Bereits seit den frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts rückten vor dem Hintergrund der Verträge von Maastricht und Amsterdam sowie der EU-Osterweiterung die supranationalen Institutionen der europäischen Union zunehmend in das Blickfeld der politikwissenschaftlichen Untersuchungen. Mit dem in der Geschichte der Europäischen Union einmaligen Ereignis des geschlossenen Rücktritts der Kommission infolge von Korruptionsvorwürfen im März 1999, standen nicht mehr nur noch der Europäische Rat und die Kommission als „Kern des Regierungsmodells der EU“ im Zentrum der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Auch ihre Funktionen und Wechselbeziehungen sowie die Frage nach ihrer dauerhaften Effizienz und glaubwürdigen Transparenz regte das wissenschaftliche Interesse an. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist in Anlehnung daran die Annahme von Ministerrat und Kommission als voneinander völlig unabhängig agierende Institutionen innerhalb der internationalen Organisation der EU. Dies impliziert einen Widerstreit im Entscheidungs- und Implementierungssprozess der Institutionen. Die supranationalen Akteure bedienen sich ihrer Kompetenzen, um eigene Präferenzen strategisch zu verfolgen. Ziel ist es dabei ihre jeweiligen Einflussmöglichkeiten auf die europäische Politik auszuweiten. Vor dem Hintergrund von Delegation und Kontrolle ergibt sich folgende Leitfrage für diese Arbeit:
Rat und Kommission – zwei Rivalen im Entscheidungsprozess der Europäischen Union? Als methodische Beweisgrundlage werde ich im folgenden zweiten Teil der Arbeit zunächst die Prinzipal-Agent-Theorie einführen, mit deren Hilfe ich durch ihre Entstehungsgeschichte, Annahmen und allgemeine Problematik eine theoretische Analysebasis schaffen werde.
Im dritten Teil der Arbeit werde ich die Prinzipal-Agent-Theorie mit den Institutionen der EU verknüpfen. Durch Bestimmung der Durchsetzungsinstrumente der Kommission sowie der Delegations- und Kontrollmechanismen des Ministerrats sollen Wirkung und Bedeutung der Theorie für die Institutionen der Europäischen Union verifiziert werden.
In Punkt vier werde ich empirisch unter Betrachtung des theoretischen Kenntnisstandes das Machtverhältnis zwischen Rat und Kommission seit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam analysieren. Dazu werde ich zwei Fallstudien aus der Umweltpolitik heranziehen, deren Inhalte essentiell zur Beantwortung der Fragestellung beitragen.
Abschließend folgt ein kritisch bewertendes Fazit aus dieser Bearbeitung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen: Die Prinzipal-Agent-Theorie
- Entstehungsgeschichte und Forschungsüberblick
- Das Konzept der Prinzipal-Agent-Theorie
- Wirkung und Bedeutung für Rat und Kommission
- Durchsetzungskompetenzen der Kommission
- Kontrollmechanismen zur Überwachung der Kommission
- Empirische Untersuchung
- Fallstudie 1: Die Verpackungsabfall-Direktive
- Fallstudie 2: Die Elektroschrottrichtlinie
- Fallstudie 3: „Die Wahl des kleineren Übels“
- Die Interaktion zwischen Kommission und Ministerrat
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Annahme, dass Ministerrat und Kommission als voneinander unabhängig agierende Institutionen innerhalb der EU im Entscheidungs- und Implementierungsprozess in Konkurrenz stehen. Die Arbeit analysiert, wie diese Institutionen ihre Kompetenzen nutzen, um ihre eigenen Präferenzen strategisch zu verfolgen und ihren Einfluss auf die europäische Politik zu erweitern. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob Rat und Kommission als Rivalen im Entscheidungsprozess der Europäischen Union betrachtet werden können.
- Delegation von Aufgaben in der EU
- Kontrolle und Überwachung von Institutionen
- Die Prinzipal-Agent-Theorie als analytisches Instrument
- Das Machtverhältnis zwischen Rat und Kommission
- Empirische Fallstudien zur Umweltpolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt die Fragestellung nach dem Rivalitätsverhältnis zwischen Rat und Kommission vor. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich den theoretischen Grundlagen, indem er die Prinzipal-Agent-Theorie anhand ihrer Entstehungsgeschichte, Annahmen und Problematiken vorstellt. Im dritten Teil wird die Theorie auf die Institutionen der EU angewendet, wobei die Durchsetzungsinstrumente der Kommission sowie die Delegations- und Kontrollmechanismen des Ministerrats analysiert werden. Der vierte Teil der Arbeit befasst sich mit der empirischen Untersuchung des Machtverhältnisses zwischen Rat und Kommission anhand von Fallstudien aus der Umweltpolitik. Abschließend zieht das Fazit die Ergebnisse der Arbeit zusammen und bewertet die Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie im Kontext von Rat und Kommission kritisch.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit den Themen der Delegation von Aufgaben, der Kontrolle von Institutionen, der Prinzipal-Agent-Theorie, dem Machtverhältnis zwischen Rat und Kommission sowie der europäischen Umweltpolitik. Die Arbeit analysiert die Interaktion zwischen den beiden Institutionen und untersucht, wie sie ihre jeweiligen Kompetenzen nutzen, um ihre Ziele zu erreichen.
- Citation du texte
- Anete Eva Oles (Auteur), 2009, Anete E. Oles: Rat und Kommission – zwei Rivalen im Entscheidungsprozess der Europäischen Union?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140412