Formen von Innovationsvermarktung


Masterarbeit, 2009

88 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung
1.1 Aktualität des Themas
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Inhaltlicher Aufbau und Vorgehensweise

2 Grundlagen der Innovationsvermarktung
2.1 Ökonomische Betrachtung von Innovationen
2.2 Zum Begriff der Innovation
2.2.1 Auslöser von Innovationen
2.2.2 Dimensionen von Innovationen
2.2.3 Diffusion
2.2.4 Multiplikatoren
2.2.5 Merkmale von Innovationen
2.3 Zum Begriff des Marketing
2.3.1 Marketingkonzept
2.3.2 Marketingziele
2.3.3 Innovation als Marketingziel
2.3.4 Marketing-Mix

3 Gegenwärtige Situation von Innovationen
3.1 Neun von zehn Innovationen scheitern
3.2 Innovationshemmnisse
3.3 Forschungsfragen

4 Formen der Innovationsvermarktung
4.1 Kundennutzen durch Kundennähe
4.1.1 Stage-Gate-Modell
4.2 Lead User Konzept
4.2.1 Kenntnisse über den Kunden
4.2.2 Einfallsreiche Unternehmung
4.3 Zusammenarbeit von Entwicklern und Kunden
4.3.1 Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen
4.3.2 Ebenen des Kundennutzens
4.4 Innovationsvermarktung als dreistufiger Prozess
4.4.1 Ziele der Innovationsvermarktungsphasen
4.4.2 Stufen der Innovationsvermarktung
4.4.3 Instrumente der Innovationsvermarktung
4.5 Erfolgsfaktoren der Innovationsvermarktung
4.5.1 Produktvorteil
4.5.2 Synergiepotenziale in Technologie, Produktion und Marketing
4.5.3 Marktcharakteristika
4.5.4 Kundenorientierung

5 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Problemstellung

1.1 Aktualität des Themas

Der Innovationsbegriff rückt zunehmend in den Fokus wirtschaftlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtungen. Im Zuge der Globalisierung der Wirtschaft, des rasanten technologischen Fortschritts sowie des gestiegenen Qualitätsund Kostenbewusstseins der Käufer gewinnt die zielgerichtete Planung, Steuerung und Kontrolle von Innovationen immer mehr an Bedeutung.

Neuartige Produkte und Verfahren beeinflussen immer mehr den Unternehmenserfolg. Firmen müssen sich zunehmend auf diesen Wandel einstellen, ihn aktiv mitgestalten und als Entwicklungschance wahrnehmen. Innovationen sind damit zu einem strategischen Erfolgsfaktor für eine Gewinn versprechende Positionierung jedes einzelnen Unternehmens in einem dynamischen Umfeld mit immer kürzeren Produktlebenszyklen geworden.

Die Fachliteratur stellt fest, dass der Innovationsbegriff diffus und unpräzise ist. Die Literatur ist sich lediglich einig darüber, dass eine Innovation etwas Neues darstellt. In der Wirtschaft lässt sich erkennen, dass aufgrund von neuer Techno- logie, Wandel der Märkte, Strukturveränderungen und intransparentem Verhalten von Wettbewerbern einen starken Innovationsdruck auf die Unternehmen sich auswirkt. Zwar reagieren die Unternehmen gegenwärtig entsprechend und es ist festzustellen, dass es eine große Hingabe zu Innovationen gibt, jedoch erwirt- schaften diese in den meisten Fällen keine substanziellen Gewinne.

THEODORE LEVITT, Professor an der Harvard Business School auBerte: creativity is not enough".1 Es gibt einen Unterschied zwischen "kreativ sein" und ein "kreatives Unternehmen sein". Das eine bedeutet, viele Ideen zu haben, das andere, auch viel Geld zu verdienen.2

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Die Vermarktung eines innovativen Produktes beginnt nicht mit einer guten Idee und endet mit dessen Entwicklung, sondern bedarf vor allem planmäßiges Marketing, um zum Erfolg zu führen. Im Vordergrund stehen dabei generell die Motive, Kenntnisse und Bedürfnisse der Kunden. Letztlich entscheidet der Kunde darüber, ob eine Produktinnovation auf dem Markt erfolgreich wird oder nicht.

Deshalb ist es wichtig, die Grundlagen des Innovationsbegriffs zu betrachten. Die hier gewonnenen Erkenntnisse bilden schließlich die Voraussetzung für ein gezieltes und erfolgreiches Marketing. Das grundlegende Ziel dieser Arbeit soll sein, einen strukturierten Überblick über die Vielfalt der Formen der Innovationsvermarktung zu geben und anderseits Instrumente vorzustellen, die eine Relevanz für die Vermarktung von Innovationen darstellen.

1.3 Inhaltlicher Aufbau und Vorgehensweise

Zur thematischen Einführung liefert die Arbeit im zweiten Kapitel einen Überblick zu ökonomischen Betrachtungsweisen von Innovationen. Es werden hier makroökonomisch die Kondratjew-Wellen in den Fokus gerückt, um davon die Relevanz des Themas abzuleiten.

Die Darstellung theoretischer Grundlagen schafft die Basis für weitergehende Betrachtungen. Daher wird das Thema der Innovationsvermarktung durch die Definition und Abgrenzung der Begriffe Innovation und Marketing näher be- leuchtet. Zusätzlich beschäftigt sich die Arbeit mit den Grundlagen der Diffusion von Innovationen in den Markt sowie mit den damit verbundenen Multiplikator- Effekten.

Um dem erklärten Ziel der Arbeit näher zu kommen, ist es als sinnvoll im dritten Kapitel die gegenwärtige Situation von Innovationen zu betrachten. Durch die Rezeption aussagekräftiger Literatur werden repräsentative Zahlen geliefert, die die heutige Lage von Innovationen widerspiegeln. Zusätzlich beschäftigt sich die Arbeit mit den Hemmnissen von Innovationen. Dies soll den Ansatzpunkt für die nähere Betrachtung der Formen von Innovationsvermarktung liefern.

Darauf folgt eine Analyse der Formen der Innovationsvermarktung. Dabei werden relevante Modelle und Konzepte vorangestellt, um dem deduktiven Ansatz der

Arbeit gerecht zu werden. Die Instrumente der Innovationsvermarktung werden nach substitutiven Innovationen sowie Wertschöpfungs- und Anwendungsinnovationen systematisiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Inhaltlicher Aufbau der Arbeit.

Darüber hinaus ergänzen erläuternde Praxisbeispiele die Arbeit und vermitteln einen praktischen Bezug. Abschließend wird ein Ausblick über die zukünftige Entwicklung von Innovationsvermarktung geliefert.

2 Grundlagen der Innovationsvermarktung

Im Folgenden sollen die theoretischen Grundlagen zur Betrachtung der Innovationsvermarktung gelegt werden. Innovationen werden ökonomisch betrachtet, erörtert und begrifflich abgegrenzt. Dies geschieht ebenfalls auf dem Feld des Marketings. Der Bezug auf die Innovation im Bereich des Marketings bildet einen Übergang zur gegenwärtigen Situation von Neuerungen.

2.1 Ökonomische Betrachtung von Innovationen

Um die wirtschaftliche Bedeutung von Innovationen zu betrachten, macht es zu- nächst Sinn, die makroökonomische Bedeutung zu untersuchen. Gehen wir im Folgenden deshalb näher auf die Bereiche der Wachstums-, Konjunktur-, und Außenwirtschaftstheorie ein. Im Rahmen der Wachstums- und Konjunkturtheorie lässt sich eine starke Verbindung zwischen der Intensität von Innovationstätigkeit und dem Ausmaß des gesamtwirtschaftlichen Wachstums feststellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kondratjew-Zyklen.3

Dieser Zusammenhang wird besonders verdeutlicht durch die Studien von KONDRATJEW. Hier wurde ersichtlich, dass grundlegende, bahnbrechende Innovationen deutliche Schübe des gesamtwirtschaftlichen Wachstums mit sich brachten.

Als Beispiel ist die Erfindung der Dampfmaschine oder der Eisenbahn zu nennen. Solche Basisinnovationen haben in einem zeitlichen Rahmen von 50 bis 60 Jahren zu einem erkennbaren Anstieg des Volkseinkommens geführt. Diese Perioden werden auch als Kondratjew-Wellen oder -zyklen bezeichnet.4

Die steigende Relevanz von Innovationen lässt sich auch auf der mikroöko- nomischen Ebene erläutern, denn die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens hängt von seinen Möglichkeiten ab, Innovationen zu erzeugen und umzusetzen. Innovationen werden oft sogar als das Lebenselixier von Unternehmen betrachtet.5 Solche Unternehmen, dessen Fähigkeiten eingeschränkt sind, innovative Produkte auf den Markt zu bringen, haben auf lange Sicht gesehen, schlechtere Chancen konkurrenzfähig zu bleiben.

Die Produkte werden immer homogener und damit austauschbar, während sich der allgemeine Qualitätsstandard auf einem sehr hohen Niveau befindet.6 Darüber hinaus ist die Globalisierung ein immer bedeutsam werdender Faktor, der kaum noch geografische Marktnischen zulässt. Der daraus resultierende Wettbewerbs- druck zwingt die Unternehmen zu einer starken Innovationsneigung. Aufgrund der Mobilität von Gütern sowie Wissen und Arbeitskräften erschließen sich aber auch neue Beschaffungs- und Absatzwege für Unternehmen. Außerdem verlieren geografische Hemmnisse aufgrund verbesserter Transport-, Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten immer mehr an Bedeutung.7 Nur durch eine ständige Verbesserung des Produktions- und Leistungsprogramms kann die Marktstellung eines einzelnen Unternehmens gefestigt bzw. ausgebaut werden.8

2.2 Zum Begriff der Innovation

Das ODWHLQLVFKH :RUW Äinnovatio³ bedeutet Innovation, Neuerung, Erneuerung oder auch Neuheit. Im Grunde sind alle Teile des Lebens potenzielle Innovations- bereiche. Daher ist es kaum verwunderlich, dass sich der Begriff der Innovation sich in den letzten Jahren sozusagen verselbstständigt und den Weg in die Welt der Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft in unterschiedlichster Verwendung gefunden hat. Aufgrund dessen ist anzunehmen, dass bis heute weder eine in sich geschlossene Innovationstheorie noch eine allgemein akzeptierte Definition des Innovationsbegriffes existiert.

Die folgenden Definitionen sollen daher einen Eindruck von der Vielfalt des Innovationsbegriffes vermitteln.

ROGERS spricht von Wahrnehmung und Neuerung:

„An innovation is an idea, practice or object that is perceived as new by an individual or other unit of adoption."9

MAJARO versteht Innovation als praktische Prozessanwendung:

„Kreativitat ist der Denkprozess, der uns hilft, Ideen hervorzu-bringen. Innovation ist die praktische Anwendung solcher Ideen, um die Ziele des Unternehmens wirksamer zu erreichen."10

AREGGER betont die Wirklichkeit und den Spielraum der Neuerung:

„Die Innovation ist eine signifikante Anderung im Status quo eines sozialen Systems, welche, gestUtzt auf neue Erkenntnisse, soziale Verhaltensweisen, Materialien und Maschinen, eine direkte und/oder indirekte Verbesserung innerhalb und/oder aufierhalb des Systems zum Ziele hat. Die Systemziele selbst konnen auch Gegen-stand der Innovation sein."11

UHLMANN definiert die Innovation als ganzheitlichen Prozess:

Unter einer Innovation sollen der gesamte Prozess der Erforschung, Entwicklung und Anwendung einer Technologie verstanden werden. Dieser Prozess besteht definitionsgemäß also aus mehreren logisch aufeinanderfolgenden Phasen (Subprozessen), die sich analytisch unterscheiden lassen.³12

2.2.1 Auslöser von Innovationen

Erfolgreiche Produktinnovationen können durch ein Unternehmen nur dann hervor gebracht werden, wenn eine kreative Integration von Markt- und Techno- logiemöglichkeiten erfolgt. Dabei müssen sowohl Kundenbedürfnisse als auch technologische Trends rechtzeitig erkannt werden. Der Impuls, der den Ausgang einer Innovation darstellt, kann entweder vom Markt oder vom Unternehmen aus- gehen. 13

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Abbildung 3: Wechselwirkung von Push- und Pull-Innovationen.14

Ist ein Markt vorhanden, auf dessen spezielle Bedurfnisse ein Nutzenpaket ge- staltet wird, spricht man von einer „Pull-Innovation". Bei der bedarfsinduzierten Innovation gibt es meist eine direkte Nachfrage. Die Gefahr eines Misslingens ist geringer als bei technologieinduzierten Innovationen. Wenn das Unternehmen eigene Ideen und Konzepte entwickelt und daraus ein neues Produkt entwickelt, ohne das es bereits einen offensichtlichen Markt dafur gibt, so bezeichnet man dies als ,,Push-Innovation". Es gibt noch keine direkte Nachfrage, deshalb muss sie durch geeignete MarketingmaBnahmen hervorgerufen werden. Von grund- legender Bedeutung ist es, beide Dimensionen in Einklang zu bringen, da sich dadurch auBerordentliche Potenziale erschlieBen lassen.

2.2.2 Dimensionen von Innovationen

Das genannte Spektrum an Definitionen zeigt, dass das grundlegende Kriterium einer Innovation mindestens die Neuartigkeit oder Neuheit ist. Die Neuartigkeit muss erkennbar sein und sich für den Markt oder den innerbetrieblichen Einsatz eignen. Hinsichtlich der Neuartigkeit lassen sich drei grundsätzliche Dimensionen des Innovationsbegriffs identifizieren (vgl. Abbildung 4), die im Folgenden erläutert werden.15

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Abbildung 4: Dimensionen des Innovationsbegriffs.

2.2.2.1 Objektive Dimension

Mit der objektiven Dimension werden das Ergebnis einer Innovation und die Frage, worauf sich das Neue bezieht, erfasst ± es wird folglich danach gefragt, was neu ist. Das Neuartige kann sich in Produkten, Verfahrensweisen oder auch Verhaltensweisen wiederfinden. Denkbare Gegenstände der betrieblichen Innovationstätigkeit sind nach PLESCHAK und SABISCH 16 vielfältig:

- Produktinnovation: Entwicklung, Herstellung und Vermarktung einer für die Nachfrager neuen oder verbesserten Leistung.
- Prozessinnovation: Entwicklung und Anwendung eines neuen oder ver- besserten Produktionsverfahrens.
- Marktinnovation: Erschließung eines neuen Absatzmarktes und An- wendung neuer Absatzmethoden.
- Beschaffungsinnovation: Erschließung neuer Beschaffungsquellen.
- Sozialinnovation: Neuerungen im Humanbereich eines Unternehmens.
- Organisationsinnovation: Anwendung neuer Organisationsstrukturen und Methoden.
- Strategieinnovation: Durchsetzung neuer Managementmethode.

2.2.2.2 Subjektive Dimension

Die subjektive Dimension konkretisiert die Frage, für welche Zielgruppe etwas neu ist ± sie fragt danach, für wen etwas neu ist. Für Unternehmen liegt eine Innovation vor, wenn Produkte oder Verfahren grundsätzlich neu sind und bzw. oder erstmalig eingeführt werden, unabhängig davon, ob sie von anderen bereits in vergleichbarer Form angeboten oder verwendet werden. 17

Marktneuheiten liegen vor, wenn die Neuerung in dieser Form bisher am Markt noch nicht existiert. Auf der Nachfragerseite werden Innovationen unterschiedlich wahrgenommen. Entscheidend für die Neuheit ist nicht der technische Wandel, sondern die Veränderung im Bewusstsein der Individuen einer Zielgruppe, auf die eine Innovation gerichtet ist.18 Ein neues Leistungsangebot kann bei einer Gruppe der Nachfrager als Innovation wahrgenommen werden, während der andere Teil diese Neuheit bereits kennt oder darin nur eine Leistungsverbesserung sieht. Hieran liegt der subjektive Anteil dieser Dimension.

Entscheidend für die Bestimmung einer Innovation ist letztendlich immer die subjektive Wahrnehmung. BOOZ, ALLEN & HAMILTON ermittelten sechs ver- schiedene Arten von Produktinnovationen, die in Abbildung 5 dargestellt werden.19

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Systematisierung von Produktinnovationen.

Während kostengünstigere Produkte nur einen geringen Neuheitsgrad für das anbietende Unternehmen und den Markt darstellen, ist eine absolute Neuheit sowohl für das Unternehmen als auch für den Markt die anzustrebende Maxime im Bereich der Produktinnovation.

2.2.2.3 Prozessuale Dimension

Bei der prozessualen Dimension steht der zeitliche Ablauf einer Innovation im Vordergrund. Es werden nach PLESCHAK und SABISCH hierbei zwei verschiedene Aspekte betrachtet: 20

- Wann beginnt die Neuerung im innerbetrieblichen Prozess?
- Wann endet die Neuerung?

Der erste Aspekt umfasst die Tatsache, dass eine Innovation über die Invention (Erfindung) hinausgeht (vgl. Abbildung 6).21 Eine Invention ist eine vollkommen neue Erkenntnis und die erstmalige technische Realisierung einer neuen Problem-

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Innovation als Prozess.22

Unter einer Innovation im weiteren Sinne wird der gesamte Prozess von Forschung und Entwicklung über die Markteinführung bis hin zur Marktdurchdringung verstanden. Der Gesamtprozess lässt sich durch verschiedene Phasen mit bestimmten Aktivitäten charakterisieren. Es herrscht jedoch keine Einigkeit über den idealtypischen Ablauf des Innovationsprozesses.23

2.2.3 Diffusion

Wird die Diffusion genauer betrachtet, ist diese ein Prozess der Verbreitung von Innovationen und Inventionen am Markt. Diffusionsfördernde Faktoren sind vor allem Innovatoren und Meinungsführer. Der Diffusionsprozess kann über ver- schiedene Arten der Preispolitik gesteuert werden. ROGERS bezeichnet Diffusion folgendermaßen:

"The process by which an innovation is communicated through cer- tain channels over time among the members of a social system.24 "

Die vier Teile der Diffusionstheorie sind somit die Innovation, der Kommunikationskanal, über den die Innovation übertragen wird, der zeitliche Ablauf sowie das soziale System und dessen Mitgliedern, bei denen die Innovation ankommt.

In der Diffusionstheorie gibt es fünf Kategorien von Nachfragern, abhängig davon, wie schnell sie neue Ideen und Produkte annehmen. Neben den Innovatoren teilen sich diese in frühe Adoptoren, frühe und späte Mehrheit sowie Nachzügler auf (vgl. Abbildung 7).

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Abbildung 7: Adoptionskategorien nach ROGERS.

Innovatoren sind die Ersten, die eine Innovation annehmen, denn Sie sind bereit, Risiken einzugehen. In der Regel sind sie jung und gehören der höchsten sozialen Klasse an. Zudem haben sie einen solventen finanziellen Rahmen, sind am engsten in Kontakt mit der Wissenschaft und mit anderen Innovatoren im Kontakt.25

Frühe Adoptoren sind die Zweiten, die eine Innovation annehmen. Sie besitzen im Vergleich zu allen anderen Kategorien die stärkste Meinungsführerschaft. Meist sind frühe Adoptoren jung und haben einen hohen sozialen Status. Auch sie sind finanziell gut ausgestattet, haben eine höhere Ausbildung und gehen gesellschaftlich den späten Adoptoren voraus.26

Die frühe Mehrheit adoptiert eine Innovation erst nach einer bestimmten Zeit. Diese Zeitspanne ist deutlich länger als bei den Innovatoren und den frühen Adoptoren. Diese Gruppe neigt dazu, langsamer im Adoptionsprozess zu sein. Sie haben einen überdurchschnittlichen sozialen Status, stehen in Kontakt mit frühen Adoptoren und sind darüber hinaus teilweise Meinungsführer.

Die späte Mehrheit nimmt Neues erst an, nachdem die Hälfte der Gesellschaft es ihnen vorgemacht hat. Sie stehen Innovationen eher skeptisch gegenüber. Typischerweise besitzen sie einen unterdurchschnittlichen sozialen Status, sind nicht sonderlich wohlhabend und stehen in Kontakt mit Mitgliedern der frühen und späten Mehrheit. Meist weisen sie keine große Meinungsführerschaft auf.

Die Nachzügler sind die Letzten, die eine Innovation annehmen. Anders als die vorangegangenen Kategorien besitzen sie kaum oder keine Meinungsführerschaft. Sie meist älter, misstrauen Veränderungen und fokussieren sich auf Traditionen. In Kontakt stehen sie vor allem mit Freunden und Familie.

2.2.4 Multiplikatoren

Im Rahmen sozialer Systeme, die sich durch hohe Komplexität auszeichnen, spielen Multiplikatoren im Zusammenhang mit der Diffusion von Innovationen eine wichtige Rolle. Der einstufige Kommunikationsprozess wird durch das Unternehmen initiiert, um zur Erreichung unternehmerischer Ziele eine Botschaft an bestimmte Zielgruppen zu kommunizieren (vgl. Abbildung 8).27

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Einstufiger Kommunikationsprozess.28

Dies geschieht durch Instrumente der Unternehmens-, Medien- und Direktkommunikation. Aufgrund der begrenzten Reichweite einiger Instrumente können nicht sämtliche Personen der Zielgruppe erreicht werden. Durch die mehrstufige Kommunikation ist es jedoch möglich, auch Personen zu erreichen, die sich außerhalb der einstufigen Kommunikation befinden. Dies ist für die Diffusion von so großer Bedeutung, da sie glaubwürdiger ist, das Interesse bei potenziellen Adoptoren weckt und sich das Adoptionspotenzial erhöht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Mehrstufiger Kommunikationsprozess.29

Die Literatur liefert als Ansatzpunkt zur praktischen Anwendung der mehr- stufigen Kommunikation die Meinungsführer-Theorie nach LAZARSFELD. Sie besagt, dass in einem sozialen System Individuen existieren, die durch ihre soziale Stellung, Charisma, Expertentum u.a. einen Anlaufpunkt für Ratsuchende dar- stellen.30 Meinungsführer wirken als eine Art Relaisstation. Sie nehmen Bot- schaften eines Unternehmens engagiert an und geben sie genauso engagiert weiter.

HOFBAUER setzt dieses Prinzip fort und führt das Konzept der Alpha- Kommunikatoren ein. Diese sind ebenso wie die Meinungsführer aktiv in der Be- schaffung und Weitergabe von Informationen. Die Kombination aus hoher Quali- tät und Quantität macht sie einzigartig. Ein weiteres Charakteristikum ist ihr Multiplikatoreneffekt.31 Hierzu identifiziert er sieben Gruppen von Alpha- Kommunikatoren, die in Abbildung 10 veranschaulicht sind und auf die nun einzeln eingegangen werden soll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Sieben Gruppen von Alpha-Kommunikatoren nach HOFBAUER.

2.2.4.1 Meinungsführer

Der Meinungsführer ist auf einem Spezialgebiet sehr gut informiert. Für die jeweiligen Spezialthemen suchen sie ständig nach neuen Informationen und sind deshalb immer auf dem neuesten Stand. Sie stehen ebenfalls im Kontakt mit anderen Experten, um ihr Wissen weiter zu vertiefen. Meinungsführer gelten in ihrem Gebiet als Anlaufstelle für Ratsuchende und zeichnen sich durch eine hohe Glaubwürdigkeit aus. 32

2.2.4.2 Innovatoren

Innovatoren sind Individuen, welche durch ihr eigenes frühes Adoptionsverhalten maßgeblichen Einfluss auf die Verbreitung von Innovationen in ihr soziales Um- feld haben. Sie sind die Ersten, die ein neues Produkt wahrnehmen und anwenden. Dadurch gelten sie als besonders fortschrittlich und interessiert. Im Gegensatz zu den Meinungsführern verfügen Innovatoren nicht zwingend über spezielles Fach- wissen. Eine scharfe Abgrenzung gibt es zwischen Meinungsführer und Innovator allerdings nicht.33

2.2.4.3 Marktkenner

Der Marktkenner verfügt über ein breites Informationsspektrum bezüglich neuer Produkte, Trends und Angebote. Nach FEICK und PRICE werden diese Personen auch als ÄMarket MavenV³ bezeichnet. Diese Individuen haben Informationen über viele Arten von Produkten, Dienstleistungen etc. Durch die breite Streuung ihrer Interessen ist das spezifische Wissen allerdings eher oberflächlich.34

2.2.4.4 Unterhalter

Unterhalter sind Personen, die ähnlich wie die Markenkenner ein breites Informationsspektrum besitzen, jedoch eher ein proaktives Kommunikationsver- halten pflegen. Dadurch erhalten sie eine hohe Kontaktfrequenz in ihrer sozialen Gruppe. Ihre Botschaften besitzen oft eine eher geringe Inhaltstiefe und nicht die notwendige Glaubwürdigkeit, um einen Impuls im Adoptionsprozess geben zu können. Trotzdem tragen die Unterhalter dazu bei, dass Innovationen im sozialen System verbreitet werden.35

2.2.4.5 Leitfigur

Oft sind Leitfiguren Personen in einflussreichen beruflichen Positionen. Ihnen wird ein tiefes und spezielles Hintergrundwissen zugeschrieben. Sie nutzen zur Verbreitung ihrer Botschaften auch die Massenmedien. Meistens vermitteln sie vermitteln oberflächliche Informationen über Innovationen. Leitfiguren tragen selten direkt zur Adoption bei, erhöhen jedoch das Adoptionspotenzial.36

2.2.4.6 Experte

Zur Gruppe der Experten gehören sowohl Journalisten als auch Professoren, Lehrer und Wissenschaftler. Aufgrund ihres Berufs sind sie Experten auf einem bestimmten Gebiet. In der Regel geben sie ihr Wissen persönlich weiter, bedienen sich hin und wieder aber auch der Massenmedien. Dies machen insbesondere Journalisten und Verbraucherschützer.37

2.2.4.7 Vertrieb

Der Vertrieb als eigenständige Funktion im Unternehmen trägt nach HOFBAUER und HELLWIG wesentlich zur Verbreitung von Innovationen bei. 38 Durch ihre Expertise ist es möglich, den potenziellen Adoptoren Fachinformationen über eine Information zur Verfügung zu stellen, um den Adoptionsprozess voranzutreiben.

2.2.4.8 Effekte auf die Diffusion

Im Wesentlichen haben Alpha-Kommunikatoren drei Effekte auf die Diffusion von Innovationen.

Maximierung des Diffusionspotenzials und des Adoptorenbestands: Aufgrund ihrer effizienten Kommunikation besitzen Alpha-Kommunikatoren prinzipiell eine höhere Beeinflussungswirkung als potenzielle Kunden. Werden durch Sie Personen angesprochen, die nicht über die einstufige Kommunikation erreicht werden können, so erhöht sich das Adoptionspotenzial.

Verkürzung des Adoptionsprozesses: Durch die Verbreitung von Informationen kann der Alpha-Kommunikator mit seinem Wissen Interessierten unterstützend zur Seite stehen. Dadurch wird der Aufwand für Recherchen geringer und die Interessenphase verkürzt sich. Die Bewertungs- und Auswahlphase kann durch Erfahrungsaustausch und spezielle Informationen verkürzt werden. Alpha- Kommunikatoren mit einer hohen Glaubwürdigkeit erzielen in dieser Phase sowie in der Adoptionsphase eine besonders hohe Beschleunigungswirkung.39

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Der Adoptionsprozess.

Dadurch verkürzt sich der Adoptionsprozess und die Neuerung durchdringt schneller den Markt.

Ansprache neuer Zielgruppen: Besonders der Vertrieb, die Experten und die Leit- figuren können aufgrund ihrer Reichweite soziale Netzwerke miteinander ver- binden. So eröffnet sich die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen. 40

2.2.5 Merkmale von Innovationen

Es wäre zu einfach, sich aufgrund des fehlenden einheitlichen Innovationsver- ständnisses auf eine enge oder weite Auslegung des Innovationsbegriffes festzu- legen. Die angeführten Definitionen zu Beginn offenbaren die Neuartigkeit als grundlegendes Kriterium für Innovationen, daher soll das Phänomen Innovation anhand der nachfolgenden Merkmale weiter konkretisiert werden (vgl. Abbildung 12).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Innovationsmerkmale.

2.2.5.1 Neuigkeitsgrad

Der Neuigkeitsgrad ist - korrespondierend zur objektiven und subjektiven Dimension - das grundlegende Merkmal einer Innovation. Als „neu" gelten Problemlosungen, die uber den bisherigen Erkenntnis- und Erfahrungsstand hinausgehen. 41

Unterschieden werden kann zwischen objektiver und subjektiver Neuheit. ,,Das Konzept der objektiven Neuheit geht davon aus, dass die jeweils hervorgebrachte Leistung bisher nicht existiert hat; das Hervorbringen von Neuerungen mit einem objektiven Neuheitscharakter ist deshalb weltweit nur einmal moglich."

Hingegen ist nach dem Konzept der subjektiven Neuheit dann etwas als neu zu betrachten, wenn es aus Sicht der entsprechenden Personengruppe neu ist, d. h., dass diese erstmals damit konfrontiert wird, unabhangig davon, ob die ,,Neuheit" bei anderen Unternehmungen bzw. am Markt bereits existiert. 42

Hingegen ist nach dem Konzept der subjektiven Neuheit dann etwas als neu zu betrachten, wenn es aus Sicht der entsprechenden Personengruppe neu ist, d. h., dass diese erstmals damit konfrontiert wird, unabhängig GDYRQ RE GLH Ä1HXKHLW³ bei anderen Unternehmungen bzw. am Markt bereits existiert.43

Der Grad der Neuheit kann zum einen große Anforderungen an das Management von Innovationen stellen. Zum anderen liefert ein hoher Neuigkeitsgrad eines neuen Verfahrens oder eines neuen Produkts im Allgemeinen einen Vorsprung und bietet somit einen Wettbewerbsvorteil.

[...]


1 Vgl. Levitt, 2003, S. 155.

2 Vgl. Andrew & Sirkin, 2004, S. 20.

3 Vgl. Kaspar, 2006.

4 Vgl. Vahs et.al., 1999, S. 7f.

5 Vgl. Stahl & v.d. Eichen, 2004, S. 14-22.

6 Vgl. Rohe, 1999, S. 9.

7 Vgl. Cooper, 2002, S. 2.

8 Vgl. Rohe, 1999, S. 9.

9 Vgl. Rogers, Diffusion of Innovations, 2003, S. 12.

10 Vgl. Majaro, 1993, S. 6.

11 Vgl. Aregger, 1976, S. 118.

12 Vgl. Uhlmann, 1978, S. 41.

13 Vgl. Hofbauer, 2009, S. 40ff.

14 Vgl. Herrmann, 2000.

15 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 35.

16 Vgl. Pleschak & Sabisch, 1996, S. 6.

17 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 36.

18 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 16.

19 Vgl. Bergmann, 2002.

20 Vgl. Pleschak & Sabisch, 1996, S. 6.

21 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 36.

22 Vgl. Kleinaltenkamp et.al., 1999.

23 Vgl. Hofbauer et.al., 2009.

24 Vgl. Rogers, 1995, S. 5.

26 Vgl. Rogers, 1995.

25 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 126.

27 Vgl. Wirtz, 2007.

28 Vgl. Kotler & Bliemel, 2001, S. 906.

29 Ebd.

30 Vgl. Lazarsfeld, 1968.

31 Vgl. Hofbauer, 2009, S. 295ff.

32 Vgl. Hofbauer, 2009, S. 297.

33 Vgl. Hofbauer, 2009, S. 298.

34 Vgl. Feick & Price, 1987.

35 Vgl. Hofbauer et.al, 2009, S. 300.

36 Ebd.

37 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 301.

38 Vgl. Hofbauer & Hellwig, 2005.

39 Vgl. Hofbauer et.al., 2009, S. 301.

40 Ebd.

41 Vgl. Vahs & Burmester, 1999, S. 50.

42 Vgl. Hübner, 2002, S. 10f.

43 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Formen von Innovationsvermarktung
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
88
Katalognummer
V141219
ISBN (eBook)
9783640505197
ISBN (Buch)
9783640505012
Dateigröße
1070 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innovation, Innovationsmanagment, Innovationsvermarktung
Arbeit zitieren
Sven Schmitt (Autor:in), 2009, Formen von Innovationsvermarktung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141219

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