Sexarbeit und Globalisierung

Die Auswirkungen der New Economy auf Mädchen und Frauen in der Dritten Welt


Term Paper (Advanced seminar), 2007

22 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Migrantinnen in einer globalen Welt

3. Prostitution als globales Phänomen
3.1 Globalisierung, Fernreisen und kommerzieller Sex
3.2 Sex und Tourismus in Thailand
3.2.1 Ein altes Gewerbe mit globalen Einflüssen
3.2.2 Traditionelle Binnenmigration und Verschleppung
3.2.3 HIV/Aids-Prävention und allgemeine Perspektiven in Thailand
3.3 Dominikanische Republik – Sex, Heirat und Visa
3.3.1 Migration als Ausweg
3.3.2 Ein Vergleich mit Thailand

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Schlagwort Globalisierung löst bei den Menschen verschiedenste Assoziationen aus. Die einen sind sich des globalen Charakters unserer Welt bewusst, wenn sie ganzjährig exotische Früchte konsumieren, mithilfe des Internets über weite Distanzen kommunizieren oder Fernreisen in nahezu jede Region der Erde unternehmen und dort in von Deutschen geführten Hotels residieren. Andere sehen in der Globalisierung „einen primär ökonomischen Prozess, der durch die Aus-weitung der internationalen Arbeitsteilung gekennzeichnet ist: Weltweite Märkte bilden sich heraus, auf denen Waren, Kapital und Dienstleistungen gehandelt werden.“[1] Die Sozialkritikerin Barbara Ehrenreich und die Professorin für Soziologie Arlie Russell Hochschild assoziieren mit dem Begriff Globalisierung unzählige Frauenschicksale und Kausalitäten, die sie und andere Autoren in dem Werk „Global Woman: Nannies, Maids and Sex Workers in the New Economy“ in Form von gesammelten Aufsätzen zusammengetragen haben. Das Buch bietet einen bis dato einzigartigen und breitgefächerten Überblick über die Auswirkungen der Globa-lisierung auf das Leben von Frauen weltweit und speziell in Entwicklungsländern.

Jedes Jahr verlassen Millionen Frauen die Philippinen, Mexiko, Sri Lanka und andere Länder der Dritten Welt, um in reichen Ländern der Ersten Welt als Haushaltshilfe, Kindermädchen, im Pflegebereich oder zuweilen als Prostituierte zu arbeiten. Gerade diese Tätigkeitsbereiche werden stark durch Assoziationen mit der traditionellen Rolle der Ehefrau begünstigt.Die diesbezüglichen Kapitel in dem oben genannten Buch, welches eine Kollektion von Abhandlungen verschiedener Autoren in Bezug auf qualitative Studien darstellt, sprechen inhaltlich Themenbereiche wie den Anstieg bei der Migration von Frauen, den Transfer sowie die Kommerzialisierung häuslicher Dienstleistungen, die daraus resultierende Fürsorgemisere bei transnationalen Familien als auch das Problem des internationalen Sextourismus an.

Die folgende Arbeit fasst die Grundaussagen von Hochschild und Ehrenreich zusammen, geht anschließend auf das Thema des weltweiten Sex- bzw. Prosti-tutionstourismus ein, vergleicht anhand zweier Kapitel aus dem Buch die Charak-teristika der Sexindustrie in Thailand mit denen der Dominikanischen Republik und diskutiert im globalen Kontext die Aufsätze hinsichtlich ihrer Aussagekraft und Relevanz.

2. Migrantinnen in einer globalen Welt

Im Zuge der Globalisierung, welche in diesem Zusammenhang über den oftmals rein ökonomischen Charakter hinaus als „Zunahme von Volumen und Frequenz des Austausches von Menschen, Gütern, Kapital und Ideen über die Grenzen von Nationalstaaten hinweg“[2] gesehen werden soll, sind Frauen mehr als je zuvor in der Geschichte in Bewegung. In den reichen westlichen Nationen kennt man, insbesondere durch Fernsehen und Werbung, die klischeehafte und stereotype Darstellung von Karrierefrauen, die mit dem Firmenjet auf Geschäftsreisen gehen, in Luxushotels residierend durch multimediale Kommunikationsmittel mit der Heimat verbunden sind und intakte Familien mit treuen, liebevollen, sich kümmernden Ehemännern aufweisen. Derartige Bilder und Stereotype lassen sich auf gesell-schaftliche Veränderungen sowie eine Umstrukturierung der Arbeits- und Geschäfts-welt zurückführen.

Waren Frauen der westlichen Welt in der Vergangenheit vorrangig für den Haushalt und die Kindererziehung zuständig, während der Mann mit seiner außerhäuslichen Beschäftigung das Geld zum Lebensunterhalt einbrachte, so vollzog sich in der modernen Gesellschaft ein Wandel der innerfamiliären Rollen. Junge und zuneh-mend höher gebildete Frauen gehen vermehrt einer beruflichen Karriere nach, die von „ihrer Organisation her noch immer für Männer mit Familie gedacht“[3] ist. Dieses Karrieremuster sieht ein Einbringen der Berufstätigen in die häusliche Arbeit, welche traditionsgemäß ausschließlich den Frauen vorbehalten war, nicht vor. Frauen müssen nun wie die Männer „professionell arbeiten, mit Arbeitskollegen konkurrieren, für die Arbeit Anerkennung finden, sich einen guten Ruf aufbauen, das alles am besten schon in jungen Jahren, die Zeit effektiv nutzen und das Familienleben [...] reduzieren“.[4] Auch kann es sich eine zunehmende gehobene Mittelschicht einfach leisten, schwierige oder unangenehme Arbeit im Haushalt durch Dritte als Dienstleistung erbringen zu lassen und ein Hausmädchen als Prestige- und Statussymbol zu engagieren.

Ehrenreich und Hochschild hingegen möchten in ihrem Buch jene Frauen in den Fokus stellen, denen in den Medien und in der Wissenschaft bisher weniger Beachtung beigemessen worden ist: der stetig wachsenden Zahl von Frauen, welche im eigenen Land aus meist ländlichen in für sie wirtschaftlich vielversprechendere Regionen beziehungsweise von Entwicklungsländern in reiche Staaten migrieren, um dort in fremden Haushalten Anstellungen anzunehmen – die Aufgabenbereiche um-fassen in diesen entweder häusliche Arbeiten, die Betreuung von Kindern oder Pflegedienste an älteren Menschen – oder sexuelle Dienstleistungen, oft in Form von Prostitution, zu erbringen; jene Mädchen und Frauen, die herausgelöst aus der Gruppe der erstgenannten in den nachfolgenden Abschnitten meiner Arbeit in den Focus rücken sollen.

In globale Migrationsbewegungen involvierte Frauen sind nicht selten allein-erziehende Mütter oder Frauen mit in der Heimat zurückgelassenen Familien. Wohlstandsgefälle, Armut und eine weltweite Kluft zwischen den Löhnen wirken als treibende Kraft. Das Geld, welches die Frauen in den reichen Ländern erwirtschaften, fließt oftmals zu großen Teilen in die Herkunftsländer; hiermit versorgen sie die dort verbliebenen Angehörigen, ermöglichen ihren Kindern eine bessere Schulbildung oder investieren ihr Kapital produktiv, indem sie zum Beispiel kleine Geschäfte eröffnen. Hochschild und der Migrationsexperte Douglas Massey betonen diesbezüglich, dass Migration nicht zwangsläufig aufgrund von Unter-entwicklung der Dritten Welt zu erklären sei, sondern gerade aus der stürmischen Wirtschaftsentwicklung dieser Länder erwachse.[5] Das im Ausland verdiente Geld besitzt – neben der Möglichkeit auf ein besseres Leben - eine Absicherungsfunktion hinsichtlich der ökonomischen Lage der Familie in Bezug auf eventuelle Währungs-krisen und Bankrotte im Herkunftsland und unterstützt so alternative Überlebens-strategien. Massey schreibt, „dass ein Mehr an Globalisierung zu einem Mehr an Unsicherheit führt und in der Folge umso mehr Menschen versuchen, sich durch Migration gegen diese Unsicherheit zu versichern.“[6]

3. Prostitution als globales Phänomen

Die Lebensstile der Ersten Welt, so Ehrenreich und Hochschild, wurden erst durch den globalen Transfer von traditionell der Ehefrau zugedachten Dienstleistungen, die durch die Migration der Frauen aus armen Ländern importiert werden, ermöglicht. Dementsprechend lassen sich auf einer stark vereinfachten Ebene Parallelen zum frühen Imperialismus vergangener Tage ziehen, im Zuge dessen Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte von den nördlichen Staaten aus den Kolonien entzogen wurden. In der heutigen Zeit, so argumentieren die Autorinnen weiter, stehen andere Ressourcen im Fokus der dominierenden Wirtschaftsmächte: „It is as if the wealthy parts of the world are running short on precious emotional and sexual resources and have to turn to poorer regions for fresh supplies.“[7]

Nachfolgend soll der Aspekt des Transfers und der Kommerzialisierung häuslicher Dienstleistungen sowie der beschriebenen globalen Fürsorgeketten außer Acht gelassen und die ‚Beraubung’ der Dritten Welt hinsichtlich ihrer sexuellen Ressourcen im Zuge des boomenden globalen Sextourismus anhand zweier Beispiele – Thailand und die Dominikanische Republik – erörtert und hinterfragt werden. Hierbei ist der Begriff der ‚Beraubung’ recht zutreffend, da das Phänomen des Prostitutionstourismus weit mehr als die Problematik bezahlter Sexualität umfasst[8] ; vielmehr ist es „geradezu zum Symbol für die alltägliche Machtausübung geworden [...], die reichen gegenüber armen Menschen, Ländern und Regionen möglich ist.“[9] Dies wird besonders im folgenden Abschnitt über die Sexindustrie in Thailand deutlich. Konträr dazu wird der Vergleich mit der Dominikanischen Republik zeigen, dass Sehnsüchte und Ausbeutung nicht nur einseitig, sondern sowohl aus der Perspektive der putativen Täter als auch ihrer vermeintlichen Opfer betrachtet werden können.

[...]


[1] Alexander (in bpb), 2003, S. 2

[2] Dieter (in bpb), 2003, S. 34

[3] Hochschild (in Hutton /Giddens), 2000, S. 169

[4] Ebd.

[5] Hochschild (in Hutton /Giddens), 2000, S. 172

[6] Ebd., S. 161

[7] Ehrenreich / Hochschild, 2003, S. 5

[8] Der Begriff des Sextourismus umfasst im Vergleich zum Prostitutionstourismus neben den durch Bezahlung erworbenen sexuellen Dienstleistungen auch jene touristischen Begegnungen mit der einheimischen Bevölkerung, die als Urlaubsflirt ohne finanziellen Hintergrund erfolgen beziehungs-weise schleichend zur Prostitution übergehen. Die definitorischen Feinheiten sollen hier nicht näher einbezogen werden.

[9] Kleiber / Wilke, 1995, S. 24

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Details

Title
Sexarbeit und Globalisierung
Subtitle
Die Auswirkungen der New Economy auf Mädchen und Frauen in der Dritten Welt
College
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg  (Institut für Soziologie (Philosophische Fakultät I))
Grade
2,0
Author
Year
2007
Pages
22
Catalog Number
V143184
ISBN (eBook)
9783640510061
ISBN (Book)
9783640510276
File size
553 KB
Language
German
Keywords
Sexarbeit, Sextourismus, Prostitution
Quote paper
Alexander Unger (Author), 2007, Sexarbeit und Globalisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143184

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Title: Sexarbeit und Globalisierung



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