Schulen sind kein Ort des friedlichen und freundlichen Miteinanders. Insbesondere die Kinder unserer Hauptschulklassen zeigen erhebliche Defizite. Die Nichteinhaltung von Regeln, Unpünktlichkeit,Unaufrichtigkeit, Skrupellosigkeit, Unmotiviertheit,Kooperationsschwäche, Ellenbogendenken, Empathielosigkeit, Mobbing, sprachliche Verrohung,Impulsivität, Aggression, Verhaltensauffälligkeiten/-störungen–die Liste ließe sich fortführen–sind an der Tagesordnung. „Ey Alter, gib mir mal dein Buch rüber….“„Verpiss dich, du Opfer. Hol dir dein eigenes.“
„Oh Mann, habt ihr die gehört, Alter?? Bist du dumm, oder was?!“…
„Fick dich, du Hurensohn!“
Dieser Ausschnitt ist ein Zitat aus einem Dialog zweier 12-jähriger Schüler einer sechsten Klasse. Das verwendete Vokabular gehört in den festen Wortschatz vieler SchülerInnen. Es fällt auf, dass es weder sachangemessen (Bitte um ein Buch/Ablehnung der Bitte), situationsangemessen (in der Schule im Beisein der Lehrerin) noch einem lexikalischen/grammatikalischen Kontext entsprechend verwendet wird (Schüler A richtet sich an ein Mädchen später an eine ganze Schülergruppe mit „Alter“). Auch die sozialen Defizite werden deutlich: Es fehlen jede Regel der Freundlichkeit, Grenzen, Respekt. Der schmale Wortschatz ist auf einen grundsätzlich barschen, rauen, diffamierenden Umgangston zugeschnitten, er spiegelt verbal wie non-verbal eine aggressive, feindselige Grundeinstellung dem anderen gegenüber wider: „aggro“ sein ist cool und nährt das oftmals labile, negative Selbstbild. Tägliches Credo ist: Erniedrige ich den anderen, erscheine ich selbst größer. Wie Korte (1996) beschreibt, wollen sich Schulkinder grundsätzlich verträglich und freundlich verhalten: Nur gelingt es ihnen nicht! Diese Vermutung findet Bestätigung in der Erfahrung, dass die Mehrzahl jener SchülerInnen, die sich in der Klasse sozial unangemessen verhalten, im Einzelgespräch bekunden, dass sie die Normen und Regeln der Gemeinschaft anerkennen.
Schulen müssen sich der Realität stellen: Unterricht ist zum Ort sozialer Unterweisung geworden und dieser wird „als kommunikativer und zugleich kooperativer Prozess verstanden.“ Kinder brauchen einen Raum, in dem sie soziale und damit kommunikative Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen nachholen können. Ihnen soll nicht gesagt werden, DASS sie friedlich sein, sich austauschen und zuhören sollen, sondern WIE sie es können. Es gilt ein Repertoire aufzufüllen, über das die Kinder von Haus aus nicht mehr verfügen.(...)
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Allgemeine Planungsgrundlagen
- 1. Die Bildungsstandards und die zu fördernden Kompetenzen
- III. Sachanalyse
- 1. Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
- 2. Gesprächsfähigkeit als Merkmal humaner Gesprächskultur
- 3. Zum Begriff des Übens
- IV. Bedingungsanalyse
- 1. Zur Situation der Lerngruppe:
- Leistungsgefüge/Sozialverhalten
- 2. Äußere Voraussetzungen
- 3. Entwicklungspsychologische Voraussetzungen
- 4. Fachlich-methodische Voraussetzungen
- 1. Zur Situation der Lerngruppe:
- V. Die Unterrichtseinheit
- 1. Die Unterrichtseinheit im Überblick
- 2. Lernbereiche, Inhalte und Ziele der Unterrichtseinheit
- 3. Methodisch-didaktische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
- VI. Praktischer Teil: Planung, Durchführung und Auswertung ausgewählter Unterrichtsstunden
- 1. Die 2./3. Unterrichtsstunde (Doppelstunde)
- 1.1. Methodisch-didaktische Überlegungen
- 1.2. Offene Verlaufsskizze
- 1.3. Reflexion
- 2. Die 6./7. Unterrichtsstunde (Doppelstunde)
- 2.1. Methodisch-didaktische Überlegungen
- 2.2. Offene Verlaufsskizze
- 2.3. Reflexion
- 1. Die 2./3. Unterrichtsstunde (Doppelstunde)
- VII. Schlussreflexion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Förderung kommunikativer Kompetenzen im Rahmen der Unterrichtsreihe „ICH-DU-WIR“ in einer sechsten Klasse. Ziel ist es, die SchülerInnen in ihrer Fähigkeit zu unterstützen, respektvoll und konstruktiv miteinander zu kommunizieren und Konflikte friedlich zu lösen. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung des Kommunikationsmodells von Schulz von Thun sowie die Entwicklung von Gesprächsfähigkeit als Merkmal einer humanen Gesprächskultur.
- Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
- Entwicklung von Gesprächsfähigkeit
- Förderung von respektvollem und konstruktivem Umgang miteinander
- Friedliche Konfliktlösung
- Praxisbezogene Unterrichtsgestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet das Problem des sozialen Fehlverhaltens in Hauptschulklassen und stellt den Kontext der Arbeit dar. Die Kapitel II und III befassen sich mit den theoretischen Grundlagen der Arbeit, wie den Bildungsstandards, dem Kommunikationsmodell von Schulz von Thun und der Bedeutung von Gesprächsfähigkeit. Kapitel IV analysiert die Situation der Lerngruppe und die äußeren, entwicklungspsychologischen und fachlich-methodischen Voraussetzungen der Unterrichtseinheit. Kapitel V gibt einen Überblick über die Unterrichtseinheit, ihre Lernbereiche, Inhalte und Ziele sowie die methodisch-didaktischen Überlegungen. Kapitel VI stellt die Planung, Durchführung und Auswertung ausgewählter Unterrichtsstunden vor, wobei exemplarisch die 2./3. und die 6./7. Unterrichtsstunde beleuchtet werden. Abschließend erfolgt eine Schlussreflexion.
Schlüsselwörter
Kommunikationskompetenz, Gesprächsfähigkeit, Konfliktlösung, Schulz von Thun, Bildungsstandards, Unterrichtseinheit, methodisch-didaktische Überlegungen, Praxisbezug, Sozialverhalten, Hauptschulklasse.
- Quote paper
- Wibke Saar-Tebati (Author), 2009, Ausgewählte Übungen zur Förderung kommunikativer Kompetenzen im Rahmen der Unterrichtsreihe "Ich-Du-Wir" in einer sechsten Klasse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140852