John Stuart Mill gilt heute als typischer Theoretiker der englischen Tradition von Freiheit im 19. Jahrhundert. Das ist auch der Konsens der aktuellen Forschung. Aber es gibt verschiedene Auffasungen darüber, wo Mill die Grenze zieht, zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Interessen des Einzelnen. Widersprüche werden vor allem in der Begründung des Ziels seiner Reformvorschläge gesehen. Die einen werfen ihm Elitedenken vor, das nur bürgerlicher Selbstschutz sei „gegen die politische Machtergreifung der Mehrheit der Arbeiter“. Der Ausschluss der Analphabeten und Fürsorgeabhängigen vom Wahlrecht lege eine besitzbürgerlich-individualistische Meßlatte an. Er wolle seine Freiheiten vor allem für die intellektuelle Elite, deren Nutzen für die Allgemeinheit er aber nicht begründe. Andere sehen bei Mill den Versuch eines „ehtischen Liberalismus“, woran er aber gescheitert sei, weil er Politische Ökonomie und Moral verbinden wolle. Mills Nationalökonmie ist die Weiterentwicklung des Homo Ökonomikus auf Grundlage von Adam Smith hin zum „cooperativ-man“ sagt Wiliam Stafford. Mills Betonung der erzieherischen Funktion der politischen Beteiligung und Kompetenzerwerb der Bürger wird als Sozialer Liberalismus gewertet. Der ginge sogar soweit, das Mill unter Umständen eine „Erziehungsdiktatur“ rechtferige. Gerade diese hohen Anforderungen an die Selbstentwicklung der Menschen kritisiert Adam Wolfson als fehlende Toleranz gegenüber den Schwächen der Menschen. Als Wegbereiter des Sozialismus wird er kristisiert und gleichzeitig von Libertären, wie Hayek gelobt. Die Vermeidung von Grausamkeiten, oberstes Gebot der Wirtschaftsliberalen, ist die wichtigste liberale Aufgabe bei Mill , meinen Gerald M.Mara and Suzanne L.Dovi. Die wissenschaftlichen Interpretationen gehen genaus so weit auseinander, wie die politische Lager, die Mills Erbe für sich in Anspruch nehmen. Die Fragstellung lautet deshalb: John Stuart Mill- Wirtschafts- oder sozialliberal? Besondere Berücksichtigung soll dabei das letztendliche Ziel, das Mill bei seinen Ausführungen vor Augen hat, finden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Freiheit bei John Stuart Mill
- 1.1. Voraussetzungen der Freiheit
- 1.2. Prinzip und Begründung der Freiheit
- 1.3. Freiheit des Einzelnen zum Vorteil aller Anderen
- 1.4. Gefahr für die Freiheit: „Tyrannei der Mehrheit”
- 2. Die beste Staatsform bei John Stuart Mill
- 2.1. Merkmale eines guten Staates
- 2.2. Die beste Regierungsform: Repräsentativverfassung
- 3. Die ökonomische Freiheit bei John Stuart Mill
- 3.1. Trennung von Produktion und Verteilung
- 3.2. Das Eigentum
- 3.3. Der Staat und der Markt
- 4. Mill’s Positionen in der Tradition des Liberalismus
- 5. Zusammenfassung: Mills kritisches Potential für moderne Demokratien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert John Stuart Mills Positionen im Kontext des 19. Jahrhunderts, um die Frage zu beantworten, ob er als Wirtschafts- oder Sozialliberal einzuordnen ist. Die Arbeit untersucht Mill's theoretische Ansätze und beleuchtet, wie er die Balance zwischen individuellen Freiheiten und den Interessen der Allgemeinheit definiert. Im Mittelpunkt stehen insbesondere die Bedeutung der Freiheit und die Frage nach der besten Staatsform sowie die Rolle des Marktes und des Staates in der Wirtschaftsordnung.
- John Stuart Mills Verständnis von Freiheit und dessen Grenzen
- Die beste Staatsform nach Mill und die Bedeutung der Repräsentativverfassung
- Mills ökonomische Freiheit: Trennung von Produktion und Verteilung, Rolle des Eigentums und Verhältnis von Staat und Markt
- Mills Positionen im Kontext der liberalen Tradition
- Mills kritisches Potential für moderne Demokratien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt John Stuart Mill als prominenten Vertreter der englischen Freiheitstradition des 19. Jahrhunderts vor und skizziert die unterschiedlichen Interpretationen seiner Positionen. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, ob Mill eher als Wirtschafts- oder Sozialliberal einzuordnen ist, wobei die jeweilige Argumentation und Kritik von verschiedenen Autoren beleuchtet wird.
Das erste Kapitel widmet sich Mills Verständnis von Freiheit und untersucht, wie er den Begriff der Freiheit definiert und in welchen Grenzen er staatliche Eingriffe in die individuelle Freiheit akzeptiert. Dabei wird insbesondere auf Mills Überlegungen zur „Tyrannei der Mehrheit“ eingegangen.
Kapitel zwei beschäftigt sich mit der Frage nach der besten Staatsform nach Mill. Die Argumentation für eine repräsentative Verfassung wird erörtert und die Merkmale eines guten Staates in Mills Werk werden analysiert.
Das dritte Kapitel untersucht Mills ökonomische Freiheit. Die Trennung von Produktion und Verteilung, die Bedeutung des Eigentums und die Beziehung zwischen Staat und Markt werden im Detail betrachtet.
Schlüsselwörter
John Stuart Mill, Freiheit, Liberalismus, Wirtschaftsliberalismus, Sozialliberalismus, Repräsentativverfassung, Eigentumsrechte, Markt, Staat, „Tyrannei der Mehrheit“, individuelle Freiheit, Interessen der Allgemeinheit, 19. Jahrhundert, englische Tradition
- Citar trabajo
- Jan Stoye (Autor), 2003, John Stuart Mill - wirtschafts- oder sozialliberal ?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14062