäftigung nach.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statista GmbH, 2006

Abbildung 6: Sicherung des Lebensunterhalts in Deutschland

Schweden

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Schweden beträgt 40 Stunden bei einem gesetzlichen Urlaubsanspruch von 25 Tagen im Jahr (vgl. Deutsch- Schwedische Handelskammer, 2007, S.8).

Schweden ist eines der wenigen europäischen Länder, in welchem Männer und Frauen eine ähnlich hohe Erwerbsquote aufweisen (MGFFI, 2006, S.34). Rund 62% der Gesamtbevölkerung gehen einer Erwerbstätigkeit nach (vgl. Schwedisches Institut, 2005, S.1). Vor allem allein erziehende Mütter haben eine durchweg hohe Arbeitsmarktbeteiligung. Eine Erwerbsunterbrechung ist also nicht nur von einem vorhandenen jüngeren Kind abhängig, sondern auch oftmals von der Existenz eines männlichen Hauptverdieners (vgl. MGFFI, 2006, S.36). In Schweden sind 79% aller Frauen erwerbstätig. Hierbei spielt die schwedische Zeitpolitik eine große Rolle. Eine Vollzeitbeschäftigung für eine Mutter mit jüngeren Kindern beinhaltet eine Arbeitszeit von 32-33 Wochenstunden (vgl. DJI, 2005, S.9). 60% der Frauen gehen einer Vollzeitbeschäftigung nach.

Der Durchschnittslohn eines ganztägig arbeitenden Angestellten liegt in Schweden zwischen 19.900 SEK und 23.200 SEK im Monat. Dies entspricht in etwa einem Lohn von 1829 Euro bis 2133 Euro.[1]

Im Jahr 2005 waren etwa 5,5% der Bevölkerung zwischen 16 und 64 Jahren arbeitslos. 1,9% waren in so genannten konjunkturabhängigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt (vgl. Schwedisches Institut, 2005, S.1).

Infolge der internationalen Konjunkturschwankungen veränderte sich die Situation auf dem schwedischen Arbeitsmarkt. Im Jahr 2001 lag die Arbeitslosenquote noch bei 4,9%. In den letzten Jahren steigerte sie sich deutlich und lag im Jahr 2005 bei 7,8%. Auch im Jahr 2009 wird mit einer hoher Wahrscheinlichkeit ein Anteil von über 7% der Bevölkerung ohne Beschäftigung sein (vgl. Statistisches Bundesamt, 2006, S.2).

2.4 Politisches und Familienpolitisches Modell

Deutschland

Die bestehende Regierungsform in Deutschland ist die parlamentarische Demokratie. Das deutsche Staatsoberhaupt wird von der Bundesversammlung für fünf Jahre gewählt und kann danach einmal wiedergewählt werden. Der Bundespräsident repräsentiert den Bund völkerrechtlich und beglaubigt die diplomatischen Vertreter. Auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernennt er die Bundesminister, Bundesrichter und Bundesbeamten – den Bundeskanzler schlägt er dem Bundestag zur Wahl vor. Der derzeitige Bundespräsident ist Horst Köhler. Im Jahr 2005 wurde Dr. Angela Merkel als erste Frau zur Bundeskanzlerin gewählt. Gemeinsam mit 14 Ministern bildet sie das Kabinett. Die Bundesregierung ist ein exekutives Verfassungsorgan und arbeitet nach dem Kanzler-, dem Kollegial- und dem Ressortprinzip. Es gibt 16 Länder, von denen fünf wiederum in insgesamt 22 Regierungsbezirke untergliedert sind. Die Länder haben eigene Verfassungen. Der Bundestag ist die Volksvertretung der Bundesrepublik Deutschland und oberstes Bundesorgan der Gesetzgebung. Als zentrale Aufgabe gilt es, den Bürgerwillen zu repräsentieren. Als stärkstes Verfassungsorgan beschließt er unter anderem die Bundesgesetze, wählt den Kanzler und kontrolliert die Arbeit der Regierung. Die Abgeordneten werden auf vier Jahre gewählt. Der Bundesrat ist das föderative Verfassungsorgan und neben dem Bundestag ein weiteres Gesetzgebungsorgan. Bundesgesetzen, die Länderkompetenzen berühren, muss der Bundesrat zustimmen. Auch bei der Bundesverwaltung und in europäischen Angelegenheiten wirken die 16 Länder im Bundesrat mit. Die Mitglieder werden von den Landesregierungen bestellt Vorherrschende Parteien in Deutschland sind die Sozialdemokraten, die Christdemokraten, die Grünen, die Föderalen und die Linken (vgl. Deutscher Bundestag, 2001, S.106ff.).

Entsprechend den länderspezifischen Gegebenheiten haben sich in den einzelnen europäischen Staaten unterschiedliche Ausrichtungen und Schwerpunkte im Bereich der Familienpolitik entwickelt. Die am häufigsten verwendete Typologie des schwedischen Sozialforschers Esping- Andersen beschäftigt sich nicht explizit mit der Familie, sondern mit der Kommodifizierung von Arbeitskraft. Diese Unterscheidung ermöglicht keine umfassende Charakterisierung der Wohlfahrtsstaaten und wird deshalb in dieser Arbeit nicht berücksichtigt (MGFFI, 2006, S.22).

Professor Dr. Opielka benennt in seinem Buch vier verschiedene Ansätze von Familienpolitik. Deutschland wird hierbei als „konservativer“ Wohlfahrtsstaat betrachtet. Diese Variante ist gemeinschaftsorientiert und zielt auf den Schutz der Familie als Institution ab. Sie neigt zur Beibehaltung der Rollendifferenzierung und einer Aufrechterhaltung der traditionellen Mutter- und Hausfrauenrolle. Das Hauptaugenmerk im sozialpolitischen Bereich liegt bei dem deutschen Wohlfahrtsstaat hauptsächlich bei Barleistungen, welche die Benachteiligung von Familien teilweise ausgleichen sollen (vgl. Opielka, 2004, S.110f.).

Neben dieser Typologie besteht eine weitere, welche von Anne Gauthier entwickelt wurde. Nach dieser zählt Deutschland zu dem germanischen Modell im Bereich der Familienpolitik. Dieses beinhaltet die Annahme, dass die simultane Vereinbarkeit im Alltag von Erwerbstätigkeit und Familie zugunsten von sequentiellen Lösungen im Lebenslauf erschwert wird. Dafür wird jedoch relativ viel Geld in den Familienlastenausgleich und in die Förderung der Ehe transferiert (vgl. MGFFI, 2006, S.23).

Schweden

Schweden hat eine parlamentarisch- demokratische Monarchie. Staatsoberhaupt ist König Carl XVI. Gustav. Nach dem Gesetz stehen dem König oder der Königin keinerlei politische Machtbefugnisse zu. Die Aufgaben des Staatsoberhauptes sind rein repräsentativer Natur. In Schweden besteht ein Reichstag, welcher 349 Abgeordnete umfasst und alle 4 Jahre gewählt wird. In Schweden gibt es 7 vertretene Parteien. Es existieren Christdemokraten, Linke, Grüne, Liberale und eine Sozialdemokratische Partei. Das Land ist in 21 Provinzen aufgeteilt, die jeweils von einer Provinzialregierung geleitet werden. Die Minister können die Exekutive nur indirekt leiten. Diese Aufgabe übernehmen unabhängige Zentralämter. Des Weiteren besteht eine kommunale Selbstverwaltung, die sich in zwei Bereiche gliedert: Provinziallandtage und Gemeinden. Letztere kümmern sich um den Bildungssektor, Altenpflege usw., die Provinziallandtage hingegen um übergeordnete Bereiche. Um die Interessen der Bürger gegenüber den Behörden zu vertreten existieren so genannte Ombudsmänner, die auch für die jeweiligen Bereiche spezialisiert sind. Das Land wurde lange als Vorreiter der Sozialdemokratie gesehen, was sich aber durch Erneuerungen in den 90er Jahren änderte. Im Jahr 1994 trat Schweden in der vierten Erweiterungsrunde der Europäischen Union bei (vgl. Sczakiel, 2009).

Nach Professor Dr. Opielka orientieren sich Skandinavische Wohlfahrtstaaten wie Schweden in Bezug auf ihre Familienpolitik hauptsächlich an einer sozialistisch- etatistischen Variante. Ziel hierbei ist es die Familienarbeit selbst zu vergesellschaften. Die Gleichstellung von Männern und Frauen steht ebenso wie die Auflösung der „bürgerlichen“ Familie im Vordergrund. Die familienpolitischen Maßnahmen bestehen hauptsächlich aus öffentlichen Dienstleistungen und der Gleichstellung von Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Opielka, 2004, S.110). Nach dem Modell von Anne Gauthier zählt Schweden zum nordischen Modell. Hauptziel bei diesem ist wie bereits erwähnt die Gleichstellung der Geschlechter und die Unterstützung erwerbstätiger Eltern. Dieses Modell ist besonders durch eine gute Kinderbetreuung und relativ großzügige Transferleistungen für den Erziehungsaufwand der Eltern gekennzeichnet (MGFFI, 2006, S.23).

[...]


[1] Währungskurs in der gesamten Hausarbeit: 1 Euro entspricht 10,89 SEK [Stand: 25.03.2009]

Quelle: Hahn, 2009

Excerpt out of 43 pages

Details

Title
Familienpolitischer Vergleich der Länder Deutschland und Schweden
College
University of Applied Sciences Jena
Grade
1,0
Author
Year
2008
Pages
43
Catalog Number
V139714
ISBN (eBook)
9783640471621
ISBN (Book)
9783640471768
File size
748 KB
Language
German
Keywords
Familienpolitischer, Vergleich, Länder, Deutschland, Schweden
Quote paper
Annekatrin Mannel (Author), 2008, Familienpolitischer Vergleich der Länder Deutschland und Schweden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139714

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