Heuschrecken oder Segensbringer? Entwicklung eines Instrumentariums zur Beurteilung der Auswirkungen des Einstiegs von Beteiligungsgesellschaften


Thèse de Bachelor, 2008

100 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Abkürzungsverzeichnis

2. Einleitung

3. Einführung in die Thematik dieser Arbeit
3.1 Was versteht man unter Private Equity
3.2 Gang der Untersuchung
3.3 Chancen und Risiken von Private Equity Beteiligungen
3.3.1 Chancen im Bereich Finanzierung
3.3.2 Chancen im Bereich Know-how
3.3.3 Risiken

4. Bewertung einer Beteiligung durch Private Equity anhand eines Modells
4.1 Grundlagen des Modells
4.2 Bewertung von vier verschiedenen Aspekten
4.2.1 Kennzahlen der Ertragslage
4.2.2 Kennzahlen der Finanzierungslage
4.2.3 Kennzahlen der Investitions- und Ausschüttungspolitik ..
4.2.4 Kennzahlen zur Entwicklung des Unternehmens unter sozialen Gesichtspunkten
4.2.5 Weitere mögliche Bewertungskriterien
4.3 Funktionsweise des Modells

5. Exemplarische Anwendung des Modells
5.1 Anwendung des Modells auf die Beteiligung der Carlyle Group an der BERU AG
5.2 Einbeziehung der bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten in das Urteil des Modells
5.3 Exemplarische Beurteilung der Bilanzpolitik der BERU AG vor und nach der Beteiligung durch die Carlyle Group

6. Kritische Würdigung
6.1 Kritische Würdigung des Bewertungsmodells
6.2 Kritische Würdigung der Einbeziehung der bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten

7. Schlussbemerkung

8. Anhang
8.1 Bewertung der Kennzahlen der Ertragslage der BERU AG
8.2 Bewertung der Kennzahlen der Finanzierungslage der BERU AG
8.3 Bewertung der Kennzahlen der Investitions- und Ausschüttungspolitik der BERU AG
8.4 Bewertung der Kennzahlen zur Entwicklung der BERU AG unter sozialen Gesichtspunkten

9. Anhang
9.1 Ermittlung der Gesamtnote der Carlyle-Beteiligung an der BERU AG für 1999/00
9.2 Ermittlung der Gesamtnote der Carlyle-Beteiligung an der BERU AG für 2000/01
9.3 Ermittlung der Gesamtnote der Carlyle-Beteiligung an der BERU AG für 2001/02
9.4 Ermittlung der Gesamtnote der Carlyle-Beteiligung an der BERU AG für 2002/03

10. Anhang Exemplarische Beurteilung der Bilanzpolitik der BERU AG vor und nach der Beteiligung durch die Carlyle Group

11. Anhang Beispiel zur Verdeutlichung des Konflikts zwischen zwei Kennzahlen

12. Literaturverzeichnis

1. Abkürzunqsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Einleitung

Das Thema Private Equity ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Blickpunkt geraten. Die Meinungen in der Öffentlichkeit zu diesem Thema gehen stark auseinander. Während Befürworter neue Finanzie­rungsmöglichkeiten für mittelständische Unternehmen sehen,' befürchten Kritiker u.a. Produktionsverlagerungen und Stellenabbau.[1] [2] Diese Angst wurde nicht zuletzt durch den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Mün­tefering vorangetrieben, der in einem Interview mit der Bild am Sonntag Finanzinvestoren mit Heuschreckenschwärmen verglich, „die über Unter­nehmen herfallen, sie abgrasen, weiterziehen und keinen Gedanken an die Menschen verschwenden, deren Arbeitsplätze sie vernichten“.[3] Doch sind diese Vorwürfe tatsächlich gerechtfertigt? Unter anderem dieser Fra­ge soll in der Arbeit nachgegangen werden.

Während in den USA in jüngster Vergangenheit der amerikanische Kran­kenhausbetreiber HCA, der Bürokonzern Equity Office Properties und der texanische Stromversorger TXU für Rekordsummen von Beteiligungsge­sellschaften übernommen wurden[4] (für die Übernahme von TXU bezahlte ein Konsortium um die Beteiligungsgesellschaft KKR 45 Milliarden US- Dollar)[5], ist das Thema auch in Deutschland aktuell. So übernahmen bei­spielsweise Permira den Bezahlsender Premiere und Blackstone den Chemiekonzern Celanese.[6]

Es stellt sich die Frage, wie sich die übernommenen Unternehmen nach der Beteiligung durch Private Equity entwickeln. Werden die Chancen ge­nutzt, die das zur Verfügung gestellte Kapital bietet,[7] oder werden die Dar­stellungen von Franz Müntefering Wirklichkeit, d.h. werden Arbeitsplätze vernichtet und Gelder aus den Unternehmen herausgezogen? Wie kann die Entwicklung eines Unternehmens, an dem sich Private Equity beteiligt hat, bewertet werden? Woran kann man erkennen, ob ein Unternehmen saniert und für die Zukunft fit gemacht bzw. von den Finanzinvestoren finanziell ausgesaugt wurde? Auf diese Fragen soll im Folgenden näher eingegangen werden.

3. Einführung in die Thematik dieser Arbeit

3.1 Was versteht man unter Private Equity

Private Equity bedeutet übersetzt soviel wie „privates Eigenkapital“. Als Oberbegriff umfasst Private Equity den gesamten Markt für privates Betei- ligungskapital.[8] Das Kapital stammt meist von privatwirtschaftlichen institu­tionellen Investoren, wie z.B. Pensionskassen, Versicherungen oder Ban­ken, allerdings können auch vermögende Privatpersonen Kapital zur Ver­fügung stellen. Diese Kapitalgeber stellen die zu investierenden Mittel Fondsgesellschaften zur Verfügung, die damit Firmenanteile von ausge­wählten Unternehmen, von denen sie überdurchschnittliche Gewinnchan­cen erwarten, kaufen.[9]

Das heute wichtigste Private Equity Segment stellen die sog. „Buyout- Transaktionen“ dar,[10] weshalb an dieser Stelle kurz darauf eingegangen werden soll. Private Equity wird in diesem Bereich hauptsächlich zur Über­nahme und Restrukturierung von Unternehmen unterschiedlicher Größen­ordnungen eingesetzt.[11] Für einen Buyout erscheinen v.a. bereits etablier­te Unternehmen interessant, da hier das Risiko der Investition im Ver­gleich zu Investitionen in Unternehmen, die sich noch in der Gründungs­phase befinden, gering ist.[12] Einen wichtigen Teilbereich des Buyout- Segments stellt der sog. „Leveraged Buyout“ dar, bei dem die Übernahme zu großen Teilen mit Fremdkapital finanziert wird.[13]

Typischerweise wird der gesamte Private Equity Bereich anhand der Pha­se der Unternehmensentwicklung des Zielunternehmens in verschiedene Teilbereiche untergliedert.[14] Hierauf soll jedoch in dieser Arbeit nicht wei­ter eingegangen werden.

3.2 Gang der Untersuchung

Im Rahmen dieser Arbeit soll zunächst ein kurzer Überblick über Chancen und Risiken von Private Equity Beteiligungen gegeben werden. Anschließend soll ein Modell entwickelt werden, mit dem sich Beteili­gungen an Unternehmen durch Private Equity bewerten lassen. Ziel des Modells ist es, feststellen zu können, ob die positiven oder die negativen Faktoren von Private Equity im jeweiligen Fall überwiegen, d.h. ob ein Un­ternehmen von Private Equity strategisch auf die Zukunft ausgerichtet wurde oder ob die Beteiligung lediglich dazu diente, Gelder aus dem Un­ternehmen zu ziehen und so die Beteiligungsgesellschaft selbst zu berei­chern.

Im Rahmen des Modells werden bestimmte Kennzahlen des Unterneh­mens vor und nach der Private Equity Beteiligung bewertet. Den Werten der Kennzahlen nach der Beteiligung werden anschließend Noten auf ei­ner Skala von 1,0 - 5,0 zugeordnet, wobei ein Notenwert kleiner als 3,0 eine positive Entwicklung kennzeichnet.

In einer weiteren Analyse sollen Aussagen über die Bilanzpolitik des betei­ligungsnehmenden Unternehmens in den Jahren vor und nach der Beteili­gung getroffen werden. Durch die anschließende Zusammenführung der Aussagen beider Analysen lässt sich feststellen, ob die positiven oder die negativen Aspekte von Private Equity im konkreten Fall dominieren.

Im Rahmen dieser Arbeit sollen beide Analysen zunächst abstrakt darge­stellt werden. Anschließend soll eine exemplarische Bewertung der Priva­te Equity Beteiligung der Carlyle Group am Ludwigsburger Automobil­Zulieferer BERU AG durchgeführt werden.

3.3 Chancen und Risiken von Private Equity Beteiligungen

3.3.1 Chancen im Bereich Finanzierung

Auf Dauer kann sich nur ein profitables Unternehmen auf den Märkten halten,[15] d.h. ein Unternehmen muss langfristig Gewinne erwirtschaften. Hierfür ist eine Unternehmensstrategie notwendig, welche die „generelle Stoßrichtung“ des Unternehmens angibt.[16]

Die zur Durchführung der jeweiligen Strategie notwendigen Maßnahmen müssen finanziert werden. Eine Innenfinanzierung, z.B. aus einem erwirt­schafteten Zahlungsmittelüberschuss der Periode[17] ' oder aus thesaurierten Gewinnen vergangener Perioden, wird häufig nicht möglich sein, jeden­falls dann nicht, wenn in einem noch jungen Unternehmen erhebliche Ex­pansionsmaßnahmen finanziert werden sollen.

Eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung wäre eine Fremdfinanzierung durch Kredite.

Durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene „Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie“[18] wurden die neuen internationalen Eigenkapi­talstandards - auch bekannt als Basel II - in das deutsche Bankenauf- sichtsrecht eingeführt.[19]

Aufgrund von Basel II müssen Banken das individuelle Ausfallrisiko eines Kredits, also die Bonität des Kreditnehmers, erfassen. Da Kredite mit hö­herem Ausfallrisiko von Seiten der Bank mit mehr Eigenkapital zu unterle­gen sind, werden für einen solchen Kredit höhere Zinsen berechnet.[20] Durch die Auswirkungen von Basel II gestaltet sich die Kreditfinanzierung für mittelständische Unternehmen schwieriger und ist nicht mehr zwangs­läufig die am leichtesten zugängliche Lösung.[21]

Aus diesem Grund rücken Eigenkapitalfinanzierungen, z.B. durch Private Equity, stärker in den Blickpunkt mittelständischer Unternehmer.[22] Insbesondere bietet eine solche Finanzierungsform Chancen für Unter­nehmen, deren Situation sich bei der Aufnahme von Fremdkapital auf­grund des Ratings nach Basel II verschlechtert hat.

Ein weiterer Vorteil einer solchen Beteiligungsfinanzierung gegenüber der klassischen Fremdfinanzierung über Kredite ist darin zu sehen, dass keine periodischen Zins- und Tilgungszahlungen anfallen, was positive Auswir­kungen auf die Liquidität des Unternehmens hat. Zudem müssen keine Sicherheiten gestellt werden, wie es bei einer klassischen Kreditfinanzie­rung der Fall wäre.[23] Da die Kapitalstruktur durch die höhere Eigenkapital­basis verbessert wird, wird das über Private Equity finanzierte Unterneh­men außerdem in eine günstigere Verhandlungsposition gegenüber Kre­ditinstituten versetzt,[24] wodurch die Möglichkeiten einer zukünftigen Kredit­finanzierung verbessert werden.[25]

3.3.2 Chancen im Bereich Know-how

Neben der Bereitstellung von Kapital leisten die Beteiligungsgesellschaf­ten teilweise auch eine aktive Managementunterstützung, indem sie ihr betriebswirtschaftliches Know-how und ihre spezifische Erfahrung auf das Unternehmen übertragen, und es so u.a. bei der „strategischen Positionie­rung“ unterstützen.[26]

3.3.3 Risiken

Durch die Beteiligung von Private Equity verlieren die bisherigen Eigentü­mer des Unternehmens die alleinige Entscheidungsbefugnis. Da Private Equity Investoren ihre finanziellen Mittel häufig für einen Zeitraum von ca. fünf bis zehn Jahren zur Verfügung stellen, besteht oft bereits zu Beginn der Investition die Absicht, die Beteiligung gewinnbringend weiterzuver- äußern.[27]

Diese Gewinnerzielungsabsicht erscheint zwar durchaus legitim, jedoch können hierbei negative Effekte für bestimmte Gruppen von Betroffenen (z.B. Arbeitnehmer) eintreten, die moralisch nicht mehr akzeptabel er­scheinen. Aus diesem Grund sollten beim Streben nach Gewinn auch As­pekte der Unternehmensethik einbezogen werden.[28] [29] Mit dem Verlust der Entscheidungsbefugnis an die Private Equity Gesell­schaft geht das Risiko einher, dass diese Aspekte evtl. nicht mehr ausrei­chend berücksichtigt werden.

So weist z.B. die Gewerkschaft „ver.di“ auf Risiken wie „brutale Kosten­senkung zu Lasten der Beschäftigten, massiven Stellenabbau und Lohn­kürzungen hin. Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass vormals ge­sunde Unternehmen nach einer fremdfinanzierten Übernahme hoch ver­schuldet seien, wenn Kredite von Private Equity auf das Unternehmen übertragen würden.[30]

Doch wie bewertet man, ob im konkreten Fall die Vor- oder Nachteile von Private Equity dominieren? Wie kann beurteilt werden, ob ein Unterneh­men saniert oder finanziell ausgesaugt wurde? Ein mögliches Modell zur Bewertung soll im Folgenden vorgestellt werden.

4. Bewertung einer Beteiligung durch Private Equity anhand eines Modells

4.1 Grundlagen des Modells

Verglichen werden soll die Situation des Unternehmens vor und nach der Beteiligung durch den Finanzinvestor.

Hierzu wird die Methode des Zeitvergleichs angewandt.

Bei einem Zeitvergleich werden Größen miteinander verglichen, die sich auf unterschiedliche Zeiträume beziehen, jedoch das gleiche Unterneh­men betreffen. Auf diese Weise können Entwicklungstendenzen im ein­zelnen Unternehmen dargestellt werden.[31]

Die Bewertung der Unternehmensentwicklung erfolgt anhand eines Scoring-Modells, mit dessen Hilfe ausgewählte Kennzahlen bewertet wer­den sollen. Die Definition dieser Kennzahlen stellt eine wesentliche Prob­lematik bei der Entwicklung des Modells dar, weshalb hierauf ausführlich eingegangen wird.

Im Folgenden soll zunächst die Auswahl der zu bewertenden Kennzahlen, also der Bewertungskriterien des Modells, dargelegt werden. An­schließend wird näher auf die Funktionsweise des Bewertungsmodells eingegangen.

4.2 Bewertung von vier verschiedene Aspekten

Zunächst wird das Unternehmen unter vier verschiedenen Aspekten be­trachtet. Diese Aspekte sind Ertragslage, Finanzierungslage, Investitions­und Ausschüttungspolitik sowie die Entwicklung des Unternehmens unter sozialen Gesichtspunkten.

Zu jedem dieser Aspekte werden verschiedene Kennzahlen vor und nach der Beteiligung der Private Equity Gesellschaft gebildet. Mithilfe der ermit­telten Kennzahlen lässt sich die Private Equity Beteiligung anhand des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Modells bewerten.

Hohe Renditewerte sowie eine günstige Kostensituation sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Allerdings ist zu beachten, dass langfristige Strate­gien, wie z.B. hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in Personalentwicklung diese Kennzahlen zunächst negativ beeinflussen.[32] Aus diesem Grund ist neben der aktuellen Ertragslage des Unternehmens auch seine Investitions- und Ausschüttungspolitik zu analysieren. Durch den Verzicht auf Investitionen in die Zukunft können zwar gegenwärtig höhere Gewinne erzielt werden, der langfristige Erfolg des Unternehmens wird allerdings gefährdet. Weiter sind auch Kennzahlen der Finanzie­rungslage in die Analyse mit einzubeziehen, die u.a. Einfluss auf die Kre­ditmöglichkeiten eines Unternehmens haben. Neben den finanziellen As­pekten sind soziale Gesichtspunkte, wie z.B. die Schaffung neuer Arbeits­plätze zu berücksichtigen, da das Unternehmen auch der Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern gerecht werden sollte.[33] Durch die Einbeziehung der verschiedenen Aspekte (v.a. der Investitions­und Ausschüttungspolitik) soll gewährleistet werden, dass nicht nur die aktuelle Lage des Unternehmens, sondern auch die zukünftigen Möglich­keiten des Unternehmens Eingang in die Bewertung des Modells finden.

4.2.1 Kennzahlen der Ertragslage

Im Rahmen der Analyse der Ertragslage soll eine Aussage über die Er­tragskraft des Unternehmens gemacht werden. Die Ertragslage gibt Aus­kunft über die Fähigkeit des Unternehmens, auch in Zukunft Erfolge zu erwirtschaften.[34]

Sie trifft neben Aussagen über die Kostensituation des Unternehmens u.a. auch Aussagen über die nachhaltig erzielbare Rentabilität. Mithilfe des in dieser Arbeit entwickelten Bewertungsmodells kann dargestellt werden, wie sich die Ertragslage des beteiligungsnehmenden Unternehmens nach dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft entwickelt hat.

Im Rahmen der Bewertung der Ertragslage werden die folgenden Kenn­zahlen gebildet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[35]

4.2.1.1 Kennzahl:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Ermittelt werden soll die Rentabilität aus der nachhaltigen Geschäftstätig­keit des Unternehmens. Sie gibt die Höhe, in der sich das eingesetzte Ka­pital in einer Periode verzinst hat, an.[36]

Zur Bildung der Kennzahl muss zunächst das nachhaltige Betriebsergeb­nis ermittelt werden. Hierbei bleiben „ungewöhnliche Ergebniskomponen­ten“, die den ausgewiesenen Erfolg der Periode in untypischer Weise be­lasten bzw. begünstigen (wie z.B. Gewinne aus dem Verkauf von Be­triebsstätten), unberücksichtigt.[37] ' Außerordentliche Erträge und Aufwen­dungen kehren nicht regelmäßig wider und liegen somit außerhalb der nachhaltigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens.[38] Sie werden deshalb bei der Ermittlung des Gewinns aus der nachhaltigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens nicht einbezogen.

Andernfalls könnte die Kennzahl durch massive Verkäufe von z.B. Anla­gevermögen positiv beeinflusst werden. Bewertet werden soll jedoch die Rentabilität, die das Unternehmen nachhaltig aus seinem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb heraus erwirtschaften kann.

Während in der Literatur das Finanzergebnis bei der Ermittlung des nach­haltig erzielbaren Erfolgs einbezogen wird,[39] soll es hier unberücksichtigt bleiben, da es als betriebsfremde Komponente zu sehen ist,[40] die nicht in Zusammenhang mit den Umsatzerlösen steht.

Das nachhaltige Betriebsergebnis wird somit wie folgt ermittelt:

Umsatzerlöse

+/- Bestandsveränderungen bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen + aktivierte Eigenleistungen

+ laufende betriebliche Erträge (ausgewiesen unter sonstige be­triebliche Erträge)

- Materialaufwand
- Personalaufwand
- Abschreibungen auf das Anlagevermögen[41]
- sonstige betriebliche Aufwendungen
- sonstige Steuern

= nachhaltiges Betriebsergebnis

Die hier dargestellte Ermittlung des nachhaltigen Betriebsergebnisses ba­siert auf der Annahme, dass das zu bewertende Unternehmen das Ge­samtkostenverfahren zugrunde gelegt hat. Bei Anwendung des Umsatz­kostenverfahrens würden sich Abweichungen ergeben, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll.

Als Umsatzerlöse werden die Leistungen ausgewiesen, die typisch für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit des Unternehmens sind.[42] Bestandsveränderungen werden als Ausgleichsposten erfasst. Dieser Posten dient bei einer Bestandserhöhung als Ausgleich für die dafür ange­fallenen Aufwendungen, die beim Gesamtkostenverfahren in der Gewinn- und Verlustrechnung unter der jeweiligen Aufwandsart gezeigt werden. Bei einer Bestandsminderung wirkt der Posten wie ein zusätzlicher Auf­wand und gleicht somit die Umsatzerlöse für die verkaufen Bestände aus der Vorperiode aus.[43]

Bei aktivierten Eigenleistungen handelt es sich z.B. um selbsterstellte An­lagen. Der Posten korrigiert die angefallenen und als Aufwand verbuchten Kosten für die Herstellung der Anlagen.

Der Materialaufwand umfasst den Materialverbrauch für die betriebliche Leistung, also z.B. die Aufwendungen für die zur Produktion nötigen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe.[44]

Da die „sonstigen betrieblichen Erträge“ einen Sammelposten für alle nicht gesondert auszuweisenden Erträge, wie z.B. Erträge aus Versicherungs­entschädigungen oder aus nicht mehr benötigten Rückstellungen darstel­len,[45] sind sie grundsätzlich nicht zum nachhaltig erzielbaren Ergebnis zu rechnen. Im Rahmen der exemplarischen Bewertung der Carlyle- Beteiligung an der BERU AG[46] werden aus dem Posten „sonstige betrieb­liche Erträge“ lediglich die als „laufende betriebliche Erträge“ ausgewiese­nen Erträge dem nachhaltig erzielbaren Ergebnis zugerechnet, da die be­gründete Vermutung besteht, dass die „laufenden betrieblichen Erträge“ nachhaltigen Charakter haben.

Kritisch ist anzumerken, dass die Abgrenzung von Umsatzerlösen und sonstigen betrieblichen Erträgen mitunter schwierig ist. So wird der Ver­kauf von Abfallprodukten, die bei der Erstellung der Betriebsleistungen zwangläufig anfallen, i.d.R. den Umsatzerlösen zugerechnet, wohingegen der Verkauf von Anlagenschrott in der Position „sonstige betriebliche Er­träge“ gesondert auszuweisen ist.[47]

Im Personalaufwand sind die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Ange­stellten des Unternehmens sowie die sozialen Abgaben des Arbeitgebers enthalten.[48]

Die Abschreibungen auf das Anlagevermögen enthalten sowohl die Ab­schreibungen auf das Sachanlagevermögen sowie auf immaterielle Ver­mögensgegenstände, wie z.B. gewerbliche Schutzrechte. Dieser Posten umfasst sowohl planmäßige als auch außerplanmäßige Abschreibungen. Die außerplanmäßigen Abschreibungen sind nach § 277 Abs. 3 HGB ge­sondert auszuweisen.[49] Da sie nicht regelmäßig anfallen, sollen sie aus der Position „Abschreibungen auf das Anlagevermögen“ ausgegliedert und dem außerordentlichen Ergebnis zugerechnet werden.[50] Sie würden das nachhaltig erzielbare Ergebnis ansonsten verzerren.

Abschreibungen auf das Finanzanlagevermögen werden nicht berücksich­tigt, da sie mit den Umsatzerlösen nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ebenso werden steuerliche Sonderabschreibungen aufgrund ihres nicht nachhaltigen Charakters nicht in die Berechnung einbezogen. Abschreibungen auf einen aktivierten derivativen Firmenwert sollen hinge­gen bei der Ermittlung des nachhaltigen Betriebsergebnisses berücksich­tigt werden. Der Aktivposten „derivativer Firmenwert“ entsteht durch den Kauf eines Unternehmens. Er ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis und dem Zeitwert der Aktiva des gekauften Unternehmens.[51] Diese Differenz wird z.B. aufgrund des Kundenstammes oder des guten Rufs des Unternehmens bezahlt.[52] Sofern diese Vermögensgegenstände selbstgeschaffen sind, handelt es sich um Bestandteile des originären Firmenwerts, für die ein Aktivierungsverbot nach § 248 Abs. 2 HGB be­steht und die somit nicht in der Bilanz erscheinen. Werden die Vermö­gensgegenstände jedoch durch den Kauf des Unternehmens erworben, so besteht nach § 255 Abs. 4 HGB ein Aktivierungswahlrecht, da es sich um einen derivativen Firmenwert handelt.

Die Abschreibungen auf den aktivierten derivativen Firmenwert sind bei der Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Ergebnisses zu berücksichtigen, da durch den Kauf eines Unternehmens nachhaltig mit den Vermögens­gegenständen dieses Unternehmens Gewinn erzielt werden soll. Wird für ein Unternehmen ein Kaufpreis bezahlt, der über dem Zeitwert von dessen Aktiva liegt, so sind dies Kosten, die zum Kauf des Unternehmens - und damit zur nachhaltigen Gewinnerzielung durch den Kauf - erforderlich wa­ren. Ob sich tatsächlich eine Gewinnsituation einstellt, zeigt sich zwar erst später, jedoch besteht zum Zeitpunkt des Kaufs zumindest die Absicht, durch den Kauf die Gewinnsituation zu verbessern.

Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen bilden einen Sammelposten für alle Aufwendungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs, die nicht geson­dert auszuweisen sind, wie z.B. Aufwendungen für Leasingraten.[53] Bei der Ermittlung der Rentabilität aus der nachhaltigen Geschäftstätigkeit werden diese Aufwendungen berücksichtigt, sofern sie regelmäßig anfallen. Son­stige Steuern enthalten alle gewinnunabhängigen Steueraufwendungen, wie z.B. Verkehrssteuern oder Verbrauchsteuern.[54] Da diese Steuern in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Umsatzprozess stehen, werden sie ebenfalls in die Berechnung einbezogen.

Die Kennzahl „Rentabilität aus der nachhaltigen Geschäftstätigkeit“ kann somit durch eine Steigerung des Umsatzes, eine Reduzierung der Kosten sowie durch eine Verringerung des eingesetzten Kapitals verbessert wer­den.

4.2.1.2. Kennzahl: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Bewertet werden soll die Kostensituation des Unternehmens. Hierzu wer­den die Umsatzerlöse des Jahres ins Verhältnis zu den Kosten des Leis­tungserstellungsprozesses gesetzt.

Die Kosten werden wie folgt ermittelt:

Materialaufwand
+ Personalaufwand
+ Abschreibungen auf das Anlagevermögen[55] + sonstige betriebliche Aufwendungen (soweit sie in Zusammenhang mit den Umsatzerlösen stehen)
-/+ Bestandsveränderungen bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen - aktivierte Eigenleistungen

= Kosten des Leistungserstellungsprozesses

Da die Umsatzerlöse eines Jahres ins Verhältnis zu den hierfür aufge­wendeten Kosten gesetzt werden sollen, ist - sofern das zu bewertende Unternehmen das Gesamtkostenverfahren anwendet - die Einbeziehung der Bestandsveränderungen sowie der aktivierten Eigenleistungen not­wendig. Ansonsten wären die Kosten bei einem massiven Verkauf der Vorjahresbestände, d.h. bei einer Bestandsminderung entsprechend ge­ring. Aus diesem Grund werden die Bestandsminderungen bei der Kos­tenermittlung addiert. Bei einer Bestandserhöhung, d.h. einer Produktion auf Lager wären die Kosten entsprechend höher, obgleich sie nicht in Zu­sammenhang mit den tatsächlichen Umsätzen (d.h. den abgesetzten Pro­dukten und Leistungen) gestanden hätten. Aus diesem Grund werden die Bestandserhöhungen bei der Kostenermittlung abgezogen.

Da auch aktivierte Eigenleistungen zu Kosten führen, die nicht in Zusam­menhang mit den Umsatzerlösen stehen, müssen sie im Rahmen der Ko­stenermittlung ebenfalls abgezogen werden.

Kritisch ist anzumerken, dass die tatsächlichen Kosten der Bestandsver­änderungen ermittelt werden müssten, diese Daten aber nur unterneh­mensintern zugänglich sind. Aus diesem Grund werden im Rahmen des Modells die bereits bewerteten Bestandsveränderungen subtrahiert bzw. addiert. Die Bestände werden zu Herstellungskosten bewertet.[56] Hierbei besteht jedoch nach § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB ein Aktivierungswahlrecht hinsichtlich der Einbeziehung bestimmter Kostenbestandteile bei der Er­mittlung der Höhe der Herstellungskosten. Aus diesem Grund ist die Kennzahl selbst nach Verrechnung der Bestandsveränderungen noch un­genau, da die Bestandsveränderungen zwar mit ihren Herstellungskosten bewertet werden, bei der Bestimmung der Herstellungskosten jedoch bi­lanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Ebenso können die Herstellungskosten der Vorjahresbestände unter denen der aktuellen Pe­riode liegen. Dies hätte positive Auswirkungen auf die Kennzahl, die Ursa­che hierfür (d.h. die niedrigeren Herstellungskosten, die z.B. aus der Fix­kostendegression resultieren können) läge allerdings in der Vergangenheit und nicht in der aktuellen Periode.

Welche Komponenten in den weiteren Posten enthalten sind, wurde oben bereits dargestellt.

Obgleich der Posten „sonstige Steuern“ zu den Kosten für die Leistungs­erstellung zu zählen ist, wird er bei der Berechnung der Kosten nicht ein­bezogen, da er von extern vorgegeben wird. Würden die sonstigen Steu­ern als Kostenfaktor berücksichtigt werden, würde sich die Kennzahl durch eine Steuererhöhung (z.B. der Mineralölsteuer) verschlechtern. Dies wür­de im Bewertungsmodell zu einem schlechteren Wert führen, der aller­dings nicht der Beteiligung durch Private Equity zugerechnet werden könnte.

Die Kennzahl verbessert sich, sobald die Umsatzerlöse stärker als die Kosten ansteigen bzw. sobald die Umsatzerlöse in einem kleineren Ver­hältnis als die Kosten abnehmen. Eine solche Verbesserung kann u.a. durch Rationalisierungsmaßnahmen erreicht werden.

Beachtet werden muss, dass die Kennzahl auch durch eine Reduzierung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung verbessert werden kann. Betrachtet man allein Kostengesichtspunkte, so erscheint eine Ver­besserung der Kennzahl gerechtfertigt. Als negativ wäre jedoch anzuse­hen, dass durch eine massive Reduzierung der Aufwendungen für For­schung und Entwicklung der langfristige Unternehmenserfolg gefährdet werden kann. Dieser Aspekt wird im Modell jedoch bei der Bewertung der Investitions- und Ausschüttungspolitik berücksichtigt,5' weshalb bei der Analyse der Ertragslage lediglich der Kostenaspekt betrachtet werden soll. Aus diesem Grund erscheint hier eine Verbesserung der Kennzahl durch Reduzierung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen vertretbar. bereinigter Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit Umsatzerlöse Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit drückt den Zahlungsüber­schuss aus, der durch die Umsatztätigkeit erwirtschaftetet werden konnte. Eine Erhöhung des Cashflows kann z.B. durch einen höheren Absatz, ei­ne optimierte Absatzstruktur oder durch zahlungswirksame Einsparungen beim Materialeinkauf erreicht werden.[57] [58] Der Cashflow aus laufender Ge­schäftstätigkeit gibt somit an, in welcher Höhe dem Unternehmen aus dem laufenden Umsatzprozess finanzielle Mittel für Gewinnausschüttungen oder Investitionen zur Verfügung gestanden haben.[59] Durch das Verhältnis von Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit und den Umsatzerlösen trifft die Kennzahl eine Aussage darüber, welcher Teil des Umsatzes im Unternehmen verbleibt und so für Investitionen oder Gewinnausschüttungen zur Verfügung steht.

Die Kennzahl, die auch als „Cashflow-Umsatzrate“ oder „Cashflow-Marge“ bezeichnet wird,[60] spiegelt somit die Liquiditätskraft des Unternehmens wider, indem sie die „liquiditätsmäßige Widerstandskraft des Unterneh­mens“[61], z.B. bei wechselkursbedingtem Erlösverfall am Absatzmarkt, darstellt. Auch gibt die Cashflow-Umsatzrate Auskunft über die Fähigkeit des Unternehmens, Zukunftsgestaltungen mit eigenen Mitteln finanzieren zu können.[62]

Beachtet werden muss bei der Bildung der Kennzahl, dass durch den Ver­kauf von Vorjahresbeständen zwar Einzahlungen, nicht jedoch die zuge- hörigen Auszahlungen erfolgen, da diese bereits in der Gewinn- und Ver­lustrechnung der Vorperiode erfasst wurden. Auf diese Weise würde der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit durch den Verkauf von Vorjah­resbeständen höher ausfallen, als dies gerechtfertigt erscheint. Andererseits würden durch eine Produktion auf Lager Kosten verursacht, wodurch der sich der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit verringern würde; geht man jedoch davon aus, dass die auf Lager produzierten Wa­ren in Zukunft am Markt abgesetzt werden können, so erscheint es ge­rechtfertigt, sie in der Periode der Leistungserstellung zu berücksichtigen. Aus diesem Grund muss der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit im Rahmen dieses Modells um die Bestandsveränderungen bereinigt wer­den.

Auf die Frage, ob der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit auch um die aktivierten Eigenleistungen bereinigt werden müsste, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Die aktivierten Eigenleistungen der BERU AG sind nur gering, weshalb diese Frage für die exemplarische Bewertung der Carlyle-Beteiligung an der BERU AG nur von untergeordneter Bedeu­tung ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kritisch ist anzumerken, dass der tatsächliche Absatz der auf Lager pro­duzierten Waren nicht gesichert ist. Durch eine Produktion auf Lager kann die hier verwendete „Cashflow-Größe“ somit positiv beeinflusst werden, da Bestandserhöhungen zum Cashflow addiert werden. Werden die Waren in Zukunft jedoch nicht abgesetzt, erscheint eben diese „Korrektur des Cash­flows“ nicht gerechtfertigt.

Ferner ist auf die Bewertungsproblematik der Bestandsveränderungen zu verweisen, die bereits in Kapitel 4.2.1.2 ausgeführt wurde.

4.2.2 Kennzahlen der Finanzierungslage

Mithilfe der Analyse der Finanzierungslage sollen Aussagen über die Zu­sammensetzung des Kapitals getroffen werden.[63] Die Finanzierungslage gibt Auskunft über die finanzielle Stabilität des Unternehmens sowie über evtl. bestehende Finanzierungsrisiken.[64]

Durch den Vergleich der Finanzierungslage vor und nach dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft wird somit eine Aussage über die Entwick­lung der Stabilität des Unternehmens ermöglicht.

Im Rahmen der Bewertung der Finanzierungslage werden die folgenden Kennzahlen gebildet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2.2.1. Kennzahl:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Das Verhältnis von Fremdkapital zu Gesamtkapital (x 100) wird als Ver­schuldungsgrad bezeichnet.

Auf die Multiplikation mit 100 soll im hier dargestellten Modell verzichtet werden, da dies mathematisch keine Auswirkungen auf die Bewertung hat.

Gewöhnlich wird ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 1:1 gefordert, also ein Verschuldungsgrad von 50%. Begründet wird dies da­mit, dass die Eigentümer eines Unternehmens mindestens den gleichen Teil zur Finanzierung beitragen sollen wie die Gläubiger.[65] Durch einen niedrigen Verschuldungsgrad verbessern sich u.a. die Mög­lichkeiten zur Erschließung und Erhaltung von Fremdkapitalquellen,[66] was für das Unternehmen einen Vorteil darstellt (z.B. um weitere Investitions­vorhaben finanzieren zu können).

Ein hoher Verschuldungsgrad bedeutet hingegen ein erhöhtes Finanzie­rungsrisiko, da für das Fremdkapital grundsätzlich Zins- und Tilgungsver­pflichtungen bestehen, das Eigenkapital dem Unternehmen hingegen auf Dauer zur Verfügung steht.[67]

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass durch den sog. Leverage-Effekt bei zunehmender Verschuldung eine Hebelwirkung auf die Eigenkapitalrenta­bilität eintritt. Die Eigenkapitalrentabilität verbessert sich mit zunehmender Verschuldung, sofern die Verzinsung des Gesamtkapitals höher ist als der Fremdkapitalzinssatz.[68] Verfolgt ein Unternehmen somit das Ziel der Maxi­mierung der Eigenkapitalrentabilität, so kann ein höherer Verschuldungs­grad unter den oben dargestellten Umständen von Vorteil sein.

Jedoch ist zu beachten, dass der Leverage-Effekt auch in die negative Richtung wirkt, sobald die Verzinsung des Gesamtkapitals niedriger als der Fremdkapitalzinssatz ist.[69] Ein hoher Verschuldungsgrad würde dann die finanzielle Stabilität des Unternehmens - die mit den Kennzahlen zur Finanzierungslage bewertet werden soll - beeinträchtigen.

Aus diesem Grund wird ein hoher Verschuldungsgrad im Rahmen des hier dargestellten Modells als negativ angesehen.

Werden z.B. nach der Beteiligung durch Private Equity Kredite auf den Beteiligungsnehmer übertragen bzw. verschuldet sich der Beteiligungs- nehmer, so würde sich der Fremdkapitalanteil und somit der Verschul­dungsgrad erhöhen. Dies würde bei der Bewertung der Finanzierungslage - je nach prozentualer Erhöhung des Verschuldungsgrades - negativ be­wertet werden.

4.2.2.2 Kennzahl:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Als Zinsen werden die Vergütungen für die Überlassung von Fremdkapital, z.B. für Bankkredite oder Hypotheken bezeichnet. Zu den ähnlichen Auf­wendungen zählen u.a. Bereitstellungsgebühren sowie die Abschreibung­en auf ein aktiviertes Disagio.[70]

Die zu bewertende Kennzahl wird (ohne Einbeziehung der Umlaufrendite) als Fremdkapitalzinslast bezeichnet.'[71] Sie zeigt die Höhe des durch­schnittlichen Fremdkapitalzinssatzes an. Eine hohe Fremdkapitalzinslast kann darauf hindeuten, dass ein Unternehmen aufgrund schlechter Bonität hohe Risikoaufschläge an seine Gläubiger zahlen muss.[72] [73] Verschlechtert sich die Fremdkapitalzinslast nach dem Einstieg der Beteiligungsgesell­schaft, kann dies also zum einen an verschlechterter Bonität, zum ande­ren daran liegen, dass dem Unternehmen von Seiten der Beteiligungsge­sellschaft Kredite mit überhöhten Zinszahlungsverpflichtungen übertragen wurden. Ebenfalls kann eine Verschlechterung der Fremdkapitalzinslast Folge einer Erhöhung des allgemeinen Zinsniveaus sein. Da die Ver­schlechterung in diesem Falle nicht aufgrund der Beteiligung durch Private Equity eintritt, wird die durchschnittliche Umlaufrendite des jeweiligen Jah­res vom Modell in die Bewertung der Kennzahl mit einbezogen.

Die Umlaufrendite spiegelt das aktuelle Zinsniveau des Kapitalmarktes wider.'3 Durch Einbeziehung der Umlaufrendite wird der externe Faktor „Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus“ in die Bewertung einbezo­gen, sodass Veränderungen der Fremdkapitalzinslast, die auf einer Ände- rung dieses unternehmensexternen Faktors beruhen, weder positiv noch negativ in die Bewertung eingehen.

Kritisch ist anzumerken, dass eine Verzerrung der Kennzahl durch diesen Faktor lediglich minimiert, nicht aber vollständig ausgeschlossen werden kann, da nur der jährliche Durchschnittswert der Umlaufrendite in die Be­wertung einbezogen wird.

4.2.2.3 Kennzahl:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Die Kennzahl wird als „working capital ratio“ bezeichnet. Sie wird häufig als Indikator für die Finanz- und Ertragskraft eines Unternehmens heran­gezogen.[74] Verbessert sich dieser Indikator nach der Beteiligung durch Private Equity, so ist dies positiv zu bewerten. Entsprechend wird eine Verschlechterung gegenüber der Zeit vor der Private Equity Beteiligung im Modell negativ bewertet.

Als Umlaufvermögen sollen bei der Berechnung dieser Kennzahl alle Vermögensgegenstände angesehen werden, die sich innerhalb eines Jah­res monetarisieren lassen, unabhängig davon, ob sie im Umlauf- oder im Anlagevermögen bilanziert sind.[75]

Das kurzfristige Fremdkapital wird wie folgt ermittelt:[76]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Vgl. http://www.dihk.de/index.htmP/inhalt/informationen/news/schwerpunkte/chance unternehmen/meldung2/meldung015.html

[2] Vgl. Maier, Der Heuschreckenfaktor, S. 1

[3] Franz Müntefering im Interview mit der Bild am Sonntag, erschienen am 17. April 2005

[4] Vgl. http://www.yeald.de/Yeald/a/61481/private_equity_ txu___ der_naechste_rekord deal.html;jsessionid=64B99B1C04DF310B23D7D774127B751A

[5] Vgl. Manager-Magazin vom 9. Mai 2007

[6] Vgl. Manager-Magazin vom 18. August 2004

[7] auf mögliche Chancen und Risiken wird in Kapitel 3.3 näher eingegangen

[8] Vgl. Eckstaller/Huber-Jahn, Private Equity und Venture Capital, S. 11

[9] Vgl. Eckstaller/Huber-Jahn, Private Equity und Venture Capital, S. 11

[10] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 22

[11] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 17

[12] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 22

[13] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 22

[14] Vgl. Zantow, Finanzierung, S. 80

[15] Vgl. Bea/Haas, Strategisches Management, S. 85

[16] Vgl. Bea/Haas, Strategisches Management, S. 171

[17] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 726

[18] das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG des Eu­ropäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006

[19] Vgl. http://www.bundesfinanzministerium.de/lang_de/nn_1940/nsc_true/DE/Geld__ und __ Kredit/Aktuelle__ Gesetze/Entwurf__ eines__ Gesetzes__ zur__ Umsetzung__ Bankenric htlinie,templateId=renderPrint.html

[20] Vgl. FAZ vom 25. Juni 2004

[21] Vgl. Lüpken, Alternative Finanzierungsinstrumente, S. 57

[22] Vgl. http://www.dihk.de/index.html7/inhalt/informationen/news/schwerpunkte/chanceunt ernehmen/meldung2/meldung015.html

[23] Vgl. Lüpken, Alternative Finanzierungsinstrumente, S. 125; vgl. auch Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 17

[24] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 17

[25] Vgl. Lüpken, Alternative Finanzierungsinstrumente, S. 125

[26] Vgl. Lüpken, Alternative Finanzierungsinstrumente, S. 125; vgl. auch Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 17

[27] Vgl. Busack/Kaiser, Handbuch Alternative Investments, S. 17

[28] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, Strategisches Management, S. 245

[29] http://wipo.verdi.de/wirtschaftspolitische_informationen/data/Hedgefonds

[30] Vgl. http://wipo.verdi.de/wirtschaftspolitische_informationen/data/Hedgefonds

[31] Vgl. Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, S. 43

[32] Vgl. Bea/Haas, Strategisches Management, S. 84

[33] Vgl. Bea/Haas, Strategisches Management, S. 84

[34] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 851

[35] zur Ermittlung des nachhaltigen Betriebsergebnisses s.u.

[36] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 47

[37] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1061

[38] Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 99

[39] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 853

[40] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 853

[41] Abschreibungen auf das Finanzanlagevermögen bleiben hierbei unberücksichtigt, s.u.

[42] Vgl. Schettler, Bilanzen richtig lesen, S. 94

[43] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 94 f.

[44] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 96

[45] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 95

[46] Vgl. die exemplarische Bewertung anhand der Jahresabschlüsse der BERU AG im Anhang dieser Arbeit

[47] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 280

[48] Vgl. Schettler, Bilanzen richtig lesen, S. 96 f.

[49] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 97

[50] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1062

[51] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 918

[52] Vgl. Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 695

[53] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 98

[54] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 101

[55] Abschreibungen auf das Finanzanlagevermögen bleiben hierbei unberücksichtigt, s.o.

[56] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 281

[57] Vgl. dazu Kapitel 4.2.3

[58] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 146

[59] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 837

[60] Vgl. Lachnit, Bilanzanalyse, S. 255

[61] Lachnit, Bilanzanalyse, S. 255

[62] Vgl. Lachnit, Bilanzanalyse, S. 255

[63] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 820

[64] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1064

[65] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 821

[66] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 821

[67] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 172

[68] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 821 f.

[69] Vgl. Zantow, Finanzierung, S. 397

[70] Vgl. Scheffler, Bilanzen richtig lesen, S. 99

[71] Vgl. Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik, S. 816

[72] Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1064 f.

[73] http://www.geld-welten.de/glossar/u-wie-unterbewertung/umlaufrendite.html

[74] Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 969

[75] Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 969

[76] Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 930

Fin de l'extrait de 100 pages

Résumé des informations

Titre
Heuschrecken oder Segensbringer? Entwicklung eines Instrumentariums zur Beurteilung der Auswirkungen des Einstiegs von Beteiligungsgesellschaften
Université
Pforzheim University
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
100
N° de catalogue
V142128
ISBN (ebook)
9783640530342
ISBN (Livre)
9783640529995
Taille d'un fichier
1297 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Arbeit wurde mit dem Förderpreis der Theo-Münch-Stiftung ausgezeichnet.
Mots clés
Beteiligungsgesellschaften, Private Equity, Hedgefonds, Heuschrecken
Citation du texte
Daniel Wischemann (Auteur), 2008, Heuschrecken oder Segensbringer? Entwicklung eines Instrumentariums zur Beurteilung der Auswirkungen des Einstiegs von Beteiligungsgesellschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142128

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