„Ich ging die Treppe rauf und sah dort einen Mann, der war nicht da.“ Dieses Zitat aus dem Film Identität spiegelt ein zentrales Symptom dissoziativer Identitätsstörung wider, das sich in Form von visuellen, akustischen oder haptischen Halluzinationen äußern kann. Das Interesse der post-modernen Gesellschaft an psychischen Krankheiten im Kino kann bis Mitte der 70er Jahre zurückverfolgt werden, in der die Verfilmung von Ken Keseys Einer flog über das Kuckucksnest einen Anti-Psychiatrie Diskurs initiierte. Miloş Formans Verfilmung stellte psychiatrische Fehldiagnosen und deren fatale Folgen für die vermeintlich an psychischen Krankheiten leidenden Patienten visuell dar, so dass es dem Zuschauer möglich war die an Folter grenzenden Behandlungsmethoden intensiv nachzuvollziehen und als inhuman zu verurteilen. Diese Kritik an der psychiatrischen Praxis wurde Ende der 90er Jahre mit James Mangolds Verfilmung von Susanna Kaysens autobiographischem Roman Durchgeknallt wieder aufgegriffen. Die eigentlichen Anfänge im Umgang mit psychisch Kranken reichen jedoch weit in das 18. Jahrhundert zurück und spiegeln sich in der zeitgenössischen Literatur wider, die psychische Krankheiten, so wie wir sie heute bezeichnen, anhand von Wahnsinns- und Doppelgängerphänomenen thematisiert. Der Schauerliteratur des 18. Jahrhunderts und der Verfilmung psychischer Krankheiten ist eines über die Jahrhunderte gemein geblieben: Beide thematisieren und kriminalisieren die psycho-pathologische Variante der Identität und stellen die Frage, ob der Protagonist, weil psychisch krank, unschuldig oder doch schuldig sei. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts wird versucht dieser Frage auch in Serien, wie CSI oder Medium, etc. mal mit wissenschaftlichen, mal mit übersinnlichen Mitteln, nachzugehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Genre des Psychothrillers
- James Mangolds Identität
- Interpretation
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Analyse des Films „Identität“ von James Mangold zielt darauf ab, die Kriminalisierung psychischer Krankheiten, insbesondere der dissoziativen Identitätsstörung, im Kontext des Psychothriller-Genres zu untersuchen. Der Film nutzt die filmische Sprache, um die Komplexität von Identität, Schuld und Verantwortung im Kontext von psychischer Krankheit zu beleuchten.
- Das Genre des Psychothrillers und seine filmischen Mittel zur Darstellung von psychischer Krankheit
- Die dissoziative Identitätsstörung als Thema im Film
- Die Frage nach Schuld und Verantwortung bei psychisch Kranken
- Die Verhandlung von Identität und Selbstwahrnehmung im Kontext von Trauma und Verdrängung
- Die Rolle des Zuschauers in der Interpretation der Handlung und der Figur des Protagonisten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema der Kriminalisierung psychischer Krankheiten im Film ein und stellt den Film „Identität“ von James Mangold als Beispiel für diese Thematik vor. Es wird die Entwicklung der Darstellung psychischer Krankheiten im Film von den 1970er Jahren bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts skizziert und die Bedeutung der dissoziativen Identitätsstörung als Thema hervorgehoben.
Zum Genre des Psychothrillers
Dieser Abschnitt beleuchtet das Genre des Psychothrillers und seine spezifischen Merkmale. Es wird die Rolle von Spannung, inneren Konflikten und der Psyche des Protagonisten in der Handlung des Psychothrillers erläutert. Die Analyse zeigt, wie James Mangold „Identität“ als Psychothriller einzuordnen ist, der die Elemente von Spannung, psychischen Traumata und einem rätselhaften Handlungsverlauf kombiniert.
James Mangolds Identität
Die Kapitelüberschrift „James Mangolds Identität“ befasst sich mit der Handlung des Films und beschreibt den Ort, die Zeit und die Figurenkonstellation der Rahmen- und Binnenhandlung. Der Film ist in zwei parallel verlaufende Handlungsstränge geteilt, die sich durch Rückblenden miteinander verbinden. Diese Struktur dient der Erzeugung von Spannung und Ungewissheit beim Zuschauer.
- Citar trabajo
- Hildegard Schnell (Autor), 2009, Kriminalisierung psychischer Krankheiten im Film am Beispiel von James Mangolds 'Identität' (2003), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142941