In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema der Arzt Patient Beziehung beschäftigen. Um das komplexe Thema einzugrenzen widme ich mich schwerpunktmäßig dem Buch Medizinische Soziologie von Siegrist 1995. Wie hat sich die Rolle des Arztes im historischen Verlauf geändert und wodurch ist sie gekennzeichnet? Um diese Frage zu beantworten gehe ich zu allererst auf die Ärzteschaft als Profession und Autonomie näher ein, um den Rahmen des geschichtlichen Kontextes abzustecken. Die Rolle des Arztes und die des Patienten wird dann im Verlauf meiner Arbeit differenzierter betrachtet. Dabei stellt sich die Frage was sie für Veränderungen mit sich bringt. Kritische Aspekte werden herausgearbeitet, um die Soziologie der Arzt Patient Beziehung aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Da sich hierbei die Kommunikationsprozesse als besonders bedeutsam hervorheben, steht der psychologische Aspekt „Offenheit kann man lernen“ im Fokus. Was für Probleme führt die Arzt Patient Beziehung heute mit sich? Die gegenwärtige Situation der Arzt Patient Beziehung soll den Schluss und Ausblick darstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Ärzteschaft als Profession
2.1 Die Ärzteschaft historisch betrachtet
2.2 Die Autonomie der Ärzte
3. Unterschiedliche Aspekte der Soziologie der Arzt Patient Beziehung
3.1 Die Rolle des Arztes - Pattern Variables / allgemeine Handlungsorientierungen
3.2 Sozialisationsprozess
3.3 Die Rolle des Patienten
3.4 Information und Kommunikation in der Arzt Patient Beziehung
3.5 „Offenheit kann man lernen“ Die Arzt-Patient Interaktion, der psychologische Aspekt
4. Gegenwärtige Entwicklung der Arzt Patient Beziehung
5. Schluss
6. Literaturverzeichnis
1.) Einleitung
In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema der Arzt Patient Beziehung
beschäftigen. Um das komplexe Thema einzugrenzen widme ich mich
schwerpunktmäßig dem Buch Medizinische Soziologie von Siegrist 1995. Wie hat sich die Rolle des Arztes im historischen Verlauf geändert und wodurch ist sie gekennzeichnet? Um diese Frage zu beantworten gehe ich zu allererst auf die Ärzteschaft als Profession und Autonomie näher ein, um den Rahmen des geschichtlichen Kontextes abzustecken. Die Rolle des Arztes und die des Patienten wird dann im Verlauf meiner Arbeit differenzierter betrachtet. Dabei stellt sich die Frage was sie für Veränderungen mit sich bringt. Kritische Aspekte werden herausgearbeitet, um die Soziologie der Arzt Patient Beziehung aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Da sich hierbei die Kommunikationsprozesse als besonders bedeutsam hervorheben, steht der psychologische Aspekt „Offenheit kann man lernen“ im Fokus. Was für Probleme führt die Arzt Patient Beziehung heute mit sich? Die gegenwärtige Situation der Arzt Patient Beziehung soll den Schluss und Ausblick darstellen.
2.) Die Ärzteschaft als Profession
Der Begegnung zwischen dem Arzt und dem hilfesuchenden Gegenüber liegt eine
sozial beeinflusste und erlernte Haltung zu Grunde. Beide begegnen sich in der Gestalt sozialer Rollen. Geschichtlich betrachtet hat sich im Laufe des Modernisierungsprozesses die Rolle des Arztes weitgehend verändert:
Im vergangenen Jahrhundert bildete sich das Berufsbild des Arztes deutlicher heraus. Der Medizinsoziologe Siegrist definiert Profession unter dem Gesichtspunkt „akademische Berufe“ und „Expertengruppen“ mit folgenden fünf Merkmalen:
− Profession ist dadurch gekennzeichnet, dass die Tätigkeit auf spezialisiertem hochschulerworbenem Expertenwissen beruht.
− Im zweiten Punkt führt er auf, dass diese Leistungen weitgehend ein Monopol sind und durch ein gesellschaftliches Mandat vom Staat unterstützt werden.
− Drittens, ihre Tätigkeit einer normativen kollegialen Eigenkontrolle unterliegt zum Beispiel durch Berufsgerichte, womit sie sich sozialer Kontrolle durch Nichtexperten entziehen.
− Viertens ist die Tätigkeit durch ein hohes Maß an Autonomie gekennzeichnet, zum Beispiel durch das Ideal der Freiberuflichkeit.
− Als letzten und fünften Punkt beschreibt er, dass mit einer Zugehörigkeit zu einer Profession meistens ein hohes Ansehen, gesellschaftliche Wertschätzung und ein hohes Einkommen verbunden ist. (vgl. Siegrist 1995, S.227)
Sehen wir uns nach dieser Definition die Aufgabe medizinischer Profession an. Ärzte teilen die Mitglieder unserer Gesellschaft in krank oder gesund ein. So schreibt der Soziologe und Philosoph Luhmann Krankheiten einen Positivwert und der Gesundheit einen Negativwert zu. In seinem Verständnis von medizinischer Profession ist nur die Krankheit von Bedeutung. Nur für Krankheiten sind Ärzte mit ihrem Expertenwissen ausgebildet. Gesundheit gibt den Medizinern keine Aufgaben und daher keinen Anlass zum fachlichen Handeln. (vgl. Hurrelmann S. 69 zit. n. Luhmann 1984)
Heute ist es zum Beispiel so, dass im Gesundheitswesen die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ von dem Begriff „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ ersetzt wird. Hier wird deutlich, dass die Gewichtung sich von der einseitigen Krankheitsbetrachtung des biomedizinischen Modells weitgehend verabschiedet hat.
2.1) Die Ärzteschaft historisch betrachtet
Um wie viele Bereiche es sich in dem Komplex des Professionalisierungsprozesses handelt, weshalb die Ärzteschaft als Profession sozialhistorisch betrachtet mehr Aufschluss bietet, soll sich im weiteren Verlauf zeigen. Das Zusammenspiel von medizinisch wissenschaftlicher, sozialpolitischer und berufspolitischer Entwicklung soll hierbei den Änderungsprozess der Ärzteschaft fokussieren. Zum Beispiel war im Altertum, bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein, das Verhältnis zwischen Arzt und Patient „paternalistisch“ geprägt. Der handelnde Arzt befahl, der Patient gehorchte. Ärzte hatten keine Veranlassung ihre Diagnosen dem Patienten mitzuteilen, oder sie gar zu erklären. Das bedeutete, dass Prognosen verheimlicht wurden, um dem Patienten keinen Schaden zu zufügen. Außerdem war es Pflicht, dass Patienten beichteten und auch ihre letzte Ölung empfingen. (vgl. Loewy 1995, S. 51).
Dies steht in einem deutlichen Kontrast zu heute. Damit wird deutlich, dass die Professur der Ärzteschaft sich im Laufe der Industrialisierung entwickelt hat.
Verständlich wird dies durch den schnellen wissenschaftlichen Wandel in der damaligen Zeit. Ärzten und Chirurgen wurden in Militärkrankenhäusern vollbeamtete Stellen angeboten. Sie erhoben Daten und Dokumentationen. Durch den Fortschritt in den Naturwissenschaften und deren Einfluss auf die Behandlung wurden die medizinischen Möglichkeiten zunehmend kontrollierbar. Auch kristallisierten sich immer mehr unterschiedliche Fachdisziplinen heraus, wie zum Beispiel die Pharmakologie (vgl. Siegrist 1995, S. 228).
Mit diesem Fortschritt wurden auch die Anforderungen an das Medizinstudium höher. Der Staat begann die Qualität und Dauer, sowie die Prüfungsanforderungen zu kontrollieren. Dazu kam ein zunehmender Einfluss der Krankenkassen. So wurde durch ökonomische Kontrolle die Autonomie der Ärzteschaft eingedämmt (vgl. Siegrist 1995, S. 229).
Die wirtschaftlich schwierige Phase der Weimarer Republik brachte eine zusätzliche Einbuße von weiteren Autonomievorteilen mit sich. Durch die Einsetzung der Reichsärztekammern und der Reichsärzteordnung im Nationalsozialismus wurde der ganze akademische Berufsstand zu parteipolitischen und staatlichen Instanzen umfunktioniert. Nach dem Krieg gründete man zunächst die Landesärztekammern und die kassenärztliche Vereinigung. 1955 trat dann das Gesetzt über das Kassenarztrecht in Kraft, welches den Ärzten das Monopol der ambulanten Versorgung sicherte (vgl. Siegrist 1995, S. 33f).
Das wichtigste Ergebnis der Entwicklung des Berufsbildes Arzt ist aus soziologischer Sicht die Sicherung der Autonomie. (vgl. Siegrist 1995, S. 227) Kaum ein anderer Beruf hat einen ähnlichen Stellenwert in der Gesellschaft. Der Volksmund betitelt sie als „Halbgötter in weiß“.
2.2) Die Autonomie der Ärzte
Wenn man die berufliche Autonomie von Ärzten näher betrachtet, zeigen sich laut Siegrist zwei Gesichtspunkte. Erstens die „gesellschaftliche Reichweite“. Wie erwähnt, sind nach Luhmann Ärzte dafür verantwortlich die Gesundheit eines Kranken wieder herzustellen. Damit sind sie also auch für die anfallenden Kosten verantwortlich, die durch Krankheit und Erwerbsunfähigkeit entstehen (vgl. Siegrist 1995, S. 235). „Diagnostisches Handeln des Arztes ist zugleich gesellschaftliches Kontrollhandeln“ (Siegrist 1995, S. 235). Wie ich später in dem Kapitel „Die Rolle des Patienten“ näher ausführe, greift hier laut Parsons (Soziologe und Strukturfunktionalist) der Arzt im Sinne des Gemeinwohls ein (also den normativen Erwartungen entsprechend). Im Kontext bedeutet dies eine Kontrolle abweichenden Verhaltens durch Krankheit mit ökonomischen Auswirkungen. Zum Beispiel wird durch die Diagnose der Anspruch auf Versicherungsleistungen einbezogen. Siegrist nennt dies „divergierende Bezugssysteme“ (Siegrist 1995, S.236). Verschiedene Berufgruppen und Bezugspersonen stoßen aufeinander, der Arzt und die Gesellschaft mit ihrem Sicherungssystem. Die jeweiligen Ansätze unterscheiden sich je nach Perspektive und Interessen etc. Ärzte denken in Diagnosen, Krankenkassenbeamten in Verwaltungsentscheidungen und Kosten, Betriebe in Rehabilitation, Arbeitnehmer in dem Angebot an Verhaltensalternativen (vgl. Siegrist 1995, S. 236 zit. n. v. Ferber 1970, S. 215).
Mit dem zweiten Punkt der „beruflichen Autonomie“ der Ärzteschaft zeigt Siegrist die „Kooperationsbeziehungen“ auf. Damit verweist er auf die Arbeitsteilung zu anderen Gesundheitsberufen. Viele Aufgaben die früher nur vom Arzt ausgeführt wurden, sind heute auf andere Berufsgruppen verteilt. Ärzte mit ihrem Professionalisierungsvorsprung gehören immer noch zur einflussreichsten Berufsgruppe unseres Gesundheitssystems (vgl. Siegrist 1995, S. 237). Durch den steigenden Grad der Technisierung ist es jedoch fraglich wie lange sich diese Autonomie noch halten lässt. Zum Beispiel könnten andere Fachdisziplinen aus dem technischen Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Zusätzlich zeigt sich das ökonomische Problem, dass ein Assistenzarzt heutzutage in der Regel nur 200 € mehr als eine Pflegekraft verdient. Bei den hohen Anforderungen im Studium und später im Beruf könnte es hier einen gesellschaftlichen Umbruch geben.
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