„Alles ist schon da, und es wird nur herausgewickelt.“ So schreibt Friedrich Schiller am 2. Oktober 1797 in einem Brief an Johann Wolfgang Goethe über den „Oedipus“ von Sophokles, und damit ist der Anfang gemacht, Enthüllungsdramen und deren Handlungsstrukturen literaturwissenschaftlich zu untersuchen. Allerdings gibt Schillers Brief noch keine ausreichende Auskunft darüber, was er für die Struktur des „Oedipus“ für entscheidender hält: die analytische Handlung, die die polare Spannung „Geheimnis-Auflösung des Geheimnisses“ bestimmt, oder das durch das Orakel gegebene mantische Geschehen, welches sich für die polare Spannung „Vorbestimmung - Erfüllung der Bestimmung“ zeichnet. Auch das Verhältnis zwischen Vorgeschichte und gegenwärtiger dramatischer Handlung, das für die vorliegende Untersuchung von besonderem Interesse sein wird, bleibt damit unberührt. So ist mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffend, „daß Schiller diese zwei für die Struktur der sophokleischen Tragödie zentralen Komponenten, die kriminalistische und die mantische, nicht immer deutlich genug differenziert hat.“
Die Begründung für diese Annahme findet sich in Schillers abschließenden Anmerkungen über den Anteil des Orakels an der Tragödie, wo er nicht zwischen den zwei verschiedenen Arten von Orakeln unterscheidet: aus der Prophezeiung des einen Orakels geht hervor, dass die Stadt Theben erst dann von der Pest befreit wird, wenn der Mörder des Königs Laios gefunden und bestraft wird. Neben diesem hypothetischen „Wenn-dann“ prophezeit ein zweites Orakel, dass Oedipus seinen Vater Laios erschlagen und seine Mutter Iokaste ehelichen wird. „Kategorisch-rätselhaft“ nennt Sträßner dieses zweite Orakel, dessen Weissagungen längst eingetreten sind und so keine gegenwärtigen Aktivitäten veranlassen kann. Allein die hypothetische Prophezeiung konstituiert die analytische Handlungsstruktur und motiviert das tragische Geschehen, während die kategorisch-rätselhaften Prophezeiungen auf schicksalhafte Verknüpfungen verweisen, die für die dramatis personae zunächst in ihrem aktuellen Handeln ohne Bedeutung bleiben.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung.
- II. Ausgangspunkt und Ziel der vorliegenden Untersuchung.
- III. Komponenten in Ibsens Dram.........................................................………………….…….
- 1. Aufdeckungsbericht
- 2. Finalität..................
- 3. Dilemmata.........
- 4. Analogie.....
- IV. Ibsens Enthüllungsdramen
- 1.,,Stützen der Gesellschaft\"\
- 2.,,Nora (Ein Puppenheim)“..\
- 3.,,Gespenster\".\
- V. Ergebnis...........
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert ausgewählte Dramen Henrik Ibsens, um zu untersuchen, wie die Vergangenheit als determinierender Faktor in der Handlung der Dramen wirkt. Sie stellt die Frage, ob Ibsen in seinen Werken den „Skandalwert“ und „Fatalwert“ der Vergangenheit lediglich darstellt oder ob er diese Konzepte transzendiert, um die subjektive Bedeutung der Vergangenheit für die Figuren zu untersuchen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse der drei Dramen „Stützen der Gesellschaft“, „Nora (Ein Puppenheim)“ und „Gespenster“.
- Die Beziehung zwischen Vergangenheit und Gegenwart in Ibsens Dramen.
- Die Rolle des „Skandalwerts“ und „Fatalwerts“ von Vergangenheit.
- Die subjektive Bedeutung der Vergangenheit für die Figuren.
- Die Auflösung des Nemesis-Geschehens in Ibsens Werken.
- Der Vergleich zwischen Ibsens Dramen und der sophokleischen Tragödie.
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Die Einleitung stellt die grundlegende Fragestellung der Arbeit dar, die sich mit der Bedeutung der Vergangenheit in Ibsens Dramen beschäftigt. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen des „Oedipus“ von Sophokles, insbesondere die Unterscheidung zwischen analytischer und mantischer Handlungsstruktur.
- II. Ausgangspunkt und Ziel der vorliegenden Untersuchung: Dieses Kapitel untersucht Ibsens dramatische Kontamination von Skandal- und Fatalwert von Vergangenheit. Es wird die Frage gestellt, welche Absicht Ibsen damit verfolgt und mit welchen Mitteln er diese Kontamination vollzieht.
- III. Komponenten in Ibsens Dram: Dieses Kapitel analysiert die verschiedenen Komponenten, die in Ibsens Dramen eine Rolle spielen, wie z.B. Aufdeckungsbericht, Finalität, Dilemmata und Analogie.
- IV. Ibsens Enthüllungsdramen: Dieses Kapitel untersucht die drei Dramen „Stützen der Gesellschaft“, „Nora (Ein Puppenheim)“ und „Gespenster“ im Detail, um zu zeigen, wie Ibsen den Fatalwert von Vergangenheit gegenüber dem Skandalwert von Vergangenheit in seinen Dramen hervorhebt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit umfassen: Henrik Ibsen, Enthüllungsdramen, Skandalwert, Fatalwert, Vergangenheit, Gegenwart, Nemesis, analytisches Drama, mantische Handlungsstruktur, „Stützen der Gesellschaft“, „Nora (Ein Puppenheim)“, „Gespenster“.
- Arbeit zitieren
- Matthias Linge (Autor:in), 2006, Die Vergangenheit als determinierender Faktor in ausgewählten Dramen Henrik Ibsens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141042