Die deutsche Außenhandelspolitik von 1876 bis 1913


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1997

19 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Politische und wirtschaftliche Situation in den 1870er Jahren
2.2 Vom Freihandel zum Protektionismus unter Otto von Bismarck
2.3 Die neuen Handelsverträge unter Graf Leo von Caprivi (1890-1894) und ihre Auswirkungen auf In- und Ausland
2.4 Der Bülow-Tarif und die Frage nach protektionistischem Agrarstaat oder exportabhängigem Industriestaat
2.5 Außenhandelspolitik und das Handelsvertragssystem um

3. Schluss

Anhang A

Anhang B

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Eisenwalzwerk

Abbildung 2: Karte des Deutschen Reichs 1871-1918

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Geschichtsbücher „(…) sind die wertvollsten (…) Bücher. Sie veralten nie.“1 Dieses wertvolle Gut der Menschheit bildet die Grundlage der vorliegenden Arbeit, welche sich mit der deutschen Außenhandelspolitik von 1876 bis 1913 beschäftigt. Ziel dieser Arbeit ist es daher, einen prägnanten Überblick über die politischen als auch die wirtschaftlichen Ereignisse des betrachteten Zeitraums zu schaffen. Darüber hinaus soll eine Verknüpfung zur Ge-schichte der Globalisierung geschaffen werden. Globalisierung kann als „[e]ine mehr oder weniger rasch zunehmende Verflechtung zuvor räumlich weit entfernter Wirtschaften“2 bezeichnet werden. Des Weiteren soll der Beitrag aufgezeigt werden, welcher die Geschehnisse in Politik und Wirtschaft der bearbeiteten Zeitspanne zur Geschichte der Globalisierung leistet.

Mit der beschriebenen Zielsetzung ist der Aufbau der Arbeit bereits gegeben. In Kapitel

1.1 wird zunächst die politische und wirtschaftliche Ausgangssituation beschrieben. In den weiteren Kapiteln werden in chronologischer Reihenfolge die jeweils relevanten Ereignisse und Entwicklungen der Politik, der Industrie und Landwirtschaft, sowie deren Bedeutung in der Entwicklung der Globalisierung beschrieben.3

2. Hauptteil

2.1 Politische und wirtschaftliche Situation in den 1870er Jahren

Das Ende des deutsch-französischen Krieges am 02. September 1870 markierte den Beginn des Deutschen Reiches, das 1871 in Versailles ausgerufen wurde. Drahtzieher und maßgeblich an der Gestaltung der Verfassung beteiligt, war der damalige preußische Kanzler Otto von Bismarck, der nach der Gründung nicht nur Reichskanzler sondern auch Vorsitzender des Bundesrates wurde. Das Präsidium dieses neuen Reiches bildete Kaiser Wilhelm I, der sich ab da Deutscher Kaiser nennen durfte. Reichstag und Bundesrat wurden ins Leben gerufen, die über die Gesetzgebung und den Haushalt entschieden. Die 25 Bundesstaaten erhielten jeweils einen Sitz im Reichstag, um ein Mitgestaltungsrecht auf Bundesebene zu erlangen.4

Die wirtschaftliche Situation des Reiches 1871 befand sich in einem Aufwärtstrend. Durch den gewonnen Krieg und die 5 Milliarden Mark Kriegskontribution von Frankreich lag zudem ein großer Optimismus in der Luft, der die Deutschen wahrlich beflügelte und den, durch den Krieg gedämpfte Wachstumsmotor, anspringen lies.5 Dies hatte eine große Welle von Unternehmensgründungen zur Folge. Allein zwischen 1870 und 1873 wurden 857 neue Aktiengesellschaften gegründet und man sprach von einem „Gründerboom“, der zusätzlich durch die Aufhebung der Genehmigungspflicht für Aktiengesellschaften ermöglicht wurde.6 Die Schwerindustrie produzierte mit maximaler Auslastung und konnte selbst dabei nicht die gesamte Nachfrage befriedigen.7 Das hatte Preissteigerungen und wachsende Gewinnspannen zur Folge. Im Jahre 1872 konnten die Bruttogewinne einen Zuwachs von bis zu 50% erreichen.8 Man sprach von einem „Gründerboom“.9 Es war die Zeit der „Industriellen Revolution“ und der beginnende Aufstieg zum Industriestaat.10 In der Landwirtschaft konnten ebenfalls durchweg positive Wachstumszahlen verbucht werden. Anfang der 1870er Jahre stiegen die Preise für Agrarprodukte gewaltig an, und somit auch die Gewinne der Landwirte.11 Dieser reale Aufschwung wurde von einem riesen Spekulationsfieber begleitet. Mit Hilfe von leicht zugänglichen Krediten versuchte nahezu jeder Bürger sich Vermögenswerte zu kaufen. Der rasante Anstieg von Börsenwerten führte zu einer Überbewertung des Anlagevermögens. Letzten Endes führte dies im Oktober 1873 zum „Gründerkrach“. Dieser äußerte sich in einen plötzlichen Kursfall, dem Rückzug von Kapital, sowie dem Zusammenbruch vieler Unternehmen.12

2.2 Vom Freihandel zum Protektionismus unter Otto von Bismarck

Die Nachwehen der Kursverluste waren noch überall zu spüren und sollten folglich schon bald zu einem Wandel in der Wirtschaftspolitik des Reiches führen. Forciert wurde dieser Wandel, vom bis dahin herrschenden Freihandel hin zum Protektionismus durch den amtierenden Reichskanzler Otto von Bismarck.

Die Freihandelsära brach bereits am 23.Januar 1860 mit dem Abschluss des Cobden- Vertrags zwischen Frankreich und England an.13 Dieser Vertrag beinhaltete neben vielen Zollermäßigungen auch eine so genannte Meistbegünstigungsklausel.14 Diese besagt, dass alle Zollsenkungen und anderen Vergünstigungen, die einem Land gewährt werden, auch automatische allen weiteren Vertragspartner dieses Landes zugute kommen sollen.15 Innerhalb kürzester Zeit schlossen neben Frankreich und England fast alle europäischen Länder Meistbegünstigungsverträge ab und somit entstand ein regelrechtes Netzwerk an Handelsverträgen. Preußen16 schloss sich diesem Vertragssystem in Form eines Handelsvertrags mit Frankreich am 2. August 1862 an.17 Schließlich wurde am 1. Januar 1877 die deutschen Zölle für alle Stahl- und Eisenwaren, Maschinen und anderen Güter komplett erlassen.18 Getreide dagegen war bereits seit dem 1. Januar 1865 zollfrei.19 „Zum letzten Mal schlug die Wage nach der Seite des Freihandels aus; dann aber fielen neue Gewichte in die Wagschale des Schutzzolles.“20 Eines der Schwersten der neuen Gewichte, war wohl die konjunkturelle Lage. Mitte der 1870er Jahre brach die Konjunktur, wie oben gezeigt, ein und das Wachstum stagnierte oder schrumpfte in fast allen Sektoren. „Krisenstimmung lastete (…) schwer auf weiten Kreisen.“21 Durch fortschreitenden technischen Fortschritt und den in den Gründerjahren aufgebauten Angebotsüberschuss fielen die Preise. Schon wurden in den Reihen der traditionell schutzzollorientierten Wirtschaftszweige protektionistische Forderungen gestellt. Doch woher kamen diese Forderungen? Im Februar 1876 kam es zur Gründung des Centralverbandes Deutscher Industrieller (CVDI). Dieser hatte es sich zur Aufgabe gemacht, gegen den Freihandel und für den Schutz der nationalen Arbeit zu kämpfen.22 In den Reihen der Agrarwirtschaft war man dagegen geteilter Meinung. Es divergierten die Interessen je nach Region und Anbaustruktur.23 Doch schon bald kehrte die gesamte Agrarwirtschaft, stark beeinflusst durch Propaganda aus den Reihen des Deutschen Landwirtschaftsrat (DLR), zu den alten Denkmustern zurück und glaubt, die Landwirtschaft kann nur neben einer gesunden Industrie überlebensfähig bleiben. „Da wurden die bis dahin freihändlerischen deutschen Landwirte plötzlich zu Schutzzöllnern.“24

Das Kaiserreich war, wie gezeigt, am Ende der 1870er noch nicht einstimmig bereit für diesen protektionistischen Umschwung. Dazu war der Ruf nach Freihandel noch viel zu sehr in den Köpfen verankert.25 Die entscheidende Rolle für die Tarifnovelle spielt Bismarck. Er trat vehement für einen starken Protektionismus ein. Auch die Exportsubventionen für ausländische Waren nach Deutschland und der weit um sich greifende Protektionismus innerhalb Europas waren für Bismarck untragbar und forderten eine Revanche.26 Ein weiters Motiv Bismarcks war die Lage der Reichskasse. Lag die Verschuldung des Reiches 1877 noch bei 16 Mio. so schnellte diese bis 1879 auf 139 Mio. Mark empor.27

Als erste Konsequenz entließ Bismarcks den Leiter der Außenhandelspolitik, Rudolf Delbrücks, der als „Galionsfigur des Freihandels“28 galt. Seine Stelle übernahm nun Bismarck selbst.29 Die noch 1878 inszenierte Enquete zur Befragung über die Lage wichtiger Wirtschaftszweige liefert dem Reichskanzler schließlich die notwendige Rechtfertigung für die Abkehr vom Freihandel hin zum Protektionismus. Die nun neu geschaffene Tarifnovelle vom 31. Mai 1879 beinhaltete bereits einen Roheisenzoll von 1,- Mark je 100Kg, was einem Wertzoll von 15% entsprach.30 Dagegen wurden auf die wichtigsten Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Hafer 0,10 Mark pro Tonne und auf Gerste 0,05 Mark fällig.31 Doch dies war erst der Beginn des protektionistischen Zeitalters. Die Zolltarifreformen von 1885 und 1887 stärkten noch mal den Zollschutz und wurden vor allem auf Agrarprodukte erhoben. Die Vertragsart der Meistbegünstigung gewährleistete dabei eine autonome Zollpolitik und sicherte dem Kaiserreich Zollermäßigungen in vielen Ländern.32

[...]


1 «(...) sont les livres les plus précieux de tous les livres. Elles ne se démodent jamais. » De Saint-Exupéry, Prince (1949), S. 56.

2 Walter, Geschichte (2006), S. 3.

3 Der internationale Zahlungs- und Finanzmarkt wird im Folgenden außer Acht gelassen.

4 Vgl. Bayer, System (2004), S.24 und Wehler, Geschichte (1994), S. 60-63.

5 Vgl. Rittershausen, Außenpolitik (1949), S.128; Spree, Wachstumszyklen (1977), S. 353.

6 Vgl. Tilly, Zollverein (1990), S. 80.

7 Vgl. Hardach, Bedeutung (1967), S. 32.

8 Vgl. Spree, Wachstumszyklen (1977), S. 359.

9 Vgl. Nipperdey, Geschichte (1990), S. 283f.

10 Vgl. Wehler, Geschichte (1994), S. 41f; siehe auch Abbildung 1 in Anhang A.

11 Vgl. Spree, Wachstumszyklen (1977), S. 136.

12 Vgl. Nipperdey, Geschichte (1990), S. 284; Wehler, Geschichte (1994), S. 42.

13 Vgl. Henderson, Cobden-Vertrag (1987), S. 230f; Bayer, System (2004), S. 28f.

14 Vgl. Rittershausen, Außenpolitik (1949), S. 128.

15 Vgl. Bayer, System (2004), S. 123f.

16 Das Reich übernahm bei der Gründung alle laufenden Verträge.

17 Vgl. Rittershausen, Außenpolitik (1949), S. 127; Henderson W.O. (1987) S.239.

18 Vgl. Hardach, Bedeutung (1967), S. 29.

19 Vgl. Henning, Agrarliberalismus (1987), S. 259.

20 Gerloff, Finanz- und Zollpolitik (1913), S. 129.

21 Gerloff, Finanz- und Zollpolitik (1913), S. 124; „(…) das Gewitter einer schweren Weltwirtschaftskrise losbrach, die insbesondere Deutschland traf.“ Rittershausen, Außenpolitik (1949), S. 129.

22 Vgl. Torp, Herausforderung (2005), S.149; Hardach, Bedeutung (1967), S. 167.

23 Vgl. Hardach, Bedeutung (1967), S. 100-127.

24 Brentano, Schrecken (1901), S.10.

25 Vgl. Torp, Herausforderung (2005), S. 156.

26 Vgl. Hardach, Bedeutung (1967), S. 53-64.

27 Vgl. Gerloff, Finanz- und Zollpolitik (1913), S. 521.

28 Torp, Herausforderung (2005), S. 159.

29 Vgl. Gerloff, Finanz- und Zollpolitik (1913), S. 128; Rittershausen, Außenhandelspolitik (1949), S. 129.

30 Vgl. Hardach, Bedeutung (1967), S. 70.

31 Vgl. Torp, Herausforderung (2005), S. 171.

32 England, Belgien, Österreich-Ungarn, Russland, Schweiz und den Niederlanden; Vgl. Torp, Herausforderung (2005), S. 169-177; Tilly, Zollverein (1990), S. 111f.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Die deutsche Außenhandelspolitik von 1876 bis 1913
Université
LMU Munich  (Seminar für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte)
Cours
Geschichte der Globalisierung
Note
2,0
Auteur
Année
1997
Pages
19
N° de catalogue
V140084
ISBN (ebook)
9783640471492
ISBN (Livre)
9783640471836
Taille d'un fichier
659 KB
Langue
allemand
Mots clés
Außenhandelspolitik
Citation du texte
Diplom Volkswirt Moritz Weiher (Auteur), 1997, Die deutsche Außenhandelspolitik von 1876 bis 1913, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140084

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Die deutsche Außenhandelspolitik von 1876 bis 1913



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur