Deutsch-russische literarische Wechselwirkungen


Term Paper, 2009

22 Pages, Grade: 2


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Untersuchungsziel
1.1.1 Forschungsstand

2 Deutsch-russische literarische Beziehungen
2.1 Die komparative deutsch-russische Literaturwissenschaft
2.1.1 Übersetzungstechniken

3 Russisch literarischer Einfluss zu Beginn des 20. Jahrhunderts
3.1 Russlandbilder in den Werken von Rainer Maria Rilke
3.2 Russland in Thomas Manns Werken
3.3 Vermittlung des Religiösen durch Henry von Heiseler
3.4 Goethes Einfluss auf Bulgakov
3.4.1 Goethes Idee der Weltliteratur
3.4.2 Faust in Master und Margarita

4 Deutsch-polnische Literaturbeziehung
4.1 Literatur als Spiegel nationalpolitischer Verhältnisse

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Die Literatur ist ein Fenster, durch welches ein Volk dem anderen in die Augen sehen kann[1]

1 Einleitung

Die deutsch-russischen Beziehungen haben sich über die Jahrhunderte je nach politischer Aktualität grundlegend gewandelt. Seit Beendigung des Ost-West-Konfliktes wurden aus ehemals politischen Kontrahenten Partner. Ihr gegenseitiges Verhältnis ist heute nicht mehr von der Vergangenheit belastet, auch nicht von ethnischen oder religiösen Differenzen. Selbst Themen, wie die in Russland lebende deutsche Minderheit, bieten keine Barriere im neuen Ost-West-Dialog. Dieses enge politische Verhältnis findet man bereits in den früheren künstlerischen Beziehungen, vor allem auf dem Gebiet der Literatur. Diese positiven gegenseitigen Interaktionen trugen zu einem tieferen Verständnis beider Kulturen bei und sollen an den deutsch-russischen literarischen Beziehungen näher betrachtet werden. Auf Grund ihrer Vielfältigkeit können jedoch nur einige ausgewählte Aspekte und Literaten näher betrachtet werden.

1.1 Untersuchungsziel

Ziel der Studie ist die Darstellung der deutsch-russischen literarischen Beziehungen am Beispiel von Thomas Mann, Rainer Maria Rilke, Henry von Heiseler, und Michail Bulgakov mit einem abschließenden Vergleich zu den deutsch-polnischen Wechselwirkungen am Beispiel von Adam Mickiewicz. Die hier untersuchten Literaten sind in der Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts fest verankert. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen der gegenseitige literarische Einfluss und deren Verarbeitung in den literarischen Werken.

Das zweite Kapitel widmet sich den deutsch russischen Beziehungen der komparativen Literaturwissenschaft. Anschließend werden die Autoren Thomas Mann, Rainer Maria Rilke und Henry von Heiseler und deren Russlandkonzeption in ihren Werken näher betrachtet. Im dritten Kapitel werden der russische Autor Michail Bulgakov und sein Meisterwerk Master i Margerita kurz auf den Einfluss Goethes untersucht. Abschließend wird noch ein Vergleich mit den deutsch-polnischen literarischen Wechselwirkungen am bekannten Autor Adam Mickiewicz durchgeführt. Die in dieser Studie erwähnten literarischen Werke werden nur im Hinblick auf ihre deutsch-russischen Einflüsse näher betrachtet.

1.1.1 Forschungsstand

Die komparative deutsch-russische Literaturwissenschaft ist ein gut dokumentiertes und vielseitig untersuchtes Wissensgebiet. Einzelne komparative Literaturwissenschaftler und ihre Werke hier zu rezensieren, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Erwähnt sollte das Werk von Stefan Simonek werden, der sich der Erforschung kultureller Austauschprozesse widmet. In seinem Buch veröffentlicht er Beiträge eines Symposiums, welche sich den österreichisch-russischen Literaturbeziehungen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart widmet[2].

2 Deutsch-russische literarische Beziehungen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann das Interesse der Deutschen an der russischen Literatur. Puschkin, Gogol, Tschechow, Dostojewskij, Tolstoi und Turgenew zählten zu den beliebtesten Literaten Russlands und ihre Werke hatten auch einen nachhaltigen Einfluss auf die deutsche literarische Tätigkeit. Erst nach der russischen Revolution stagnierten die slawische Literatur und ihr Einfluss auf Deutschland. Seit der Öffnung Russlands 1989 findet erneut ein verstärkter literarischer Austausch zwischen den beiden Ländern statt. Bevor die Untersuchung einzelner Literaten beginnt, wird ein Überblick über die komparative Literaturwissenschaft gegeben.

2.1 Die komparative deutsch-russische Literaturwissenschaft

„(…) eine der brillantesten Epochen in der Geschichte der Menschheit[3] “ bildet für die Literaturwissenschaft die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der sich die deutsch-russischen Beziehungen zu festigen begangen. Die Humanwissenschaften, hier relevant die Literatur, verknüpfte die unterschiedlichen Kulturen Europas miteinander. Im Zuge dessen kam es zur Beschäftigung mit fremdsprachigen Literaturen, jedoch stets unter dem Vorwand so nationale Interessen ideologisch besser verstehen zu können[4]. Der politische Erfolg in der Geschichte Russlands führte zu einer hohen Selbsteinschätzung und äußerte sich in neuer Kontaktfreude zu westlichen Kulturen und Beziehungen. Durch die Erforschung der deutschen Kultur und ihrer Aufnahme in Russland, erhofften sich die russischen Wissenschaftler neue Erkenntnisse über den Sinn und den Platz der russischen Literatur in der Weltkultur zu sammeln. Von großem Interesse sind hier die Einflüsse von Goethe, Heine, Lessing, Schiller, Rilke und Thomas Mann zu nennen, wobei in dieser Studie nicht auf alle Literaten eingegangen werden kann.

Die literarischen Beziehungen können und sollten nicht nach Werken und Autoren unterteilt werden, sondern nach der Intensität ihres Einflusses. Viele russische Literaten hatten eine enge Beziehung zu Deutschland und ihre Werke können nicht ohne den Zusammenhang mit der deutschen Kultur verstanden werden. Betrachtet man einige beliebige Beispiele, kann man einen Alexander Blok nicht ohne die deutsche Romantik verstehen, einen Afanassij Fet nicht ohne die Theorien Schopenhauers, Maxim Gorkij, aber auch Heine nicht ohne Nietzsche.

Gleichzeitig sollte aber auch die Frage des Einflusses der russischen Literatur auf Deutschland gestellt werden, da man z.B. die deutsche Moderne ohne Dostojewskij kaum wirklich erschließen und verstehen kann[5]. Auch Rainer Maria Rilke versteht man nicht, ohne seinen Bezug zu Russland zu kennen, wie auch bei Schiller das Motiv Sibirien in seinen Werken stets auftaucht[6].

An dieser Stelle bleibt zu bedenken, dass die russisch-deutschen Beziehungen eher von slawischen Germanisten bearbeitet werden, als von deutschen[7].

2.1.1 Übersetzungstechniken

Bei der Übernahme fremdsprachlicher literarischer Werke besteht die Notwendigkeit, diese in die jeweilige Muttersprache des Landes zu übersetzen. Diese Übersetzungen entsprechen aber niemals dem Original und werden häufig als Nachahmer klassifiziert. Dennoch wird das Werk zu einem Bestandteil der neuen Kultur und ihr den Kontrast und die Differenzen zur anderen Nation bewusst macht, aber auch ihre eigenen Schwächen und Stärken aufzeigt[8]. In diesem Fall liegt eine direkte Beeinflussung beider Kulturen vor, vor allem wenn man die direkte Nutzung einer der beiden Quellen nachweisen kann[9]. Das literarische Werk behält jedoch seinen literarisch-historischen Einfluss und wird als neues Leitprinzip angeführt. Nebensache bleibt, wie oft z. B. ein Rilke Aleksander Blok erwähnt oder wer Blok über den deutschen Autor informierte. Dank der Literatur kann sich der Leser aber in das fremde Kulturgut tiefer einfühlen. Die Wissenschaftler selbst hingegen werden unbewusst von Verhaltensweisen beider Literaturen geprägt. Um nun jeweils die deutsche oder russische Literatur aus Lesersicht zu verstehen, erfordert genaueste Kenntnisse über Sprache, Politik und Historie des jeweiligen Landes.

Die Aufgabe der Literaturwissenschaftler besteht nicht darin, etwas Geheimnisvolles zu entdecken, sondern aus zwei Teilen ein Ganzes zu schaffen. Bei den Übersetzungen handelt es sich nicht um die Entdeckung des Werkes, sondern seinen Inhalt und Wert mit der eigenen Sprache zu entdecken und zu verstehen, um die eigene Kulturwelt zu schützen, aber auch das gegenseitige Verständnis zu fördern.

Vielfach werden die zu übersetzenden Texte nicht nach dem Rang ausgewählt, den sie in der eigenen Literaturwelt haben, sondern nach den Bedürfnissen der fremdsprachigen Leser, welche durch die eigene nationale Literatur nicht ausreichend abgedeckt werden[10]. Der Übersetzer übernimmt an dieser Stelle eine Vermittlerrolle und schätzt ab, wie das neue Werk sich in das einheimische literarische Leben des Lesers integrieren könnte[11]. Er wird so zum Repräsentant des zeitgenössischen literarischen Geschmacks.

Die russische Kultur vermittelte auch die Basis der deutschen Romantik, vor allem den Glauben an die Unendlichkeit und der Gottverbundenheit, der tief in der Volksseele wurzelt ist[12]. Dadurch kann man auch verstehen, warum Goethe zu den einflussreichsten westeuropäischen Literaten für die Moderne galt. Die geistige Verwandlung des Menschen war prägend für diese Zeiterscheinung. Sein Weltbild setzt sich nicht der realen Welt entgegen, sondern erwächst in der Alleinheit des Absoluten Seins[13]. Dieser Glaube an die Unendlichkeit wird auch von russischen Literaten nach Deutschland transportiert.

[...]


[1]) Zit. Dedecius, Karl: Polnische Literatur und deutsch-polnische Literaturbeziehungen, in: bpb: Bundeszentrale für politische Bildung, http://www.bpb.de/themen/HTPRBB,0,0,Polnische_Literatur_und_deutschpolnische_Literaturbeziehungen.html.

[2]) Vgl. Simonek, Stefan/Holzner, Johann/Wiemüller Wolfgang (Hrsg.): Russland – Österreich. Literarische und kulturelle Wechselwirkungen, Bern, 2000.

[3]) Zit. Stepun, Fedor: Portrety (Porträts), St. Petersburg, 1999, S. 183f.

[4]) Vgl. Žerebin, Alexej, I.: Der Geheimkode der russischen Germanistik. Zur Geschichte der historisch-vergleichenden Methode, Übersetzung aus: Russische Germanistik, Jahrbuch des Russischen Germanistenverbandes 1, Moskau, 2004, in: http://www.daad.ru/rsg/pdf-files/Aufs2004Zerebin.pdf, S. 7.

[5]) Ebd., S. 12.

[6]) Vgl. Sinner, Ervgin, P.: Sibirien im dichterischen Werk Albrecht Hallers, in: Wissenschaftlicher Sammelband zum 70. Geburtstag des Akademiemitglieds Michail P. Alekseev, Moskau/Leningrad, 1966, S. 270ff. Zum Thema „Sibirien” siehe auch Schillers Vorwort zur: Anthologie auf das Jahr 1782, in: Rußland und der Westen. Aus der Geschichte der literarischen Beziehungen, Leningrad, 1973, S. 16ff.

[7]) Vgl. Žerebin, a.a.o., S. 12.

[8]) Ebd., S. 15.

[9]) Ebd., S. 16.

[10]) Vgl. Lukas, Katarzyna: Das Weltbild und die literarische Konvention als Übersetzungsdeterminanten. Adam Mickiewicz in deutschsprachigen Übersetzungen, Berlin, 2009, S. 45.

[11]) Ebd., S. 51.

[12]) Vgl. Žerebin, a.a.o., S. 23.

[13]) Ebd., S. 24.

Excerpt out of 22 pages

Details

Title
Deutsch-russische literarische Wechselwirkungen
College
Université Toulouse II - Le Mirail  (für deutsche Literatur)
Grade
2
Author
Year
2009
Pages
22
Catalog Number
V142934
ISBN (eBook)
9783640520206
ISBN (Book)
9783640522002
File size
413 KB
Language
German
Keywords
Deutsch-russische, Wechselwirkungen
Quote paper
Christina Herzog (Author), 2009, Deutsch-russische literarische Wechselwirkungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142934

Comments

  • Christina Herzog on 1/18/2010

    Sehr gute Arbeit. Das Thema wurde sehr gut ausgearbeitet und die wesentlichen Punkte erfasst.

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Title: Deutsch-russische literarische Wechselwirkungen



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