Volkskunde oder Europäische Ethnologie?

Vergleich zweier Aufsätze von Konrad Köstlin und Peter Niedermüller


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konrad Köstlin: "Ethno-Wissenschaften: Die Verfremdung der Eigenheiten"
2.1 Inhaltliche Übersicht des Aufsatzes

3. Peter Niedermüller: "Europäische Ethnologie - Deutungen, Optionen, Alternativen"
3.1 Inhaltliche Übersicht des Aufsatzes

4. Köstlin vs. Niedermüller - Unterschiede, Zusammenhänge, Gemeinsamkeiten
4.1 Die Begrifflichkeit
4.2 Die Entstehung der volkskundlichen und europäisch-ethnologischen Wissenschaft
4.2.1 Die Entdeckung der Selbstverständlichkeiten
4.2.2 Entstehungsgebiete der Europäischen Ethnologie
4.3 Was soll "Volkskunde" leisten und was "Europäische Ethnologie"?
4.4 Die Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigen 12
4.5 Der Forscher/Die Forscherin

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 01.10.2003 wurde der Studiengang des Instituts für Volkskunde an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg im Breisgau in Europäische Ethnologie umbenannt. Von 1967 bis 2003 studierte der Student/die Studentin die Disziplin Volkskunde.[1] Aber auch andere Universitäten nannten den Studiengang Volkskunde um. So benannte zum Beispiel die Georg-August-Universität in Göttingen Volkskunde in Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie um.

Hermann Bausinger schrieb in einem 2004 veröffentlichten Aufsatz, dass "dem oder der zu Benennenden [ein] Etikett verliehen [wird], das ganz eigen ist und ihn oder sie von anderen unterscheidet"[2] und für Gisela Welz ist die Fachbezeichnung mit "einem Markennamen für das Produkt Wissen"[3] gleichzusetzen.

Die Bedeutung der Namensdebatte im Fach Volkskunde ist Thema dieser Seminararbeit. Der Aufsatz "Ethno-Wissenschaften: Die Verfremdung der Eigenheiten"[4] von Konrad Köstlin und der Aufsatz ""Europäische Ethnologie - Deutungen, Optionen, Alternativen"[5] von Peter Niedermüller werden einander gegenübergestellt und verglichen. Zuerst stelle ich die Autoren und ihre Aufsätze kurz vor und versuche dann, Unterschiede, Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Dabei gehe ich besonders auf die Begrifflichkeit, die Entstehung der volkskundlichen und europäisch-ethnologischen Wissenschaft, die Bedeutung des Faches und die daraus resultierenden Aufgaben der ForscherInnen ein.

2. Konrad Köstlin: "Ethno-Wissenschaften: Die Verfremdung der Eigenheiten"

Konrad Köstlin ist seit 1994 ordentlicher Professor und Institutsvorstand an der Universität in Wien. Er studierte Volkskunde, Soziologie und Philosophie in Tübingen und München und war, bevor er nach Wien kam, Professor an den Universitäten in Kiel, Regensburg und Tübingen. In der "Deutschen Gesellschaft für Volkskunde" (DGV) und der "Société internationale d'ethnologie et de folklore" (SIEF) war er langjähriger Vorsitzender.[6] Sein Aufsatz "Ethno-Wissenschaften: Die Verfremdung der Eigenheiten" wurde 2001 in der Herausgeberschrift "Inszenierung des Nationalen. Geschichte, Kultur und die Politik der Identitäten am Ende des 20. Jahrhunderts" von Beate Binder, Wolfgang Kaschuba und Peter Niedermüller veröffentlicht. Die inhaltliche Gliederung seines Aufsatz wird nun im Folgenden dargestellt:

2.1 Inhaltliche Übersicht des Aufsatzes

Konrad Köstlin beginnt seinen Aufsatz damit, dass Ethno-Wissenschaften, zu denen er die Volkskunde zählt, das Rüstzeug individueller und kollektiver Selbstkonstruktion anbieten würden, da sie die Aufgabe übernommen hätten, in der Moderne, Orientierungen und Sinngebungen zu formulieren. Der Anspruch der Unverwechselbarkeit suche nach Entlastung in Kollektiven, in denen wiederum authentische Erfahrungen gesucht werden. Diese Spurensuche im Lokalen und der Volkskultur bürge allerdings die latente Gefahr, in ethnische Argumentation umzuschlagen.[7]

Für Konrad Köstlin gehört zu den auffälligsten Merkmalen gegenwärtiger Orientierungen des Denkens und Lebens, dass es populär geworden sei, über Kultur zu reden und diese dadurch erst fixiert werde. Das Regionale und Kulturelle/Ethnische überforme dabei oft das Soziale. Schicht- und Klassengrenzen verschwänden, dafür spräche man von den Bauern oder den Schwaben; anders ausgedrückt, man suche nach der Binnen-Exotik. Bei der Konstruktion des Eigenen, durch Kräftigung des Regionalen wähle man allerdings nur positiv deklarierte Eigenschaften aus. Kindstötungen oder nationale Trunksucht blieben ausgeblendet.

Ethno-Wissenschaften wie die Volkskunde, würden, so schreibt Köstlin weiter, Gesellschafts- bzw. Regionalgeschichten aufbereiten und sie in überschaubare Episoden zergliedern, die dem Menschen Sinn-Inseln des Eigenen in komplexen Gesellschaften geben. Es steht für ihn außer Frage, dass die Einebnung, die Nivellierung der Welt voranschreite, jedoch die Regionalkultur an allen Ecken und Enden boome. Dabei sei dies aber keine historische Kontur einer Ungleichzeitigkeit, sondern "höchst entwickelte Moderne, ebenso wie die Wissenschaft Volkskunde, die der Gesellschaft ständig neue Muster der narrativen Aufbereitung der Welt"[8] anbiete.

Die ethnischen Bewegungen bürgen, nach Konrad Köstlin, aber auch Gefahren. "Je mehr eine völkische Bewegung mit sich selbst" beschäftigt sei, "je weniger sie über selbstgemachte Grenzen hinaus kommuniziere, umso geringer [werde] ihre Fähigkeit, auf Entwicklungen zu regieren"[9]. Auf Einwirkungen von außen antworte man mit verstärkter Abwehr und Chauvinismus. Wissenschaften wie die Volkskunde dienen dazu diese komplexe Gesellschaften zu harmonisieren, damit die Identifikation mit dem großen Ganzen, der globalen Welt, möglich bleibe.

3. Peter Niedermüller: "Europäische Ethnologie - Deutungen, Optionen, Alternativen"

Peter Niedermüller ist Professor für Europäische Ethnologie an der Humboldt Universität in Berlin. Vor seiner Berufung nach Berlin war er an verschiedenen Orten tätig, insbesondere auch als Privatdozent für Kulturanthropologie an der Universität Budapest. Er ist Herausgeber der Fachzeitschrift "Ethnologia Europea". Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Ethnologie komplexer Gesellschaften, insbesondere die osteuropäischen Transformationsprozesse und die Stadtethnologie.[10]

Sein Aufsatz "Europäische Ethnologie - Deutungen, Optionen, Alternativen" wurde 2002 in dem von Konrad Köstlin, Herbert Nikitsch und von ihm selbst herausgegebenem Buch "Die Wende als Wende? Orientierungen Europäischer Ethnologien nach 1989" veröffentlicht. Der inhaltliche Aufbau wird im Folgenden kurz dargestellt:

3.1 Inhaltliche Übersicht des Aufsatzes

Peter Niedermüller beginnt seinen Aufsatz damit, dass er der Europäischen Ethnologie "innerhalb der kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Theorielandschaft kaum analytische und theoretische Schärfe" zuschreibt und fordert deshalb einen "theoretisch und methodologisch festen Rahmen".[11] Die Europäische Ethnologie soll als eine neue Forschungsperspektive gesehen werden, die sich parallel zur allmählichen Auflösung der Moderne etabliert und deshalb neu zu positionieren ist.[12]

Peter Niedermüller stellt sich die Frage, ob die Europäische Ethnologie leisten kann, was andere Disziplinen nicht zu leisten vermögen, da sie sich auf einem Gebiet zu etablieren versucht, auf dem bereits andere Forschungsrichten, Wissenschaftstraditionen und theoretische Perspektiven existieren und aktiv sind.

[...]


[1] http://www.volkskunde.uni-freiburg.de/index.html (05.10.2004)

[2] Bausinger, Hermann: Vom Nutzen und Nachteil neuer Namen. Erfahrungen mit der Empirischen Kulturwissenschaft. In: Bendix, Regina; Eggeling, Tatjana (Hrsg.): Namen und was sie bedeuten. Zur Namensdebatte im Fach Volkskunde. Göttingen 2004. S. 7.

[3] Welz, Gisela: Volkskunde, Europäische Ethnologie, Kulturanthropologie; De- und Rekonstruktionen von Disziplinarität. In: Bendix, Regina; Eggeling, Tatjana (2004). S. 31.

[4] Köstlin, Konrad: Ethno-Wissenschaften: Die Verfremdung der Eigenheiten. In: Binder, Beate; Kaschuba, Wolfgang; Niedermüller, Peter (Hrsg.): Inszenierung des Nationalen. Geschichte, Kultur und die Politik der Identitäten am Ende des 20. Jahrhunderts (= alltag & kultur, Bd. 7). Köln, Weimar, Wien 2001. S. 43-63.

[5] Niedermüller, Peter: Europäische Ethnologie. Deutungen, Optionen, Alternativen. In: Köstlin, Konrad; Niedermüller, Peter; Nikitsch, Herbert (Hrsg.): Die Wende als Wende? Orientierungen Europäischer Ethnologien nach 1989. Wien 2002. S. 27-61.

[6] http://www.univie.ac.at/volkskunde/institut/mitarb.html (05.10.2004)

[7] Köstlin, Konrad: Ethno-Wissenschaften (2001). S. 50.

[8] Köstlin, Konrad: Ethno-Wissenschaften (2001). S. 58.

[9] Köstlin, Konrad: Ethno-Wissenschaften (2001). S. 62.

[10] http://www2.hu-berlin.de/ethno/seiten/institut/mitarbeiter/niederm.htm (15.10.2004)

[11] Niedermüller, Peter: Europäische Ethnologie (2002). S. 29.

[12] Niedermüller, Peter: Europäische Ethnologie (2002). S. 30.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Volkskunde oder Europäische Ethnologie?
Untertitel
Vergleich zweier Aufsätze von Konrad Köstlin und Peter Niedermüller
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Volkskunde als Wissenschaft - Themen, Forschungsfelder und Perspektiven des Fachs bis 1970
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V140548
ISBN (eBook)
9783640487929
ISBN (Buch)
9783640488100
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Volkskunde, Europäische Ethnologie, Peter Niedermüller, Konrad Köstlin
Arbeit zitieren
M.A. Silke Mohr (Autor:in), 2004, Volkskunde oder Europäische Ethnologie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140548

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