Die vorliegende Hausarbeit widmet sich der Untersuchung der Darstellung des Handmotivs und dessen Verknüpfung mit der Figurendarstellung im Prozess von Franz Kafka. Innerhalb des Werks taucht das Handmotiv durchschnittlich einmal pro Seite auf, wobei das Auftauchen von Kapitel zu Kapitel schwankt. Die Gestik im Allgemeinen und das Motiv der Hände im Speziellen wurden bereits in den Werken „Der Verschollene“, „Die Verwandlung“, „Das Schloss“, „Der Heizer“ und in Kafkas Tagebüchern untersucht. Dem Motiv der Hände scheint in der Literaturwissenschaft demnach eine große Bedeutung für das Gesamtwerk des Autors Franz Kafka beigemessen zu werden.
Aus der Recherche zum Handmotiv ging hervor, dass in der Kafkaforschung zwei Deutungsansätze dominierend scheinen, die einander diametral gegenüberstehen. Auf der einen Seite werden von Literaturwissenschaftlern die Möglichkeit der Physiognomik angenommen, und anhand von Geste und Gebärde einer Figur bei Kafka wird versucht, eine Verknüpfung mit ihrer Figurendarstellung abzuleiten. Jenen gilt der allgemeine Symbolwert des Handmotivs als eindeutig entschlüsselbar durch die Miteinbeziehung des Autors Franz Kafka und seiner biografiegeprägten Konnotation der Hände als „mimetisch-gestische Gestaltungseinheit“. Auf der anderen Seite stehen Literaturwissenschaftler, die derartige Interpretationen für Kafkas Werke per se ablehnen und die Hand als etwas „Autonomes“ begreifen. Demnach seien die Körperbewegungen „essentiell mehrdeutig“ und die Hand eine „rein rhetorische Figur, die den Körper nur sprachbildlich repräsentieren“ könne.
Im Rahmen dieser Arbeit wird darauf verzichtet, das Motiv der Hände im Prozess losgelöst von den Figuren zu untersuchen. Die Arbeit beinhaltet somit Deutungstendenzen beider Interpretationsansätze, wobei die Biografie des Autors und damit verbundene psychoanalytische Symboldeutungen von Händen außer Acht gelassen werden. Trotzdem wird von der Grundannahme der Physiognomik ausgegangen, indem das Handmotiv nicht losgelöst von den Figuren, sondern in enger Verknüpfung ihrer Figurendarstellung beschrieben wird.
Das Handmotiv gehört zum Wortfeld „Körperteile“, und bei Betrachtung der Struktur des Wortfeldes könnten auch andere Worte innerhalb der hierarchischen Struktur, wie Gliedmaßen, Arm und die Spezifizierung der Hand und all ihrer Finger, betrachtet werden. Aus Platzgründen wird sich diese Arbeit jedoch darauf beschränken, nur auf die Hand und Finger aus diesem Wortfeld einzugehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Handmotiv im Prozess
- Direkte Thematisierung von Händen
- Indirekt gezeigte Hände
- Semantik der Hände im Prozess
- Hände der Vergebung
- Hände des zwischenmenschlichen Kontaktaufbaus
- Hände in platonischen Beziehungen
- Hände in erotischen Beziehungen
- Hände der Vergeltung
- Gefaltete Hände
- Verknüpfung des Handmotivs mit anderen semantischen Feldern
- Hände und Bärte
- Hände der Verhüllung und Enthüllung
- Verknüpfung des Handmotivs mit der Figurendarstellung
- Josef K.s Hände
- Hände anderer Figuren
- Namensgebung der „Handfiguren“ und ihre Bedeutung
- Männerhände
- Frauenhände
- Schluss und Ausblick
- Strukturpyramide
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Darstellung des Handmotivs in Franz Kafkas "Prozess" und dessen Verknüpfung mit der Figurendarstellung. Die Arbeit analysiert verschiedene Interpretationen des Handmotivs in der Kafka-Forschung und verfolgt einen Ansatz, der die Physiognomik berücksichtigt, ohne dabei biographische Elemente einzubeziehen. Der Fokus liegt auf der textuellen Analyse des Motivs im Kontext der Figuren und deren Handlungen.
- Das Handmotiv als wiederkehrendes Element in Kafkas "Prozess"
- Die semantische Vielfalt des Handmotivs (Vergebung, Kontakt, Vergeltung)
- Die Beziehung zwischen dem Handmotiv und der Charakterisierung der Figuren
- Kontrastierende und unterstreichende Funktionen des Handmotivs in der Figurendarstellung
- Analyse der Textfassung von Max Brod
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Forschungsfrage der Arbeit, die sich mit der Darstellung des Handmotivs und seiner Verbindung zur Figurendarstellung in Kafkas "Prozess" auseinandersetzt. Es werden zwei gegensätzliche Interpretationsansätze in der Kafka-Forschung vorgestellt: Einerseits die physiognomische Deutung, die Gesten als Ausdruck der Figurencharaktere versteht, andererseits der Ansatz, der die Hand als autonomes, mehrdeutiges Element betrachtet. Die Arbeit selbst verfolgt einen Ansatz, der die Physiognomik berücksichtigt, jedoch ohne biographische Deutungen. Die Grundlage der Analyse bildet die Textfassung von Max Brod.
Das Handmotiv im Prozess: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Arten der Darstellung von Händen im Roman. Es wird zwischen direkter und indirekter Thematisierung unterschieden. Die Analyse konzentriert sich auf die Häufigkeit des Auftretens des Motivs und dessen Variationen im Text.
Semantik der Hände im Prozess: Dieses Kapitel analysiert die verschiedenen Bedeutungen, die dem Handmotiv im "Prozess" zugeschrieben werden können. Es werden Hände der Vergebung, Hände des zwischenmenschlichen Kontaktaufbaus (in platonischen und erotischen Beziehungen), Hände der Vergeltung sowie gefaltete Hände untersucht. Darüber hinaus wird die Verknüpfung des Handmotivs mit anderen semantischen Feldern wie Bärte und Verhüllung/Enthüllung analysiert. Die Interpretationen werden stets im Kontext des gesamten Werkes betrachtet.
Verknüpfung des Handmotivs mit der Figurendarstellung: Dieses Kapitel beleuchtet den zentralen Aspekt der Arbeit: die Beziehung zwischen dem Handmotiv und der Darstellung der Figuren. Es untersucht Josef K.s Hände, die Hände anderer Figuren (einschliesslich einer Analyse der Namensgebung und Bedeutung von "Handfiguren"), Männerhände und Frauenhände. Der Fokus liegt darauf, wie das Handmotiv die Charaktere unterstützt, kontrastiert oder ergänzt.
Schlüsselwörter
Franz Kafka, Der Prozess, Handmotiv, Figurendarstellung, Gestik, Semantik, Physiognomik, Textanalyse, Max Brod, Symboldeutung
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse des Handmotivs in Franz Kafkas "Der Prozess"
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit analysiert die Darstellung des Handmotivs in Franz Kafkas Roman "Der Prozess" und dessen Verbindung zur Figurendarstellung. Sie untersucht die verschiedenen Bedeutungen und Funktionen des Handmotivs im Kontext der Handlung und der Charaktere.
Welche Forschungsfrage wird behandelt?
Die zentrale Forschungsfrage ist, wie das Handmotiv in "Der Prozess" dargestellt wird und wie es mit der Charakterisierung der Figuren zusammenhängt. Die Arbeit untersucht die semantische Vielfalt des Motivs und seine Rolle in der Figurenzeichnung.
Welche Interpretationsansätze werden berücksichtigt?
Die Arbeit berücksichtigt gegensätzliche Interpretationsansätze aus der Kafka-Forschung. Ein Ansatz betrachtet die Gestik physiognomisch als Ausdruck der Figurencharaktere, der andere sieht die Hand als autonomes, mehrdeutiges Symbol. Die Arbeit selbst integriert die physiognomische Perspektive, vermeidet aber biographische Deutungen.
Welche Textfassung liegt der Analyse zugrunde?
Die Analyse basiert auf der Textfassung von Max Brod.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, Kapitel zu verschiedenen Aspekten des Handmotivs (direkte/indirekte Darstellung, Semantik, Verbindung zur Figurendarstellung), einen Schluss, eine Strukturpyramide und ein Literaturverzeichnis. Ein Inhaltsverzeichnis bietet einen detaillierten Überblick.
Welche Aspekte der Handdarstellung werden untersucht?
Die Arbeit unterscheidet zwischen direkter und indirekter Thematisierung von Händen. Sie analysiert die semantische Vielfalt des Motivs, z.B. Hände der Vergebung, des Kontaktaufbaus (platonisch und erotisch), der Vergeltung und gefaltete Hände. Weiterhin wird die Verbindung des Handmotivs zu anderen semantischen Feldern (z.B. Bärte, Verhüllung/Enthüllung) untersucht.
Wie wird das Handmotiv mit der Figurendarstellung verknüpft?
Ein zentraler Aspekt ist die Beziehung zwischen dem Handmotiv und den Figuren. Die Arbeit analysiert Josef K.s Hände, die Hände anderer Figuren (inklusive einer Analyse der Namensgebung von "Handfiguren"), Männerhände und Frauenhände. Es wird untersucht, wie das Handmotiv die Charaktere unterstützt, kontrastiert oder ergänzt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Franz Kafka, Der Prozess, Handmotiv, Figurendarstellung, Gestik, Semantik, Physiognomik, Textanalyse, Max Brod, Symboldeutung.
Welche Kapitelzusammenfassungen werden geboten?
Die Arbeit bietet Zusammenfassungen der Einleitung (Beschreibung der Forschungsfrage und der verwendeten Ansätze), des Kapitels zur Darstellung des Handmotivs (Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Darstellung), des Kapitels zur Semantik der Hände (Analyse der verschiedenen Bedeutungen im Kontext des Romans) und des Kapitels zur Verknüpfung des Handmotivs mit der Figurendarstellung (Analyse der Beziehung zwischen Motiv und Charakterisierung).
Welche Zielsetzung wird verfolgt?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Darstellung des Handmotivs in Kafkas "Prozess" zu untersuchen und dessen Bedeutung für die Figurendarstellung aufzuzeigen. Sie analysiert verschiedene Interpretationen des Motivs in der Kafka-Forschung und nutzt einen Ansatz, der die Physiognomik berücksichtigt, ohne dabei biographische Elemente einzubeziehen. Der Fokus liegt auf der textuellen Analyse.
- Citation du texte
- Mascha Wittkämper (Auteur), 2018, Das Handmotiv und die Verknüpfung mit der Figurendarstellung in Kafkas "Prozess", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1433679