Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks Anfang der 1990 reklamiert das demokratische Staatsmodell eine unangefochtene Vormachtstellung innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft. Zudem beflügelte das Ende der Ost-West-Konfrontation den Optimismus zahlreicher westlicher Industrienationen und internationaler Organisationen wie der EU, ihr Staatsmodell noch stärker als zuvor in undemokratische Staaten zu tragen und auf diese Weise Frieden, Wohlstand und Menschenrechte auf globaler Ebene zu etablieren.
Auch das ostafrikanische Land Äthiopien wurde von dieser „Dritten Welle der Demokratisierung“ erfasst, als das Rebellenbündnis der TPLF die marxistische Diktatur des Dergs 1991 gewaltsam beendete.
Die EU entsandte eine verhältnismäßig große Delegation an Wahlbeobachtern unter der Führung der Spanierin Ana Goméz. Die Ergebnisse der Delegation in Äthiopien fielen in doppelter Hinsicht desaströs aus: Zum einen stellte die Delegation trotz der positiven Anzeichen im Vorfeld der Wahl gravierende Menschrechtsverletzungen und Wahlmanipulationen fest, zum anderen stand die Delegation zeitweise selber im Zentrum der Kritik, als interne Kritik an öffentlichen Stellungnahmen aus dem Kreis der Mission nach Außen drang. Diese Seminararbeit untersucht die Vorgehensweise, Einflussmöglichkeiten und vor allem die Grenzen von Wahlbeobachtung als Instrument von externer Demokratieförderung. Die Arbeit schließt in Kapitel 5 mit dem Fazit, dass im Falle Äthiopiens die democracy promoter nach wie vor hinter der Logik des international security agent zurücktreten mussten und die verhaltenen Reaktionen der EU zu einem großen Teil mit dieser Prioritätensetzung auf den Agenden der internationalen Politik zu erklären ist. Der Fall der europäischen Beobachtungsmission bei den Parlamentswahlen in Äthiopien zeigt darüber hinaus, dass Wahlbeobachtung als Instrument externer Demokratisierung, auch auf Grund der unprofessionellen Verhaltensweise seitens der Mission mit Glaubwürdigkeitsdefiziten zu kämpfen hat und schon allein deshalb keinen Beitrag zur Demokratisierung leisten konnte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theorieteil: Demokratie (export) - Wahlbeobachtung als Teil der Demokratieförderung
- 2.1. Demokratie - Staatsmodell ohne Konkurrenz
- 2.2. Demokratisierung - Prozess ohne Gewähr
- 2.3. Die Bedeutung von Wahlen für Demokratisierungsprozesse
- 2.4. Wahlbeobachtung als Teil des Demokratieexports
- 3. Demokratieförderung innerhalb der europäischen Entwicklungszusammenarbeit
- 3.1. Money first - Die bisherige europäische Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika
- 3.2. Die neue Afrikastrategie der EU: Entwicklung durch Demokratisierung
- 3.2. Die Afrikastrategie der EU auf dem wissenschaftlichen Prüfstand
- 4. Demokratie in Äthiopien
- 4.1. Äthiopien seit 1991 – eine blockierte Demokratie
- 4.2. Aufbruch in einen neuen Pluralismus? - Die Parlamentswahlen 2005 und die Rolle der EU-Wahlbeobachter
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Vorgehensweise, Einflussmöglichkeiten und Grenzen von Wahlbeobachtung als Instrument externer Demokratieförderung am Beispiel der EU-Wahlbeobachtungsmission in Äthiopien. Die Arbeit analysiert die theoretischen Grundlagen von Demokratie und Demokratisierungsprozessen sowie die Rolle der Wahlbeobachtung. Weiterhin beleuchtet sie die europäische Entwicklungszusammenarbeit und deren Einfluss auf Demokratisierungsprozesse in Afrika.
- Demokratie als Staatsmodell und dessen globale Verbreitung
- Demokratisierungsprozesse und deren Herausforderungen
- Wahlbeobachtung als Instrument der Demokratieförderung
- Europäische Entwicklungszusammenarbeit und ihre Afrikastrategie
- Fallstudie: EU-Wahlbeobachtungsmission in Äthiopien
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den globalen Aufstieg des demokratischen Staatsmodells nach dem Ende des Kalten Krieges und den Optimismus, dieses Modell in undemokratische Staaten zu exportieren. Sie führt das Beispiel Äthiopiens ein, wo nach dem Sturz des Derg-Regimes 1991 ein autokratisches Regime mit demokratischer Fassade entstand. Die EU-Wahlbeobachtungsmission bei den Parlamentswahlen 2005 wird als Ausgangspunkt der Untersuchung vorgestellt, die sowohl positive als auch negative Aspekte aufzeigte, wodurch die Grenzen der externen Demokratieförderung deutlich wurden.
2. Theorieteil: Demokratie(export) - Wahlbeobachtung als Teil der Demokratieförderung: Dieser Kapitelteil legt die theoretischen Grundlagen für das Verständnis von Demokratie, Demokratisierung und Wahlbeobachtung. Es werden die Merkmale einer Demokratie nach Dahl diskutiert, die Herausforderungen der Demokratisierungsprozesse hervorgehoben und die Rolle der Wahlbeobachtung als Instrument der Demokratieförderung beleuchtet. Der Fokus liegt auf den Kriterien einer Polyarchie und den damit verbundenen Normen und Werten. Die Grenzen des Konzepts "Demokratieexport" und die damit verbundenen Schwierigkeiten werden angedeutet.
3. Demokratieförderung innerhalb der europäischen Entwicklungszusammenarbeit: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der EU in der Demokratieförderung in Afrika, insbesondere im Kontext der neuen Afrikastrategie. Es wird der Unterschied zwischen der bisherigen und der neuen Strategie analysiert, wobei die Kritik an der neuen Strategie im Vordergrund steht. Der Fokus liegt auf der Frage, inwieweit die neue Strategie über Lippenbekenntnisse hinausgeht und ob europäische Sicherheitsinteressen die eigentlichen Motive überlagern. Die Schwächen und Fallstricke des Instrumentes "Wahlbeobachtung" werden ebenfalls thematisiert.
4. Demokratie in Äthiopien: Dieses Kapitel liefert einen Überblick über die politische Entwicklung Äthiopiens seit 1991, einschließlich der Parlamentswahlen 2005. Es analysiert die Herausforderungen der Demokratisierung in Äthiopien vor dem Hintergrund des autokratischen Regimes und bewertet die Rolle der EU-Wahlbeobachter bei den Wahlen 2005. Der Fokus liegt auf den beobachteten Menschrechtsverletzungen und Wahlmanipulationen sowie auf der Kritik an der EU-Delegation selbst.
Schlüsselwörter
Demokratieexport, Wahlbeobachtung, Demokratieförderung, Demokratisierung, Europäische Union, Entwicklungszusammenarbeit, Äthiopien, Parlamentswahlen 2005, Good Governance, Menschrechtsverletzungen, Wahlmanipulationen, Sicherheitsinteressen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Wahlbeobachtung als Instrument der Demokratieförderung - am Beispiel der EU-Mission in Äthiopien
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Vorgehensweise, Einflussmöglichkeiten und Grenzen von Wahlbeobachtung als Instrument externer Demokratieförderung. Am Beispiel der EU-Wahlbeobachtungsmission in Äthiopien bei den Parlamentswahlen 2005 wird analysiert, wie effektiv Wahlbeobachtung zur Demokratisierung beiträgt und welche Herausforderungen damit verbunden sind.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die theoretischen Grundlagen von Demokratie und Demokratisierung, die Rolle der Wahlbeobachtung, die europäische Entwicklungszusammenarbeit und deren Einfluss auf Demokratisierungsprozesse in Afrika, sowie eine Fallstudie zur EU-Wahlbeobachtungsmission in Äthiopien. Schwerpunkte sind die Herausforderungen der Demokratisierung, die Grenzen des "Demokratieexports", die Kritik an der EU-Afrika-Strategie und die Bewertung der EU-Beobachterrolle in Äthiopien.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Eine Einleitung, einen Theorieteil zu Demokratie, Demokratisierung und Wahlbeobachtung, ein Kapitel zur Demokratieförderung innerhalb der europäischen Entwicklungszusammenarbeit mit Fokus auf Afrika und die Afrikastrategie der EU, sowie ein Kapitel zur politischen Entwicklung Äthiopiens seit 1991 und den Parlamentswahlen 2005 unter Berücksichtigung der EU-Wahlbeobachtungsmission.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit analysiert die theoretischen Grundlagen von Demokratie und Demokratisierungsprozessen sowie die Rolle der Wahlbeobachtung. Sie beleuchtet die europäische Entwicklungszusammenarbeit und deren Einfluss auf Demokratisierungsprozesse in Afrika und untersucht am Beispiel Äthiopiens die Vorgehensweise, Einflussmöglichkeiten und Grenzen von Wahlbeobachtung als Instrument externer Demokratieförderung.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind: Demokratieexport, Wahlbeobachtung, Demokratieförderung, Demokratisierung, Europäische Union, Entwicklungszusammenarbeit, Äthiopien, Parlamentswahlen 2005, Good Governance, Menschenrechtsverletzungen, Wahlmanipulationen und Sicherheitsinteressen.
Was sind die zentralen Ergebnisse der Kapitelzusammenfassungen?
Die Einleitung stellt den globalen Aufstieg des demokratischen Modells und den Fall Äthiopiens vor. Der Theorieteil legt die Grundlagen zu Demokratie, Demokratisierung und Wahlbeobachtung dar. Das Kapitel zur Entwicklungszusammenarbeit analysiert die EU-Strategie für Afrika und deren Kritikpunkte. Das Kapitel zu Äthiopien behandelt die politische Entwicklung und die Rolle der EU-Wahlbeobachter bei den Wahlen 2005, inklusive beobachteter Mängel.
Wie wird die Afrikastrategie der EU bewertet?
Die Arbeit kritisiert die Afrikastrategie der EU und hinterfragt, inwieweit sie über Lippenbekenntnisse hinausgeht und ob europäische Sicherheitsinteressen die eigentlichen Motive überlagern. Die Schwächen und Fallstricke des Instruments "Wahlbeobachtung" werden ebenfalls thematisiert.
Welche Rolle spielten die EU-Wahlbeobachter in Äthiopien?
Die Arbeit analysiert die Rolle der EU-Wahlbeobachter bei den äthiopischen Parlamentswahlen 2005, beleuchtet beobachtete Menschenrechtsverletzungen und Wahlmanipulationen und kritisiert die EU-Delegation selbst.
- Arbeit zitieren
- Diplom Politologe Gerrit Rohde (Autor:in), 2006, Wahlbeobachtung als Instrument für Demokratieexport am Beispiel Äthiopien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142351