Die Institutionen der EG / EU im Wandel der Europäischen Integration


Vordiplomarbeit, 2009

34 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkilrzungsverzeichnis

Einleitung

I. Vom Mittelalter zur EU4 Ein Uberblick im Zeitraffer5 I.1Die Entwicklung der Europaischen Union

II. Die Institutionen während der Montanunion
II.1 Die Hohe Behörde und der Ministerrat
II.2 Der Gerichtshof und die finanzielle Kontrolle

III. Die Europaische Verteidigungsgemeinschaft und ihr missglilckter Rettungsversuch der Europaischen Politischen Gemeinschaft
III.1. Die EVG
III.2 Die EPG

IV. Die Verträge von Rom: die Organe während der EWG und EAG
IV.1 Die Struktur von EWG und EAG
IV.2 Die Fusion
IV.3 Der Europäische Rechnungshof
IV.4 Exkurs: Die EFTA als Gegenstilck zur EWG
IV.5 Die EPZ

V. Die Einheitliche Europaische Akte- Ein grol3er Schritt in Richtung Europaische Union
V.1 Allgemeines
V.2 Die Versammlung wird zum Parlament und die Kommission zumVerwaltungsorgan
V.3 Der EuGH
V.4 Der Europaische Rat- Organ kraft Gewohnheit

VI. Die Grtindung der Europäischen Union und die Anderungen f-r die Institutionen durch den Vertrag von Maastricht
VI.1 Der Vertrag und die neuen Politiken
VI.2 Der Rat
VI.3 Das Parlament
VI.4 Der EuGH
VI.5 Der Rechnungshof

VII. Der Vertrag von Amsterdam
VII.1. Generelle Anderungen
VII.2. Die neuen Rechtsetzungsorgane4 der Rat und das Parlament
VII.3. Die Kontrollorgane : der EuGH und der Europäische Rechnungshof

VIII. Umgestaltungen durch den Vertrag von Nizza
VIII.1. Der Rat und Das Parlament
VIII.2. Die Kommission
VIII.3. EuGH und EuG
VIII.4. Die Einzelnen Organe und der Status Quo der Zuständigkeiten
VIII.4.1. Der Ministerrat
VIII.4.2.Das Parlament
VIII.4.3. Die Kommission
VIII.4.4 Der EuGH4 das EuG und der Europäische Rechnungshof
VIII.4.5 Der Europäische Rat

IX. Das Scheitern der Verfassung f-r Europa und der Vertrag vonLissabon
IX.1 Die gescheiterte Verfassung fur Europa
IX.2 Der Vertrag von Lissabon

X. Epilog

XI. Chronologie

XII. Literaturverzeichnis

Abrzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Der Begriff des Organs stammt von dem griechischen Wort „Organon" und bedeutet Werkzeug oder Hilfsmittel. Eine juristische Person oder ein Staat benotigen Organe, um rechtswirksame Handlungen zu setzen. Jedes Organ bekommt dabei bestimmte Aufgaben zugewiesen, sei es, dass dem Vorstand einer (Aktien)Gesellschaft die Vertretung nach aul3en, oder ihrem Aufsichts-rat die Kontrolle zugewiesen ist.

Bei einem Staat sind die drei Staatsgewalten Gesetzgebung, Vollziehung und Gerichts-barkeit auf verschiedene Organe aufgeteilt. Der EG kommen ahnliche Funktionen wie einem Staat zu(Legislative, Judikative und Exekutive). In der Europaischen Gemeinschaft unterschei-det man grundsatzlich zwischen Haupt- und Nebenorganen. Die derzeit eingerichteten Organe der EG/EU sind der Europaische Rat, der Rat der EU, die Europaische Kommission, das Euro-paische Parlament, der Gerichtshof und der Rechnungshof.1 Der Wirtschafts- und Sozialaus-schuss und der Ausschuss der Regionen sind Nebenorgane der EU.

Im Gegensatz zu einem „klassischem" Staatenmodell mit den drei klar voneinander getrennten Gewalten, existiert in der EG das Prinzip der Gewaltenteilung nicht in der Form wie in einem modernen Staat, denn die Gemeinschaft ist anders strukturiert. Die Gewaltenteilung schtitzt den Einzelnen oder einen individuellen Freiraum durch die gegenseitige Kontrolle und Hemmung der eingerichteten Organe (checks and balances). Im Gegensatz dazu, ist die Verbandsgewalt der Europaischen Gemeinschaften auf die Erreichung ihrer Ziele, wie den Gemeinsamen Markt oder den Binnenmarkt, ausgerichtet. Weiters greifen die Organe jeweils in die Wirkungsbereiche der anderen Institutionen ein, was mit dem Verstandnis der Gewal-tenteilung nicht vereinbar ware. Dies ist eine Folge eines Konglomerats aus den verschiedenen, staatsrechtlichen Einfltissen und volkerrechtlichen Oberlieferungen.2

Die generelle Rechtsetzung obliegt dem Rat, der sich aus Regierungsvertretern zusam-mensetzt. Die Kommission als „Htiterin der Vertrage" ist z. B. kein reines Verwaltungsorgan, sondern nimmt auch an der Gesetzgebung des Rates teil. Auch das Parlament ist nicht mit einem „herkömmlichen", staatlichen Abgeordnetenhaus vergleichbar, ist aber in einem sicher noch nicht abgeschlossenen Entwic klungsprozess, immer fortgeschritten. Im Laufe der zahlreichen Reformen hat es durch die Grtindungsvertrage immer mehr an Einfluss, insb. in der Gesetzgebung erlangt. MaBgeblich war dabei das Mitentscheidungsverfahren, welches durch den Vertrag von Maastricht eingerichtet wurde und das Parlament dem Rat im Gesetzgebungs-verfahren gleich stellt. Die Kommission, der (Minister-)Rat und das Parlament stehen unter der Kontrolle des EuGH. Dem Europaischen Rechnungshof obliegt die Kontrolle der Gebarung. Der Europaische Rat, der sich aus den Staats- und Regierungsmitgliedern der Mitgliedstaaten 'Schweitzer/ Hummer/Obwexer, Europarecht, S. 25.

zusammensetzt, ist hingegen kein Organ wie die anderen, er konstituierte sich selbst und wurde nie in den Grtindungsvertragen als Organ erwahnt.3. Mit dem Vertrag von Lissabon wird er zum Organ, und die Leistungsfahigkeit der Institutionen soll weiterhin gesteigert werden.4

I. Vom Mittelalter zur E U - Ei U berblick im Zeitraffer

Die Idee einer europaischen Integration und somit einer Union entstand schon im Mittelalter. Beweggrtinde waren vor allem Friedenssicherung, Supranationalitat, Freiheit von Handel und Verkehr, sowie die Machterhaltung des europaischen Kontinents. Der Gedanke der Friedenssicherung konkretisierte sich in einem Zusammenschluss europaischer Staaten, um von Aul3en her Gefahren abzuwehren. Pierre Dubois, ein franzosischer Publizist und Jurist, schrieb in seinem Werk „De recuperatione Terrae Sanctae" (1306) vom Kriegsverbot zwischen christlichen Staaten und von der Befreiung des Heiligen Landes von der Herrschaft der Unglaubigen. Konig Georg von Podjebrad pochte im Jahre 1464 nach der Besetzung Konstantinopels darauf, Ftirstenbtindnisse einzugehen, mit dem gemeinsamen Ziel und Zwec k, die Ttirkengefahr abzuwehren.5

Ansatze im 17. Jahrhundert, wie etwa vom amerikanischen Juristen William Penn,6 widmeten sich auch dem Prinzip der Freiheit des Handels, welcher aber nur innerhalb eines friedlichen Europas moglich ist. Sein Model der Stimmenabwagung in einem Abstimmungsorgan eines Staatenzusammenschlusses ahnelte dabei dem heutigen Rechtssetzungsorgan der Europaischen Gemeinschaft, dem Rat, in der Stimmenverteilung.7

Immanuel Kants bertihmtes Werk „Zum ewigen Frieden" wollte den Zusammenschluss auch auf aul3ereuropaische Staaten erweitern, um einen Weltstaat zu grtinden, was sich jedoch als unverwirklichbar herausstellte.8 Seine Ersatzlosung war der „Volkerbund" ein loser Staatenbund, welcher der nach dem Ersten Weltkrieg geschaffenen League of Nations, dem Vorganger der UNO, die deutsche Bezeichnung gab.9 Nach diesem erhielt auch die Europaidee einen neuen Aufschwung, v. A. durch die 1923 gegrtindete Paneuropaische Bewegung, die sich u. a. an die Entstehung der Vereinigten Staaten anlehnte.

Der franzosische Aul3enminister Aristide Briand entwic kelte einen neuen Europaplan unter der Einbindung des Volkerbundes.10 Ein Hindernis stellte jedoch das Prinzip der Supranationaliat dar, da keiner der europaischen Staaten bereit war, Souveranitatsrechte abzugeben, denn die Nationalstaatsidee tiberragte den Gedanken eines vereinten Europas. Neben der Vormachtstellung der Nationalstaatsidee, der des Imperialismus und dem Verlust von Souveranitatsrechten innerhalb einer supranationalen Gemeinschaft trug auch die Existenz des Volkerbundes und die damalige Ansicht, er sei eine europaische Organisation, zum Scheitern einer neueren Union Europas bei.11 Der aufkommende Faschismus in Italien und die folgende Herrschaft des Nationalsozialismus auf dem Kontinent machten eine Einigung Europas und dessen Integration unmoglich. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschoben sich die Machtverhaltnisse in Europa grundlegend. Die Alliierten Machte gingen als Sieger des Konflikts hervor und somit hatten die Vereinigten Staaten, England und die Sowjetunion die Entscheidung tiber eine Neuordnung Europas inne.

Die Friedenssicherung als oberstes Grundprinzip bestand weiter, wenn auch nicht zur Abwehr nach Aul3en, sondern unter den einzelnen europaischen Staaten sollte Friede herrschen. Nach zwei Weltriegen, die Europa politisch vollig zerrissen hatten und es wirtschaftlich zu Grunde gerichtet hatten, war es von dringender Notwendigkeit, eine gemeinsame Lösung zu fin-den.

Auf dem weiteren Weg spielte der britische Premierminister Winston Churchill mit seiner Ztircher Rede eine bedeutende Rolle. In dieser forderte er eine neue Partnerschaft zwischen den Rivalen Deutschland und Frankreich, sowie die Errichtung einer europaischen Gemeinschaft, in der die Staaten ihre Souveranitatsrechte zu Gunsten dieser abgeben.12

Ost- und Westeuropa entfernten sich jedoch politisch aufgrund des dem Zweiten Welt-krieg folgenden Konfliktes der Siegermachte. Fortan verlief auch die Entwicklung des geteilten Europas in zwei verschiedenen Bahnen. In Westeuropa wurden der Europarat, die Westeuropai-sche Union, der Nordatlantikpakt (NATO) und auf wirtschaftlicher Ebene die Organisation ftir Europaische Wirtschaftliche Zusammenarbeit die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft sowie die Europaische Freihandelszone (EFTA) ins Leben gerufen. Der Versuch, ein militarisches Btindnis, die EVG, unter der Wiederbewaffnung Deutschlands zu errichten, scheiterte.

In Osteuropa entstand der Warschauer Pakt als Pendant zur NATO13 sowie der Rat ftir gegenseitige wirtschaftliche Hilfe.

I.1. Die Entwicklung der Europaischen Union

Die Europaische Union (EU) basiert auf den volkerrechtlich anerkannten Gemeinschaften, namlich der bis 2002 befristeten und damit mittlerweile nicht mehr existenten Europaischen Gemeinschaft ftir Kohle und Stahl (EGKS),14 der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)15 und der Europaischen Atomgemeinschaf (EAG).16

Der Vertrag der Montanunion wurde am 18. April 1951 in Paris von den Grtinderstaaten, namlich den Beneluxstaaten, Deutschland, Frankreich und Italien unterzeichnet. Diese euro-paische Gemeinschaft geht auf den „Schuhmanplan" zurtick, den der gleichnamige damalige franzosischer Aul3enminister mit Jean Monnet17 entwic kelte. Die wichtigsten Punkte des Plans waren die Kontrolle der deutschen und franzosischen Kohle- und Stahlindustrie durch ein ge-meinsames Organ, der Ausschluss des Krieges zwischen Deutschland und Frankreich, tiber eine europaische Wirtschaftsgemeinschaft zu einer europaischen Gemeinschaft zu finden und die Beziehungen der beiden Lander zu verbessern.18 Die EGKS war die erste der drei supranatio-nalen Gemeinschaften. Sie hatte v. a. wirtschaftlichen Charakter.19.Neben dem Ministerrat, dem beratenden Ausschuss, der gemeinsamen Versammlung und dem Gerichtshof war die Hohe Be-horde das zentrale Rechtsetzungsorgan und der Vorlaufer der heutigen EU- Kommission. Die EGKS war also die erste supranationale Gemeinschaft und auf 50 Jahre befristet.

Aufgrund zunehmender politischer Spannungen zwischen den Grol3machten USA und der ehemaligem UDSSR war es aus Grtinden der Sicherheit ftir die Europaischen Staaten erforderlich, eine Europaische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), mit einem gemeinsamen Heer aufzubauen. Dies scheiterte jedoch an der gescheiterten Ratifizierung des Grtindungsvertrages durch die französische Nationalversammlung, was zugleich einen herben Rtickschlag ftir das Einigungswerk Europa darstellte.20

Auf der Konferenz von Messina beschlossen die Aul3enminister der Grtinderstaaten der EGKS, an der Einigung unter dem Aspekt der Wirtschaft festzuhalten und im Marz 1957 wurden die Grtindungsvertrage der beiden anderen europaischen Gemeinschaften, EWG und EAG unterzeichnet.21 Im Marz 1958 wurden die Kommissionen und die Rate der Gemeinschaften durch den Fusionsvertrag zusammengelegt.

Schon in der EEA geplant, aber nicht verwirklicht, gelang es schliel3lich, die EU mit dem Vertrag von Maastricht 1992 zu grtinden.22 Dieser errichtete die Union in der sog. Säulen-konstruktion.23 Die erste Säule besteht aus den supranational ausgestalteten Europäischen Ge-meinschaften EWG (die in EG umbenannt wurde) und EAG, die zweite und dritte Säule be-stehen aus den zwei Politikformen der Gemeinsamen Aul3en- und Sicherheitspolitik (GASP), die Nachfolgerin der EPZ, und der Polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS).24

Der Unionsvertrag liel3 die Rechtspersönlichkeit der Europäischen Gemeinschaften un-bertihrt, umso mehr strittig ist die der Union. Nach h. M. ist die Union jedoch selbst nicht rechtsfähig, man anerkennt aber eine (partielle) Völkerrechtsfähigkeit, bedingt durch Völ kerge-wohnheitsrecht.25 Andere Meinungen gestehen ihr Rechtsfähigkeit zu. Dies wird mit der Bei-trittsmöglichkeit der EU begrtindet, da man nur einem Rechtssubjekt beitreten kann. Der Vertrag von Lissabon26 soll alle Streitigkeiten beseitigen und räumt der Union in Zukunft ausdrticklich Rechtspersönlichkeit ein.

II. Die Institutionen während der Montanunion

Die hauptsächliche Aufgabe der Montanunion bestand darin, die Erzeugung sowie den Handel von Kohle und Stahl und somit den damals wichtigsten Rtistungsressourcen, von Deutschland und Frankreich durch ein supranationales Organ zu kontrollieren. Die EGKS richtete auf dem Gebiet ihrer Mitgliedstaaten eine zollfreie Zone ein.

II.1. Die Hohe Behörde, der Ministerrat und die Gemeinsame Versammlung

Mit dem am 23.7.1952 in Kraft getretenen Vertrag tiber die Grtindung zur EGKS entstand die Hohe Behörde, im Gegensatz zur heutigen EU-Kommission, als deren Hauptrechtsetzungs- und Kontrollorgan. Sie bestand aus neun Mitgliedern, war unabhängig, weisungsungebunden und benötigte somit ftir die Rechtsverbindlichkeit ihrer Entscheidungen keine Zustimmung der ein-zelnen Vertreter Mitgliedstaaten. Ftir rechtswirksame Entscheidungen wurde die einfache Mehr-heit benötigt. Nach dem Vertrag war sie auch berechtigt, Umlagen auf die Erzeugung von Kohle und Stahl zu erheben, Anleihen aufzunehmen, ohne eine Zustimmung der Mitgliedstaaten einholen zu mtissen.

Die Hohe Behorde hätte nach der ersten Fassung des Schuman-Plans alleine als einziges Organ in der Gemeinschaft bestehen sollen. Um diese tiberaus mächtige Position zu begrenzen, wurden mit der in Kraft getretenen Fassung des Grtindungsvertrages weitere Organe vorgesehen, um Kontroll- und Berufungsinstanzen zu schaffen.

Dies waren der besondere Ministerrat, die gemeinsame Versammlung und der Gerichts-hof. Der Ministerrat hatte Anhorungs-, Zustimmungs- und Entscheidungsrechte gegentiber der Hohen Behorde. Die gemeinsame Versammlung bestand aus den Vertretern der nationalen Par-lamente und hatte ein Interpellationsrecht sowie ein Misstrauensvotum gegentiber dem Minister-rat, woftir eine Zweidrittelmehrheit benotigt wurde.27 Die Mitgliedstaaten hatten die Wahlfrei-heit, ob sie ihre Vertreter der gemeinsamen Versammlung direkt vom Volk wählen lassen oder die Bestellung den Parlamenten tibertragen wollten.28 Die Direktwahlen zum Nachfolger, dem Europäischen Parlament, wurden erst 1979 eingeftihrt.

Dem Rat war das sog. Sekretariat untersttitzend beigeordnet. Dies war der Vorgänger des heutigen Generalsekretariats.29

II.2. Der Gerichtshof und die finanzielle Kontrolle

Der Vorgänger des EuGH war mit sieben Richtern besetzt und seine Zuständigkeit beschränkte sich auf den Bereich des Vertrages der EGKS. Ihm oblagen in diesem Zusammenhang die Funktionen eines Verfassungsgerichtshofes, die eines Verwaltungsgerichtshofes sowie die einer Schlichtungsinstanz ftir Interessenkonflikte zwischen Mitgliedstaaten in einem einzigen Organ.30 Die finanzielle Kontrolle war einem separaten Rechnungsprtifer tibertragen.

III. Die Europilische Verteidigungsgemeinschaft und ihr Rettungsversuch, die Europaische Politische Gemeinschaft

III.1. Die EVG

Die EVG war der Versuch, eine supranationale Gemeinschaft im Bereich der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu schaffen. Eingerichtet werden sollte eine Europäische Armee, unter anderem mit dem Wehrbeitrag Deutschlands.

Die Alliierten Mächte, v. a. Frankreich, waren stets gegen die damit einher gehende Wiederaufrtistung. Spätestens mit dem Korea-Schock hatten sich aber die Umstände verändert.31

Zunächst entstand ein Plan innerhalb der NATO, Deutschland sollte dabei nur Truppen innerhalb der NATO-Allianz und keine eigene Rtistungsproduktion besitzen dtirfen. Diese Konstruktion wurde aber von Frankreich abgelehnt. Somit war die franzosische Regierung genotigt, eine andere Losung vorzubringen.

Dies war die Geburtsstunde des Pleven-Plans,32 dessen erster Entwurf am 24.10.1950 bekannt gemacht wurde. Vorgesehen war die Aufstellung eines europäischen Heeresverbandes, der mit Organen der EVG eng verbunden sein sollte. Weiters sollte es einen eigenen Verteidi-gungsminister geben, der allerdings unter der Befehlsgewalt der NATO stand. Die Fortentwick-lung des Entwurfes lief schleppend und zweigleisig, da der damalige deutsche Bundeskanzler Adenauer neben den Verhandlungen der EVG, auch Verhandlungen mit der NATO tiber ein eigenständiges, deutsches Heer ftihrte. Schliel3lich einigten sich die Aul3enminister der USA, Grol3britanniens und Frankreichs in Washington auf den deutschen Wehrbeitrag im Rahmen der EVG. Am 27. Mai 1952 wurde der Vertrag zur Grtindung der EVG von Regierungsvertretern unterzeichnet.

Vom Entwurf Plevens bis zur Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten wurden einige strukturelle Anderungen vorgenommen.33 Statt dem Verteidigungsminister gab es ein Kommis-sariat bestehend aus neun Mitgliedern, das nur sehr begrenzt entscheidungsbefugt war. Wichtige Entscheidungen hingegen, traf der Ministerrat nach dem Einstimmigkeitsprinzip.

Des Weiteren gab es noch eine Versammlung und einen Gerichtshof. Der Gerichtshof der EGKS sollte gleichzeitig das Rechtsprechungsorgan der EVG sein. Obwohl Deutschland, auf Drängen Frankreichs hin, sowohl hohe sicherheitspolitische Auflagen als auch militärische Beschränkungen hinnehmen musste, wurde der Vertrag nie vom französischen Parlament ratifiziert. Er wurde am 30. August 1954 vom französischen Parlament abgelehnt und verhin-derte das Zustandekommen der EVG.34

111.2. Die EPG

Nach Art. 38 des EVG- Vertrag war die Errichtung einer der EVG tibergeordneten politischen Gemeinschaft vorgesehen.35 Somit einigten sich die Minister auf der ersten Sitzung des EGKS-Ministerrates vom 10. September 1952 auf die Bildung einer „Ad-hoc- Versammlung", die im Wesentlichen aus Mitgliedern der gemeinsamen Versammlung der EGKS bestand. Hinzu kamen noch drei weitere Mitglieder, je eines aus Deutschland, Frankreich und Italien, aufgrund der zuktinftigen Versammlung in der EVG. Aus dieser Versammlung wurde eine „Ad-hoc Kommission" gebildet, die mit dem Entwurf eines Grtindungsvertrages einer Europaischen politischen Gemeinschaft betraut war.

Der Entwurf der „Satzung der Europaischen Gemeinschaft" wurde den Aul3enministern der EGKS-Mitgliedstaaten am 9. Marz 1952 vorgelegt. Die EPG war „unauflöslich" und verftigte tiber ein auf ftinf Jahre gewahltes Parlament Es besal3 ein Zwei- Kammersystem und setzte sich aus der Völkerkammer und dem Senat zusammen. Die Mitglieder der Völkerkammer wurden direkt von den Völkern Europas gewahlt. Die Abgeordneten des Senates hingegen von den nationalen Parlamenten. Weiters gab es einen Rat der nationalen Minister, einen Gerichtshof und einen beratenden Wirtschafts- und Sozialausschuss.

Das geplante Parlament war als echtes Legislativorgan vorgesehen und konnte Gesetze mit einfacher Mehrheit beschliel3en. Daneben konnte es noch Empfehlungen und Vorschlage verfassen. Dartiber hinaus besal3 es ein Zustimmungsrecht bei Anordnungen der Exekutive tiber ktinftige Erganzungen des EKGS- und EVG-Vertrags36. Beiden Kammern stand das Recht der Gesetzesinitiative zu. Im Vertrag vorgesehen war ein Kontrollrecht des Parlaments gegentiber dem Exekutivrat sowie ein Misstrauensvotum, mit dem sie den Exekutivrat zum Rtic ktritt zwingen konnte.

Das Kommissariat der EVG sollte sich sowie die Hohe Behörde der EGKS in diese „Regierung" der EPG einbinden, und unter derer Aufsicht und Leitung stehen. Die Hohe Behörde war im Gegensatz zum Kommissariat als rechtlich selbstandige Verwaltungsbehörde vorgesehen. Der Exekutivrat hatte, neben dem Parlament, das Recht der Gesetzesinitiative und die Aufgabe der Durchftihrung der Gesetze der Gemeinschaft. Dessen Prasident wurde vom Senat des Parlaments gewahlt, dieser ernannte auch die anderen Mitglieder, was aber der (einfachen) Mehrheit beider Kammern des Parlaments bedurfte. Der Rat der nationalen Minister entsprach dem Ministerrat der EGKS und EVG und hatte ftir jeden Mitgliedstaat einen Abgeordneten. Zunachst war Einstimmigkeit ftir Entschltisse vorgesehen, dies anderte man aber auf Mehrheitsbeschltisse ab. Sein Ziel war die Abstimmung der %atigkeiten von Exekutivrat und den nationalen Regierungen. Der Gerichtshof bestand aus 15 Mitgliedern und entsprach ebenfalls dem Gerichtshof der EGKS und EVG.37

Die Organe der EGKS und EVG sollten alle in der EPG aufgehen. Dennoch gab es mit der gemeinsamen Aul3en- und Wirtschaftspolitik zwei neue Handlungsformen. Daftir zustandig war der Ministerrat. Ein weiteres Ziel der EPG war die Errichtung einer Zollunion, die einen freien Markt gewahrleistet. Da sich die Regierungen jedoch nicht einigen konnten, wurden die darauf folgenden Anderungen am ursprünglichen Entwurf solange verschoben, bis die EVG ratifiziert worden ware. Da aber die Ratifizierung der EVG scheiterte kam es auch nicht zur Errichtung der EPG.38

IV. Die Vertr a ge von Rom: die Org a ne a b der EWG und EAG

IV.1. Die Struktur von EWG und EAG

Die Aul3enministerkonferenz von Messina beauftragte einen Ausschuss unter dem Vorsitz von Paul-Henri Spaak,39 um Plane far einen gemeinsamen Markt und eine Atomgemeinschaft auszuarbeiten. Auf der Basis dieser Entwarfe entstanden die „Römischen Vertrage".40 Diese wurden am 25. Marz 1957 von den sechs Mitgliedstaaten der EGKS unterzeichnet und traten mit 1. Janner 1958 in Kraft. Sie sind sowohl die Grundungsvertrage der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft als auch die der Europaischen Atomgemeinschaft.

Ziel der EWG war die Errichtung eines gemeinsamen Marktes, die Annaherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und ahnlich der der EGKS eine gemeinsame Zollunion, ohne Binnenzölle und einem gemeinsamen Aul3enzoll.

Des Weiteren sollten auch der freie Verkehr von Waren, Personen, Kapital und Dienstleistungen geschaffen und die Behinderungen des Wettbewerbes entfernt werden.

Das Ziel der EAG, oder EURATOM, die mit der EWG institutionell verbunden war, war die Erforschung und Kontrolle der zivilen Nuklearwirtschaft.

Als oberstes Organ der EWG war der Rat vorgesehen, eine Kommission als Organ der Vollziehung und ein EWG-Parlament. Daneben wurde noch der Wirtschafts- und Sozialausschuss eingerichtet, ein Nebenorgan, das die Organe bei ihrer Tatigkeit mit fachlicher Kompetenz unterstatzen sollte.

Die Hauptaufgabe der Kommission war im Gegensatz zur Hohen Behörde der EGKS, nichtmehr die Rechtsetzung, sondern sie war vielmehr zum Exekutivorgan geworden. In der Legislative hatte sie jedoch initiative Befugnisse gegentiber dem Rat.41 Das Hauptrechtsetzungsorgan war der Ministerrat und es gab einen Gerichtshof.

[...]


1Schweitzer/ Hummer/Obwexer, Europarecht, S. 25.

2 Busek / Hummer, Der Europaische Konvent und sein Ergebnis, S. 45.

3 ()hlinger, Verfassungsrecht, S. 100f.

4 Opppermann/ Classen/ Nettesheim, Europarecht, S. 84ff.

5 Ziegerhofer/ Pichler/ Likar, Die "Vereinigten Staaten von Europa", Dokumente eines Werdens, S. 15ff.

6 Raumer, Ewiger Friede, S.98ff, 300ff.

7 Fischer/ K6ck/ Karollus, Europarecht, S. 18ff.

8 Bialas(Hrsg.), 200 Jahre Kants Entwurf „Zum ewigen Frieden".

9 Fischer/ K6ck/ Karollus, Europarecht, S. 21 Rz 33.

10 Neumann, Die europaischen Integrationsbestrebungen in der Zwischenkriegszeit, S.67ff.

11 Streinz, Europarecht, S. 7.

12 Addison, Churchill -The Unexpected Hero, S. 228.

13 Diedrich(Hrsg.), Der Warschauer Pakt.

14 Vgl. Bayer, Wurzeln der Europaischen Union.

15 Schweitzer/Hummer/Obwexer, Europarecht, S.15 Rz 49.

16 Ebd.

17 Ebd.

18 Schmale, Von den Weltkriegen nach Rom: Ideen und Stationen auf dem Weg zur EWG.

19 Siehe Art. 4 Vertrag tiber die Grtindung der EGKS.

20 Bomberg/ Stubb, The European Union, S. 25.

21 Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europaischen Union, S.6ff.

22 König/Pechstein, Die Europäische Union- Der Vertrag von Maastricht, S.18 Rz 41.

23 Hilmes, Die Europäische Union als Partei völkerrechtlicher Verträge, S.44ff.

24 König/Pechstein, Die Europäische Union- Der Vertrag von Maastricht, S.32 Rz 19.

25 Hilmes, Die Europäische Union als Partei völkerrechtlicher Verträge, S. 36ff.

26 Streinz, Europarecht, S.24.

27 Pfetsch, Die Europäische Union, Geschichte Institutionen, Prozesse, S. 31ff.

28 Petersen /Shackleton, The Institutions of the European Union, S. 107.

29 Egger, Das Generalsekretariat des Rates der EU, S. 21.

30 Clemens /Reinfeldt/Wille, Geschichte der Europäischen Integration, S. 97ff.

31 Berthold, Die Europäische Politische Gemeinschaft und die Europäische Union, S. 28f.

32 Armstrong/Lloyd/Redmond, From Versailles to Maastricht, S.146f.

33 Clemens /Reinfeldt / Wille, Geschichte der Europäischen Integration, S.108ff.

34 Pfetsch, Die Europäische Union, S. 31ff.

35 Schulze/ Hoeren, Dokumente zum Europäischen Recht, Bd. 1, S. 431f.

36 Clemens/ Reinfeldt/ Wille, Geschichte der Europaischen Integration. S. 114 ff.

37 Clemens/ Reinfeldt/ Wille, Geschichte der Europaischen Integration. S. 116f.

38 Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, S. 9 Rz 9.

39 Peterson Shackleton, The Institutions of the European Union, S.39.

40 Fischer / Köck /Karollus, Europarecht, S.35 Rz 60.

41 Gehler, Europa, Ideen Institutionen, Vereinigung, S. 160ff.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die Institutionen der EG / EU im Wandel der Europäischen Integration
Hochschule
Universität Wien
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
34
Katalognummer
V143344
ISBN (eBook)
9783640526642
ISBN (Buch)
9783640526765
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Europarecht, Kommission, Europarat, Rat der EU, Europäische union, EG, EU, Organe EU
Arbeit zitieren
Jakob Weinrich (Autor:in), 2009, Die Institutionen der EG / EU im Wandel der Europäischen Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143344

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